Rede von
Birgit
Homburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anträge - es ist von meiner Vorrednerin schon gesagt worden - sind nicht neu. Vor allem der Antrag der SPD ist zu fast 100 % aus der letzten Legislaturperiode übernommen.
- Ich habe mir das sehr wohl angeschaut. Ich kann Ihnen auch die Drucksachennummer nennen. Ich kann es Ihnen hier vorführen. Das ist nicht wortwörtlich abgeschrieben. Sie haben zumindest soviel Kreativität bewiesen, daß Sie es etwas umgeschrieben haben, aber inhaltlich ist es das gleiche geblieben. Das ist jedenfalls festzuhalten. Damals ist dieser Antrag nach Beratung abgelehnt worden. Ich muß mich manchmal wirklich fragen, was hier alles noch einmal eingebracht wird, ob wir vielleicht eine Art Beschäftigungsprogramm brauchen.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich habe den Eindruck, daß es Ihnen bei diesem Antrag nicht um die Sache geht, sondern um Aktionismus. Das kann man auch an einzelnen Stellen ganz klar nachweisen.
Wenn Sie von der SPD schon der Meinung sind, einen alten Antrag noch einmal aufwärmen zu müssen, dann aktualisieren Sie ihn doch wenigstens! Damit meine ich vor allem die Forderung nach einer Sommersmogverordnung. Als Sie Ihren Antrag stellten, war das Ozongesetz bereits vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden. Es war auch abzusehen, daß es mit der Mehrheit der SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat ein paar Tage später eine Mehrheit bekommen würde. Sie greifen hier also etwas auf, was längst verabschiedet wurde, zwar nicht mit Ihren Ideen, nicht mit Ihren Werten,
aber es ist von uns eine Lösung gefunden worden,
die, wie ich nach wie vor finde, der Sache gerecht wird. Deswegen bin ich der Meinung, daß es einfach nicht redlich ist, solche Sachen noch einmal aufzuführen.
Es zeigt sich auch, daß Sie - wir haben zum Ozongesetz sogar eine Anhörung im Umweltausschuß durchgeführt - gegenüber vernünftigen Gründen überhaupt nicht aufgeschlossen sind, daß Sie überhaupt nicht bereit sind zuzuhören. Es gibt für Tempolimits zur Reduzierung bodennahen Ozons keine wissenschaftliche Grundlage. Das haben wir in diesem Plenarsaal mehrfach diskutiert, in der Anhörung diskutiert, im Umweltausschuß diskutiert. Und dennoch betreibt die SPD permanent weiter den Versuch der Volksverdummung, weil sie ständig ohne haltbare wissenschaftliche Grundlage Einschränkungen verhängen will.
Das Ziel, die Gesundheit der Kinder stärker zu schützen, ist, wenn es ernsthaft verfolgt wird, sicherlich viele Überlegungen wert. Dem verschließen wir uns überhaupt nicht.
Schließlich ist die Feststellung richtig, daß Erkrankungen bei Kindern, z. B. Allergien oder Atemwegerkrankungen, zunehmen. Häufig sind solche Erkrankungen aber nicht auf eine einzige Ursache oder einen Schadstoff zurückzuführen.
Gerade bei Allergien, die häufig unerkannt bleiben, ist oft schwer der Allergieauslöser herauszufinden.
Vermehrt werden umweltbedingte Faktoren als mögliche Ursachen für Erkrankungen in Betracht gezogen. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, denn die Wissenslücken sind noch zu groß, als daß man die Zunahme von Erkrankungen auf einzelne Faktoren zurückführen könnte.
Zu der ersten Forderung im SPD-Antrag sage ich: Datensammelstellen gibt es teilweise schon. Die Kollegin Limbach hat das Nötige zu einem entsprechenden Auftrag an das TAB auch schon ausgeführt. Insofern kann man nicht sagen, daß wir hier überhaupt nichts getan hätten.
Es wurde auch gerade auf einem Allergiekongreß in Bad Lippspringe klargestellt, daß vor allen Dingen Hausstaubmilben zu den häufigsten Auslösern allergischer Atemwegerkrankungen wie Asthma und Schnupfen gehören. Diese Parasiten findet man in nahezu allen Wohnbereichen, vor allem aber in Teppichböden, wo bis zu 10 000 Milben pro Quadratmeter leben. Ich sage dazu: Es ist unsere moderne Zivilisation, es sind unsere Wohnungsansprüche, die die Ausbreitung solcher Allergien begünstigen,
weil mit mehr Wohnraum natürlich auch mehr Belastung durch solche Schädlinge besteht. Das muß man einfach sehen.
Birgit Homburger
Die Umweltbelastungen in den letzten Jahren sind geringer geworden. Es ist nicht richtig, daß wir nichts getan haben.
Das hat die Bundesregierung in der Antwort auf die Große Anfrage der SPD 1993 bereits ausgeführt. Die Schadstoffeinträge in die Luft, in das Wasser, in den Boden und in Lebensmittel sind erheblich zurückgegangen. Dies gilt für eine ganze Reihe von Schadstoffen, und das können Sie in der Antwort der Bundesregierung auf Ihre Anfrage nachlesen.
Diese rückläufige Entwicklung spiegelt sich in den Belastungen der Menschen wider. Es wird z. B. schon seit einiger Zeit nicht mehr davon abgeraten zu stillen, denn die Konzentration von chlorierten Kohlenwasserstoffen und auch Dioxinen in der Muttermilch hat abgenommen.
Der Vorteil des Stillens überwiegt eindeutig gegenüber eventuellen Belastungen der Muttermilch.
Um die Umweltbelastungen zu verringern, wurde also schon einiges getan. Es gibt hier etliche Beispiele, z. B. die Verwendung von DDT, PCB, BCD und flüchtigen chlorierten Kohlenwasserstoffen wurde verboten, oder aber mit der 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung wurden Dioxin- und Furan-Emissionen aus den Müllverbrennungsanlagen begrenzt. Sie können sich hier doch nicht hinstellen und sagen: Es hat sich nichts getan.
Aber es bleibt trotzdem noch etwas zu tun. Da gebe ich Ihnen recht. Die F.D.P. fordert weiterhin die Einführung des Bundesbodenschutzgesetzes,
damit endlich auch für die Bodenbelastung verbindliche Grenzwerte einheitlich festgelegt und Vorsorgemaßnahmen getroffen werden können. Ich habe den Eindruck, daß wir hier vor einem Durchbruch stehen. Ich sage Ihnen auch: Ihre Forderung, die Sie unter Punkt 14 aufgezählt haben, daß Sie allgemeingültige Grenzwerte für den Schadstoffgehalt, z. B. für Sandfüllungen haben wollen, wäre eine klassische Aufgabe für die TA Boden. Deswegen sind wir auch für das Bundesbodenschutzgesetz und für die untergesetzlichen Regelungen dazu. Das werden wir mit Sicherheit auch in dieser Legislaturperiode verwirklichen.
Ich kann Ihnen aber auch sagen: Das, was Sie unter anderem auch in diesem Antrag regeln wollen, daß Sie sagen, wir wollen die Kommunen auffordern, Mindestvorgaben für die Häufigkeit des Wechselns von Sand in den Sandkästen vorzuschreiben, dafür sind wir bei aller Liebe nicht zuständig.
Und ich sage auch ganz klar: Nicht nur der Staat hat Verantwortung zu tragen. Gerade was die Forderung zum Schutz der Kinder angeht, dürfen wir die Verantwortung der Eltern nicht vergessen. Es ist richtig, was Sie sagen, daß verstärkte Aufklärungsarbeit den Eltern bei ihren Entscheidungen helfen kann, so daß sie z. B. bei einer Auswahl von Reinigungsmitteln, Lacken, Teppichmaterialien, Möbeln und Spielzeug darauf achten können, daß diese schadstoffarm oder schadstofffrei sind. Dazu können wir sie aber nicht zwingen.
Natürlich haben Sie auch recht, wenn Sie in Ihrem Antrag feststellen, daß Eltern unverantwortlich handeln, die ihre Kinder dem Passivrauchen aussetzen. Hier gibt es überhaupt keinen Dissens, aber das Rauchen im Haus oder im Auto wollen wir doch nicht verbieten. Kontrollieren könnten wir das sowieso nicht. Deswegen verstehe ich nicht, was Sie dort aufgeschrieben haben. Ich füge noch hinzu: Wie verhält es sich eigentlich mit Ihrer Forderung in Punkt 17, es sei eine Lärmbegrenzung bei Walkmen vorzusehen? Ich frage mich wirklich bei manchen Dingen, die Sie hier hineingeschrieben haben, nach dem Realitätsgehalt, der bei Ihnen vorhanden ist.
Ich will noch einmal zu der Aufklärung der Eltern zurückkommen. Zu einer solchen Aufklärung gehört sicherlich auch eine Ausweitung der Kennzeichnung von Lebensmitteln und Gebrauchsgütern. Aber wir müssen auch aufpassen, daß wir zum Schluß eine sinnvolle und verständliche Kennzeichnung haben, und nicht, was Sie in Ihrem sechsten Punkt aufzählen, den Verbraucher so mit Informationen zuschütten und verunsichern, daß der Laie kapituliert und überhaupt nichts mehr damit anfangen kann. Damit helfen wir niemandem. Deswegen muß, wenn überhaupt, dies eine vernünftige Sache werden.
Es gäbe noch eine ganze Reihe von Punkten, die man in diesem Antrag aufgreifen muß. Ich möchte abschließend dazu sagen: Ich denke, daß der Antrag von der SPD insbesondere eine Zusammenstellung ist, einerseits einzelner in Beratung befindlicher Anträge wie z. B. bei Pyrethroiden oder Sachen, die uns im Grunde auf Bundesebene nicht betreffen, oder aber eine Zusammenstellung - das sind die rechtlichen Punkte - von alten Kamellen unter neuem Datum. Das, meine Damen und Herren, kann doch wohl nicht das sein, womit sich der Deutsche Bundestag ernsthaft beschäftigen soll. Ich denke, daß sich der Gesundheitsausschuß sicher noch ausführlich über Einzelheiten wird unterhalten können und dabei die Punkte aufgreift, die vielleicht noch als Empfehlungen weitergegeben werden können und wo wir noch weiterarbeiten müssen. Da gibt es einige; ich habe welche aufgezählt.
Vielen Dank.