Rede:
ID1306719200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/67 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 67. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 8. November 1995 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 5727 A Absetzung des Punktes III j von der Tagesordnung 5727 B Nachträgliche Ausschußüberweisung . 5727 B Begrüßung des Außenministers von Costa Rica, Herrn Dr. Fernando Naranjo, und einer Delegation 5796 D Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksachen 13/2000, 13/2593) 5727 C Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 13/2604, 13/2626) . . . 5727 C in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 13/2605, 13/2626) 5727 D in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 13/2614, 13/2626) . . . 5727 D Günter Verheugen SPD 5728A, 5751 B Rudolf Seiters CDU/CSU 5732 D Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5736 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 5737 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 5739 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 5741 B Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . 5743 D Eckart Kuhlwein SPD 5744 B, 5751 C Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . . 5746 D, 5751B, 5751 D Eckart Kuhlwein SPD 5747 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 5749 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5752B, 5757 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . . 5756 D Dr. Helmut Haussmann F.D.P 5758 B Gerhard Zwerenz PDS 5759 D Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 5761 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5769 D Rudolf Scharping SPD 5770 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 5778B Günter Verheugen SPD 5779 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 5781 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5784 A Ina Albowitz F.D.P. 5785 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5785 C Dr. Gregor Gysi PDS 5786 D Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 5790B Ernst Kastning SPD 5792A, 5799 B Paul Breuer CDU/CSU 5792 D Jürgen Koppelin F.D.P 5793 C Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 5796 D Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . 5798D Stephan Hilsberg SPD 5799 C Eckart Kuhlwein (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5800C Dr. Peter Struck (Erklärung nach § 31 GO) 5801 A Namentliche Abstimmungen . . 5800B, 5801 C Ergebnisse 5802A, 5807 A Tagesordnungspunkt III: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Umweltbundesamtes (Drucksache 13/2687) . . . 5804 B b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über den Autobahnzusammenschluß sowie über den Bau und den Umbau einer Grenzbrücke im Raum Forst und Erlenholz (Olszyna) (Drucksache 13/2688) 5804 B c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Erhaltung der Grenzbrücken im Zuge der deutschen Bundesfernstraßen und der polnischen Landesstraßen an der deutsch-polnischen Grenze (Drucksache 13/2689) 5804 C d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über den Zusammenschluß der deutschen Bundesstraße B 97 und der polnischen Landesstraße 274 sowie über den Bau einer Grenzbrücke im Raum Guben und Gubinek (Drucksache 13/2690) . . . . . . . . . . . 5804 C e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des AGB-Gesetzes (Drucksache 13/2713) . . . 5804 D f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlagerung des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts von Berlin nach Leipzig (Drucksache 13/2714) 5804 D g) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fleischhygienegesetzes (Drucksache 13/2904) 5804 D h) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung zur Veräußerung der von den britischen Streitkräften freigegebenen bundeseigenen Wohnsiedlung in Werl (Drucksache 13/2650) 5805 A i) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung in die Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft in Leipzig, Essener Straße 1-3, an den Freistaat Sachsen (Drucksache 13/2678) . . . . . . . . 5805 A Zusatztagesordnungspunkt i: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes und des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (Drucksache 13/2838) 5805A b) Antrag der Gruppe der PDS: Grundrechte für die in der Europäischen Union lebenden Menschen (Drucksache 13/2457) 5805B Tagesordnungspunkt IV: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes (Drucksachen 13/192, 13/1583) 5805C b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 1994 (Drucksachen 13/1667, 13/2648) 5805 C e) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Filmförderungsgesetz (Drucksachen 13/1666, 13/1899 Nr. 2, 13/2647) . . . 5806 C f) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Erfahrungen mit der befristeten umsatzsteuer- lichen Übergangsregelung und den Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Warenverkehr sowie über den Stand der Bemühungen, zu einer endgültigen Umsatzsteuer-Regelung im europäischen Binnenmarkt zu kommen zu dem Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Funktionieren der MwSt-Übergangsregelung für den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr (Drucksachen 12/8221, 13/725 Nr. 62, 13/1097, 13/ 1096 Nr. 2.1, 13/2673) 5806C g) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 11 13 Titel 646 11 - Erstattung des Sozialzuschlags für Rentenempfänger in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Drucksachen 13/2096, 13/2275 Nr. 1.6, 13/2762) . . 5806 C h) bis i) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 73 und 74 zu Petitionen (Drucksachen 13/2765, 13/2766) 5806D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 13/2620, 13/2626) . . . 5809B Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . 5809 C Michael von Schmude CDU/CSU . 5812A, 5817B Dr. R. Werner Schuster SPD 5814 B Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5814 D Armin Laschet CDU/CSU 5816 C Roland Kohn F.D.P. 5817D Dr. Willibald Jacob PDS 5819C Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . 5820B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 5820D Dr. R. Werner Schuster SPD 5822 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern (Drucksachen 13/2606, 13/2626) 5823D in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung (Drucksachen 13/2624, 13/ 2626) 5823 D Uta Titze-Stecher SPD 5824 A Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . 5826 D Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 5828 B Uta Titze-Stecher SPD 5831 A, 5831 C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F D.P. . 5832A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5832 B Dr. Burkhard Hirsch F D P. 5834 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5836 C Dieter Wiefelspütz SPD 5836 D Ulla Jelpke PDS 5837 C Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 5839A Günter Graf (Friesoythe) SPD 5839 D Erwin Marschewski CDU/CSU 5842 B Manfred Kanther, Bundesminister BMI 5843 B Peter Dreßen SPD 5845 A Günter Graf (Friesoythe) SPD . . . 5845 D Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Drucksachen 13/2617, 13/2626) 5846 C Siegrun Klemmer SPD 5846 D Peter Jacoby CDU/CSU 5850 D Margot von Renesse SPD 5852 B Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5853 A Heinz Lanfermann F.D.P. . . . . 5854B, 5857 B Heidemarie Lüth PDS 5855 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5856 D Maria Eichhorn CDU/CSU 5858 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 5859A Nächste Sitzung 5861 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5862* A 67. Sitzung Bonn, Mittwoch den 8. November 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 08. 11. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 08. 11. 95 * Dr. Dobberthien, SPD 08. 11.95 Marliese Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 08. 11. 95 * Hafner, Gerald BÜNDNIS 08. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Hauchler, Ingomar SPD 08. 11. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 08. 11. 95 Meißner, Herbert SPD 08. 11. 95 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 08. 11.95 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nickels, Christa BÜNDNIS 08. 11.95 90/DIE GRÜNEN Odendahl, Doris SPD 08. 11.95 Dr. Scheer, Hermann SPD 08. 11.95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 08. 11.95 90/DIE GRÜNEN Steindor, Marina BÜNDNIS 08. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 08. 11.95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 08. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Burkhard Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schlauch, wenn Sie mit „Blutrecht" auf Bodenrecht anspielen, dann ist zu sagen: Das ist auch nicht schöner. Früher hieß es immer Blut und Boden. Ob das eine vornehmer ist als das andere, will ich dahingestellt sein lassen. Es ist ja Kennzeichen einer jeden freien Gesellschaft, daß es in ihr Gegensätze gibt. Die Liberalität einer Gesellschaft macht aus, wie ein Staat mit diesen Gegensätzen umgeht, ob er auf Konfrontation oder auf Integration setzt, ob er Gemeinsamkeiten und Toleranzen mobilisiert

    (Beifall der Abg. Uta Titze-Stecher [SPD])

    oder ob er auf die Ausübung staatlicher Macht setzt. Kein Staat kann darauf verzichten, Recht und Gesetz durchzusetzen. Aber er muß sorgfältig darauf achten, daß die Mittel, die er dazu einsetzt, mit den Grundwerten übereinstimmen, die er verteidigen will. Man
    kann die Werte einer Verfassung nicht verteidigen, wenn man sie immer weiter einschränkt.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Die dringendste Aufgabe, der wir uns in der Innenpolitik gegenübersehen, ist es, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates neu zu bestimmen. Dazu gehört sowohl die Modernisierung des öffentlichen Dienstes - immerhin machen die Personalkosten 40 Prozent des Innenetats aus - als auch die Frage, ob der Staat wirklich alles tun muß, was er tut und wie er es tut. Die Koalition hat Vorschläge zur Mobilisierung der personellen Ressourcen vorgelegt, die nach meinem Urteil weitergehen als alle bisherigen Vorschläge.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Ich habe die Kritik, die hier geäußert worden ist, überhaupt nicht verstanden. Dazu gehören die größere Durchlässigkeit der Laufbahnen, der unbedingte Vorrang der anderweitigen zumutbaren Verwendung eines Beamten an Stelle seiner Frühpensionierung, also auch die Versetzungsmöglichkeit in andere Laufbahnen und zu anderen Dienstherren, und zwar auch ohne die Zustimmung des Beamten, wohl aber unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Personalrates, Leistungsanreize auch bei den Besoldungsregelungen ähnlich denen bei der gewerblichen Wirtschaft und vieles andere.
    Die ständig wiederholte Vorstellung, die Reform des öffentlichen Dienstes bestehe darin, möglichst viele Beamte durch Angestellte zu ersetzen, ist finanziell falsch, wie die Untersuchungen auch sozialdemokratischer Finanzminister zeigen.

    (Zuruf von der SPD: Das hat auch niemand behauptet!)

    Es ist altes Denken. Wir wollen und wir werden das Berufsbeamtentum wegen seiner inneren Unabhängigkeit, und weil es sich bewährt hat, erhalten. Es ist nun einmal ein unverzichtbarer Bestandteil des Rechtsstaates.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ebenso wichtig sind die Modernisierung des Dienstrechts und die Aufgabenkritik, also das, was wir als „schlanken Staat" bezeichnen. Städte und Gemeinden sind mit der Privatisierung vorangegangen. Der Bund ist in außerordentlichem Umfang gefolgt; Beispiele sind Flugsicherung, Bahn und Post. Die Länder bleiben aufgefordert, ihren Bereich entschlossen zu überprüfen.
    Ein Detail möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen. Wir müssen den öffentlichen Dienst von der Kameralistik befreien und weitestgehend zu einer modernen Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung kommen, ohne die ein wirklicher Leistungsvergleich und die Delegierung von Verantwortung nicht möglich sein wird.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die Experimentierklausel, die es in diesem Bereich gibt, reicht nicht aus.

    Dr. Burkhard Hirsch
    Im übrigen muß dem Bürger gesagt werden, daß die Deregulierung nicht zum Nulltarif zu haben ist. Es ist leichter, staatliche Regelungen zu treffen, als sie aufzuheben. Das bedeutet gleichzeitig, bisher gesetzlich geregelte Entscheidungen dem Selbstlauf der Gesellschaft zu überlassen. Also: weniger Gleichheit und mehr eigenes Risiko, weniger Staat und mehr Selbstverantwortung.
    Die zweite elementare Aufgabe der Innenpolitik ist es, die Rechte der Bürger vor Kriminalität und Gewalt zu schützen. Das ist eine elementare liberale Aufgabe; denn auf den schwachen Staat folgt immer der starke Mann, und die starken Männer stehen meistens schon bereit, ehe sie gerufen werden.
    Die Koalition hat im Laufe des letzten Jahres mit den Gesetzen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und dem Verbrechensbekämpfungsgesetz eine geradezu verschwenderische Fülle neuer strafrechtlicher Regelungen verwirklicht, die ich hier nur dann aufzählen könnte, wenn es mir nicht auf meine Redezeit angerechnet werden würde. Wir fordern den Innenminister - und natürlich auch die Justizministerin - dringend auf, im kommenden Jahr eine wirklich aussagekräftige Bilanz über die Wirksamkeit der getroffenen gesetzgeberischen Entscheidungen vorzulegen. Es ist nicht damit getan und furchtbar leicht, immer neue Gesetze zu produzieren, immer neue Strafvorschriften zu schaffen und sich damit insbesondere in Wahlkampfzeiten als strahlender Held herauszustellen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Zustimmung des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Es ist sehr viel wichtiger, dafür zu sorgen, daß die schon beschlossenen Gesetze wirksam angewendet werden.
    Das Geldwäschegesetz ist bei weitem nicht so schlecht, wie es dargestellt wird, weil es nämlich viele Fahndungsansätze geliefert hat. Aber es muß nach den bisherigen Erfahrungen weiterentwickelt werden.

    (Manfred Such [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nur Fahndungsansätze! Das hat doch nichts gebracht!)

    - Ein Gesetz kann nur Ansätze liefern, verehrter Herr Kollege. Die Polizei muß sich darum bemühen, aus diesen Ansätzen Erfolge zu machen. So ist es nun einmal. Ich glaube, daß man die Wirksamkeit des Geldwäschegesetzes nicht, wie das häufig geschieht, an der Frage messen kann, wieviel Geld beschlagnahmt worden ist, sondern wir müssen es auch an der Frage messen, wieviel Kriminalitätsbekämpfung oder wieviel Fahndungsansätze gefunden worden sind, um weiter aufzuklären. Das sieht nicht so schlecht aus, wenn Sie sich das Vergnügen machen würden, sich das einmal im Detail anzusehen.
    Ebenso kann und muß die Korruptionsbekämpfung nach den bisherigen Erfahrungen verbessert werden.
    Wir wundern uns aber schon, mit welcher Leichtigkeit die schwarz-rote Koalition in Baden-Württemberg, natürlich rechtzeitig vor der Landtagswahl, den großen Lauschangriff mit einer elementaren Verletzung der Unschuldsvermutung bei der Einziehung von Vermögen durch Verwaltungsentscheidungen kombiniert - dies sogar ohne Anhörung des Betroffenen und mit der treuherzigen Versicherung, er könne ja dagegen klagen. Wir nehmen an, meine verehrten Kollegen, daß das zu den Willenserklärungen gehört, die in der Erwartung abgegeben werden, daß ihr Mangel an Ernsthaftigkeit nicht verkannt wird.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Uns interessiert die praktische Polizeiarbeit. Die Kriminalitätsstatistik zeigt, daß die Zusammenarbeit der Polizeien der Bundesländer untereinander und über die europäischen Grenzen hinweg nicht in Ordnung ist. Die gravierenden Unterschiede zwischen der Kriminalität in den neuen Bundesländern und in Westdeutschland bleiben von den Verwaltungen weitgehend unbeantwortet. Wir sehen nichts von dem notwendigen Ausbau der Polizeiführungsakademie in Hiltrup. Wir sehen nichts von der gegenseitigen Hilfe bei der Bekämpfung der Alltagskriminalität. Wir vermissen in den Länderhaushalten die Verstärkung der Polizei. Wir erwarten dringend den Ausbau von Europol und die drastische Verbesserung der bilateralen polizeilichen Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg nach West und Ost.
    Wir leisten unseren Beitrag dazu durch die zügige Beratung des neuen Bundeskriminalamtgesetzes und ebenso durch die drastische Verbesserung der finanziellen Ausstattung des Bundesgrenzschutzes. Dafür möchte ich meiner Kollegin Albowitz als unserer Berichterstatterin in diesem Bereich wirklich herzlich danken.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Für die Bekämpfung der den Bürger belastenden Alltagskriminalität bringt die Bundesgesetzgebung allerdings nicht allzuviel.
    Ich möchte noch ein anderes Thema ansprechen, nämlich die Integration der in der Bundesrepublik lebenden Ausländer. Es ist unbestreitbar, daß wir der Zuwanderung Grenzen setzen müssen, urn die Integration der hier lebenden Ausländer nicht zu erschweren. Deswegen brauchen wir ein Einwanderungsgesetz, das zwischen Bürgerkriegsflüchtlingen, politischen Flüchtlingen und Einwanderern differenziert.
    Wir sind übrigens, um das hier nur mit einem Satz anzusprechen, nicht bereit, den absoluten Stillstand zwischen Bund und Ländern in bezug auf die Bürgerkriegsflüchtlinge auf Dauer hinzunehmen. Wir werden uns des Problems der Abschiebehaftanstalten annehmen. Sie gefährden unser internationales Ansehen und den inneren Frieden h unserer Gesellschaft.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Zum Asylrecht mache ich heute lieber keine Bemerkung. Wir erwarten mit größtem Interesse die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
    Der Kernpunkt der Integrationspolitik ist es, zu begreifen, daß die Integration der in der Bundesrepu-

    Dr. Burkhard Hirsch
    blik lebenden Ausländer nicht ausschließlich in deren Interesse liegt. Es ist vielmehr unser eigenes Interesse,

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. sowie der Abg. Uta Titze-Stecher [SPD] und des Abg. Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    dafür zu sorgen, daß sich in unserem Land nicht eine Diaspora von über 7 Millionen Menschen bildet, die mindere Rechte haben und hier auf Dauer leben, aber doch nicht richtig zu uns gehören.
    Wir müssen den jungen Menschen unter ihnen eine gesicherte Perspektive geben. Deswegen brauchen wir ein massives Integrationsangebot auch im Staatsangehörigkeitsrecht.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Die Doppelstaatsangehörigkeit entspricht bereits in Hunderttausenden von Fällen der Lebenswirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: 1,4 Millionen!)

    Wir wollen die Doppelstaatsangehörigkeit nicht flächendeckend, aber doch als ein Mittel, um der zweiten und dritten Generation verläßlich zu sagen, daß sie zu uns gehören und daß wir bereit sind, das Problem der Integration mit ihnen zu teilen und nicht ihnen allein aufzubürden.

    (Beifall des Abg. Otto Schily [SPD])

    Unser Dank gilt in diesem Zusammenhang insbesondere der Ausländerbeauftragten, der Kollegin Schmalz-Jacobsen, und ihren Mitarbeitern, die für den inneren Frieden in unserer Gesellschaft einen ganz unverzichtbaren Beitrag leisten.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Hirsch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Cem Özdemir?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Burkhard Hirsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Mit großem Vergnügen.