Rede von
Gerhard
Schulz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich vor, weite Teile meines Manuskripts wegzulassen, weil ein paar Vorredner das schon gesagt haben. Aber ich halte es doch für notwendig, einiges noch einmal zu sagen, damit wir wissen, worüber wir eigentlich reden. Ich bitte also um Entschuldigung, wenn ich manches wiederhole.
Im November 1994 kündigten die Regierungsparteien in ihrer Koalitionsvereinbarung eine Reform der steuerlichen Wohneigentumsförderung an. Die Ansprüche an diese Reform waren: Die Steuerausfälle des neuen Fördersystems sollten im Vergleich zur bestehenden Regelung nicht höher sein, es sollte eine vorrangige Förderung von Familien mit Kindern
Gerhard Schulz
erfolgen, und es sollte eine sozialere Ausgestaltung erreicht werden, damit mehr Familien als bisher Wohnungseigentümer werden können.
Heute, nach rund einem Jahr, ist das neue Eigenheimzulagengesetz fertig. Die Koalition dokumentiert damit erneut ihre Verläßlichkeit und Kontinuität in ihrem politischen Handeln.
In dieses Lob beziehe ich ausdrücklich - da bin ich
nach der Debatte mit Frau Rönsch vorsichtiger geworden - den gutwilligen Teil der Opposition mit ein.
Durch Konzentration auf die Sachprobleme ist dieses Parlament in der Lage, innerhalb kurzer Zeit wichtige und notwendige Reformen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu verabschieden. Wenn jetzt noch der Bundesrat diesem Gesetz zustimmt, ist das ein tolles Ergebnis.
Mit diesem Gesetz vollziehen wir eine grundlegende Umstellung der steuerlichen Wohneigentumsförderung. Das wurde bereits gesagt; ich lasse es weg. Diese Umstellung ist ein wichtiger Schritt zur Erzielung einer höheren Effizienz der Eigentumsförderung. Wir leisten damit einen Beitrag zur Steuervereinfachung, und wir leisten einen notwendigen Beitrag zur Abgrenzung von Steuer- und Transferrecht. Zudem werden vor allem die mittleren Einkommensschichten, die sogenannten Schwellenhaushalte, in die Lage versetzt, Wohneigentum zu erwerben und damit die Eigentümerquote in ganz Deutschland zu erhöhen.
Insgesamt ist die Neuregelung der Wohnungsförderung zwar aufkommensneutral. In den neuen Ländern ergeben sich aber überwiegend Verbesserungen. Von dem gesamten Volumen von über 17 Milliarden DM steuerlicher Förderung entfällt auf die neuen Länder ein Anteil von über 4 Milliarden DM. Mit dieser Eigenheimzulage wird in den neuen Bundesländern eine ganz neue Förderdimension erreicht. Darauf möchte ich mich jetzt konzentrieren.
Erstens. Bisher konnten nach § 10e des Steuergesetzes nur äußerst wenige Haushalte in den neuen Ländern am bestehenden Fördersystem partizipieren, weil Einkommen und Steuerlast im Durchschnitt niedriger liegen als in den alten Bundesländern. So können die Steuervergünstigungen bei einer ostdeutschen Familie mit zwei Kindern erst ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 47 000 DM vollständig in Anspruch genommen werden. Der durchschnittliche Bruttojahresverdienst eines ostdeutschen Industriearbeiters betrug 1994 jedoch lediglich rund 39 000 DM, also 8 000 DM weniger.
Die Steuerersparnis nach § 10e beträgt für diese Familie rund 27 200 DM. Mit der neuen Eigenheimzulage erhöht sich diese Förderung auf 64 000 DM, also um rund 135 %.
Das ist auch notwendig; denn in Ostdeutschland beträgt die Wohneigentumsquote - das wurde erwähnt - nur 22 %. Wir belegen damit im westeuropäischen Vergleich den letzten Platz. Hier ist also wirklich Abhilfe notwendig.
Zweitens. Im Gesetzgebungsverfahren konnte erreicht werden, daß die Zulage für Erwerb aus dem Bestand, also Altbau, von 2 200 DM auf 2 500 DM erhöht wurde. Das ist für die alten Länder, wenn man so will, so etwas ähnliches wie eine Ballungsraumzulage. Für die Ostländer ist das aber eine Zusatzförderung. Warum sage ich das? In Leipzig wird geschätzt, daß dort allein durch das Sanieren des gesamten sanierungsfähigen Wohnraums die Wohnungsprobleme zu lösen seien. Man bräuchte quasi keinen Neubau.
Durch das jetzt vorhandene Instrumentarium, welches sich zusammensetzt aus erstens der Förderung für den Erwerb von Altbau über acht Jahre mit jeweils 2 500 DM plus 1 500 DM für jedes Kind, zweitens progressionsabhängiger Vorkostenabzug von maximal 22 500 DM für Renovierung und Sanierung am gekauften Altbauobjekt und drittens 40 000 DM für Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen nach § 7 des Fördergebietsgesetzes - das Gesetz existiert ja noch immer -, die zusätzlich wie Sonderausgaben abgesetzt werden können, besteht für die Menschen in den neuen Bundesländern ein attraktives Fördersystem für den Erwerb von Wohneigentum.
Drittens. In Ostdeutschland konnte in den vergangenen Jahren - darüber wurde an dieser Stelle oft genug berichtet - keine Vermögensbildung stattfinden.
Die Haushalte verfügen über wenig Eigenmittel und müssen beim Erwerb von Wohneigentum hohe Kredite aufnehmen. Hier besteht die Gefahr, daß ihnen diese Kredite wegen fehlender Sicherheiten verweigert werden. Um diesem Problem Rechnung zu tragen, wird ein nur für die neuen Bundesländer gültiges Bürgschaftssonderprogramm für den Erwerb von Altbauten aufgelegt. Die Höhe der Bürgschaft beträgt 20 % des Kostenaufwands für den Erwerb, jedoch maximal 30 000 DM. Aber dieses Sonderprogramm ergänzt das bereits bundesweit existierende Bürgschaftsprogramm für Neubauten. Es rundet damit das Bürgschaftsinstrumentarium des Bundes ab und erleichtert die Kreditfinanzierung für den Kauf von billigen Wohnungen.
Das vorliegende Eigenheimzulagengesetz ist die Grundlage für eine effektive soziale und familienfreundliche Wohneigentumsförderung. Wir legen damit in den neuen Bundesländern den Grundstein für mehr selbstgenutztes Wohneigentum, vor allem in den mittleren Einkommensschichten. Darum halte ich es für ein gutes Gesetz.
Schönen Dank.