Rede von
Dr.
Rita
Süssmuth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.
Ich darf Sie bitten, sich zunächst von Ihren Plätzen zu erheben, damit wir des ermordeten Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin gedenken können.
Gestern wurde der am Samstag abend ermordete israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin unter großer Anteilnahme der Weltöffentlichkeit in Jerusalem beigesetzt. Wir, die wir aus Deutschland bei den Trauerfeierlichkeiten auf dem Herzlberg in Jerusalem gewesen sind, haben der Familie des Ermordeten, den Verantwortlichen des Staates Israel und dem Volk der Israelis unsere tiefe Anteilnahme und unseren Beistand bekundet. Wir waren Zeugen einer Bevölkerung in tiefster Trauer, auch in Verwundung.
Yitzhak Rabin wurde Opfer eines fanatischen, haßerfüllten Gegners des Friedensprozesses, der Tat eines jungen Radikalen. Dies geschah in einem Augenblick, wo Rabin wie nie zuvor in einer großen öffentlichen Friedenskundgebung in Tel Aviv unter dem Motto „Für den Frieden, gegen Gewalt" die Unterstützung von mehr als Hunderttausend Israelis, auch und vor allem junger Menschen, für seine Friedenspolitik erfuhr.
Es war erschütternd und ermutigend, am Sarge Yitzhak Rabins immer wieder den Aufruf zur Friedfertigkeit und Gewaltlosigkeit zu hören. Das Friedenslied, das Rabin bei der Kundgebung in Tel Aviv selbst mitgesungen hatte, war noch nicht verklungen, als er voller Haß ermordet wurde.
Ministerpräsident Rabin hat für die Existenz seines Landes als Soldat, Diplomat und Politiker gekämpft. Er war ein Soldat für den Frieden. Nichts hat ihn in den letzten Jahren seines Wirkens so bestimmt wie die Überzeugung, daß es zum Frieden keine Alternative gibt. Ihm war ebenso wie seinem Partner, dem israelischen Außenminister Shimon Peres, stets bewußt, wie schwierig dieser Friedensweg sein würde. Er hat immer um Risiken, Gefährdungen und Rückschläge gewußt. Aber noch am Abend des 4. November hat er den Menschen zugerufen: Es gibt keine Alternative zum Frieden. Es gibt nur diese eine Chance. - Diese Botschaft hat dieser mutige, seinem
Vaterland stets dienende Politiker seinem Land, ja uns allen hinterlassen. Menschen, die sich seit Jahrzehnten gegenseitig weitgehend als Gegner und Feinde wahrgenommen haben, müssen von der Notwendigkeit, der Richtigkeit und der Unumkehrbarkeit des eingeschlagenen Weges überzeugt und zu einer nachhaltigen Friedenspartnerschaft zusammengeführt werden.
Die gestern in Jerusalem vertretene politische Weltöffentlichkeit, die Politiker aus der Region, den USA, Europa und vielen übrigen Erdteilen, sie alle haben nicht nur gemeinsam getrauert und die bisherigen großen Leistungen im Friedensprozeß anerkannt, sondern auch die gemeinsame Verpflichtung zur Fortsetzung des Friedensprozesses unterstrichen. Die Gegner dürfen nicht recht bekommen. Der Friedensprozeß darf nicht ins Stocken geraten. Der mutig beschrittene Weg muß mit Entschiedenheit zu Ende geführt werden. Wir Europäer und wir Deutsche wollen und müssen diesen Weg konstruktiv und nachhaltig begleiten, wo immer wir es können.
In diesen Tagen der weltweiten Trauer um Ministerpräsident Rabin fühlt sich der Deutsche Bundestag der Knesseth und dem israelischen Volk tief verbunden. Wir fühlen uns auch weiterhin zur Unterstützung des Friedensprozesses verpflichtet. Unser aller Mitgefühl gilt der Witwe, den Kindern und der Familie des Verstorbenen.
Sie haben sich zu Ehren des ermordeten Ministerpräsidenten, des Friedensnobelpreisträgers Yitzhak Rabin, von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, lassen Sie mich zunächst Amtliches und Nichtamtliches miteinander verbinden:
Als erstes möchte ich dem Kollegen Meinolf Michels, der am 2. November seinen 60. Geburtstag feierte, im Namen des Hauses nachträglich auf das herzlichste gratulieren.
Ferner möchte ich Ihnen folgendes mitteilen: Die Einzelpläne 09 - Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft - und 11 - Geschäftsbereich
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth
des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung - werden am Donnerstag und nicht, wie in der Tagesordnung versehentlich ausgedruckt, schon am Mittwoch beraten. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll der Einzelplan 12 - Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr - am Donnerstag als letzter Tagesordnungspunkt aufgerufen werden.
Außerdem ist vereinbart worden, die zweite und dritte Beratung des Pflegeversicherungsgesetzes, also die Tagesordnungspunkte IV c und IV d, erst am Freitag nach der dritten Lesung des Haushaltsgesetzes aufzurufen.
Sind Sie damit einverstanden? - Da ich keinen Widerspruch sehe, verfahren wir so.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, müssen wir über einen Geschäftsordnungsantrag abstimmen: Die Gruppe der PDS hat beantragt, die zweite und dritte Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1996 von der Tagesordnung abzusetzen.
Wird das Wort zur Geschäftsordnung gewünscht? - Frau Kollegin Enkelmann!