Rede von
Dr.
Theodor
Waigel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz auf einige aufgeworfene Fragen eingehen.
Graf Lambsdorff, Sie haben nach ESAF gefragt. Wir wollen dieses Programm selbsttragend fortführen und setzen alles daran, daß es - auf jeden Fall von uns, aber auch von anderen; Sie wissen, woran es hakt - fortgeführt wird.
Die Auffüllung des IDA-Etats ist dringend geboten, ist unverzichtbar. Mein Appell geht an die großen Industrieländer, vor allen Dingen an eines - ich habe es auch öffentlich benannt -, hier nicht zurückzustehen.
Der sauberste Weg, um das Standing des Internationalen Währungsfonds zu erhalten, ist eine Quotenaufstockung. Jede andere Diskussion ist nur sekundär hilfreich, führt oft in die Irre. Die Quotenaufstockung ist der ehrliche Weg: Man muß in seinen nationalen Parlamenten geradestehen dafür, daß hier etwas bereitgestellt wird.
Ich sehe keinen „global need" für die SZR. Dabei bleiben wir. Die Voraussetzungen, unter denen die SZR zustande gekommen sind, sind nicht mehr gegeben. Es gibt heute genügend Währungsreserven.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Aber es gibt ein Problem: Die neuen Mitgliedsländer konnten damals natürlich nicht bedacht werden und verweisen heute zu Recht darauf, daß sie nicht diskriminiert werden dürfen.
Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, und die muß gelöst werden. Da wir für unsere Position aber keine Mehrheit bekommen, ohne in einem bestimmten Bereich etwas für die Entwicklungsländer zu tun, haben wir uns auf den Kompromiß geeinigt, den die G-7-Staaten in Madrid vorgelegt haben.
Es wäre gut, wenn auch der IMF selbst das, was die Deutsche Bundesbank mitzutragen bereit ist, akzeptiert und in dieser Richtung auf die Entwicklungsländer einwirkt. Ich habe dem Vertreter Rußlands gesagt, sein Land wäre gut bedient, wenn es das tatkräftig unterstützen würde, anstatt sich darauf zu verlassen, daß der Etat überproportional aufgestockt wird.
Was Japan anbelangt, kann ich nur sagen: Wir haben beim G-7-Treffen alles auf den Tisch gelegt, die Fragen gestellt. Ich bin von Ihrem Kollegen Haussmann gebeten worden, in dieser Frage sehr diplomatisch vorzugehen. Ich will mich der Attitüde und dem Sprachgebrauch der Staatsmänner der Luxusklasse nicht verschließen
und deswegen vorsichtig formulieren, um auf die Interessen anderer Länder gebührend Rücksicht zu nehmen.
Das haben ja auch Sie, Graf Lambsdorff, zeitweilig getan, obwohl Sie bekannt sind für eine sehr offene und klare Sprache. Eigentlich liegt mir diese Art des Gesprächs mehr als das diplomatische Verschweigen von Tatbeständen.
Zur Mexiko-Krise. Das Management war für uns nicht akzeptabel. Wir haben das ganz klar - nicht erst jetzt, sondern bereits bei der G-7-Sitzung im Februar - zum Ausdruck gebracht. Diese Fehler werden sich nicht mehr wiederholen.
Anderer Meinung als Sie bin ich, was die Rolle des IMF insgesamt anbelangt. Er hat sicher nicht mehr die Aufgaben von 1944/45. Aber der Transformationsprozeß der mittel- und osteuropäischen Länder und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion wäre ohne den IMF und die Qualität seiner Programme nicht möglich gewesen. Ohne die 60 oder 70 Anpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds für die Entwicklungsländer wären diese nicht auf den Kurs von Wachstumsländern gekommen, die teilweise die Industrieländer beschämen, weil sie eine höhere Ersparnisbildung haben als die Industrieländer.
Der stellvertretende russische Ministerpräsident Tschubais hat dazu erklärt, daß die Qualität der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds mindestens genauso wichtig sei wie die Kredite, die sie bekämen. Es ist für die Länder innenpolitisch, Graf Lambsdorff, geradezu eine Möglichkeit der leichteren Umsetzung, die sie sonst in den nationalen Parlamenten bei den Schwierigkeiten - denken Sie an Rußland und andere Staaten - sonst wohl kaum hätten.
Kollege Hauchler, Sie haben auf einige Dinge hingewiesen. Ich hätte Sie gern bei der Reise dabeigehabt, denn ich habe festgestellt, daß Sie sich mit vielen Fragen sachkundig auseinandersetzen. Was den multilateralen Fonds anbelangt, gibt es bisher keinen offiziellen Vorschlag der Weltbank, auch noch keinen autorisierten des neuen Weltbankpräsidenten. Sobald dieser vorliegt, werden wir uns damit konstruktiv auseinandersetzen.
Was die ärmsten Länder anbelangt, wissen Sie sicher, daß wir seit 1979 9 Milliarden DM an Schuldenerlaß durchgeführt haben, allein Deutschland. Damit stehen wir, vielleicht zusammen mit Frankreich - ich kann es im Moment nicht genau feststellen -, mit an der Spitze bei dem, was in diesem Bereich geleistet worden ist.
Sie wissen, daß wir im Pariser Club, in dem nicht nur die Probleme der ärmsten Entwicklungsländer, sondern auch andere wichtige Umschuldungsprobleme gelöst werden müssen, ebenfalls die Hauptlast der Verantwortung tragen und dazu beitragen, daß anderen Ländern die Luft zum Atmen gegeben wird.
Kollege Weng, Sie haben die Rolle des Haushaltsausschusses treffend dargestellt. Kollege Metzger, wenn Sie wieder eine Sperre wollen, an die in einem solchen Zusammenhang natürlich zu denken wäre, dann treffen Sie die gesetzlich nicht festgelegten Haushalte; dann treffen Sie auch die Investitionsseite; dann treffen Sie neben der Bundeswehr, bei der Sie meinen, es könnte weiter gespart werden - ich glaube es nicht -, Forschungshaushalt, Verkehrshaushalt und andere mehr. Das muß man sich gut überlegen. Sie haben in Ihrer freien Rede keine Antwort darauf gegeben, wo die Ausgabenblöcke gekürzt werden sollen. Wo ist Ihr konstruktiver Beitrag zum Umbau des Sozialsystems?
Da sind Sie bisher jede Antwort, lieber Herr Metzger, schuldig geblieben.
Herr Kollege Spiller, Sie waren dabei, als wir im Finanzausschuß eine, wie ich meine, gute Diskussion über Europa, Subsidiarität in Europa und den weiteren Fortgang des Konvergenzprogrammes bis zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion hatten. Sie haben auch selber Fragen gestellt. Ich habe keinen einzigen Ihrer Kollegen oder auch einen anderen Kollegen dabei erlebt, der das, was ich dort gesagt habe, auch nur andeutungsweise kritisiert hätte. Niemand hat das getan, auch nicht Sie. Aber dann hinauszugehen, um mir vorzuhalten, daß das, was ich dort gesagt habe, was dort Ihre Zustimmung
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
gefunden hat, unbedacht sei und Schaden angerichtet hätte, was damals Ihr Fraktionsvorsitzender und Ihr Fraktionsgeschäftsführer getan haben, ist eine Doppelzüngigkeit, die ich nicht Ihnen persönlich, sondern anderen vorwerfe.
Sie wissen sehr wohl, daß ich zu unterscheiden weiß, wenn ich öffentlich oder in internationalen Gremien auftrete und was ich in internen Diskussionen sage. Dann muß man sich entscheiden, ob in einem Finanzausschuß oder einem Haushaltsausschuß noch eine offene, eine ehrliche, eine sachkundige Diskussion mit Abgeordneten stattfindet
oder ob ich gezwungen werde, mich in diplomatischen Floskeln und in Sprechblasen zu ergehen. Ich ziehe die ehrliche, offene, sachkundige Auseinandersetzung, auch mit Abgeordneten der Opposition, vor.