Rede von
Paul
Breuer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich weiß nicht, woher Ihre profunde Kenntnis der Feldjägertruppe stammt.
Ich bestreite, daß es bei den Feldjägern in der Bundeswehr üblich ist, sich mit derartigen Parolen im täglichen Dienst zu beschäftigen.
Es ist schon bezeichnend, Herr Kollege, daß Ihnen in einer solchen Debatte, in der es darum geht, den Soldaten für 40 Jahre Frieden und Freiheit Dank zu sagen, nichts Besseres als eine derartige Parole einfällt.
Mit der Wiedervereinigung unseres Volkes, meine Damen und Herren, stand nicht nur unser ganzes Volk, sondern insbesondere auch die Bundeswehr vor einer großen Herausforderung. Gerade dort, wo die Gräben der deutschen Teilung und der Spaltung am tiefsten waren, dort, wo man in der ehemaligen NVA durch eine gezielte Erziehung zum Haß versucht hatte, die Menschen gegeneinander aufzubringen, gerade dort mußte es gelingen, sehr schnell zueinanderzukommen. Wir können heute dankbar fest-
Paul Breuer
stellen, daß dies mit der Bundeswehr und in der Bundeswehr sehr schnell gelungen ist.
Das stand ja in keinem Regiebuch. Genausowenig wie es in einem politischen Regiebuch stand, wie die deutsche Einheit hergestellt werden konnte, stand es in keiner Vorschrift der Bundeswehr, in welcher Art und Weise mit deutschen Soldaten, die aus der ehemaligen NVA in die Bundeswehr integriert werden sollten und mußten, umzugehen war. Es waren vielfach schwierige menschliche Begegnungen, die dort stattfanden. Das wird den Kollegen, die die NVA aus der Wendezeit kennen, noch gut in Erinnerung sein. Ich sage noch einmal herzlichen Dank an Rainer Eppelmann, den Abrüstungs- und Verteidigungsminister der DDR in der ersten frei gewählten Regierung.
Es war für uns schon eine ganz besondere Erfahrung und Situation, diesen Menschen, die zum Teil auch mißbraucht worden sind, zu begegnen und ihre Fragen zu hören und zu sehen, daß sie damals in eine ungewisse Zukunft gingen.
Ich stelle heute fest: Wir haben aus dieser ungewissen Zukunft für viele in der Bundeswehr eine gute Zukunft auf dem Boden unserer freien Verfassung in unserem freien Bündnis gemacht. Das ist eine tolle Sache, meine Damen und Herren.
Die deutsche Einheit hat uns insgesamt stark herausgefordert, nicht zuletzt auch finanziell. Besser gesagt: Das Wegräumen der Trümmer des Sozialismus hat uns so herausgefordert, auch die Bundeswehr. Die letzten Jahre waren oftmals dadurch geprägt, daß in der Bundeswehr an allen Ecken und Kanten gespart werden muß. Ich denke, wir, Bundeswehr und Politik, haben es geschafft, die Einsatzfähigkeit trotzdem zu bewahren. Aber es gibt auf dem harten Weg des Sparens, Umstrukturierens und Rationalisierens noch große Herausforderungen. Wir haben keine Mark zuviel. Es lohnt, den Schweiß der Edlen zu vergießen, um die neuen Strukturen in der Bundeswehr, die natürlich immer mit menschlichen Herausforderungen befrachtet sind, aufzubauen. Dafür braucht die Bundeswehr unsere Begleitung und unsere Unterstützung.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen gestern abend gegangen ist. Was geht in den Köpfen von deutschen Soldaten vor, die der freiheitlichsten Demokratie dienen, die es auf deutschem Boden je gegeben hat, wenn sie ertragen müssen, daß die Chaoten dort „Mörder! Mörder!" schreien und der freiheitlichste Rechtsstaat nicht in der Lage ist, das zu unterbinden.
Ich habe mich dabei sehr unwohl gefühlt. Das war gestern abend beschämend.
Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, damit das geändert werden kann.
- Hören Sie doch auf, Herr Kollege. Als Mensch auf dem Weg in der Geschichte kann man sich täuschen. Das kann jedem passieren und ist vielen passiert. Aber wenn man sich täuscht und es dann, wenn die Zeiten sich ändern, nicht zugibt und immer noch die alten Platten abspielt, so wie Sie das tun, dann ist das nicht in Ordnung. Das muß deutlich gesagt werden.
Ich will noch einmal auf gestern abend eingehen.
- Ja, das war ein großes Erlebnis. Schade, daß Sie nicht dabei waren. Nur, man hätte dann befürchten müssen, daß Sie sich auch dort danebenbenehmen, Herr Kollege Fischer.
DIE GRÜNEN]): Da haben Sie mal keine
Sorgen!)
Vor uns stand gestern die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts. Ich und andere auch hatten Gelegenheit, sie bei ihrer Reaktion auf diese beschämenden Rufe zu beobachten.
Ich hoffe, daß dieses Erlebnis von gestern abend ein Stück mit dazu beigetragen hat, daß eine Änderung in dieser Beziehung erfolgen kann.
Ich will jetzt noch eines feststellen - mich animieren diese Zwischenrufe natürlich ganz besonders:
Was die deutschen Soldaten tun, das tun sie in unserem Auftrag. Das beschließt das deutsche Parlament. Es gibt den Primat der Politik. Wer „Mörder! Mörder!" ruft, der beleidigt nicht nur die Soldaten, sondern insbesondere auch das freigewählte Parlament der Bundesrepublik Deutschland.