Rede von
Dr.
Ludwig
Elm
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heutige Beratung zu Fragen der staatlichen Zuwendungen für parteinahe Stiftungen geht von unserer Großen Anfrage und von der Antwort der Bundesregierung vom 29. Juni 1995 aus. Es widerspricht dem in Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz verankerten Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien und den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzierung parteinaher Stiftungen vom 19. Juli 1966 und vom 14. Juli 1986, wenn die Mittel unter den parteinahen Stiftungen der CDU, CSU, F.D.P., SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN aufgeteilt, der PDS-nahen Stiftung aber Mittel entsprechend den erzielten Wahlergebnissen seit Jahren verweigert werden.
Der nunmehr bereits mehrere Jahre andauernde vehemente Widerstand insbesondere der CDU/CSU gegen die Korrektur, die diese bisherigen Entscheidungen verlangen, läßt keine Zweifel über die politische Absicht offen: Es geht darum, die PDS zu diskriminieren, sie in ihren Arbeitsmöglichkeiten zu beeinträchtigen und als eine Partei zu behandeln, die im politischen Spektrum der Bundesrepublik eigentlich kein Existenzrecht haben darf und der keine Chance eingeräumt werden soll, unter vergleichbaren Bedingungen politische Bildungsarbeit zu leisten. Die Spitzfindigkeiten der ins Feld geführten Argumente sind offensichtlich. Es zeigt sich aber, daß sie mit dem Art. 21 des Grundgesetzes, der Chancengleichheit verlangt, unvereinbar sind.
Damit gibt es in dieser Situation zu diesem Thema zwei Lösungswege: Entweder bekommt die PDS entsprechend dem Anteil ihrer Stimmen bei der Bundestagswahl die einer parteinahen Stiftung zustehenden staatlichen Zuwendungen wie die anderen Parteien auch, oder diese Zuwendungen werden insgesamt abgeschafft. Es geht jedoch nicht, daß die anderen Parteien den Bundeshaushalt als Selbstbedienungsladen benutzen und ihnen nicht genehme Parteien davon ausschließen. Es geht immerhin um nicht weniger als rund 600 Millionen DM im Jahr, von denen sich die anderen Parteien nunmehr seit Jahren auch des Anteils bedienen, der nach den gesetzlichen Vorgaben der PDS zustehen würde.
Es ist im Rahmen der Mittelzuweisung nicht nur unglaubwürdig, sondern nunmehr geradezu lächerlich, weiterhin von einer fehlenden Dauerhaftigkeit oder Nachhaltigkeit der PDS als politischer Strömung auszugehen. Diese Behauptung ist nicht aufrechtzuerhalten angesichts der Tatsache, daß die PDS mittlerweile in der dritten Legislaturperiode im Bundestag vertreten ist und jüngst bei den Wahlen in Berlin mit 14,6 % drittstärkste Kraft wurde - in OstBerlin, wie Sie zur Kenntnis nehmen konnten, sogar mit Abstand die stärkste Kraft. Die PDS ist daneben in den fünf Landtagen der neuen Bundesländer, also in insgesamt sechs Landesparlamenten, vertreten. Im Vergleich dazu existiert die Regierungspartei CSU - die Nachfolgepartei der Bayerischen Volkspartei - nur in einem einzigen Bundesland und dessen Landtag.
Der Koalitionspartner F.D.P. ist aufgebrochen, aus den Landtagen überhaupt auszuscheiden, und ist auf diesem Wege bereits weit vorangekommen. Er ist im Augenblick noch in vier Landesparlamenten vertreten. Die Frage nach der Dauerhaftigkeit dieser Parteirichtung wurde noch nicht gestellt. Das dürfte sich aber bald als aktuell erweisen.
Gegen die willkürliche Auslegung von „Dauerhaftigkeit" verweisen wir auch auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, darunter auf ein
Dr. Ludwig Elm
Urteil vom 14. Juli 1986, in dem es heißt - ich zitiere -:
Die Verteilung der Globalzuschüsse unter den vier begünstigten Stiftungen läßt erkennen, daß sich der Gesetzgeber an den Stärkeverhältnissen der politischen Grundströmungen, wie sie sich in den Wahlergebnissen der ihnen „nahestehenden" Parteien bei den Bundestagswahlen spiegeln, orientiert hat.
Zu diesem Kriterium sollten wir zurückkehren.
Nicht stichhaltig ist das Argument, daß seit 1992 eine Klage der PDS beim Bundesverfassungsgericht anhängig sei und in diesen Prozeß nicht eingegriffen werden sollte. Die oben genannte Klage bezieht sich auf die Bewilligung der Mittel der Jahre 1992 und 1993. Wir sprechen jetzt aber von den gegenwärtigen und künftigen Entwicklungen.
Schließlich resultiert der Anlaß zur Klage aus der Verweigerung unseres Anspruchs. Die Entwicklung in der 13. Legislaturperiode hat gezeigt, daß die Voraussetzungen für die Verweigerung, die niemals vorlagen, nun erst recht nicht mehr vorliegen.
Wir verweisen darauf, daß die Grünen mit dem Eintritt in ihre zweite Legislaturperiode den Anspruch auf Mittel für die politische Bildung durch ihre Stiftung geltend machen konnten.
Ich verweise auch darauf, daß die positive Bewertung der PDS-nahen Stiftung in Berlin durch die Bundeszentrale für politische Bildung Beleg dafür ist, daß diese Stiftung eine verfassungskonforme Bildungsarbeit leistet und andere Urteile auf Unkenntnis oder Voreingenommenheit beruhen. Es bleibt nur ein Motiv für die Nichtbewilligung der Mittel für die PDS-nahe Stiftung erkennbar, nämlich massiv eingreifen zu wollen in die politischen Mitwirkungsrechte der Wählerinnen und Wähler, der Sympathisantinnen und Sympathisanten und der Interessenten an einer politischen Bildungsarbeit der PDS.