Rede von
Dr.
Michael
Luther
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Haltung der Bundesregierung zur Altschuldenregelung für ostdeutsche Kommunen angesichts erster Bewertungsergebnisse eines Rechtsgutachtens zur Auferlegung von Rückzahlungsverpflichtungen" . Herr Küster, Sie haben freundlicherweise aus dem Gutachten zitiert. Leider konnte ich mir dieses Gutachten nicht beschaffen und deswegen auch nicht lesen. Deshalb kann ich nur auf die Zitate eingehen, die Sie heute hier gebracht haben.
Es ist natürlich wahr, was das Gutachten an vielen Stellen ausweist, nämlich daß die DDR-Finanzwirtschaft ein . sehr merkwürdiges Gebaren hatte. Ich
glaube, das ist auch einer der wesentlichen Gründe dafür, warum die DDR 1989 dort war, wo sie war: Sie war intern pleite. Dann kam Gott sei Dank der Einigungsprozeß. In diesem Einigungsprozeß wurde überlegt, wie wir die Vereinigung letztendlich gestalten können, wie wir mit dem vorgefundenen Zustand der DDR umgehen können und wie für die Menschen eine erträgliche Situation erreicht werden kann.
Begonnen hat das mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Ich bin dankbar für das, was mit ihr geregelt worden ist; denn das war eine sehr soziale Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion für die Menschen. In diesem Zusammenhang - das muß ich deutlich sagen, auch wenn wir uns heute über die Form und die Merkwürdigkeiten der Altschulden unterhalten müssen - sind diese Schulden tatsächliche Schulden geworden. Diese - das bestreitet niemand - müssen beglichen werden.
Um auf das Argument einzugehen, diese Schulden seien nur durch den Staatshaushalt der DDR verursacht und nur durch den Staatshaushalt getilgt worden: Im Rahmen des Einigungsvertrags wurde es als eine wesentliche und wichtige Aufgabe angesehen, das Volksvermögen der DDR auf die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland aufzuteilen. Es wurde zwischen den Kommunen, den Ländern und dem Bund aufgeteilt. Das war eine Aufgabe des Einigungsvertrages.
Die Überlegung, die an dieser Stelle immer wieder unterstellt wird, nämlich daß die Aufteilung so erfolgen sollte, daß die Kommunen mit Grundvermögen ausgestattet werden, während der Bund die andere Seite, die Passiva, übernehmen möge, ist natürlich aberwitzig. Diese Form der Aufgabenteilung geht nicht. Deswegen halte ich es auch grundsätzlich nicht für richtig, sich heute hinzustellen und aus dem Problem, das uns die DDR durch ihr Finanzgebaren hinterlassen hat, den Schluß zu ziehen, daß der Bund alle Schulden übernehmen und die Probleme lösen möge. Ich denke, das ist genau der falsche Weg.
Wir haben diesen Weg auch in vielen anderen Fällen nicht beschritten, sondern sind einen anderen Weg gegangen. Dazu gehört - das war in der letzten Legislaturperiode ein wichtiges Thema - der Gedanke des Solidarpaktes. Beim Solidarpakt wurde nicht danach gefragt, wem man welche Schulden zuordnen müsse. Ich denke hierbei an die große Diskussion um die Schulden der Wohnungsbaugesellschaften. Statt dessen wurde überlegt: Wie kann ich mit dem, was an Schulden tatsächlich vorhanden ist, umgehen? Wie kann ich sie im Sinne eines Solidarpaktes zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaften aufteilen? Wie kann ich die neuen Bundesländer in die Lage versetzen, daß sie ihre Finanzaufgaben lösen können?
Zu den kommunalen Altschulden sagt der Solidarpakt nichts. Vielleicht ist das nur vergessen worden; aber auf jeden Fall wurde darin nichts erwähnt. Man könnte natürlich auf den Gedanken kommen, zu sagen, das sei so gewollt gewesen, und zwar von allen Beteiligten. Das müßte dann im Rahmen der Möglichkeiten, die die neuen Bundesländer durch ihre
Dr. Michael Luther
Finanzausstattung haben, geregelt werden. Die Kommunen werden das nicht alleine regeln können; denn die Ungleichbehandlung, die ungleiche Verteilung der Schulden auf die Kommunen gebietet eine andere Denkweise. Hier sind ganz besonders die Bundesländer gefordert, mit einzusteigen.
Trotzdem glaube ich, daß man die Länder und die Kommunen hier nicht alleine lassen sollte, sondern daß auch der Bund mit einsteigen sollte. Die Angebote liegen auf dem Tisch. Sicherlich kann man sich in dieser Richtung auch Weiteres vorstellen. Aber ich bin traurig, daß ich von den Kommunen und von den Ländern bisher keine Signale bekommen habe, daß man bereit ist, sich an diesem Schuldenausgleich zu beteiligen.
Ich hoffe und wünsche, daß sich alle an den Tisch setzen und über diesen Ausgleich miteinander reden.
Recht herzlichen Dank.