Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist alles gesagt. Ich möchte mich auf vier Bernerkungen beschränken.
Zunächst zu Ihnen, Herr Kollege Rübenkönig. Wissen Sie, Sie haben von einer „jammervollen Stiftung für die Blutergeschädigten" gesprochen und hier dem Parlament die Information unterschlagen, daß wir als Bundesregierung, als Regierungskoalition durchaus bereit gewesen wären, eine noch höhere Einlage in diese Stiftung zu machen, daß es aber die Länder waren und insbesondere die SPD-regierten Länder, die strikt jede höhere Beteiligung an diesem Aids-Hilfefonds abgelehnt haben.
Meine Damen und Herren, das ist das Erbärmliche, daß sich Politiker hier herstellen, im Deutschen Bundestag mehr fordern, und ihre eigene Partei lehnt es im Bundesrat ab, eine Mark mehr zu bezahlen.
Dann, Herr Kollege Rübenkönig, haben Sie sich mit einem Phantom in der Gesundheitspolitik beschäftigt. Ich kenne die gesundheitspolitischen Vorstellungen und 'Ziele in der Koalition nicht, die Sie hier beschrieben haben. Das ist ein Phantom. Das gibt es nicht,
weder bei dem, was wir heute vorgelegt haben, noch bei dem, was wir in diesem Jahr innerhalb der Koalition noch vereinbaren werden.
Der große Erfolg - das ist Ihr Mißvergnügen - unserer Übereinkunft ist, daß wir in voller Eintracht zwischen F.D.P., CDU und CSU eine Krankenhausreform vereinbart haben, die in erster Linie diejenigen in Verantwortung nimmt, die wirklich Kosten steuern können, nämlich die Krankenkassen und Krankenhäuser. Sie ist aber keine Reform zu Lasten der Patienten. Das ist sozial, und deshalb haben wir recht mit unserem Ziel, die soziale Krankenversicherung in Deutschland beizubehalten.
Wir werden keine anderen Ziele in der zweiten Stufe der Gesundheitsreform vorschlagen. Es mag sein, daß Sie dies aus parteipolitischen Gründen nicht freut. Aber für die Beteiligten im Gesundheitswesen ist das gut.
Wir wollen die gute deutsche Krankenversicherung mit einem umfassenden sozialen Schutz gerade für die Schwerkranken, für die chronisch Kranken, für die Menschen, die es sich ansonsten nicht leisten könnten, ordentlich medizinisch und pflegerisch betreut zu werden, aufrechterhalten.
Unsere Reformen dienen nicht dazu, eine gute Gesundheitsversorgung abzuschaffen, sondern sie dienen dazu, sie in diesem Jahrhundert und weit über dieses Jahrhundert hinaus zu erhalten. Das ist unser Ziel. Zu diesem ganz einfachen Reformvorhaben haben Sie offensichtlich selber die Kraft nicht.
Frau Kollegin Heyne, was nun die Positivliste angeht, so habe ich nicht den Eindruck, daß ich schlotternde Knie habe, daß ich eingeknickt bin, daß ich einen Kniefall vor der Pharmaindustrie oder anderen gemacht habe. Es sind schlicht ganz einfache, logische, im Interesse der Bevölkerung liegende Argumente.
Wenn Sie die Positivliste aus Berlin, die Ihre Kollegin in der letzten Bundestagssitzung hier noch geschwenkt hat und die mittlerweile von Gerichten kassiert ist, uns als Maßstab und Empfehlung für eine richtige Gesundheitspolitik der Zukunft mitgeben wollen, dann begehen Sie eine schwere Sünde an den Grundüberzeugungen der Grünen; denn dann würden Sie über 30 000 sanfte Arzneimittel und Naturheilmittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen ausschließen.
Sagen Sie endlich einmal der Öffentlichkeit, ob Sie das wollen oder ob Sie das nicht wollen. Wenn Sie das nicht wollen, dann sind Sie genau wieder da, wo wir heute sind. Wir haben die Erkenntnis schon wesentlich früher gewonnen, daß dies der Bevölkerung nicht zumutbar ist.
Herr Kollege Rübenkönig, hinsichtlich der Sozialhilfe gibt es ja eine eigenartige Auffassung. Ich frage mich, ob Sie als alte Arbeitnehmerpartei in Deutschland wirklich noch das Ohr bei den Arbeitnehmern haben, die tagtäglich ihre Leistung erbringen und ihre Steuern und Abgaben bezahlen, und ob Sie wirklich diesen Arbeitnehmern sagen wollen, daß die Sozialhilfe, also die Transferleistungen, die an Bedürftige ohne Arbeit gezahlt werden, in den nächsten Jahren stärker als die Nettolöhne der Arbeitnehmer steigen sollen. Das erzählen Sie einmal den Arbeitnehmern.
Die IG Metall schlägt aus ihrer Verantwortung eine Nullrunde vor. Der Kollege Dreßler hat vor wenigen Monaten noch gesagt, die Sozialhilfe müsse im nächsten Jahr, weil wir nach dem Bedarfsdeckungs-
Bundesminister Horst Seehofer
prinzip gehen, um 6 oder 8 Prozent steigen. Wer will denn den Menschen draußen noch erzählen, was Sie hier für eine Politik mit soziologischen Begriffen wie Bedarfsdeckungsprinzip und ähnlichem Käse betreiben?
Meine Damen und Herren, die Leute interessiert nicht, was Sie an Prinzipien vertreten, sondern was sie bekommen. Sie können die Sozialhilfe nicht höher als die Arbeitnehmereinkommen steigern.
Ein solcher Mist! Wollen Sie denn vertreten, wenn einem Menschen eine zumutbare Arbeit angeboten wird, daß auch bei Ablehnung der zumutbaren Arbeit die volle Sozialhilfe gezahlt wird? Da ist es doch höchste Zeit, daß wir die Sozialhilfe zwingend um 25 Prozent kürzen, wenn jemand eine zumutbare Arbeit nicht annimmt.