Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Schäuble, Sie haben eben sehr viel von Einsparungen und Notwendigkeiten gesprochen, von Belastungen, die zu senken sind. Es gibt konkrete Finanzierungsvorschläge meiner Fraktion zu dem Einzelbereich, wo diese Senkungen auch politisch dringend notwendig sind. Das ist der Einzelplan 14. Darauf möchte ich gleich eingehen.
Ihr Haushalt, Herr Waigel, ist löchrig wie ein Schweizer Käse. Sie wursteln sich auf Kosten der Schwachen und der Ärmsten unseres Landes durch, statt den einzelnen sozial- und umweltverträglichen Einsparungen, nämlich den Streichungen von Wahnsinnsprojekten wie dem Jäger 90, dem Eurofighter, der weiteren Minenproduktion und vielem mehr, endlich das grüne Licht zu geben.
Daß dazu auch ein Wechsel im politischen Denken notwendig ist,
zeigt die Debatte seit gestern, wenn wir beobachten müssen, wie demokratiefähig unsere Militärpolitiker und -politikerinnen eigentlich sind. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist eigentlich eine demokratische Selbstverständlichkeit. Aber es läßt den Adrenalinspiegel des konservativen Teils der Republik in die Höhe schnellen. Auffallend ist die Diskrepanz zu den Jubelveranstaltungen anläßlich des 40jährigen Bestehens der Bundeswehr.
Ich muß sagen: Es stimmt bedenklich, wenn ein Bundesverteidigungsminister, der einer Armee, einer demokratischen Bundeswehr, vorsteht, sich zum zweitenmal als unfähig erweist und ein grunddemokratisches Urteil für die Meinungsfreiheit wieder bewußt politisch falsch interpretiert und Stimmung macht, Stimmung nicht zuletzt auch gegen die eigenen Soldaten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Bundesrepublik ist geprägt von einer Kultur der Zurückhaltung, die nicht nur in der alten Bundesrepublik vorherrschte, sondern auch jetzt im vereinten Deutschland gegenwärtig und bestimmend ist. Die Freunde des Militärs reagieren überempfindlich, wenn nicht alles für Gold gehalten wird, wenn der Helm und die Gewehrläufe nur glänzen.
Die Bundeswehrführung befürchtet, daß sie nicht genügend Soldaten bekommt. Die Verweigererzahlen nehmen weiter zu. Ich freue mich darüber, und ich finde es ausgesprochen beruhigend, daß immer mehr Menschen, die sich nicht bereit erklären, mit einer Waffe möglicherweise einen Krieg zu führen, diesem Staat ihre klare Absage erteilen.
Für die Bundesregierung ist dies natürlich ein Problem. Das wissen wir, und das ist heute deutlich geworden. Seit Jahren bemühen Sie sich, der Bevölkerung Bundeswehreinsätze außerhalb des Einsatzgebietes schmackhaft zu machen. Seit Jahren spielen Sie vor, Soldaten seien weltweit im Auftrage der humanitären Hilfe unterwegs. In Wirklichkeit geht es aber um nationale Interessen der Eliten dieser Republik und um eine globale Odnungspolitik im Interesse der reichen Staaten des Nordens, um eine Art OECD-Polizei. Sie versuchen natürlich, das einer mißtrauischen Bevölkerung noch mit schönen Formulierungen zu verkaufen, es zu verschleiern.
Der Preis für die Umrüstung der Bundeswehr in eine Krisenreaktionsarmee beträgt rund 50 Milliarden DM. Sie streichen das Geld für die sozial Schwachen, Sie streichen Wirtschaftshilfeprogramme zusammen. Diese Umrüstung der Bundeswehr auf Krisenreaktion ist die wohl größte Fehlentscheidung der Bundesregierung. Sie geht zu Lasten einer Umsteuerung für den Erhalt unserer Umwelt.
Die Umbenennung des besonders unsinnigen Programms Eurofighter 2000 - es ist umbenannt worden, weil man es noch irgendwie vernünftig europäisch verkaufen wollte - hat das gewünschte Ziel nicht erreicht. Der Bundesrechnungshof kommt nicht umhin, immer wieder auf die Verschwendung und Ineffizienz hinzuweisen. Der Bundeshaushalt ist allein durch dieses Wahnsinnsprojekt mit 9 Milliarden DM belastet. Wenn es tatsächlich zu der Beschaffung von 140 Stück kommen sollte, dann kostet das 21 Milliarden DM, die Hälfte des diesjährigen Verteidigungshaushalts. Diese Haushaltspolitik ist die Ursache dafür, daß im sozialen und im ökologischen Bereich nur noch geflickschustert wird. Unsere Gesellschaft hat die Lasten zu tragen.
Herr Kinkel, Sie können viel von Kambodscha erzählen und von der Erkenntnis, daß man Minen beseitigen muß. Erhöhen Sie die Mittel für die Räumung auf mehr als diese 13 Millionen DM, aber streichen Sie vor allem die 230 Millionen DM für die Weiterentwicklung von Minen! Das ist doch die Ursache für die weltweiten Todesopfer heute.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Anteil der militärischen Beschaffung soll immer weiter angehoben werden, nach Willen der SPD sogar um
Angelika Beer
35 Prozent. Ich kann Ihnen nur sagen: Vollziehen Sie eine Wende, und stimmen Sie in der namentlichen Abstimmung heute unserem Antrag zu! Streichen Sie alle Mittel für den Eurofighter, für die Krisenreaktionskräfte, und entsprechen Sie dem Anliegen vieler Petenten, die sich an alle Mitglieder des Bundestages gewandt haben mit dem Ziel, den Bau des Eurofighters nicht weiter zu verfolgen! Er ist militärisch, volkswirtschaftlich, arbeitswirtschaftlich ein Wahnsinnsprojekt, auch für Herrn Schröder. Stimmen Sie in der namentlichen Abstimmung unserem Antrag zu! Begraben wir dieses Projekt! Es diente wahrscheinlich noch der Unterstützung der Bundesregierung, jetzt endgültig die Bremse zu ziehen.
Wir dürfen die Kultur der militärischen Zurückhaltung nicht nur im Wort führen, sondern müssen sie finanzpolitisch dokumentieren. Runter mit den Mitteln des Einzelplans 14! Wir brauchen sie für die Aufgaben, die wir alle ernst nehmen müssen und die nur aus diesem Haushalt gewonnen werden können.