Rede von
Dr.
Günter
Rexrodt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Wir sind beide zuständig.
- Ich kann Ihre Hochstimmung ja verstehen; denn Ihnen ist es im Unterschied zu mir in Berlin gelungen, die Fünfprozenthürde ganz deutlich zu überspringen. Ich verstehe schon, daß Sie in guter Stimmung sind.
Meine Damen und Herren, für die Bundesregierung begrüße ich die Einsetzung dieser EnqueteKommission. Ich tue das als Bundeswirtschaftsminister, aber ich sage ganz ausdrücklich: Wir können und wollen an diese Dinge nicht eindimensional herangehen. Hier wird Neuland betreten, nicht nur auf wirtschaftlichem und wirtschaftspolitischem Gebiet. Es entsteht ein Quantensprung für unsere Gesellschaft dadurch, daß die klassischen Medienfelder, daß die Telekommunikation und der Computer zusammenkommen und ein System bilden. Hier gibt es Neuland und einen Quantensprung, die vielfältige Wirkungen auf unsere Gesellschaft haben werden.
Aber der guten Ordnung halber möchte ich in Erinnerung rufen, daß sich die Informationsgesellschaft gegen große Widerstände entwickeln mußte. Ich denke noch an die sogenannten Hannoveraner Medientage der Grünen vor zwölf Jahren, Herr Fischer,
als es darum ging, die Verkabelung sofort zu stoppen und Störsender gegen privaten Rundfunk zu installieren. Das war Ihr Beitrag zur Informationsgesellschaft.
- Herr Fischer, ich wäre beim Thema Medien und Medienpolitik an Ihrer Stelle ganz ruhig. Wäre Ihre Technologie- und Innovationsfeindlichkeit Grundlage unserer Politik, dann wären wir hier um Jahre und Jahrzehnte zurück und würden die Zukunft verspielen.
Aber auch die SPD hat sich zusammen mit den Gewerkschaften schwergetan - ich kann das nachvollziehen -, als es beispielsweise darum ging, die Post zu privatisieren und damit die Voraussetzungen zu schaffen, daß wir hier einen Markt haben, der es ermöglicht, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen sowie weltweit in einen Wettbewerb auf diesem Sektor einzutreten. Sie haben sich schwergetan; aber mittlerweile sind wir hier gemeinsam auf einem guten Wege.
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
Es geht um eine Basistechnologie. In die Innovationstechnologie werden in den nächsten zehn Jahren global 2 000 Milliarden DM investiert, und allein in Deutschland werden Hunderttausende neuer Arbeitsplätze entstehen. Das, was bei der Telekom und anderswo abgebaut wird, wird in anderen Bereichen überkompensiert werden.
Wir haben in Deutschland dank der Politik, insbesondere der Privatisierungspolitik, in der Telekommunikation allerbeste Voraussetzungen, um weltweit mithalten zu können. Wir haben eine bessere Infrastruktur als die meisten anderen Staaten. Wir haben eine hervorragende Hardware und Hardwareproduktion, und wir haben eine Vielzahl sehr leistungsfähiger Softwareanbieter für die Informationsgesellschaft.
Aber ich warne vor Fehlern, die sich auch auf Grund der Intervention bestimmter Parteien und gesellschaftlicher Gruppen abzeichnen. Wir brauchen eine gesunde Struktur. Wir können nicht die Telekom privatisieren, um ihre monopolartige Stellung am Markt zu konservieren.
Damit kein Mißverständnis entsteht: Ich bin für eine starke Telekom. Ich bin auch dafür, daß sich andere starke Unternehmen, meinetwegen aus dem Bereich der Energiewirtschaft, dort tummeln. Aber das alleine kann es nicht sein. Wir brauchen wie anderswo auch ein Angebot von mittleren und kleinen Unternehmen, die in der Lage sein müssen, Dienste und Netze anzubieten und in einen Wettbewerb mit den Großen einzutreten. Nur dann werden wir dort die Vielfalt und die Arbeitsplätze haben, die wir brauchen. Da sind viele Widerstände gerade auf Ihrer Seite zu überwinden.
- Das ist ein Faktum.
Wir werden eine Veränderung in vielen Bereichen unserer Gesellschaft haben: im Bildungswesen, in der Medizin, in der Verkehrstechnologie, aber auch im Bereich der Telearbeit. Das wird eine Veränderung unserer Arbeitswelt mit sich bringen, auf die wir uns vorbereiten; im übrigen nicht erst mit Einsetzung der Enquete-Kommission, sondern in sehr intensiven Diskussionen mit Gewerkschaften, Wirtschaft und Wissenschaft im Technologierat der Bundesregierung und im sogenannten Petersberger Kreis. Die Anregungen, die wir dort aufgenommen haben, werden in einen Bericht und Aktionsplan der Bundesregierung „Info 2000" eingehen, der noch in diesem Jahr, koordiniert von meinem Hause, vorgelegt werden wird.
Meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie wirklich etwas Handfestes dazu beitragen wollen, daß Deutschland im wichtigen Bereich Information und Kommunikation etwas leistet, dann müssen Sie zunächst einmal Ihre Medienstrategen in den Ländern zurückpfeifen, dann müssen Sie mit denen erst einmal Tacheles reden.
Es muß endlich mit der medienpolitischen Kleinstaaterei Schluß sein; denn es ist nicht alles Rundfunk, was durch den Äther oder durch das Kabel in den Haushalt kommt. Gerade jetzt haben Sie den Teleshoppingkanal blockiert. Nun ist Teleshopping nicht alles, was wir in der neuen Mediengesellschaft gestalten wollen. Aber es ist bezeichnend für Sie, daß Sie moderne Entwicklungen in diesem Bereich über die Macht, die Sie in einzelnen Ländern haben, konterkarieren.
Wir wollen eine offene, eine pluralistische Gesellschaft.
Wir werden weder Meinungs- noch Wirtschaftskartelle dulden, weder bei den Netzbetreibern noch bei denjenigen, die als Anbieter von Dienstleistungen die Netze benutzen wollen. Ich kann die Länder nur dabei unterstützen, mehr wettbewerbspolitische Konzepte in ihre Rundfunkgesetze und den Staatsvertrag einzubauen, wenn sie ihrer medienpolitischen Verantwortung mit Blick auf die Informationsgesellschaft gerecht werden wollen.
Wir können nicht hergehen und moderne Technologien, Quantensprünge und eine neue Gesellschaft mit anderen Angeboten wünschen und, wenn es darauf ankommt, sie zu gestalten, diese dann blockieren. Das haben Sie getan. Um so wichtiger ist es, daß wir eine sachverständige und kompetente EnqueteKommission bekommen.
Die Bundesregierung wird die Anregungen zu diesem Thema aufnehmen und diesen Bereich sowohl unter marktwirtschaftlichen Aspekten als auch unter ordnungs- und gesellschaftspolitischen Aspekten gestalten. Hier kommt es darauf an, daß der Markt und die ordnende Funktion der öffentlichen Seite Hand in Hand arbeiten. In diesem Sinne begrüße ich die Einsetzung der Enquete-Kommission.