Rede von
Franziska
Eichstädt-Bohlig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Töpfer! Herr Faltlhauser!
- Das werde ich bei Gelegenheit wieder machen, Herr Kansy.
Einen kurzen Satz zum Beratungsverfahren: Ich muß schon sagen, daß die Zeit sehr knirsch war, aber nicht die Zeit zur Beratung. Das sollte man, glaube ich, wirklich deutlich unterscheiden.
Herrn Thiele ist es gelungen, uns sehr ausführlich alle Einzelpunkte beraten zu lassen, und dafür möchte ich mich jenseits aller inhaltlichen Differenzen bedanken, auch wenn Herr Thiele nicht da ist.
Ich muß aber sagen - an dieser Stelle sollten wir in Zukunft auch noch etwas achtsamer mit Gesetzen umgehen -, wir sollten darauf achten, den Ministerialbeamten und -angestellten die Zeit, die sie brauchen, um nach unseren Beratungen ein Gesetz zu erarbeiten, zu geben.
Zum Inhalt: Ich muß sagen, daß ich trotz dieser großen Koalition der Zufriedenheit doch etwas Wasser in den Wein gießen muß. Wir selbst sehen dieses Gesetz mit zwiespältigen Gefühlen.
Einerseits ist eindeutig klar - das möchten wir auch anerkennen -, daß gegenüber dem § 10e EStG
Franziska Eichstädt-Bohlig
deutliche Fortschritte erreicht worden sind. Darum sollte man nicht herumreden.
Trotzdem möchte ich begründen, an welchen Stellen wir nach wie vor deutliche Bauchschmerzen haben und warum wir diesen Erfolgen und auch einigen sehr positiven Einzelpunkten zum Trotz das Gesetz in der Gesamtheit ablehnen.
Ich möchte den wichtigsten Punkt nennen; ich habe ihn auch bei meiner Einstiegsrede zu diesem Thema und auch im Ausschuß angesprochen: Für uns war nicht die Diskussion Aufkommenssteigerung versus Aufkommensneutralität, sondern Aufkommensneutralität kontra Geldeinsparung wichtig, und ich bedauere sehr, daß Sie die Diskussion in dieser Richtung kein einziges Mal mitgetragen haben.
Wir sind nach wie vor der Meinung, daß bei den Einkommensgrenzen zu großzügig verfahren worden ist, daß der Vorkostenabzug ein zu großzügiges und auch systemwidriges Geschenk ist und daß wir deutlichere Einsparungen gebraucht hätten, wie sie in unserem Antrag auch vorgesehen waren.
Wenn man da strenger herangegangen wäre, wäre das auch möglich gewesen. Dieses Geld bräuchten wir nicht nur zur Haushaltskonsolidierung und für die Lösung der Probleme, die Herr Waigel sonst hat, sondern wir bräuchten es gerade für den Einzelplan 25, für das Wohngeld, für die Städtebauförderung, für den sozialen Wohnungsbau. Diese Ungleichheit in den Proportionen muß ich wirklich massiv kritisieren. Ich bedaure sehr, daß sie nie Gegenstand der Diskussion waren.
Zum zweiten Punkt. Wir haben jetzt einen sehr wichtigen Punkt hereinbekommen; das ist die Förderung des Erwerbs von Anteilen an Genossenschaften. Das finde ich im Grundsatz sehr positiv. Ich möchte besonders Herrn Großmann für die engagierte Art danken, in der er sich dafür eingesetzt hat, daß in den Länderdiskussionen und in all den Zwischengesprächen dieser Punkt immer wieder angesprochen und jetzt auch einbezogen worden ist.
Das finde ich im Grundsatz sehr wichtig und sehr unterstützenswert.
Trotzdem haben wir uns auch an dieser Stelle enthalten. Ich werde gleich sagen, was unsere Sorge dabei ist. Sie von der Koalition haben mit dieser Förderung den Genossenschaften praktisch etwas aufgezwungen, was für Genossenschaften systemwidrig ist. Die Qualität von Genossenschaften besteht im Solidarprinzip und in der Verantwortung für das Gemeinschaftseigentum. Das ist der Unterschied zum Individualeigentum. Der Wert wird nicht aus der Genossenschaft individuell herausgezogen, sondern man beläßt ihn dort. Das macht Genossenschaftswohnungen preisgünstig, und das ist das sozial- und gesellschaftspolitisch Hervorragende an Genossenschaften. Mit Ihrer Forderung, Individualeigentum zur Auflage zu machen, wenn ein Genossenschaftsmitglied die Zulage bekommen soll, haben Sie das Solidarprinzip empfindlich gestört.