Meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Die Sozialdemokratie muß heute klären, ob sie den Vertrag von Maastricht, dem sie zugestimmt hat, will oder nicht. Man kann nicht sagen: Wir wollen neue Verhandlungen; wir wollen die Verschiebung der Wirtschafts- und Währungsunion, bis Spanien, Italien und Griechenland kommen. Das hieße, daß man den Vertrag auflöst; denn der Termin ist Vertragsbestandteil, meine Damen und Herren. Das muß hier heute eindeutig geklärt werden. Wer diesen Druck auflöst, wirft Europa im internationalen Wettbewerb um Arbeitsplätze weit zurück und erzeugt Nationalismus, Abwertungswettlauf, mehr Arbeitslosigkeit und damit politischen Extremismus.
Es bleibt dabei: Wer die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland bekämpfen will, muß für internationale und für größere europäische Märkte und Währungseinheiten sorgen, damit die großen Firmen ebenso wie amerikanische und asiatische Firmen agieren können.
- Wenn Herr Schröder ein Positives erreicht hat, dann das: Es gibt nun endlich die dringend erforderliche öffentliche Debatte um die Wirtschafts- und Währungsunion, und wir müssen sie endlich führen. Wir haben sie längst angemahnt; sie ist dringend notwendig.
Dr. Helmut Haussmann
Wer aber wie Herr Schröder von Monopoly-Geld oder wie früher Herr Gauweiler von Esperanto-Geld redet, der zeigt, daß währungspolitische Laien am Werk sind, die nicht verstanden haben, daß die Globalisierung der Weltwirtschaft heißt: völlige Öffnung der Finanzmärkte, weltweite Spekulationsmöglichkeiten. Deshalb besteht die Notwendigkeit der Entwicklung größerer, übernationaler Märkte und größerer Währungseinheiten, meine Damen und Herren.
Ist es denn, so frage ich Herrn Schröder, für einen Aufsichtsrat von Volkswagen oder für Herrn Wirtschaftsminister Spöri im Land von Daimler-Benz und Hewlett-Packard so schwer zu verstehen, daß es einen riesigen Vorteil für Arbeitsplätze bedeutet, wenn über 60 Prozent des Gesamtumsatzes von Volkswagen, Mercedes und Hewlett-Packard in Zukunft in einer europäischen Währung abzuwickeln sind? Meine Damen und Herren, das ist doch ein riesiger Vorteil. Warum versteht ein SPD-Wirtschaftsminister Spöri im Mittelstandsland Baden-Württemberg nicht, welchen immensen Vorteil und welche Beschäftigungssicherung es bedeutet, daß Mittelständler aus Baden-Württemberg dann 80 Prozent ihrer Kunden - nämlich in Deutschland, Frankreich, den Beneluxstaaten, Österreich und Großbritannien d. h. über 200 Millionen Verbraucher in Zentraleuropa, ohne Währungsverluste, ohne Umtauschverluste, ohne Sicherungsgeschäfte und damit langfristig auf der Grundlage einer klar kalkulierbaren europäischen Währung erreichen können?
Deshalb wollen wir die Währungsunion, die ja nicht von einigen wildgewordenen Eurokraten in Brüssel erfunden wurde. Sie ist vielmehr eine Forderung der deutschen Wirtschaft, um im internationalen Wettbewerb mitmischen zu können.
Denn die wirklichen Arbeitsplatzgewinner in Amerika und in Asien operieren heute eben in geschlossenen Binnenmärkten mit einer Währung - im einen Fall mit dem Dollar, im anderen Fall mit dem Yen -, und deshalb muß ein Exportland wie die Bundesrepublik Deutschland an der Spitze auf dem Weg zu einer soliden europäischen Währung marschieren.
Der Zeitplan ist unter Experten völlig klar; bei Ihnen, Herr Fischer, leider noch nicht.
Wir haben erreicht, das Europäische Währungsinstitut in Frankfurt am Main anzusiedeln - gegen Ihren Widerstand und gegen eine völlig falsche Stadtverkehrspolitik in Frankfurt,
- Natürlich, die rot-grüne Mehrheit in Frankfurt war das Hauptargument von London und Amsterdam, um für sich zu werben. Es war eine große Leistung der Koalition, Frankfurt als Standort durchzusetzen.
Wer aber die Verschiebung der Wirtschafts- und Währungsunion will, der macht einen großen Fehler, meine Damen und Herren. Zeit ist Geld. Zeit ist heute im internationalen Wettbewerb ein wichtiger Faktor zur Gewinnung von Vorteilen. Wenn ich als Ökonom die Währungsunion richtig verstehe, dann ist ja der Hauptzweck, die Währungen zu einem Zeitpunkt zusammenzulegen, wo die Inflationsraten gering sind. In den 80er Jahren gab es in Europa eine Inflationsrate von mehr als 13 Prozent; heute liegt die Inflationsrate in Europa bei 3 Prozent.
Wann soll die Währungsunion denn kommen, wenn nicht jetzt?
Glauben denn die Populisten vom Schlage eines Herrn Schröder, daß bei einer Verschiebung der Währungsunion der Druck auf die nationalen Haushalte anhalten würde? Nie und nimmer.