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    Plenarprotokoll 13/66 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 66. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. November 1995 Inhalt: Gedenkworte für den ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin 5643 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Meinolf Michels 5643 D Abwicklung der Tagesordnung . . . . 5643 D Zur Geschäftsordnung Dr. Dagmar Enkelmann PDS 5644 A Joachim Hörster CDU/CSU 5644 D Dr. Peter Struck SPD 5645 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5645 C Jörg van Essen F.D.P. . . . . . . . . 5646 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksachen 13/2000, 13/2593) . . . 5646 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 13/2601, 12/2626) 5646 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 13/2602, 13/2626) 5646 D Rudolf Purps SPD 5646 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5647 B Dr. Christa Luft PDS 5647 C Ina Albowitz F.D.P. 5647 D Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 13/2603, 13/ 2626) 5648 C Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 13/2608, 13/2626) . . . 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 13/2623) . 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 13/2625) 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 13/ 2619, 13/2626) 5649 A Karl Diller SPD 5649 A Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU . . 5656B, 5661 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 5661 A, 5677 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5661 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 5664 B Eckart Kuhlwein SPD . . 5667 C, 5686 D, 5689 A Dr. Barbara Höll PDS 5668 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 5670 B Joachim Poß SPD 5678 A Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . 5682 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5684 A Jürgen Koppelin F.D.P 5686 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 5687 D Susanne Jaffke CDU/CSU 5688 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5688 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5689 B Manfred Hampel SPD 5690 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 5692 A Frederick Schulze CDU/CSU 5693 B Wilfried Seibel CDU/CSU . . . . . . 5694 A Rolf Köhne PDS 5696 A Karl Diller SPD (Erklärung nach § 31 GO) 5696 B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/2610, 13/2626) 5697 A Ilse Janz SPD 5697 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . 5700B, 5707 A Dr. Gerald Thalheim SPD . 5701 A Marianne Klappert SPD . . . . . . . 5701 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5703 C Ulrich Heinrich F. D. P. 5704 C Dr. Günther Maleuda PDS 5705 D Dr. Gerald Thalheim SPD 5706 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 5707 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5708 B Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 5710 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5711 A Jochen Borchert CDU/CSU. . . 5711 B Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit (Drucksachen 13/2615, 13/2626) . . 5711 D Gerhard Rübenkönig SPD 5712 A Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . 5715 A Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5717 D Dr. Dieter Thomae F.D.P 5719 A Dr. Ruth Fuchs PDS 5720 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 5721 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5722 B Karl Diller SPD 5723 C Nächste Sitzung 5724 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5725 *A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bartholomäus Kalb, Dr. Erich Riedl (München), Kurt Rossmanith (alle CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Einzelplan 03 (Tagesordnungspunkt I.3.) . . . 5725 *C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/2867 5726 *A 66. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. November 1995 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 07. 11. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 07. 11. 95 * Bindig, Rudolf SPD 07. 11. 95 * Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Dobberthien, SPD 07. 11. 95 Marliese Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 07. 11. 95 * Formanski, Norbert SPD 07. 11. 95 Großmann, Achim SPD 07. 11. 95 Haack (Extertal), SPD 07. 11. 95 * * Karl-Hermann Häfner, Gerald BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Hauchler, Ingomar SPD 07. 11. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 07. 11. 95 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 07. 11. 95 ** Klemmer, Siegrun SPD 07. 11. 95 Marten, Günter CDU/CSU 07. 11. 95 ** Marx, Dorle SPD 07. 11. 95 Meißner, Herbert SPD 07. 11. 95 Nickels, Christa BÜNDNIS 07. 11.95 90/DIE GRÜNEN Odendahl, Doris SPD 07. 11. 95 Rennebach, Renate SPD 07. 11. 95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Spiller, Jörg-Otto SPD 07. 11. 95 Steindor, Marina BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 07. 11. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 07. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bartholomäus Kalb, Dr. Erich Riedl (München), Kurt Rossmanith (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Einzelplan 03 (Tagesordnungspunkt I. 3.) Es wäre sehr naheliegend gewesen, dem Einzelplan 03 die Zustimmung zu verweigern. Deshalb bedarf das Abstimmungsverhalten einer Erläuterung: Verfassungsrecht hin, Bundeshaushaltsordnung her - man könnte, nein, man müßte gegen Beratung und Beschlußfassung dieses Einzelplanes im Sinne einiger Mitglieder des Verfassungsorganes Bundesrat erhebliche verfassungspolitische Bedenken geltend machen. Worauf gründet sich eigentlich die Erwartung, daß dieser Bundestag den Einzelplan 03 stets ohne Aussprache und meist einstimmig passieren läßt? Wer könnte denn, wenn es darauf ankommen sollte, uns zur Zustimmung veranlassen? Der Hinweis, das entspreche einer guten Übung, wäre verfassungspolitisch äußerst bedenklich, ja unter Umständen verfassungsrechtlich sogar sehr problematisch. Da von einigen im Norden unserer Republik beheimateten Mitgliedern des Verfassungsorganes Bundesrat vor kurzem neue Maßstäbe entwickelt wurden, sehen wir uns gezwungen, unser Abstimmungsverhalten hier zu begründen. Es darf nämlich auf keinen Fall der Eindruck entstehen, als würden wir ohne Verantwortungsbewußtsein oder gar gedankenlos einer Vorlage zustimmen. Um im Jargon zu bleiben: Auf keinen Fall darf sich der Eindruck festsetzen, wir seien hier nur willfährige „AbnickAuguste". Im übrigen wäre es sehr verdienstvoll, wenn Regelungen und Verfahren entwickelt werden könnten, die auf die Skrupel, Nöte und staatspolitischen Bedenken von Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten Rücksicht nehmen. Zumindest sollte man sie in Zukunft nicht in die peinliche Situation bringen, Leistungen für sich und ihre Organe aufgrund von sie begünstigenden Beschlüssen dieses Hauses in Anspruch nehmen zu müssen. Wenn wir dennoch diesem Haushalt zugestimmt haben, dann zum einen, weil der neue Präsident des Bundesrates den Willen zu einem guten Verhältnis zum Verfassungsorgan Bundestag bekundet und die Absicht, die jeweils originären Rechte der verschiedenen Verfassungsorgane zu respektieren, gemeinsam mit seinem sächsischen Ministerpräsidentenkollegen unter Beweis gestellt hat. Noch wichtiger ist uns aber folgendes: So reizvoll es wäre, Retourkutschen zu fahren - die Demokratie würde großen Schaden nehmen, wenn sich Verfassungsorgane weiterhin gegenseitig beschädigten. Als freie und unabhängige und im Gegensatz zu den Ministerpräsidenten unmittelbar vom Volk gewählte Abgeordnete - die meisten von uns direkt - tragen wir besondere Verantwortung, die für dumpfe Reaktionen keinen Raum läßt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/2867 Zu meinem Abstimmungsverhalten zum Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1996, Einzelplan 60, Titelgruppe 60 04, Sonderleistungen des Bundes, erkläre ich: Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich das Schicksal der Verhandlungen zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland entscheidet, ist es von größter Wichtigkeit, daß die von Bundeskanzler Kohl schon seit langem angekündigte Entschädigung von NS-Opfern in der Republik Slowakei und der Tschechischen Republik vom Bundestag durch die Bereitstellung der entsprechenden Mittel ermöglicht wird. Die Regierung und das Parlament der damaligen Tschechoslowakischen Republik haben aus eigenem Antrieb Vorleistungen an die tschechoslowakischen Opfer des Nationalsozialismus geleistet. Wie ich aus meiner intensiven Beschäftigung mit dem Problem der tschechisch-deutschen Aussöhnung weiß, ist es gerade jetzt an der Zeit, im Zuge der weiteren Vertiefung der tschechisch-deutschen und slowakischdeutschen Beziehungen, dieser Geste mit der Errichtung der Stiftungen entgegenzukommen. Der Änderungsantrag dient dazu, dies finanziell zu ermöglichen. Gerade hat Präsident Havel, der mit Engagement und Offenheit eine Versöhnung mit Deutschland wünscht und sucht, anläßlich seiner Unterredung mit Präsident Herzog nochmals auf die Notwendigkeit dieser Entschädigungen hingewiesen. Ich bin der Meinung, daß wir diesem Partner in der Versöhnung angesichts der sich in der entscheidenden Phase befindenden tschechisch-deutschen Verhandlungen, diese Unterstützung nicht verwehren können. Wir müssen jetzt dieses Signal setzen, weil es später so nicht mehr möglich ist. Darum stimme ich dem vorliegenden Änderungsantrag zu.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dieter Thomae


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor 14 Tagen habe ich hier gesagt: Die Koalition wird handlungsfähig sein und ein Konzept für die Krankenhausreform auf den Tisch legen. Heute liegt es auf dem Tisch.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU Zuruf von der PDS: Aber wie!)

    Ich habe Ihnen zudem versprochen, daß ich mich dafür vehement einsetzen werde.
    Meine Damen und Herren, diese Krankenhausreform geht von zwei Säulen aus. Erstens wird eindeutig festgehalten: ambulant vor stationär. Warum? Mit einem solchen Konzept können wir preisgünstiger und sinnvoller arbeiten und sind näher an den Patienten.
    Der zweite Schwerpunkt unserer Koalitionsarbeit war, die Selbstverwaltung zu stärken. Dies haben wir geschafft. Wir haben auf der einen Seite die Krankenkassen des Landes, auf der anderen Seite eine Organisation der Krankenhausgesellschaft. Diese beiden verhandeln in Zukunft über die Gesamtausgaben in einem Land; der Staat zieht sich zurück.
    Ich halte das für eine sehr gute Entscheidung. Der Staat zieht sich aus der Gesundheitspolitik zurück und überläßt in Zukunft den Verantwortlichen das Gesamtvolumen der Ausgaben in einem Land. Hier, meine Damen und Herren, ist in Zukunft Kreativität gefragt.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ein weiterer wichtiger Punkt: Wir haben ganz entschieden das mit Ihnen entwickelte Reformkonzept der Bundespflegesatzverordnung übernommen und wollen dies weiterentwickeln. Wir sind heute bei 20 Prozent und nehmen uns fest vor, dies noch nennenswert zu erweitern, damit wir in diesem Bereich mehr Wettbewerb und mehr Transparenz bekommen.
    Ich bin sicher, daß wir dann Kosten in nennenswerter Höhe sparen, zumal wir sicherlich die Liegezeiten verkürzen werden. Hier werden alle vor der Frage stehen: Was machen wir mit den Überkapazitäten im Krankenhaus? Wandeln wir die Betten um? Müssen wir Krankenhäuser schließen?
    Meine Damen und Herren, das ist ein sehr sensibles Thema. Das wissen wir alle, aber wir werden dem politisch nicht entkommen, wenn wir im Krankenhausbereich wirklich sparen und diese Sparmaßnahmen nutzen wollen, um die ambulante Versorgung erheblich zu verbessern. Wir müssen sie auch verbessern, den wir erwarten von der Ärzteschaft, die im ambulanten Sektor tätig ist, daß sie verstärkt Nacht- und Wochenenddienste übernimmt und daß es sich lohnt, dort verfügbar zu sein, damit wir die Einweisungen, die im Krankenhaus gerade am Wochenende passieren, vermindern können. Wir wissen nämlich: Es gibt am Wochenende Einweisungen ins Krankenhaus, die medizinisch nicht notwendig sind, Fälle also, die ambulant behandelt werden könnten.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Dann, macht doch die Reform der ambulanten Versorgung gleich mit!)

    Dort liegt für die Koalition der Ansatzpunkt, Kosten zu senken, Ausgaben umzuschichten. Wir sind sicher, daß wir diesen Weg erfolgreich gehen werden.
    Ich darf Ihnen versichern: So wie diese Koalition das Krankenhauspaket geschnürt hat, wird sie bis Weihnachten ein Konzept auf den Tisch legen, das die ambulante Versorgung vernünftig, ausgewogen und unter sozialen Aspekten organisiert.

    (Beifall bei der F.D.P. Klaus Kirschner [SPD]: Sehr gut! Wir warten darauf!)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß wir mit der Koalition auch hier ein Beispiel geben werden, mit dem wir Ihren Vorstellungen begegnen werden.
    Ihr Sprecher hat heute der Koalition vorgeworfen, die Gesundheitspolitik der F.D.P. und der Koalition insgesamt sei gescheitert. Da kann ich, wenn ich den Antrag für Ihren nächsten Bundesparteitag lese, nur staunen. Dort wird genau darauf hingewiesen: Wir wollen die Lohnnebenkosten senken, damit Arbeitsplätze gesichert werden! - Was denken Sie eigentlich, worüber die Koalition seit einem Jahr redet? Wir reden seit einem Jahr davon, daß die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das ist wohl wahr! Klaus Kirschner [SPD]: Wer ist denn in der Regierung?)

    Und wo können wir Lohnnebenkosten senken? Gerade im sozialpolitischen Bereich. Dort müssen wir vernünftige und ausgewogene Konzepte auf den Tisch legen. Ich bin froh, daß einige Ihrer Politiker den Mut haben, mittlerweile auch zu sagen, daß die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen, weil andernfalls in Deutschland mehr Arbeitsplätze gefährdet wären, als wir uns heute vorstellen können.

    Dr. Dieter Thomae
    Viel besser wäre es, wenn Sie sagen würden: Das sind Konzepte, die die F.D.P. schon vor zehn Jahren gepredigt hat, die aber leider heute erst bei uns ankommen!
    Von daher haben wir eine Verantwortung dafür, ein ausgewogenes und vernünftiges Konzept zu erstellen, das die Arbeitsplätze in Deutschland sichert, damit wir Sozialpolitik auf Dauer finanzieren können.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Das ist der Weg in die Zukunft, nicht aber eine Budgetierung, wie Sie sie sehen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Klaus Kirschner [SPD]: Was ist denn mit einer Budgetierung?)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Kollegin Dr. Ruth Fuchs, Sie haben das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ruth Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Jubelrede nun wieder ein kleiner Dämpfer: Wir beraten heute den wohl unsolidesten Bundeshaushalt, der je in diesem Parlament vorgelegt wurde. Wiederum sind es soziale Bereiche, in denen durch Streichung die massiven Deckungslücken geschlossen werden sollen. Das betrifft auch den Einzelplan des Bundesgesundheitsministers.
    Bereits mit dem Ansatz der Regierung ist er gegenüber dem Vorjahr erneut empfindlich gekürzt worden. Dabei gilt nach wie vor: Da der Etat des Gesundheitsministers vergleichsweise klein ist, kann mit Streichungen für den Gesamthaushalt zwar nicht viel gewonnen, dafür aber in hochsensiblen Bereichen der Gesundheitspolitik um so größerer Schaden angerichtet werden.
    Dessenungeachtet hat die bekannte Mehrheit im Haushaltsausschuß mehr oder weniger nach der Rasenmähermethode weitere unverantwortliche Kürzungen vorgenommen, bemerkenswerterweise übrigens, ohne daß der zuständige Fachausschuß in angemessener Form dazu Stellung nehmen konnte. Einige Beispiele für die Auswirkungen: Chronische Krankheiten stehen heute bekanntlich im Vordergrund der Gesundheitsprobleme der Bevölkerung. Ihre adäquate medizinische Versorgung und soziale Bewältigung ist auch in Deutschland eine der drängendsten, über weite Strecken aber noch nicht genügend gelöste Aufgabe der Medizin.
    Um so wichtiger ist es natürlich, entsprechende Modellvorhaben zu fördern. Bundesministerium und Gesundheitsausschuß waren in den letzten Jahren durchaus bemüht, dieser Notwendigkeit Rechnung zu tragen. Nicht so das vorliegende Ergebnis des Haushaltsausschusses. Die dringend benötigten Mittel sind wieder auf einen Stand gekürzt worden, der einem Rückfall um mehrere Jahre gleichkommt. Ähnliches gilt leider für die Aufklärungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmißbrauchs.
    Der Titel „Kosten für den Betrieb nationaler Referenzzentren auf dem Gebiet der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten" war einer der wenigen, bei dem die Mittel für 1996 erhöht werden sollten. Aber auch er entging dem Rotstift des Haushaltsausschusses nicht. Das ist bei der Bedeutung, die die Infektionskrankheiten, darunter zum Teil ganz neuartige, wiedererlangt haben, eine von Sachkenntnis ganz offensichtlich völlig ungetrübte Entscheidung. Aber auch die Regierung selbst hatte bereits beträchtliche Streichungen vorgenommen. Davon sind unverständlicherweise auch die Aufklärungsmaßnahmen zur Aids-Bekämpfung betroffen. Dabei ist völlig klar, daß jedes Nachlassen bei der Aufklärung, aber auch jede Reduzierung bei den Unterstützungsangeboten für die an Aids Erkrankten beziehungsweise von HIV-Infektionen Betroffenen die bisher erzielten Ergebnisse gefährden, ja, mehr noch, zwangsläufig auf Kosten von Leben und Gesundheit vieler Menschen gehen muß.
    Es bleibt noch festzustellen: Der Haushalt leistet wiederum keinen Beitrag zur notwendigen Erneuerung im Gesundheitswesen. Eine aktive Förderung zweckmäßiger Entwicklungen, Strukturen oder moderner Forschungsfelder tendiert praktisch gegen Null. Neue Aufgaben werden so gut wie nicht mehr aufgenommen. Ich erinnere nur an solche Bereiche wie Umweltmedizin oder Kindergesundheit.
    In diesem Kontext ist wohl auch zu sehen, wie mit den Ende dieses Jahres auslaufenden Personalstellen im Robert-Koch-Institut umgegangen wurde. Auch zeitlich befristete Arbeitsmöglichkeiten auf der Basis von Forschungsprojekten oder durch Drittmittel finanzierten Vorhaben für einige der betroffenen Mitarbeiter bedeuten letztlich die Nichtanerkennung ihrer Tätigkeit als Daueraufgabe und die Entlassung aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis. Was bleibt, sind erneut enttäuschte und frustrierte Fachleute und verschenkte Möglichkeiten, die Arbeit auf zukunftsträchtigen und bisher relativ schwach entwickelten Gebieten zu verstärken.
    Meine Damen und Herren, ob die Haushaltsziele des Bundes 1996 erreicht werden, hängt, so scheint es jedenfalls, auch davon ab, ob es dem Gesundheitsminister gelingt, die Krankenversorgung von über 260 000 ausländischen Bürgerinnen und Bürgern auf eine minimale Akutversorgung zu reduzieren und die Leistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge für mehrere Jahre unter das soziokulturelle Existenzminimum der Sozialhilfe zu drücken. Die hier geplanten Einsparungen sollen den Ländern und Gemeinden offensichtlich die Streichung der originären Arbeitslosenhilfe und den damit verbundenen Anstieg der Zahl der Sozialhilfeempfänger gegenfinanzieren und damit schmackhaft machen. Zugleich wird ihnen mit der in diesem Haus bereits scharf kritisierten Novelle des Bundessozialhilfegesetzes eine weitere Kostendeckelung durch Leistungseinschränkung in Aussicht gestellt.
    Was wir hier erleben, ist das zynische und kaltschnäuzige Prinzip eines Verschiebebahnhofes, bei dem die Lebensmöglichkeiten von Menschen nur noch als Kostenstellen behandelt werden und auf dem Rücken der schwächsten Mitglieder der Gesellschaft Haushaltsgeschäfte abgewickelt werden.

    Dr. Ruth Fuchs
    Wer also dem Haushaltsgesetz und dem Einzelplan 15 zustimmt, stimmt damit für eine Gesundheits- und Sozialpolitik, die sich, wenn auch zunächst nur bei einer bestimmten Gruppe von Menschen, nicht mehr am medizinisch notwendigen Bedarf gesundheitlicher Versorgung orientiert. Er stimmt letztlich für eine Politik, die absehbar mehr und mehr Gruppen der Gesellschaft aus der normalmedizinischen Versorgung ausgrenzen wird. Wir lehnen den Einzelplan 15 aus diesen Gründen ab.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)