Rede von
Kurt J.
Rossmanith
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Dr. Weng. Ich habe versucht, deutlich zu machen, daß hier keine Logik zu erkennen ist und daß es eine Zwiespältigkeit innerhalb der SPD gibt, wenn sie sagt: Immer beim anderen.
Bundesminister Blüm hat das einmal treffend ausgedrückt: Bei der SPD kommen die ein paar Jahre später auch auf den Gedanken; jeder redet vom Sparen und fummelt am Gürtel des anderen herum; der solle ihn enger schnallen.
Aber in dem bestimmten Bereich muß noch draufgesattelt werden. So geht es halt nicht.
So sieht auch nicht verantwortungsvolle und verantwortungsbewußte Haushaltspolitik aus.
Es war immer eine Stärke gerade der Haushälter - wenn ich das jetzt einmal so sagen darf -, daß wir uns alle auch bei unterschiedlichen Meinungen bei dem Geld, das wir den Steuerzahlern Jahr für Jahr abverlangen, verantwortungsbewußt gezeigt haben.
Ich glaube, daß der Bundeshaushalt 1996, auch dieser Einzelplan für den Bundesminister für Wirtschaft, aufzeigt, daß die Konsolidierungspolitik konsequent fortgesetzt wird.
Die Gesamtausgaben sind insgesamt rückläufig. Ich habe Ihnen, lieber Kollege Hampel, in meiner Antwort schon aufgezeigt: Wir sind mit der Nettoneuverschuldung knapp unter 60 Milliarden DM geblieben. Aber das ist natürlich zuviel. Natürlich muß die Neuverschuldung in Zukunft weiterhin abgebaut werden. In der mittelfristigen Finanzplanung ist das auch vorgesehen.
An vielen Stellen würden wir gerne sagen: Da könnte man und sollte man die Sache vielleicht etwas lockerer betrachten. Aber unter dem Zwang, daß wir nur ganz knappe Finanzmittel haben, ist es erforderlich, daß wir uns darüber Gedanken machen, was wirklich notwendig ist.
Das ist die große Herausforderung der Zukunft für die Wirtschafts- und für die Finanzpolitik. Denn nur mit einer Rückführung der Staatsverschuldung und einer weiteren Senkung der Abgabenquote können wir Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung schaffen und damit die künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Deutschland sichern.
Gerade in der Wirtschaftspolitik muß man bei der Bewältigung dieser zentralen Aufgabe insbesondere der Globalisierung der Märkte mit Rechnung tragen. Mit immer leistungsfähigeren Transport-, Kommunikations- und Informationsmitteln wächst die Weltwirtschaft zunehmend enger zusammen. Deutschland kann ebensowenig wie andere Industrieländer darauf bauen, daß sein bisheriger Vorsprung in Technik und Produktivität schlicht und einfach den weiteren Wohlstand sichert. Immer mehr Produkte sind dem internationalen Kostenwettbewerb ausgesetzt. Kapital kann heute problemlos rund um den Globus verschickt werden. Neue Arbeitsplätze entstehen eben dort, meine Damen und Herren, wo den Investoren die günstigsten Rahmenbedingungen geboten werden.
Das bedeutet aber: Nur wer auch international wettbewerbsfähig ist, kann Arbeitsplätze und Wohlstand sichern.
Die Bundesregierung ist mit ihrer wirtschaftspolitischen Konzeption auf dem richtigen Weg. Das heißt Senkung der Abgabenquote, Abbau von Investitionshemmnissen, Reform der Unternehmensbesteuerung, Stärkung der Privatinitiative und Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt.
Das sind, liebe Frau Kollegin Fuchs, im Moment und in dieser Situation die Gebote der wirtschaftspolitischen Vernunft.
- Genau das sind sie, wenn wir weiterhin auf dem internationalen Markt unsere Position behaupten wollen.
Zu einer solchen modernen Wirtschaftspolitik gibt es eben keine Alternative.
Sehen Sie, Frau Fuchs, das hat auch Ihr niedersächsischer Kollege Ministerpräsident Schröder erkannt. Er hat vor einiger Zeit Ihrer Partei ins Stammbuch geschrieben, es gebe keine sozialistische oder sozialdemokratische und keine konservative Wirtschaftspolitik, sondern es gibt eben eine moderne und eine unmoderne Wirtschaftspolitik. Hören Sie doch gelegentlich auch auf ihn! Manchmal bringt er in der Tat auch durchaus vernünftige Vorschläge.
- Ich würde mich freuen, wenn sich diese Erkenntnis,
die er zum Ausdruck gebracht hat, bei Ihnen insge-
Kurt J. Rossmanith
samt durchsetzen würde, denn gerade Ihr Zwischenruf, Frau Kollegin Fuchs, zeigt ja wieder, daß die Verteilungspolitik, die Sie weiterhin auf Ihre Fahnen schreiben, kein Ersatz für Wirtschaftspolitik sein kann.
Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wird gerade in den kommenden Jahren die besondere Aufmerksamkeit unserer Wirtschaftspolitik verlangen. Dazu gehört auch die Stabilisierung des Aufholprozesses der ostdeutschen gegenüber der westdeutschen Wirtschaft.
- Also lieber Kollege Diller, ich würde Ihnen empfehlen: Hören Sie doch zu! Wenn Sie schon aus dem Haushaltsausschuß ausziehen und hier keinen Lernerfolg hatten, dann hören Sie wenigstens jetzt einmal zu, wenn über moderne Wirtschaftspolitik gesprochen wird. Wenn Sie schon Ihrem Parteikollegen Schröder nicht zuhören wollen, dann hören Sie vielleicht in diesem Hohen Hause zu. Ich bin überzeugt, Sie können das eine oder andere noch dazulernen; Sie sollten nicht mit Zwischenrufen nun ablenken wollen.
- Ich weiß, es tut weh, was ich Ihnen sagen muß.
- Ertragen Sie es doch mit Gelassenheit! Setzen wir uns hinterher wieder zusammen! Denn die Bilanz, die wir jetzt nach fünf Jahren Wiedervereinigung vorlegen können, ist in vielfacher Hinsicht positiv, insbesondere auch, glaube ich, im wirtschaftspolitischen Bereich.
Dennoch - das muß man natürlich auch kritisch sagen - ist der Wettbewerbsrückstand der Wirtschaft in den neuen Bundesländern immer noch erheblich. Staatliche Förderprogramme, vor allem Anreize für private Investoren, sind deshalb - ich sehe das ebenfalls so - weiterhin erforderlich.
Dies wird ja auch von den wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten in ihrem Herbstgutachten so gesehen. Allerdings weisen diese Institute mit Recht darauf hin, daß die Effizienz des Mittelansatzes gerade angesichts knapper Kassen erhöht werden sollte. Ich möchte hinzufügen, daß auch die neuen Länder verstärkt in diesem Bereich Verantwortung übernehmen müssen, zumal ja ihre Finanzausstattung in den letzten Jahren ganz erheblich verbessert worden ist.
So stellen im Haushalt des Bundesministers für Wirtschaft die Hilfen für die neuen Länder mit rund 5,5 Milliarden DM nach wie vor einen besonderen Schwerpunkt dar. Ich weiß, daß sich manche, auch aus den eigenen Regierungsfraktionen, noch höhere Beträge gewünscht hätten. Aber angesichts der Haushaltssituation war nicht alles, was wünschenswert ist, auch realisierbar. Immerhin ist es in den abschließenden Beratungen ja noch gelungen, die Mittel für die Forschungsförderung für die neuen Bundesländer um 60 Millionen DM aufzustocken
und damit eine Reduzierung gegenüber dem Niveau des laufenden Jahres 1995 zu vermeiden.
Das Entstehen wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstrukturen hängt nicht zuletzt von leistungsfähigen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten ab. Der starke Abbau dieser Kapazitäten in den neuen Ländern unmittelbar nach der Wiedervereinigung konnte inzwischen mit Hilfe der staatlichen Fördermaßnahmen gestoppt werden. Aber nach wie vor wenden ostdeutsche Unternehmen im Vergleich zum Westen viel weniger Geld für Investitionen auf. Dabei ist die Entwicklung neuer Produkte und Verfahren eine entscheidende Voraussetzung für die Überlebensfähigkeit der Betriebe. Deshalb ist es gut und richtig, für eine Übergangszeit noch gezielte finanzielle Anreize für den Aus- und Aufbau der Industrieforschung in den neuen Ländern zu gewähren.
Ein weiterer kritischer Punkt in diesem Zusammenhang ist natürlich die Eigenkapitalschwäche vieler Unternehmen in den neuen Bundesländern. Hier setzt das Eigenkapitalhilfeprogramm an, das auch im nächsten Jahr in einem angemessenen Rahmen fortgeführt werden kann. Sicherheitshalber hat die Koalition die Verpflichtungsermächtigung für dieses Programm noch etwas erhöht, damit kein Antrag wegen fehlender Mittel abgelehnt werden muß.
Ein besonderer Schwerpunkt bleibt die Investitionsförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", auch wenn das hohe Fördervolumen der Jahre 1993 und 1994 nunmehr schrittweise zurückgeführt wird. Ich halte diese Rückführung auch für gerechtfertigt, zumal die Infrastruktur in den neuen Ländern inzwischen gut ausgebaut ist und die Mittel vermehrt auf gewerbliche Investitionen konzentriert werden können. Einschließlich der Länderanteile und der EU-Mittel steht im nächsten Jahr ein Bewilligungsvolumen von rund 7,2 Milliarden DM - ich sage es noch einmal: 7,2 Milliarden DM! - zur Verfügung. Damit können erfahrungsgemäß Investitionen der gewerblichen Wirtschaft in der Größenordnung von etwa 35 Milliarden DM unterstützt werden. Die Gemeinschaftsaufgabe leistet deshalb unverändert einen herausragenden Beitrag zur Stärkung der
Kurt J. Rossmanith
Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unternehmen sowie zur Schaffung und Sicherung der Arbeitsplätze.
Der Gesamthaushalt des Bundeswirtschaftsministers umfaßt rund 18,5 Milliarden DM. Wesentlich mehr als die Hälfte davon, rund 10 Milliarden DM, entfallen allein auf die Hilfen für den Steinkohlebergbau. Natürlich mußte nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine andere Lösung als bisher gefunden werden; der Kohlepfennig konnte so nicht mehr beibehalten werden. Daß sich dies im Haushalt niederschlagen mußte, schmerzt uns natürlich. Auf der anderen Seite sehe ich darin aber auch eine Chance: Einer breiten Öffentlichkeit wird jetzt erstmals deutlich gemacht, welche Hilfen allein für den Steinkohlebergbau nötig sind.
Ich glaube, daß hier auch die Revierländer gefragt sind und sie ihre besondere Verantwortung für den Bergbau und seine Beschäftigten wahrnehmen müssen. Diese Förderungen dürfen auf Dauer nicht allein vom Bund aufgebracht werden müssen. Wir müssen diese Politik insofern fortsetzen, als wir diese Hilfen, degressiv gestaltet, auch weiterhin gewähren.
Auch im Bereich von Bildung und Ausbildung haben wir Wesentliches geleistet. Wir haben allen Wirtschaftsunternehmen, insbesondere dem Handwerk, für ihre Ausbildungsbereitschaft zu danken.
Derzeit werden über 600 000 Lehrlinge im Handwerk ausgebildet. Die Zahl der neuen Lehrverhältnisse in diesem Jahr hat in den alten Bundesländern die des letzten Jahres um 5 Prozent übertroffen, in den neuen Bundesländern sogar um 17 Prozent.
Damit zeigt das Handwerk Verantwortungsbewußtsein; es bildet über den eigenen Bedarf hinaus aus. Deshalb war es sicher richtig, daß wir - wiederum alle Fraktionen im Haushaltsausschuß einvernehmlich - die Mittel für die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung im Handwerk nochmals aufgestockt haben, um wenigstens ansatzweise dem Handwerk eine weitere Hilfe zu geben, damit es nicht alle Ausbildungslasten im überbetrieblichen Bereich allein zu tragen hat.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang das Meister-BAföG ansprechen. Ich verstehe nicht ganz, daß der Bundesrat in erster Lesung dieses Gesetz mit der Maßgabe abgelehnt hat, das solle der Bund alleine tragen. Ich halte die Zweidrittel/EindrittelRegelung auch beim Meister-BAföG für berechtigt. Wenn wir in der Tat das ernst nehmen, was wir ständig gefordert haben - auch hier wieder das ganze Haus -, nämlich daß wir die berufliche Aufstiegsfortbildung der akademischen Bildung gleichsetzen wollen, kann sich das Meister-BAföG nur am StudentenBAföG orientieren und muß ähnlich gestaltet werden.
Lassen Sie mich zum Schluß noch ein paar Worte zu zwei aktuellen Problembereichen anfügen: die Schiffbauindustrie auf der einen und die Luft- und Raumfahrtindustrie auf der anderen Seite. Was die Werften betrifft, so begrüße ich natürlich das OECD- Abkommen, das einen Abbau der Subventionen vorsieht. So soll die siebte EU-Schiffbaurichtlinie am 31. Dezember dieses Jahres auslaufen. Dafür haben wir im Haushalt 1996 die notwendigen Weichen gestellt.
Nach Meldungen aus Brüssel ist jedoch zu befürchten, daß die strengeren OECD-Kriterien doch noch nicht ab dem 1. Januar 1996 Gültigkeit haben sollen. Wir würden das sehr bedauern und müßten für diesen Fall natürlich neue Überlegungen anstellen.
Ähnliches gilt - Schreckensmeldungen Tag für Tag - auch für die Luft- und Raumfahrtindustrie, die Arbeitsplatzabbau vornehmen muß. Dazu will ich sagen, daß wir als Gesetzgeber die Rahmenbedingungen verändern müssen. Wir haben das 600 Millionen DM-Programm für die gesamte Luft- und Raumfahrtindustrie aufgelegt, und zwar nicht nur für Großunternehmen, sondern gerade für die in diesem Bereich sehr aktiv tätigen mittelständischen und kleineren Unternehmen. Wir müssen das weiterführen; aber auch die Tarifparteien - die Industrie auf der einen und die Arbeitnehmer auf der anderen Seite - haben ihren Beitrag zu leisten.
Insgesamt ist der Haushalt für den Bundesminister für Wirtschaft, wie der gesamte Haushalt 1996 konsequent zeigt, zustimmungswürdig; davon bin ich überzeugt. Wir haben den Sparwillen. Ich möchte Sie um diese Zustimmung bitten und möchte am Schluß meinen Dank an das Bundesministerium für Wirtschaft und an das der Finanzen, an die Kolleginnen und Kollegen und an alle, die daran mitgewirkt haben, aussprechen.
Ich danke Ihnen.