Rede von
Jochen
Borchert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Kollegin, ich habe bereits in den Ausschüssen darauf hingewiesen, daß es im Augenblick unsere Aufgabe ist, für die Mehrwertsteuerlösung auf der europäischen Ebene zu kämpfen, daß wir alternativ dazu natürlich Vorschläge vorbereiten und ich deshalb den Bauernverband aufgefordert habe, dazu Vorschläge zu machen. Ich freue mich, daß der Kollege Thalheim bereits im Besitz dieser Informationen durch den Bauernverband ist. Ich halte es für einen notwendigen Weg, den Berufsstand aufzufordern bzw. zu bitten, sich an der Entwicklung von Alternativvorschlägen zu beteiligen; denn das, was Frau Janz für den Personalrat angemahnt hat, gilt in gleicher Weise für den Berufsstand, daß wir ihn möglichst frühzeitig in die Beratung einbeziehen. Ich werde natürlich die Ausschüsse rechtzeitig über die Alternativen informieren, wenn wir mit der Bearbeitung weiter sind.
- Dazu werde ich noch kommen. Es gibt Kritik daran, daß die Mittel nicht im Haushalt eingestellt sind. Es gibt gleichzeitig die Aufforderung von Frau Janz, weiter in Brüssel zu verhandeln, um die Mehrwertsteuerlösung durchzusetzen. Nun frage ich die Haushälter - Herr Diller hat auch dazwischengerufen -, wie ich im Etat eine Position einstellen soll, von der ich noch nicht weiß, ob sie auf der Einnahmenseite zu Mindereinnahmen oder auf der Ausgabenseite zu Ausgaben führt. Das heißt doch, hier liegt eindeutig ein Fall vor, wo mögliche Haushaltsbelastungen überhaupt noch nicht etatreif sind und deshalb noch nicht eingestellt werden können. Ich kann doch nicht gleichzeitig auf der Einnahmenseite wie auf der Ausgabenseite den möglichen Mitteleinsatz berücksichtigen.
Deswegen werden wir rechtzeitig, sobald feststeht, welcher Weg beschritten wird, den Mitteleinsatz etatisieren.
Hier wäre es sicherlich hilfreich, wenn Sie dies dem Kollegen Thalheim noch einmal erläuterten. Ich habe dies schon intensiv im Ernährungsausschuß gemacht. Aber offensichtlich sind immer noch Fragen offengeblieben, und ich wäre dankbar, wenn die Haushälter ihm das noch einmal ausführlich erläuterten.
Meine Damen und Herren, der Haushalt 1996 ist so gestaltet, daß keine Kürzungen bei investiven Maßnahmen und bei den direkt einkommenswirksamen Maßnahmen vorgenommen werden müssen. Wenn hier von seiten der Opposition kritisiert wird, daß das Volumen des Einzelplans 10 um 3,4 Prozent sinkt, dann ist dies der Beitrag, den auch wir natürlich zur Konsolidierung des Haushaltes leisten müssen. Mir ist nicht bekannt, daß die Opposition in den Beratungen Aufstockungsvorschläge und gleichzeitig dafür Deckungsvorschläge gemacht hätte. Es ist nicht korrekt, hier dies zu kritisieren, zugleich aber keine Vorschläge zu machen.
1995 hat die Opposition kritisiert, daß die Aufstokkung der Mittel für die einzelbetriebliche Förderung um 100 Millionen DM nicht zu einem zusätzlichen Mittelabfluß und nicht zu zusätzlichen Investitionen führe. Wir können heute feststellen, daß diese Aufstockung voll in zusätzliche Investitionen umgesetzt wird. Heute zeigt sich aber auch, daß dies nicht in allen Bundesländern gleichermaßen der Fall ist.
Hier überrascht es, daß gerade Brandenburg - dies überrascht, weil man den zuständigen Landwirtschaftsminister, Herrn Zimmermann, in der Vergan-
Bundesminister Jochen Borchert
genheit lautstark tönen hörte, es müsse mehr für die Landwirtschaft getan werden - die bereitgestellten Mittel nicht abruft.
In Brandenburg werden 30 Millionen DM nicht abgerufen, weil die komplementären Mittel fehlen. Mir ist natürlich klar, warum die komplementären Mittel fehlen; in Brandenburg werden diese Mittel benötigt, um die Verluste etwa bei Tierkörperbeseitigungsanstalten oder bei der Landgesellschaft zu decken. Sie stehen damit nicht mehr für die Landwirtschaft zur Verfügung. Hier wird eine Konsolidierung auf dem Rücken der Bauern ausgetragen. Hier werden Mittel gekürzt, um damit andere Löcher zu stopfen. Das, was Herr Sielaff im Blick auf den Bundeshaushalt kritisiert hat, geschieht nicht im Bundeshaushalt, sondern in Brandenburg.
Bei den Beratungen im Haushaltsausschuß gab es eine intensive Diskussion darüber, ob die Mittel für den Küstenschutz ausreichen. Wir haben in den vergangenen drei Jahren die Mittel von 134 Millionen DM auf 148 Millionen DM aufgestockt. Mich überrascht jetzt, daß das Land Niedersachsen für 1996 einen um 7 Millionen DM geringeren Bedarf angemeldet hat. Ganz offensichtlich führen die Haushaltsprobleme Niedersachsens dazu, daß in dem sensiblen Bereich des Küstenschutzes gespart wird, weil die Mittel benötigt werden, um Löcher an anderen Stellen zu stopfen. Ehe wir also für diesen Bereich die Mittel im Bundeshaushalt aufstocken, müßten erst einmal die Länder Komplementärmittel zur Verfügung stellen.
Frau Janz hat dann auch kritisiert, wir müßten gerade im Bereich der Agrarreform mehr für den Naturschutz tun und Agrarpolitik mehr mit Naturschutz verzahnen. Einer der entscheidenden Punkte der Agrarreform sind die sogenannten flankierenden Maßnahmen, mit denen die Länder gezielt Naturschutzmaßnahmen finanzieren können. Hier ist immer wieder gerade von der SPD Planungssicherheit für die Landwirtschaft gefordert worden.
Deswegen möchte ich in diesem Zusammenhang auf das Kulturlandschaftsprogramm in Hessen eingehen. Wir haben bei der Festschreibung der Aufwertungsfestigkeit der Ausgleichszahlungen vehement dafür gekämpft, daß dies auch für die flankierenden Maßnahmen gilt, und in intensiven Verhandlungen Mittel für die Bundesländer durchgesetzt. Diese Planungssicherheit haben wir auf der europäischen Ebene geschaffen.
Das Land Hessen hat dann ein Kulturlandschaftsprogramm angemeldet und in Brüssel notifiziert bekommen. Die Bauern haben Anträge gestellt und sich auf die Zusage des Landes Hessen verlassen. Jetzt wird bekannt, daß das Land keine ausreichenden Finanzmittel hat und mit einem Federstrich Mittel kürzt. Damit müssen die Landwirte, die Verträge
abgeschlossen haben, mit weniger Mitteln auskommen. So werden in Hessen Löcher gestopft,
wird Haushaltssanierung auf dem Rücken der Bauern betrieben. Dies ist Sanierung des Landeshaushaltes auf dem Rücken der Bauern. Hier gehen Finanzmittel aus Brüssel verloren, für die wir hart gekämpft haben. Dies ist ein Vertrauensbruch gegenüber den betroffenen Landwirten.
Unter solchen Umständen können Betriebe natürlich nicht auf dem europäischen Binnenmarkt wettbewerbsfähig sein.
Ich will noch kurz auf die Überlegungen in bezug auf den Forschungsbereich eingehen. Frau Janz, ich dachte, wir kommen Ihnen entgegen, wenn wir die Vorlage möglichst früh den Berichterstattern zuleiten. Ich habe heute zur Kenntnis genommen, daß Sie dies kritisiert haben. Wir werden deswegen gemeinsam mit Ihnen überlegen müssen, ob wir in Zukunft später informieren. Wir wollten möglichst frühzeitig informieren.
Wir wollen mit der Neukonzeption die Rahmenbedingungen für eine schlagkräftige Ressortforschung für morgen gestalten. Wir wollen damit Doppelforschung weitgehend vermeiden. Es sollen mit größeren Arbeitseinheiten eine größere Schlagkraft und ein effizienter Einsatz der Mittel erreicht werden. Hier ist die Entscheidung über das Rahmenkonzept noch offen. Wir brauchen eine intensive Diskussion mit den Betroffenen. Bei den Diskussionen wird deutlich, daß die Notwendigkeit, bei der Ressortforschung einzusparen, auf Zustimmung, auch parteiübergreifend, trifft. Natürlich gibt es unterschiedliche Vorstellungen, an welcher Stelle und in welchem Umfang gespart werden soll; deswegen müssen wir darüber weiter diskutieren.
Wenn Sie fordern, wir müßten einen Forschungsauftrag zum Einsatz von Bio-Diesel in der Binnenschiffahrt vergeben, dann muß ich darauf hinweisen, daß in Bayern von 48 Polizeibooten 14 mit Bio-Diesel betrieben werden, daß auf dem Müritzsee ein Großversuch für den Einsatz von Bio-Diesel läuft und daß auf dem Tegernsee ein Passagierschiff mit Bio-Diesel betrieben wird. Das heißt: Wir sind längst über die Frage der Studie hinweg und sind bereits in der Erprobung der Anwendung.
Ich will auch gern noch etwas, Frau Höfken, zu Fragen der Grünen und des Umweltschutzes sagen. Wir wollen Umweltschutz mit der Landwirtschaft.
Bundesminister Jochen Borchert
Wir wollen deswegen Vertragsnaturschutz, weil wir Umweltschutz und Naturschutz mit der Landwirtschaft im Interesse einer flächendeckenden Landbewirtschaftung wollen. In bezug darauf habe ich jetzt von Frau Höhn aus Nordrhein-Westfalen mit Interesse gelesen - ich zitiere -:
Unsere natürlichen Partner für die ökologische Neujustierung unserer Politik sind die Umwelt- und Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen des Landes.
Kein Wort von den Bäuerinnen und Bauern. Hier wird offensichtlich Politik gegen Landwirtschaft, aber nicht mit der Landwirtschaft betrieben.
Dies zeigt sich auch bei der Beratung der Düngeverordnung im Bundesrat.
Meine Damen und Herren, Ziel der Agrarpolitik der Bundesregierung bleibt eine wettbewerbsfähige, vielfältig strukturierte, umweltverträgliche bäuerliche Landwirtschaft, die wir in ganz Deutschland sichern wollen. Wir wollen den bäuerlichen Familien eine Zukunft geben; wir wollen die ländlichen Räume stärken und damit die Kulturlandschaft in Deutschland erhalten. Wichtig ist für uns Betriebe zu erhalten, die nach bäuerlichen Prinzipien wirtschaften, die das Eigentum für die nächste Generation sichern. Bäuerliche Prinzipien sind für uns: Bodenbindung in der Tierhaltung, eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftsweise, der verantwortungsvolle Umgang mit den landwirtschaftlichen Nutztieren und ein breit gestreutes Eigentum an Grund und Boden. Diese Prinzipien haben sich über Jahrhunderte bewährt; sie werden sich auch in Zukunft bewähren bei der Aufgabe der Landwirtschaft, Nahrungsmittel, nachwachsende Rohstoffe zu produzieren und die ländlichen Räume zu erhalten. Damit bewährt sich die Landwirtschaft gleichzeitig auch als Träger der Kultur im ländlichen Raum.
Vielen Dank.