Rede von
Antje
Hermenau
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Bundeskanzler, Sie haben davon gesprochen, daß die Ost-Erweiterung der Europäischen Union für Sie ein wichtiges Anliegen ist. Ich komme aus einem Bundesland, das EU-Außengrenzen hat. Übrigens, das einzige Bundesland sind wir da nicht, auch die Bayern sowie andere Länder haben eine EU-Außengrenze, aber wir haben zwei, und wir lernen natürlich jetzt die Probleme des grenzüberschreitenden Wirtschaftens kennen.
Ich möchte Sie an den Taten Ihres Kabinettes messen und das mit dem vergleichen, was Sie jetzt gerade verbal als Eindruck herzustellen versucht haben. Die Haushaltsberatungen haben ein anderes Bild davon gezeigt, wie Sie bzw. Deutschland als Vorreiter innerhalb der Europäischen Union mit deren Erweiterung umgehen.
Antje Hermenau
Es ist deutlich geworden, daß Sie keine gleichrangige Behandlung der verschiedenen mittel- und osteuropäischen Staaten anstreben, vielmehr behandeln Sie einige als „bessere Wirtschaftsobjekte" und andere als „schlechtere". Dementsprechend haben Sie sie entweder der Verantwortung des Wirtschaftsministeriums oder der des BMZ unterstellt. Das halte ich für unmöglich. Denn das BMZ heißt ja Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und sollte eigentlich für alle zuständig sein und nicht nur für diejenigen, die die Deutsche Bank oder vielleicht auch einzelne deutsche Großkonzerne als „Zielgebiete" entdeckt haben. Investive Maßnahmen in den osteuropäischen Ländern finden nämlich kaum statt, sondern es wird dorthin nur irgendwelche Produktion, die arbeitsintensiv ist, verlagert, um Lohnnebenkosten zu senken.
In diesem Zusammenhang wäre es also eine wirkliche Tat gewesen, alle Maßnahmen der Bundesregierung für die mittel- und osteuropäischen Staaten beim BMZ - dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, die Partnerschaft voraussetzt - zu bündeln und das Instrumentarium dieses Ministeriums zu erweitern, damit es dieser Aufgabe gerecht werden kann. Denn wir haben einige veränderte Bedingungen in diesen Ländern: zum Beispiel das Bildungsniveau der Bevölkerung. Sie haben das versäumt, und Sie haben sozusagen den mittel- und osteuropäischen Ländern keine Partnerschaft angeboten, sondern gesagt: Das ist das europäische Haus; wir sind einigermaßen fertig; wir haben noch eine Butlerwohnung und ein Dienstmädchenzimmer übrig, da könnt ihr hinein. - Ich halte das nicht für eine zukunftsweisende Erweiterungspolitik für die Europäische Union.
Danke.