Rede von
Heinz
Schemken
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Schlechtwettergeld ist eine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung, die uns intensiv und lange Zeit beschäftigt hat. Die Tarifpartner waren hier im höchsten Maße gefordert.
Es begann mit der Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms 1993. Wir haben damals im Arbeitsförderungsgesetz festgelegt, daß das Schlechtwettergeld mit dem Monat Februar 1996 auslaufen sollte. Wir wollten damit erreichen, daß die Tarifparteien ihre Bemühungen um eine ganzjährige Nutzung der Baukapazitäten und insbesondere um ein ganzjähriges Einkommen für die Arbeitnehmer verstärkten.
Mit der Leipziger Erklärung vom 10. März haben der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und die Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden sich bereit erklärt, Vereinbarungen über eine ganzjährige Beschäftigung und ein ganzjährig gesichertes Einkommen mittels bauspezifischer Lösungen für die Wochen- und Jahresarbeitszeit zu treffen. Die Bereitschaft dazu wurde an die Voraussetzung gebunden, daß in den Jahren 1994 und 1995 die Schlechtwettergeldzeiten wieder um die Monate März und November erweitert wurden.
Das haben wir dann durch die Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes im Bereich des Baugewerbes am 20. September 1994 geregelt. Damit wurde dem Anliegen der Tarifparteien des Baugewerbes Rechnung getragen.
In der Zwischenzeit konnten die Tarifverhandlungen im Baugewerbe - es waren schwierige Verhandlungen - einer grundsätzlichen Einigung zugeführt werden. Außer einer Flexibilisierung der Arbeitszeit erfolgte die Einführung eines tariflichen Überbrükkungsgeldes in Höhe von 75 % des ausgefallenen Arbeitsentgelts. Dies gilt für die ersten 150 Stunden bzw. 20 Tage witterungsbedingter Arbeitsausfälle; es ist eine Ersatzregelung für das Schlechtwettergeld.
Diese Regelung entspricht den Erwartungen der Tarifpartner. Die witterungsbedingten Risiken dieses Wirtschaftszweiges sind im wesentlichen aus eigener Kraft abzusichern; sicherlich ein Beispiel, das auch in Zukunft bei der Umgestaltung und beim Umbau des Sozialstaates noch eine Rolle spielen wird.
- Das ist ein gutes Beispiel. Man sollte den Tarifpartnern jetzt schon für das, was sie bisher geleistet haben, Dank sagen.
Die Betriebe des Baugewerbes sind jedoch nicht in der Lage, eine zeitlich unbefristete Absicherung ihrer Arbeitnehmer bei witterungsbedingten Ausfällen insgesamt über alle Tage zu gewährleisten. Daher sollen die eigenen Leistungen des Baugewerbes durch Leistungen der Arbeitsförderung, vor allem bei außerordentlichen Witterungsrisiken, insbesondere als Folge von strengen Wintern bei besonderer Anfälligkeit einzelner Gewerke, aber auch in Lagen, wo einzelne Regionen in besonderer Weise zu gewichten sind, ergänzt werden. Es ist eben in Deutschland nicht überall der gleiche harte Winter. Hier müssen wir auch regional reagieren.
Die Bundesanstalt für Arbeit wird deshalb neue Leistungen an Beschäftigte im Baugewerbe bei Arbeitsausfall in Schlechtwetterzeiten gewähren. Zu diesem Zweck wird im Arbeitsförderungsgesetz ein Winterausfallgeld eingeführt, das unter den genannten Umständen dann gezahlt wird, wenn eine befristete Vorausleistung, insbesondere des Überbrükkungsgeldes, ausgeschöpft ist.
Das bislang für geleistete Arbeitsstunden in der Zeit vom 1. Dezember bis zum 31. März gezahlte Wintergeld von 2 DM je Stunde soll auch für die Aufstockung der Vorausleistung zum Winterausfallgeld eingesetzt werden. Eine Erhöhung der Umlage zur Finanzierung des Wintergeldes ist zu vermeiden, denn es sind schon 2 % der Bruttolohnsumme. Wir alle wissen: Lohn- und Lohnnebenkosten spielen insbesondere im Baugewerbe eine große Rolle. Wir haben uns das gestern wieder bei einer Anhörung zum Entsendegesetz von der Bauwirtschaft, aber auch von den Vertretern der Arbeitnehmerschaft sagen lassen müssen. Wir wollen die Arbeitsplätze sichern. Gerade im Baubereich ist dies in Europa eine herausragende Forderung für uns, für die Bauwirtschaft und insbesondere auch für die Tarifparteien.
Für Arbeiter auf witterungsabhängigen Arbeitsplätzen im Bauhauptgewerbe, denen aus witterungsbedingten Gründen nicht gekündigt werden kann, bleibt es auch in diesem Gesetz auf Grund der Tarifverträge bei dem Verbot zu kündigen. Das Gesetz tritt am 1. Januar 1996 in Kraft. Im vorliegenden Gesetzentwurf wird folgendes geregelt: Das zum Lohn zusätzlich zu zahlende Wintergeld von 2 DM wird für jede geleistete Arbeitsstunde - ohne Mehrarbeitsstunden - gezahlt. Dies gilt in der Zeit vom 15. Dezember über den Jahreswechsel bis hin in das neue Jahr bis Ende Februar. Die Leistung eines tariflichen Überbrückungsgeldes von 75 % des Bruttoentgelts für jede witterungsbedingt ausgefallene Arbeitsstunde - ohne Mehrarbeitsstunden - wird für insgesamt 150 Stunden - ich hatte es schon einmal gesagt - zwischen dem 1. Januar und dem 31. März und zwischen dem 1. November und dem 31. Dezember gewährt. Zum tariflichen Überbrückungsgeld kommt noch ein zusätzliches Wintergeld von 2 DM je Ausfallstunde. Die Zahlung eines Wintergeldes in Höhe des Kurzarbeitergeldes für jede witterungsbedingt ausgefallene Arbeitsstunde kommt dazu. Voraussetzungen hierfür sind allerdings wiederum das Maß der 150 ausgefallenen Arbeitsstunden und darüber hinaus der Zeitraum, den ich nannte: vom 1. Januar bis zum 31. März und vom 1. November bis zum 31. Dezember.
Eine wichtige Sache sind die Mittel zur Finanzierung. Hierbei haben die Tarifparteien sicherlich gerungen. Sie hätten es sich - ich sage das noch einmal ausdrücklich - auch leichter machen können. Die Mittel zur Finanzierung werden wie bisher durch die Umlage von Arbeitgebern des Baugewerbes erhoben. Dies gilt sowohl für das bisher schon gezahlte
Heinz Schemken
Wintergeld für die geleisteten Arbeitsstunden als auch für das zur Aufstockung der WinterausfallgeldVorausleistung vorgesehene Wintergeld.
Was wir erreicht haben, ist ein langersehntes Ziel: ein monatlicher Garantielohn für das ganze Jahr im Baugewerbe. Das ist sehr entscheidend, es ist eine gewisse Sicherheit auch für den Arbeitnehmer. Hierüber wurde lange Jahre gerungen. Ich darf hier noch einmal den Tarifpartnern Dank sagen. Es ist ein wichtiger Beleg, daß die Tarifpartnerschaft in Deutschland funktioniert. Dies ist meiner Meinung nach eine Grundvoraussetzung, wenn wir die Soziale Marktwirtschaft in Zukunft sichern wollen.
Das jährliche Ausgabenvolumen ist auf einen Mittelwert bezogen. Der langjährige Durchschnitt beläuft sich auf 13,7 Ausfalltage. Die Kosten für das bisherige Schlechtwettergeld betrugen rund 800 Millionen DM jährlich. Auch bei den Beratungen im Rahmen der soeben genannten Arbeitsförderungsgesetze haben wir diese 800 Millionen DM zur Begründung und Entlastung herangezogen. Das neue Winterausfallgeld, das flankierend notwendig ist, um den Tarifpartnern den Tarifvertrag zu ermöglichen, wird rund 200 Millionen DM ausmachen. Die Kostenbelastungen sind hier, so meine ich, begründet.
Wir sollten jetzt ans Werk gehen, damit der Tarifvertrag zum 31. Dezember 1995 noch zum Zuge kommt und wir ab 1. Januar 1996 im Baugewerbe ein sicheres Einkommen über zwölf Monate haben, eine Möglichkeit des Ausgleichs auch in den durch den Winter belasteten Zeiten. Ich bin fest davon überzeugt, dieses gute Beispiel der Tarifpartner wird uns auch bei den Beratungen begleiten. Ich darf Sie alle einladen, an diesem Gesetz mitzuwirken.
Schönen Dank.