Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es muß doch einen Grund geben, warum gerade die SPD-Beiträge so aggressiv sind. Bei Herrn Diller fallen sie eher karnevalistisch aus. Bei ihm hat man ja immer Angst, daß die ganze Luft entweicht, und daß eine leere Hülle zurückbleibt, wenn man ihm mit einer Stecknadel näherkommt.
Wir sollten uns erst einmal darauf besinnen, daß das Haushaltsrecht beim Parlament liegt. Das ist nämlich heute immer wieder in Frage gestellt worden: Ist das Parlament überhaupt berechtigt, den Haushalt zu verändern? - Wir sind dazu genauso berechtigt, wie der Vollzug des Haushalts bei der Verwaltung liegt. Viele Abgeordnete würden sich sicher wünschen, daß sie in den Vollzug einbezogen werden. Aber das ist nun einmal nicht so. Erst die Kontrolle unterliegt dann wieder dem Rechnungshof in Zusammenarbeit mit dem Parlament - oder umgekehrt. Daß wir mit dem Finanzministerium zusammenarbeiten, kann man doch nicht beklagen. Das ist doch sehr vernünftig. Alles andere wäre kritikwürdig.
Herr Poß, mir ist aufgefallen, daß Sie beklagen, daß die Spitzensteuerzahler keine Steuern mehr bezahlen. Gleichzeitig aber errechnen Sie, daß sich ein Ausfall von 5 Milliarden DM einstellen würde, wenn der Spitzensteuersatz abgesenkt würde.
Ist Ihnen zufälligerweise aufgefallen, daß dies ein Widerspruch ist?
Meine Damen und Herren, mir fällt dazu ein: Bei der 50-Jahr-Feier der CDU war ein junges Mädchen, das darstellte, warum es in die CDU eingetreten ist. Sie sagte: „... und außerdem hat mein Großvater gesagt, die Sozen können mit dem Geld nicht umgehen. "
Sie können sich vorstellen, daß es damals großen Beifall gab. Angesichts Ihrer Rede, Herr Diller, habe
ich mich an dieses junge Mädchen erinnert. Man wird einen Detektiv beauftragen müssen - -
- Früher hat es sogar noch Leute gegeben, die die SPD gerne gewählt haben, Frau Matthäus-Maier. Das ist auch schlechter geworden! - Man wird also einen Detektiv beauftragen müssen, um den Wahrheitsgehalt der Rede von Herrn Diller irgendwo zu finden.
Wir erleben jedes Jahr das gleiche Szenario: Der Haushalt ist nicht ausgeglichen, es sind riesige Lükken darin. Man wendet sich dann schnell dem nächsten Haushalt zu, weil im Rückblick die ganze Geschichte völlig anders aussieht.
Daß die Länder in der Vergangenheit ein schlechtes Geschäft gemacht haben, kann man wirklich nicht unterstreichen. Von uns sind - sicherlich mit Hilfe des Bundesrates - eine ganze Reihe von Gesetzen und auch die Frage der Umverteilung der Steueraufkommen zugunsten der Länder entschieden worden. Herr Minister Waigel hat es erwähnt: Es steht eigentlich an, daß die Länder einen Teil dieser Steueraufkommen zurückgeben. Man wird bei der Abschaffung der Gewerbesteuer natürlich einen Ausgleich schaffen müssen, aber man wird aufpassen müssen, daß nicht nur die Länder bedient werden, sondern daß die Gemeinden ihren gerechten Anteil daran bekommen.
Herr Diller hat dann gesagt: Was wir mühsam aufgebaut haben ... Er meinte wohl die Sozialdemokraten in deren Regierungszeit. 1981 und 1982 hatten Sie eine Steuerlast aufgebaut - ohne Wiedervereinigung -, die ihresgleichen in der Bundesrepublik gesucht hat.
Ich erinnere daran, daß wir 1986, 1988 und 1990 die Steuerzahler in drei großen Stufen um je 20 Milliarden DM - ich rechne Ihnen das schnell vor, damit Sie keine Schwierigkeiten haben, im ganzen 60 Milliarden DM - im Jahr entlastet haben.
- Ja, das mag für Sie Quatsch sein. Ich könnte Ihnen die Zusammenhänge gerne erklären, warum dies kein Quatsch ist, aber so kleine Vorurteile will ich gerne bei Ihnen bestehen lassen.
Diese „Umverteilung von unten nach oben" ist ebenfalls eine Sache, die Sie immer wieder erwähnen. Da sagen Sie: Na ja, die Neugestaltung der Zinsbesteuerung ... Es ist aber mit Sicherheit so gewesen, daß die Schwächerverdienenden mit hohen Freibeträgen von der Steuer völlig freigestellt worden sind. Durch die Freistellung des Existenzminimums ab 1. Januar 1996 werden die kleineren Verdiener außerdem um 15,5 Milliarden DM entlastet.
Auch die Weiterentwicklung des Familienleistungsausgleichs verbessert die finanzielle Situation der Familien schon im kommenden Jahr mit rund 7 Milliarden DM, ab 1997 noch einmal zusätzlich mit
Dankward Buwitt
4 Milliarden DM. Hier wird nichts von unten nach oben umverteilt, sondern hier wird unten konsequent entlastet.
Es kommt immer wieder das Gerede über die Steuerschätzung auf; Frau Höll ist allerdings nicht mehr im Saal. Es ist gesagt worden, daß der Herr Minister dies alles manipuliert hat. Ich brauche nicht noch einmal zu erklären, daß da auch die SPD-Länder sitzen und dies alles mit errechnet und beschlossen haben. Allerdings frage ich mich: Werden Sie Ihren Abgeordneten in den Haupt- oder Haushaltsausschüssen der SPD-regierten Länder auch empfehlen, aus dem Haushaltsausschuß und den Haushaltsberatungen auszuziehen, oder haben Sie nur ein schlechtes Beispiel gegeben, das in den Ländern nicht nachgeahmt werden sollte?
- Ich kann mir das nicht vorstellen, falls Sie darauf eine Antwort haben wollen.
- Herr Diller, das Wort Wahrheit klingt bei Ihnen sehr merkwürdig. Sie haben sich vorhin köstlich amüsiert, als Sie die Niederschrift Ihrer Rede durchgelesen haben. Die war auch amüsant, hatte aber mit der Wahrheit wirklich nichts zu tun.
Auch die Analyse der Steuerschätzung ist meiner Meinung nach bei Ihnen zu kurzsichtig. Völlig richtig ist, daß wir hier im Hause Gesetze verabschiedet haben, die zu Steuererleichterungen geführt haben. Diese Steuererleichterungen haben dazu beigetragen, daß neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind, daß neue Wohnungen geschaffen worden sind, und sie waren gewollt, denn wenn wir hier Gesetze verabschieden, wollen wir auch, daß diese greifen. Ich denke, man muß dabei auch betrachten, daß bei einer Vielzahl dieser Beschlüsse keine Steuerausfälle beschlossen worden sind, sondern letztendlich nur Steuerverschiebungen. Dies werden wir auch an den Steuerzahlungen der nächsten Jahre in erheblichem Umfange erkennen können. Mit einem Mal wird nämlich die 50prozentige Sonderabschreibung plus 2 Prozent lineare Abschreibung in Anspruch genommen, und nach dem Auslaufen der besonderen Förderung darf dann nur noch linear auf die Restabschreibung abgeschrieben werden. Das heißt, die Abschreibungen gehen dann wesentlich unter den normalen Bereich herunter. Das sind keine Steuerschlupflöcher, sondern das haben wir gewollt, um in den neuen Bundesländern Investitionen möglichst schnell anzustoßen.
Meine Damen und Herren, wir haben keine Veranlassung, die solide Arbeit des Finanzministers zu kritisieren. Dort, wo neue Erkenntnisse punktuelle Nachbesserungen des Regierungsentwurfes erforderlich gemacht haben, haben wir das Notwendige getan. Es ist hier ja bereits ausgeführt worden, daß
nicht nur Mindereinnahmen, sondern auf Grund der soliden Stabilitätspolitik dieser Bundesregierung auch erhebliche Minderausgaben in Milliardenhöhe zu verzeichnen sind. Sie können das hin- und her-rechnen, wie Sie wollen: Es sind nun einmal 40 Milliarden DM weniger Schulden gemacht worden, was uns jetzt zugute kommt. Außerdem sind die Zinssätze sehr niedrig. Das ist auch nicht vom Himmel gefallen, sondern nur durch die Stabilität erreicht worden, die wir hier haben halten können.
Ich erinnere mich noch gut der Überschriften, die besagten, daß die D-Mark kaputtgemacht werde. Wir leben heute in einer Zeit der Wertstabilität der D-Mark, die wir in dieser Form überhaupt noch nicht erlebt haben. Damit ist verbunden, daß der Wert der D-Mark gegenüber fast allen anderen Währungen gegenwärtig stärker wird.
Meine Damen und Herren, durch das Jahressteuergesetz 1996 - richtiger müßte man ja sagen: Jahressteuersenkungsgesetz - haben wir einen weiteren Anstoß für konjunkturelle Entwicklungen und damit auch für Wachstum und Beschäftigung gegeben. Eines ist völlig klar: Thema Nr. 1 bleiben die günstigen Rahmenbedingungen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze, weil wir erreichen müssen, daß möglichst viele Menschen Arbeit bekommen, und zwar im ersten Arbeitsmarkt und nicht in Ersatzarbeitsplätzen, wie es die SPD gerne mit irgendwelchen Programmen plant, in denen die Leute dann irgendwie aus Steuergeldern bezahlt werden.
- Frau Matthäus-Maier, Sie werden es mir nicht übelnehmen, daß ich ganz hellhörig werde, wenn Sie sagen: „Das ist nicht wahr", weil ich oft von Ihnen eines anderen belehrt worden bin.
Über die Privatisierung brauche ich wohl nicht viel zu sagen. Nur eines: Ich finde, es ist unerhört, wie Sie mit diesem Thema umgehen. Gerade in der Frage der Veräußerung von Anteilen an zwei Wohnungsbaugesellschaften versuchen Sie, das Geschäft mit der Angst zu machen, daß hier Wohnungen verscherbelt werden.
Aber Angstmacherei ist Ihr Geschäft ja schon immer gewesen.
Vielmehr muß den Leuten gesagt werden, daß Anteile verkauft werden, daß die Gesellschaften weitergeführt werden, daß die Belegungsrechte gesichert sind, daß die Mieter in ihren Wohnungen sicher sind, und zwar zu den Mieten, die sie heute bezahlen und die nicht verändert werden, ob nun der Bund oder
Dankward Buwitt
ein anderer dort Teilhaber ist. Es ist eine konsequente Fortsetzung der Privatisierungspolitik.
- Ich weiß, daß Sie es schlecht ertragen können, wenn man über diese Themen sachlich redet. Ich habe gerade Sie vorhin gesehen, wie Sie bei der Rede von Herrn Diller groß Beifall geklatscht haben. Vielleicht gehen Sie einmal etwas in sich, bevor Sie hier Zwischenrufe machen.
Wir werden diesem Haushalt zustimmen, weil er ein Beitrag zur Stabilität sein wird.
Recht herzlichen Dank.