Rede von
Dankward
Buwitt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich halte die Entscheidung des Altestenrats - und da werden nach meiner Information unsere Tagesordnungen besprochen - für völlig richtig. Alles steht ja in einem großen Zusammenhang. Wir können nicht über unseren Beitrag zum IWF und zur Weltbank reden, wenn wir dies nicht geradlinig aus der Finanzpolitik hier in diesem Land entwickeln und diese nicht einbeziehen.
Es ist doch wahrscheinlich kein Zufall, daß der erste Redner der SPD diesen Themenbereich völlig ausgeklammert und sich sofort auf das Thema gestürzt hat, dessentwegen die ganze Veranstaltung hier überhaupt gemacht wird.
Ich dachte, Herr Diller, Sie würden neue Vorschläge machen. Ich dachte, Sie würden sich an der Lösung der Fragen beteiligen. Wenn es für Sie nur eine Bringschuld ist,
dann meine ich: Warten Sie doch die Steuerschätzung ab; warten Sie ab, welche Lösungen wir bringen, und dann können Sie diese immer noch kritisieren. Aber wahrscheinlich befürchten Sie, daß dann für Ihre Rede nicht mehr viel übrigbleibt.
Nein, im Prinzip geht es wahrscheinlich um etwas anderes: Sie suchen den Strohhalm, um von innerparteilichen Schwierigkeiten abzulenken. Aber man muß kein Biologe sein, um Ihnen zu sagen, daß es solche Strohhalme nicht gibt.
Ich halte es genauso wie Herr Weng für einen besorgniserregenden Vorgang, daß die SPD gestern im Haushaltsausschuß versucht hat, die Beratungen des Haushalts 1996 abzubrechen.
Das war ein sehr, sehr durchsichtiges Manöver und keinesfalls richtig. Denn ohne die Situation zu verniedlichen - auf die Risiken ist bereits mehrmals hingewiesen worden -, ist es doch so: Es fehlen uns knapp 2 % der Einnahmen, und schon erklärt die SPD ihren haushaltspolitischen Bankrott. Sie folgt damit dem leuchtenden Beispiel der offenkundig unfähigen rot-grünen Koalition in Hessen.
Wir werden uns dieser Bankrotterklärung der SPD nicht anschließen und haben deshalb gestern diesen Antrag im Haushaltsausschuß auch zurückgewiesen. Wir haben die feste Absicht, die heute erkennbare Belastung im vorgegebenen Rahmen aufzufangen. Die Nettokreditaufnahme soll auch nach unserer Auffassung die Größenordnung von rund 60 Milliarden DM nicht überschreiten.
Ich denke, es muß hier noch einmal gesagt werden: Es ist ein starkes Stück, wenn Herr Scharping der Bundesregierung vorwirft, sie habe die Öffentlichkeit belogen, die bisherige Schönfärberei sei eine Beruhigungspille für die Öffentlichkeit. Der PDS- Redner hat das übrigens genauso gemacht.
Die bisherigen Annahmen zu den Steuereinnahmen in den Jahren 1995 und 1996 beruhen - wie hier gesagt worden ist - auf den Angaben des Arbeitskreises Steuerschätzung, in dem neben der Bundesregierung und den Sachverständigen selbstverständlich die Länder, und hier mehrheitlich die SPD-regierten Länder, vertreten sind. Diese übernehmen dann ja auch diese Zahlen für ihre Haushalte. Ich kann verstehen, daß es Auseinandersetzungen mit den Landesfürsten gibt, aber die Länder werden doch nicht so dumm sein, sich selber zu belügen. Das wäre doch der größte Blödsinn, den man sich vorstellen kann.
Es ist schon bezeichnend, daß die SPD denjenigen als Lügner bezeichnet, der als erster öffentlich eine Fehleinschätzung korrigiert. Im übrigen erweckt der SPD-Vorsitzende wissentlich und zu Unrecht den Eindruck, die Steuerausfälle beträfen allein den Bund. Tatsächlich sitzen die Länder und die Gemeinden fast mit der Hälfte im selben Boot.
Nun holt Herr Diller wieder die alte Leier über die „Umverteilung von unten nach oben" heraus. Als wir die Sonderabschreibungen beschlossen haben, war uns natürlich klar, daß sie Geld kosten. Sie sollten einen Anschub für Investitionen in den neuen Bundesländern geben. Diejenigen, die durch diese Investitionen Arbeit und Wohnung gefunden haben, werden das wahrscheinlich nicht wie Herr Diller als unchristlich bezeichnen.
Wir wollten diesen Anschub und haben jetzt die Möglichkeit, Reduzierungen vorzunehmen, nachdem dieser Anschub erfolgt ist.
Wir haben keinen Anlaß, die solide Arbeit des Bundesfinanzministers zu kritisieren.
Dort, wo neue Erkenntnisse punktuelle Nachbesserungen des Regierungsentwurfs erforderlich machen, werden wir das Notwendige tun. Mitte nächster Woche werden wir die Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung vorliegen haben. Die Ein-
Dankward Buwitt
zelheiten zu notwendigen Anpassungen des Haushaltsplanentwurfs werden dann rechtzeitig zur Bereinigungssitzung und zur zweiten und dritten Lesung auf dem Tisch liegen.
Herr Waigel hat bereits angesprochen - aber die SPD ist wahrscheinlich schon zu lange in der Opposition und hat das mit Sicherheit vergessen -, daß es im Haushalt nicht nur Mindereinnahmen und Mehrausgaben gibt, sondern genauso Mehreinnahmen und Minderausgaben. Minister Waigel hat ausgeführt - das ist richtig -, daß Minderausgaben in Milliardenhöhe z. B. bei den Zinsausgaben und bei den Zinserstattungen anfallen. Die nachdrückliche Konsolidierungspolitik der Bundesregierung hat dazu geführt - auch dies ist hier falsch dargestellt worden -, daß wir 1994 und 1995 insgesamt 40 Milliarden DM weniger Schulden gemacht haben als ursprünglich geplant.
Die Stabilitätspolitik der Koalition hat nicht nur bei internationalen Organisationen, wie heute ausgeführt worden ist, z. B. bei der Weltbank oder bei der OECD, sondern vor allen Dingen auch auf den internationalen Finanzmärkten Vertrauen gefunden und Vertrauen für die D-Mark geschaffen. Dieses Vertrauen spiegelt sich im langfristig steigenden Wert der D-Mark im Verhältnis zu fast allen Partnerwährungen wider. Hierauf beruht auch der deutliche Zinsrückgang der vergangenen Monate, der uns neben den geringeren Schulden dieses und des vergangenen Jahres Minderausgaben in Milliardenhöhe ermöglicht.
1996 werden uns nicht nur die schon 1995 wirksamen Entlastungen bei Zinsen und Zinserstattungen behilflich sein, sondern auch zusätzliche einmalige Einnahmen wie beispielsweise die gerade jetzt in der Öffentlichkeit diskutierte Veräußerung der Anteile des Bundes an der Postbank. Wir haben heute nachmittag im Haushaltsausschuß darüber gesprochen. Ich denke, man kann sich nicht immer nur hinstellen und klagen. Vielmehr wird man auch die Möglichkeiten zur Entlastung des Haushalts wahrnehmen müssen, z. B. die Privatisierung. Die Privatisierung bringt nicht nur Geld in die Kassen des Bundes; vielmehr legt sie auch in vielen Bereichen die Aufgaben in Hände, die sie letztendlich besser und kostengünstiger erfüllen können, als es der Bund selber kann.
Es gibt bei weitem keine Entwarnung. Wir werden alle Sparmaßnahmen, die irgendwie möglich und vertretbar sind, ausnutzen müssen. Hierbei jedoch gerade den Verteidigungshaushalt heranzuziehen, der in den letzten Jahren den größten Beitrag zur Einsparung im Bundeshaushalt gebracht hat, halte ich schlicht und einfach für falsch.
Denn man kann nicht die Opfer jedes Jahr neu verlangen. Man muß einsehen, daß irgendwann eine Grenze erreicht ist.
Zu unseren Aufgaben gehört natürlich auch, alle Möglichkeiten zur Erhöhung der Einnahmen wahrzunehmen. Dazu gehört natürlich die Ertüchtigung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Sie führt automatisch zu einer Einnahmeerhöhung bei unseren
Haushalten, sei es beim Bund, bei den Ländern oder den Gemeinden.
Wir haben vorhin über die Arbeitszeitflexibilität gesprochen, wir haben über die Frage der Maschinenlaufzeiten, die damit natürlich zusammenhängt, diskutiert. Die Genehmigungsverfahren bei den Behörden müssen sich dem unterwerfen. Das Abstandsgebot muß durchgesetzt werden, um Arbeit attraktiv zu machen, und viele andere Dinge müssen geschehen.
Ich denke, daß es notwendig ist, daß man sich dieser Diskussion stellt und nicht nur kritisiert und alles als gottgegeben hinnimmt.
Der Deutsche Bundestag wird den Haushalt 1996 Ende dieses Monats mit der Mehrheit der Koalition verabschieden. Dieser Haushalt wird die Entwicklung der letzten Wochen und Monate berücksichtigen. Aber er wird ohne jeden Zweifel in der Kontinuität der Stabilitäts-, Wachstums- und Konsolidierungspolitik der letzten Jahre stehen.