Rede von
Dr.
Wolfgang
Schäuble
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, daß man nach der Rede des Kollegen Scharping ein Bedürfnis nach Pause hat und müde ist. Das kann ich verstehen.
Es geht offenbar auch zahlreichen Kollegen seiner Fraktion so.
Es ist überhaupt eine merkwürdige Debatte, Herr Kollege Scharping. Sie haben vom parlamentarischen Selbstbewußtsein gesprochen. Wenn in der Aussprache über den Einzelplan des Kanzleramtes der Oppositionsführer erst redet, nachdem der Kanzler eine Regierungserklärung abgegeben hat, so entspricht dies nicht meinem Verständnis von parlamentarischem Selbstbewußtsein.
Da wir Ihnen aber jeden Gefallen tun, ist der Bundeskanzler Ihnen hier entgegengekommen. Nur, daß Sie Ihren Parlamentarischen Geschäftsführer durch die Reihen Ihrer Fraktion schicken, um Unruhe zu organisieren, geht nun wirklich nicht. So gehen wir nicht miteinander um!
Nun haben Sie viel von Europa gesprochen, aber die entscheidende Frage haben Sie nicht beantwortet. Europa, die europäische Einigung ist zu wichtig, als das man drumherumreden kann.
- Es gibt eine ganz einfache Frage, die Sie irgendwann beantworten sollten: Wollen Sie am Maastricht-Vertrag festhalten, oder wollen Sie eine Neuverhandlung des Maastricht-Vertrages? Das ist die entscheidende Frage. Mit noch so vielen Überschriften kommen Sie an dieser Frage nicht vorbei.
- Ich habe sehr genau zugehört. Deswegen kann ich Ihre Kollegen verstehen, die den Saal verlassen. Wenn man Ihnen eine Stunde zugehört hat, hat man wirklich ein Bedürfnis nach Kaffee.
- Jetzt halten Sie doch einmal den Mund, oder schikken Sie Herrn Struck wieder durch die Reihen, um den Lärm zu organisieren, wie Sie wollen.
Sie reden von einer Ergänzung des Vertrags. Was ist das?
Wir, diese Bundesregierung, dieser Bundeskanzler, dieser Finanzminister, diese Koalition, brauchen von der SPD ganz gewiß keinen Nachhilfeunterricht in bezug auf die Einhaltung der Konvergenzkriterien. Von der Stabilität des Geldwertes verstehen diese Regierung und diese Koalition mehr als die Opposition.
Der Bundeskanzler und alle Redner der Koalition haben schon bei der Ratifizierung des MaastrichtVertrages gesagt, daß die Stabilitätskriterien streng eingehalten werden müssen, daß es keine Aufweichung geben wird und daß wir, wenn wir in einen Konflikt zwischen Zeitplan und Stabilitätskriterien geraten würden, diesen Konflikt nicht zu Lasten der Stabilitätskriterien lösen würden.
Dr. Wolfgang Schäuble
- Nein, tun wir nicht. Darin sind wir uns alle einig.
Nur, Herr Verheugen, warum wird dann von „Ergänzung" geredet? Genau darum geht es. Wenn man - das ist ja richtig - die Menschen in unserem Lande auch noch überzeugen muß - da ist noch viel zu tun -, dann darf man eben nicht in dieser Art reden, darf man keine unverbindlichen Andeutungen machen oder einen Satz wie den folgenden sagen:
„Für irgendeine Idee, die dann am Ende keine wirtschaftliche Stabilität und auch keine Stabilität des Geldes signalisieren würde, die D-Mark aufzugeben, hielte ich für falsch."
Ich frage Sie: Wer will denn das? Das ist doch nicht der Maastricht-Vertrag. Sie diffamieren doch die Währungsunion, und Sie schüren die Ängste der Menschen gegen die Währungsunion.