Rede von
Dr.
Martin
Mayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Begeisterung und die Euphorie, mit der der Herr Kollege Mosdorf von diesen neuen Techniken gesprochen hat, anhört - ich teile diese Begeisterung in weiten Bereichen -, dann fühlt man sich ein bißchen an die Reden der SPD zur Kernenergie in den 50er und 60er Jahren erinnert.
Dr. Martin Mayer
Ich hoffe nur, daß es bei diesen neuen Techniken nicht genauso passiert, daß dann, wenn es ans Handeln geht, von der SPD nur Verzögern und Bedenken kommen. Das ist, meine ich, eine ganz wichtige Sache.
Wir sind uns ja in vielen Teilen einig. Das Zusammenwachsen von Computertechnik und Fernsehtechnik mit Telekommunikationsnetzen in Verbindung mit dem rasanten Wachstum der Leistungsfähigkeit der Geräte und Netze wird vieles auf der Welt verändern. Die Bundesregierung hat dem Rechnung getragen, indem der Technologierat die neuen Medien als erstes Thema gewählt hat und sich damit befaßt. Bundesminister Rüttgers hat dazu bereits einiges gesagt.
Es ist für mich selbstverständlich, daß sich auch der Deutsche Bundestag eingehend mit den Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik befaßt. Er muß in einer Enquete-Kommission allerdings auf besondere Eigenheiten dieser Fragen Rücksicht nehmen. Ich nenne hier drei Punkte.
Erstens. Zu den neuen Möglichkeiten gibt es schon jetzt eine Fülle von Analysen, Prognosen, Aktionsprogrammen und Modellversuchen von der G 7, von der Europäischen Union - Herr Bangemann -, vom Bund - ich nenne das TAB -, von den Ländern - Bayern Online -, von den Verbänden - ich nenne den ZVEI - und von Unternehmen. Die Bundesregierung wird diese Erkenntnisse, so nehme ich an, berücksichtigen und in den Bericht des Technologierats und in „Info 2000" einarbeiten und darin den Handlungsbedarf des Bundes feststellen. Die Enquete-Kommission muß nun auf diesem Stand der Informationen aufbauen, Denn es wäre ein Unding, immer wieder von vorne anfangen zu wollen.
Zweitens. Die technische Entwicklung in der Informationsverarbeitung und in der Datenübermittlung und deren Anwendung verläuft mit atemberaubender Geschwindigkeit. Im internationalen Wettbewerb werden deshalb die Entfernungen eine immer geringere Rolle spielen. Das heißt, der internationale Wettbewerb wird für Deutschland noch schwieriger. Es werden noch größere Anstrengungen nötig sein, um neue Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen.
Das Tempo des Fortschritts in der Informations- und Kommunikationstechnik, dem Motor für diese Entwicklung, bestimmen allerdings weitgehend die USA und Japan. Wenn wir also in diesem Wettbewerb mithalten wollen, ist es für unsere Wirtschaft lebensnotwendig, hemmende staatliche Regelungen rasch zu beseitigen und fördernde rasch in die Tat umzusetzen. Da wird es dann darauf ankommen, wie sich auch die SPD verhält.
Ich meine, aus dieser Tatsache müssen wir die Folgerung ziehen, daß die Einrichtung einer EnqueteKommission keinesfalls zu Verzögerungen in der Gesetzgebung führen darf, was mit solchen Instrumenten ja manchmal auch betrieben wird.
Drittens. Die Umwälzungen, die mit den neuen Technologien verbunden sind, werden unsere Arbeit und unser Leben tiefgreifend verändern: Unternehmen und Tarifpartner, Lehrende und Lernende, Freiberufler und Arbeitnehmer und natürlich auch der Staat müssen sich dieser Herausforderung stellen und sie bewältigen. Die Anforderungen sind vielfältig und umfangreich. Deshalb halte ich es für notwendig, daß sich jeder mit seinen eigenen Aktionen und Maßnahmen, mit seinem eigenen Handlungsbedarf beschäftigt. Daher sollte sich die Enquete-Kommission auf staatliche Maßnahmen konzentrieren.
Dabei wird es auch eine wichtige Aufgabe sein, die eigene politische Arbeit des Deutschen Bundestages einmal unter diesem Gesichtspunkt zu sehen: welche Möglichkeiten wir haben, die Bürger zu informieren,
Informationen unmittelbar von den Bürgern zu bekommen, sozusagen ein TED für den Abgeordneten und nicht nur für große Fernsehanstalten.
Die Enquete-Kommission wird sich auch mit Fragen der Akzeptanz befassen müssen. Da möchte ich allen denjenigen, die wie ich über 50 sind, sagen: Lernen Sie in diesen Fragen von den Kindern oder Enkelkindern! Gehen Sie mit der Unbefangenheit und mit dem Vertrauen von Kindern und Enkelkindern an dieses Thema heran!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Schubkraft von Mikrochip und Glasfasern, von CDROM, Video-CD, Set-Top-Box und vielen anderen Geräten und Dienstleistungen ist eine große Herausforderung für uns alle. Lassen Sie uns gemeinsam diese Herausforderung annehmen und die Chancen nutzen, damit Deutschland nicht nur im Industriezeitalter, sondern auch im Informationszeitalter eine führende Nation bleibt.