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    Plenarprotokoll 13/58 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 58. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 28. September 1995 Inhalt: Benennung des Abgeordneten Dr. Max Stadler als ordentliches Mitglied im Regulierungsrat beim Bundesministerium für Post und Telekommunikation 4819A Erweiterung der Tagesordnung 4819 B Absetzung der Punkte 3 und 9 von der Tagesordnung 4819C Nachträgliche Ausschußüberweisungen 4819D Herbert Lattmann CDU/CSU (zur GO) 4820A Begrüßung des Präsidenten des Südafrikanischen Senats, Senator Hendrik Jacobus Coetsee 4857 B Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts (Drucksache 13/2440) b) Antrag der Abgeordneten Brigitte Lange, Klaus Kirschner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Reform des Sozialhilferechts (Drucksache 13/2442) c) Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Entlastung und Weiterentwicklung der Sozialhilfe (Drucksache 13/2437) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Gruppe der PDS: Sicherung der Aufgaben des Bundessozialhilfegesetzes bis zur Einführung einer bedarfsorientierten sozialen Grundsicherung (Drucksache 13/2438) Horst Seehofer, Bundesminister BMG . . 4820 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 4823 A Jörg Tauss SPD 4824 B Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4826A Dr. Winfried Wolf PDS 4826D Brigitte Lange SPD 4827C, 4847 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4830 D Dr. Gisela Babel F.D.P 4832 C Hans-Eberhard Urbaniak SPD 4833C Dr. Gisela Babel F.D.P 4834 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4835D Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . 4837B, 4839C Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/ CSU 4838A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 4839B, 4839D, 4840B, 4850C Waltraud Lehn SPD . . . . 4840A, 4845A, 4851C Ulf Fink CDU/CSU . 4840D, 4847D, 4850D, 4851D Klaus Kirschner SPD 4843 A Regina Schmidt-Zadel SPD 4848 B Tagesordnungspunkt 5: Vereinbarte Debatte zur Luft- und Raumfahrtindustrie in Deutschland (DASA) Thomas Rachel CDU/CSU 4852 C Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD 4855 A Simone Probst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4857 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 4859B, 4862C, 4880C Jörg Tauss SPD 4860 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . 4861 A Walter Kolbow SPD 4862B, 4862 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . 4862 D Dr. Winfried Wolf PDS 4863A, 4887 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 4864D, 4883 C Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . . 4867 B Günther Bredehorn F.D.P. 4869 C Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident (Bayern) 4870 A Uta Zapf SPD 4871 D Klaus Barthel SPD 4872 D Dr. Peter Fischer, Minister (Niedersachsen) 4874 A Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 4876 B Anke Fuchs (Köln) SPD 4877 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 4877 D Manfred Opel SPD 4878 A Edelgard Bulmahn SPD 4879 B Rudolf Scharping SPD 4881 A, 4884 B Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär BMWi 4884C, 4888A Manfred Opel SPD 4887 C Tagesordnungspunkt 17: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur sozialverträglicheren Gestaltung des Arbeitsplatzverlustes von Zivilbeschäftigten infolge des Truppenabbaus der alliierten Streitkräfte (Drucksache 13/1056) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung über die Tätigkeit von Notaren in eigener Praxis (Drucksache 13/2023) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (Drucksache 13/2415) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Drucksache 13/2446) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß des Obersten Rates des Europäischen Hochschulinstituts Nr. 8/93 vom 2. Dezember 1993 und zu dem Beschluß der Ständigen Kommission von Eurocontrol vom 28. Oktober 1994 (Drucksache 13/2241) 4888 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Margareta Wolf (Frankfurt), Simone Probst und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kleine und mittlere Unternehmen stärken - Nachhaltiges Wirtschaften fördern (Drucksache 13/2436) 4889A Tagesordnungspunkt 18: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 15. Februar 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/ 1430, 13/2384) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juni 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Mongolischen Volksrepublik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/1431, 13/2385) c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. November 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Estland über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/1432, 13/2386) d) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 21. Juni 1994 zur Durchführung des Abkommens vom 5. März 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Chile über Rentenversicherung (Drucksachen 13/1810, 13/2433) e) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses - zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Schönberger, Dr. Helmut Lippelt, Halo Saibold und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nichtbewilligung des EBRD-Kredites für den Weiterbau des Atomkraftwerkes Mochovce/Slowakei - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Nichtbewilligung von Krediten für den Weiterbau des Atomkraftwerkes Mochovce in der Slowakischen Republik - zu dem Antrag der Abgeordneten Ursula Schönberger, Dr. Helmut Lippelt, Halo Saibold, Michaele Hustedt und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nichtbewilligung des EBRD-Kredites für den Weiterbau des Atomkraftwerkes Mochovce/ Slowakei - zu dem Antrag der Abgeordneten Rolf Köhne, Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Gregor Gysi und der weiteren Abgeordneten der PDS: Kreditbewilligung für die Fertigstellung des Atomkraftwerkes Mochovce (Slowakische Republik) (Drucksachen 13/309, 13/975, 13/738, 13/656, 13/2175) f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über das Funktionieren der Beihilferegelungen für Baumwolle (in Anwendung von Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2052/92 des Rates) - Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur fünften Anpassung der mit dem Protokoll Nr. 4 im Anhang zur Akte über den Beitritt Griechenlands eingeführten Beihilferegelung für Baumwolle - Vorschlag für einen Beschluß zur Festlegung der allgemeinen Vorschriften der Beihilferegelung für Baumwolle und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2169/81 (Drucksachen 13/1234 Nr. 1.14, 13/ 2305) g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Einhundertachtundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz (Drucksachen 13/1663, 13/1787 Nr. 2.1, 13/2387) h) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Achtundachtzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 13/1770, 13/1787 Nr. 2.3, 13/2389) i) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Präsidentin des Bundesrechnungshofes: Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 1994 - Einzelplan 20 - § 101 BHO (Drucksachen 13/1668, 13/2390) j) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgaben bei Kapitel 15 02 Titel 685 13 - Beteiligung des Bundes an einer Regelung für angemessene Leistungen an HIV-Opfer von Blut und Blutprodukten (Drucksachen 13/2143, 13/2275 Nr. 1.8, 13/2391) k-m) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 20, 60 und 62 zu Petitionen (Drucksachen 13/818, 13/2380, 13/2382) . . 4889B Zusatztagesordnungspunkt 4: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Verordnung zur Verlängerung des Investitionsvorranggesetzes (Drucksachen 13/2242,13/2275 Nr. 2, 13/2447) . . . 4890D Tagesordnungspunkt 6: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes (Drucksache 13/372) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz) (Drucksache 13/ 1208) c) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Heimgesetzes (Drucksache 13/2347) d) Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Andrea Fischer (Berlin), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Neuorientierung der Politik für Altere Menschen — grundlegende Reform des Heimgesetzes (Drucksache 13/ 1322) Anke Eymer CDU/CSU 4892 D Barbara Stolterfoht, Ministerin (Hessen) 4893 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4895 A Barbara Imhof SPD 4896B Uwe Lühr F.D.P 4897D Heidemarie Lüth PDS 4898C, 4903 D Erika Reinhardt CDU/CSU 4899B Christa Lörcher SPD 4900 C Gertrud Dempwolf, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ 4902A, 4904B Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz) (Drucksachen 13/2204, 13/2333) Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA . 4904 C Dr. Gisela Babel F.D.P 4905A Konrad Gilges SPD 4906 B Siegfried Hornung CDU/CSU . . . 4907 A Manfred Grund CDU/CSU 4907D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4910C Dr. Gisela Babel F.D.P 4911D Peter Dreßen SPD 4913 A Petra Bläss PDS 4913B Erika Lotz SPD 4914 A Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) (Drucksache 13/2414) b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ottmar Schreiner, Hans Büttner (Ingolstadt), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Angleichung der Arbeitsbedingungen bei der Entsendung von Arbeitnehmern (Entsendegesetz) (Drucksache 13/2418) Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 4915D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 4917B, 4933 B Konrad Gilges SPD 4917D, 4923 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4918D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 4919C Dr. Gisela Babel F.D.P 4921 B, 4926 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4924 A Ottmar Schreiner SPD 4926 A Ulrich Irmer F.D.P 4927 B Dr. Heidi Knake-Werner PDS 4927 C Julius Louven CDU/CSU 4929 A Renate Rennebach SPD 4930 B Rainer Haungs CDU/CSU 4932 B Dr. Gisela Babel F.D.P 4934 D Peter Dreßen SPD 4935 D Leyla Onur SPD 4936 C Dr. Norbert Blüm CDU/CSU . . 4936D, 4937B Ernst Hinsken CDU/CSU 4939 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 4939 C Konrad Gilges SPD 4939 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (Drucksachen 13/1833, 13/2483) Friedhelm Julius Beucher SPD 4940 B Joachim Gres CDU/CSU 4941 A Vera Lengsfeld BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4942 C Dr. Klaus Röhl F.D.P 4943 A Wolfgang Bierstedt PDS 4943 C Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . 4944 B Tagesordnungspunkt 10: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 29. Juni 1994 über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau (Donauschutzübereinkommen) (Drucksache 13/1884) b) Antrag der Abgeordneten Horst Kubatschka, Brunhilde Irber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ökologisch verantwortlicher Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen (Drucksache 13/1390) c) Antrag der Abgeordneten Dietmar Schütz (Oldenburg), Arne Fuhrmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ökologisch und ökonomisch verantwortbarer Ausbau von Elbe, Havel und Saale (Drucksache 13/1331) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Albert Schmidt (Hitzhofen), Halo Saibold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Erhalt der freifliegenden Donau zwischen Straubing und Vilshofen (Drucksache 13/ 2435) Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär BMU 4946 B Brunhilde Irber SPD 4947 B Ernst Hinsken CDU/CSU 4948B, 4957C, 4957 D Renate Blank CDU/CSU 4949 B Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4950 D Renate Blank CDU/CSU 4951 D Lisa Peters F D P. 49528 Halo Saibold BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4954A, 4957 A Eva Bulling-Schröter PDS 4954 C Ernst Hinsken CDU/CSU 4955 D Horst Kubatschka SPD 4957 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 4960 A Horst Kubatschka SPD 4960B Dr. Klaus Rose CDU/CSU 4960 D Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hauptstadtverkehrsplanung Berlin, Bundespolitisches Stoppsignal für den Lehrter Zentralbahnhof und den Tiergarten-tunnel (Drucksache 13/365) Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4962 C Brigitte Baumeister CDU/CSU 4963 D Siegfried Scheffler SPD 4965 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4966 C Dr. Klaus Röhl F.D.P 4967 B Dr. Dagmar Enkelmann PDS 4968 B Johannes Nitsch, Parl. Staatssekretär BMV 4969 A Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Ute Vogt (Pforzheim), Freimut Duve, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Beitrag der Bundesrepublik Deutschland für das Berufsbildungsprojekt in Guernica, Baskenland (Drucksache 13/2366) Ute Vogt (Pforzheim) SPD 4970 A Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 4971 B Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4972 B Ina Albowitz F.D.P. 4973 B Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 4974 B Nächste Sitzung 4975 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4977* A Anlage 2 Überwachung indonesischer Regimegegner durch den deutschen bzw. indonesischen Geheimdienst MdlAnfr 16 - Drs 13/2407 - Manfred Such BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA . . 4977* D Anlage 3 Entschädigung der tschechischen Opfer nationalsozialistischen Unrechts; Rückgabe der konfiszierten Vermögen der Sudetendeutschen MdlAnfr 17, 18 - Drs 13/2407 - Dr. Egon Jüttner CDU/CSU SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA . . 4978* A Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag: Beitrag der Bundesrepublik Deutschland für das Berufsbildungsprojekt in Guernica, Baskenland) Gerhard Zwerenz PDS 4978* B 58. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 28. September 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 28. 9. 95 Antretter, Robert SPD 28. 9. 95 * Behrendt, Wolfgang SPD 28. 9. 95 * Berger, Hans SPD 28. 9. 95 Blunck, Lilo SPD 28. 9. 95 * Bühler (Bruchsal), Klaus_ CDU/CSU 28. 9. 95 * Catenhusen, SPD 28.9.95 Wolf-Michael Dr. Däubler-Gmelin, SPD 28. 9. 95 Herta Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 28. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 28. 9. 95 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 28. 9. 95 ' Fuchs (Verl), Katrin SPD 28. 9. 95 Haack (Extertal), SPD 28. 9. 95 * Karl-Hermann Heym, Stefan PDS 28. 9. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 28. 9. 95 Hollerith, Josef CDU/CSU 28. 9. 95 Horn, Erwin SPD 28. 9. 95 * Hornung, Siegfried CDU/CSU 28.9. 95 * Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 28. 9. 95 Leidinger, Robert SPD 28. 9. 95 Lenzer, Christian CDU/CSU 28. 9. 95 * Dr. Leonhard, Elke SPD 28.9. 95 Löwisch, Sigrun CDU/CSU 28. 9. 95 Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 28. 9. 95 Erich Marten, Günter CDU/CSU 28. 9. 95 * Meckel, Markus SPD 28. 9. 95 Michels, Meinolf CDU/CSU 28. 9. 95 * Nolte, Claudia CDU/CSU 28. 9. 95 Pfeiffer, Angelika CDU/CSU 28. 9. 95 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 28. 9. 95 * Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 28.9. 95 Schaich-Walch, Gudrun SPD 28. 9. 95 Dr. Scheer, Hermann SPD 28. 9. 95 * Schloten, Dieter SPD 28. 9. 95 * Schmidt (Aachen), Ulla SPD 28. 9. 95 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 28.9. 95 * Hans Peter Steindor, Marina BÜNDNIS 28. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Sterzing, Christian BÜNDNIS 28. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Stiegler, Ludwig SPD 28. 9. 95 Terborg, Margitta SPD 28. 9. 95 Vosen, Josef SPD 28. 9. 95 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 28. 9. 95 Gert Welt, Jochen SPD 28. 9. 95 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 28. 9. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 28.9. 95 * Zwerenz, Gerhard PDS 28. 9. 95 für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Frage des Abgeordneten Manfred Such (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 13/2407 Frage 16): Wie kann die Bundesregierung angesichts ihrer bisherigen Auskünfte, indonesischen Sicherheitsbediensteten sei eine Einreise nach Deutschland zwecks Ermittlungen wegen Protesten gegen den hiesigen Suharto-Besuch nicht gestattet worden, den - auch durch die Tageszeitung „Jawa Pos" am 13. und 14. Juni 1995 berichteten - Umstand erklären, daß die Kriminalpolizei in Jakarta dem beschuldigten Sri Bintang Pamungkas in den Vernehmungen am 12. und 14. Juni 1995 Tonbandkassetten mit Aufnahmen eines inkriminierten Vortrags an der TU Berlin vorspielten, welche laut Vernehmungsprotokoll bei dem in Deutschland aufenthältlichen Zeugen Achmad Fahrurozzi am 9. Mai 1995 beschlagnahmt worden waren, und was ist der Bundesregierung inzwischen über entsprechende Aktivitäten indonesischer Ermittler oder aber dahin gehender Amtshilfe deutscher Sicherheitsbehörden bekanntgeworden? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über Ermittlungen indonesischer Sicherheitsbehörden in Deutschland vor. Die Bundesregierung wiederholt, daß die Botschaft Jakarta keine Sichtvermerke für indonesische Polizeibeamte erteilt hat. Die genannten Artikel in der „Jawa Pos" besagen im übrigen nur, daß Tonbandkassetten Fahrulrozis beschlagnahmt wurden, nicht aber, daß sie in Deutschland beschlagnahmt worden seien. In einem Artikel des indonesischen Nachrichtemagazins „Forum" vom 8. Juni 1995 wird erwähnt, daß drei Zeugen nach Indonesien gereist seien, offensichtlich, wie 4978* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 58. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. September 1995 sich aus dem Zusammenhang des „Forum"-Artikels ergibt, indonesische Studenten der Berliner TU. Aus dieser Pressedarstellung scheint sich zu ergeben, daß Herr Fahrulrozi einer dieser Zeugen war und daß seine Kassetten in Indonesien „beschlagnahmt" wurden. Anlage 3 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) (Drucksache 13/2407 Fragen 17 und 18): Liegen der Bundesregierung Informationen vor, ob tschechische Opfer nationalsozialistischen Unrechts aufgrund des „Dekrets des Präsidenten der Republik (Tschechoslowakei) vom 25. Oktober 1945 über die Konfiskation des feindlichen Vermögens und die Fonds der nationalen Erneuerung" (§ 7 Abs. 3) aus konfisziertem sudetendeutschen Vermögen entschädigt worden sind? Liegen der Bundesregierung Informationen vor, ob die Tschechische Republik bereit ist, das 1938 durch das Deutsche Reich und später auch aufgrund der Bene-Dekrete konfiszierte Vermögen der sudetendeutschen Konsumgenossenschaften, der Gewerkschaften und der Gliederungen der sudetendeutschen Sozialdemokraten zurückzugeben? Zu Frage 17: Hierüber liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Zu Frage 18: Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen wurden in der Tat auch NS-Opfer aus dem von Sudetendeutschen konfiszierten Eigentum entschädigt. Allerdings wurden nach der kommunistischen Machtübernahme in der damaligen Tschechoslowakei Entschädigungen an Personen eingestellt. Bereits vorgenommene Entschädigungen wurden, mit Ausnahme von gewerblich nicht nutzbaren Einrichtungen, wieder rückgängig gemacht. Faktisch dürfte also damals -- ungeachtet des in der Frage genannten Dekrets - eine Entschädigung der NS-Opfer von tschechoslowakischer Seite nicht in nennenswerter Weise stattgefunden haben. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 12 (Antrag: Beitrag der Bundesrepublik Deutschland für das Berufsbildungsprojekt in Guernica, Baskenland) Gerhard Zwerenz (PDS): Ich begrüße, daß die SPD jetzt diesen Antrag vorgelegt hat, und hoffe, daß in dieser Angelegenheit endlich etwas geschieht. Es wurde auch höchste Zeit, daß das Parlament wieder aktiv wird und seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung wahrnimmt. Es ist jetzt fast sieben Jahre her, daß der Bundestag beschlossen hat, das Städtepartnerschaftsprojekt Pforzheim-Guernica zu unterstützen. Sieben vertane Jahre, in denen außer Versprechungen nichts geschehen ist. Dies ist ein Trauerspiel in doppelter Hinsicht: Es zeigt zum einen, wie diese Regierung mit dem Parlament umgeht. Bundestagsbeschlüsse können schlicht und einfach mißachtet werden. Es zeigt weiter, daß die Bundesregierung in diesem Jahr oft von der Schuld der Vergangenheit geredet hat, reden mußte, aber daß sie paßt, wenn es darum geht, die Rechnung zu bezahlen. Es muß in Erinnerung gerufen werden, daß die 1988 in Aussicht gestellte Förderung eines Berufsbildungsprojekts in Guernica ohnehin nur eine Verlegenheitslösung war. Die Abgeordneten Petra Kelly und Gert Bastian hatten 50 Jahre nach dem barbarischen Bombardement der deutschen Legion Condor eine eindeutige Versöhnungsgeste gefordert. Das von ihnen vorgeschlagene Friedenszentrum wurde damals aber abgelehnt. Inzwischen sind 58 Jahre seit der Bombennacht vergangen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Bundesregierung darauf hofft, daß über die Sache Gras gewachsen ist. An Versuchen, die deutsche Schuld zu leugnen, hat es im Verlauf der Debatten um Guernica ohnehin nicht gefehlt. Die deutsche Wehrmacht sei nicht offiziell verstrickt gewesen, war da zu hören. Außerdem seien nur „normale Kriegshandlungen" begangen worden. Richtig ist: Luftkrieg und Flächenbombardements gehören seit dem Zweiten Weltkrieg zum normalen Repertoire der Kriegsführung. Das macht sie keinen Deut weniger barbarisch. Ein Zeichen gegen diese Barbarei zu setzen, war das Anliegen Petra Kellys und Gert Bastians. Wir sollten jetzt wenigstens dafür Sorge tragen, daß überhaupt etwas geschieht. In Guernica sind Hoffnungen geweckt worden. Ohne den deutschen Beitrag von 12 Millionen DM kann das Berufsbildungsprojekt nicht verwirklicht werden. Unsere Unterstützung wäre im übrigen ja nicht nur ein Tribut an die Vergangenheit, sondern auch eine Investition in die Zukunft. In dieser Region muß dringend etwas gegen Jugendarbeitslosigkeit getan werden. In diesem Haushalt hat die Regierung 29 Millionen DM für den Bundeswehr-Reservistenverband bereitgestellt. Militärische Traditionspflege wird großgeschrieben, die kritische Aufarbeitung der militaristischen Vergangenheit möglichst kleingehalten. Ich appelliere an Sie, Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen, die finanziellen Zusagen an Guernica endlich wahrzumachen. Sonst diskreditieren wir uns selbst.
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    Rede von Brigitte Lange


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sie reden immer von dem Mißbrauch, und Sie haben jetzt wieder ein Zitat gebracht. Herr Minister, Mißbrauch ist nirgendwo gut, aber im Vergleich zu wirklichem Mißbrauch sind das hier Peanuts.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich möchte hier auf den eigentlichen Mißbrauch hinweisen, der nicht sanktioniert wird: Es ist der Mißbrauch der Bundesregierung mit diesem Gesetz.

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Sie haben dieses Gesetz zu einem Reparaturbetrieb verkommen lassen, indem für Notlagen keine Gesetze geschaffen wurden oder die vorhandenen Gesetze verschlechtert wurden. Sie haben zugelassen, daß die Sozialhilfe zum Ausfallbürgen wurde, wenn andere vorrangige Leistungen nicht vorhanden waren.
    Sie haben das Sozialhilfegesetz als Verschiebebahnhof genutzt, und Sie haben das weiter vor. Herr Blüm muß über 3 Milliarden DM einsparen. Sie dürfen mal raten, wo die ankommen. Bei den Kommunen!
    Ich bitte Sie, und ich fordere Sie auf:

    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein, Sie sind aufgefordert worden!)

    Ziehen Sie dieses Gesetz zurück!

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Schauen Sie nach den Ursachen, verbinden Sie es mit einer Modernisierung! Wenn Sie an die Ursachen nicht herangehen, werden Sie weder den Betroffenen noch den Kommunen noch den Wohlfahrtverbänden hellen. Wir warten auf eine echte Verbesserung.

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Andrea Fischer.

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    Rede von Andrea Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es heute morgen wieder gehört: Die Sozialhilfe ist offensichtlich der Problemfall des Sozialstaats.
    Herr Minister Seehofer, Sie haben uns ausführlich und treuherzig versichert, wie sehr Ihnen der Ausbau und der Erhalt dieses Systems am Herzen liege. Sie machen das so intensiv, daß Sie die Sozialhilfe gleichsam vor sich selber retten: Sie rupfen und zausen sie so lange, bis sie nur noch als Gerippe übrigbleibt.
    Der Regierungsentwurf stellt sich nach meiner Meinung der eigentlichen Herausforderung nicht. Die Sozialhilfe und die vielen Menschen, die darauf angewiesen sind, teilen uns doch etwas darüber mit, was in dieser Gesellschaft los ist und was in dieser Gesellschaft schiefläuft. In diesem Entwurf aber wird es einfach nur als ein gesellschaftspolitischer Störfall, dem man mit finanzieller Schadensbegrenzung begegnen müsse, behandelt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Andrea Fischer (Berlin)

    Die Zunahme der Empfängerzahlen richtet die Frage an uns: Was ist da mit einem System passiert, von dem sich seine Schöpfer vor 30 Jahren gedacht hatten, mit diesem letzten Meinen Stück das soziale Netz abzurunden? Wenn da plötzlich Millionen Menschen hineinrutschen, muß da vorher etwas schiefgelaufen sein. Wieso stellen wir uns dieser Frage nicht? Statt dessen leistet Herr Seehofer den sozialpolitischen Offenbarungseid. Er stellt nämlich in der Begründung zu seinem Gesetzentwurf als erstes fest: „Der Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit ist kaum beeinflußbar. "
    Offensichtlich waltet hier die Macht des Schicksals. Die Regierung resigniert schon, bevor sie überhaupt anfängt zu reformieren.
    Andersherum wird ein Schuh daraus: Die Zunahme der Empfängerzahlen ist ein Zeichen dafür, daß bei den Systemen der sozialen Sicherung offenkundig etwas nicht mehr stimmt, daß sie zu den veränderten Lebensformen und zur Erwerbskrise der letzten zehn Jahre nicht passen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Jahre der Erwerbslosigkeit haben Menschen aus der Arbeitslosenversicherung herausfallen lassen, die Bundesregierung hat das auch mit verschiedenen Kürzungen forciert.
    Die Ehe ist längst kein funktionierendes Sicherungssystem mehr. Der Kinderlastenausgleich - wir haben das in diesem Haus schon reichlich diskutiert - ist offensichtlich unzureichend, weswegen wir dort mit weitverbreiteter Armut zu tun haben.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Sie sind doch gar nicht da!)

    Es ist überhaupt nicht tauglich, wie es Herr Seehofer heute morgen wieder versucht hat, Armut als Problem mit Definitionen - „man solle dieses und jenes nicht dazu sagen" - wegzureden. Es gibt diese Armut. Die Bundesregierung sollte aufhören, das zu leugnen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wir sollten die Provokation, die darin liegt, endlich annehmen, anstatt - wie es die Regierung tut - die alarmierenden Zahlen gegen die Betroffenen zu wenden, denn letztlich ist die Vermutung des Mißbrauchs ein Herzstück dieser Reform.
    Immer wieder kommen diese paar hunderttausend angeblich arbeitsfähigen, aber arbeitsunwilligen jungen Menschen in die Debatte. Nun sei es dahingestellt, wo Seehofer sie alle gefunden hat. Aber in der Studie des Deutschen Städtetages, über die wir uns hier schon mehrfach gestritten haben, ist zu lesen, daß ein Drittel der Kommunen davon berichtet, daß es viele Sozialhilfeempfänger gibt, die angebotene Arbeit verweigern.
    Ein beträchtlicher Teil der Kommunen berichtet in derselben Studie aber, daß sie gar nicht so viel Arbeit anbieten könnten, wie sie gerne wollten und wie die Sozialhilfeempfänger nachfragten.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn man aber wie Herr Seehofer eher im Geiste der Armutspolizei darangeht, kann man diese Sache mit dem Angebot auch nicht ernsthaft unterbreiten.
    Sie sagen immer, Sie wollten Angebote machen, damit die Sozialhilfebedürftigkeit überwunden werden kann. Gleichzeitig wird immer davon geredet, sie nähmen es nicht an. Das ist die Botschaft „Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."
    Ich meine dagegen: Wenn man Angebote unterbreiten will, setzt das voraus, daß man den Adressaten dieses Angebots ernst nimmt. Ein Angebot macht man auf gleicher Augenhöhe. Dann muß man außerdem noch den Mangel an Jobs zur Kenntnis nehmen, die Sie da alle vermitteln wollen. Deswegen stellt sich die Frage: Geht das eigentlich alles, was Sie in Ihrer Reform da vorschlagen?

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Gehen denn Ihre Vorschläge?)

    Die Städte und Gemeinden stöhnen seit langem unter der Last der Sozialhilfe. Sie denken, man könnte das retten mit noch mehr finanziellem und organisatorischem Engagement der Gemeinden,

    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben auch nicht zugehört oder nicht kapiert!)

    obwohl die Sozialhilfeträger längst an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angekommen sind. Zudem macht das meines Erachtens auch ordnungspolitisch nicht sehr viel Sinn. Wieso öffnen wir nicht das Arbeitsförderungsgesetz, so daß die kompetenten Institutionen, die kompetenten Behörden dafür zuständig sind, und unterstützen so die Leute beim Wiederfinden von Arbeit? Statt dessen behandeln Sie das Sozialhilferecht und das Instrument der Hilfe zur Arbeit als eine krude Mischung aus Disziplinierungsinstrument und Ausfallbürgen für den Rückzug aus aktiver Arbeitsförderungspolitik.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Mängelliste ist allerdings noch länger. Noch einmal zu der leidigen Frage der linearen Kürzung: Sie sagen, es gibt sie nicht. Ich behaupte dagegen, daß der vorgesehene Mechanismus der Anpassung der Regelsätze ebenso wie die sogenannte Konkretisierung des Lohnabstandsgebotes letztlich zu einer systematischen Senkung des Leistungsniveaus führen. Wenn dem nicht so wäre, warum machen Sie es dann? Sie sprechen doch die ganze Zeit davon, daß diese Maßnahmen notwendig sind, um die Kostenentwicklung zu bremsen. Sie können nicht behaupten, daß das nicht zu Kürzungen führt; denn sonst wäre ja der Sinn der ganzen Operation weg.
    Ich finde, daß das brisant ist und man deswegen vorsichtig sein muß. Der eigentliche Sinn der Sozialhilfe ist doch genau der, einzugreifen, wenn das Einkommen aus vorgelagerten Systemen oder aus Erwerbstätigkeit nicht reicht für ein menschenwürdiges Leben. Diesen Sinn muß die Sozialhilfe behalten. Deswegen muß sie nach anderen Kriterien gestaltet sein als die Einkommen auf dem Arbeitsmarkt.

    Andrea Fischer (Berlin)

    Herr Seehofer, Sie rechtfertigen die Tiefe dieses Schnitts mit der Kostenentwicklung. Der Gesetzentwurf spricht davon, daß die Ausgabenentwicklung dramatisch sei. In den letzten 13 Jahren - sprich: zwischen 1980 und 1993 - seien die Ausgaben für die Sozialhilfe um 290 % gestiegen. Das allerdings ist eine wirklich eindrückliche Zahl. Dann haben vor ein paar Wochen die Wohlfahrtsverbände gesagt: Herr Seehofer, die Zahl stimmt so nicht, das haut so nicht hin.
    Daraufhin habe ich eine Kleine Anfrage an das Haus Seehofer gerichtet, und siehe da: In der Antwort, die vor einigen Tagen gekommen ist, war folgendes zu lesen: Wenn man die Ausgabenentwicklung in diesem Zeitraum von 13 Jahren preisbereinigt, dann sinkt die dramatische Zahl von 290 % auf 184 %. Das ist immer noch viel, zweifelsohne. Aber warum schreiben Sie nicht diese, sondern die höhere Zahl in Ihren Gesetzentwurf?
    Aber es kommt noch besser: Im selben Zeitraum - das steht in der Antwort auf die Kleine Anfrage aus dem Hause Seehofer, das sagt nicht einer der von Ihnen inzwischen so gehaßten Wohlfahrtsverbände - sind die Pro-Kopf-Ausgaben, die Ausgaben pro Sozialhilfeempfänger, um ganze 7 % gestiegen. Und da wollen Sie uns erzählen, wir geben zu viel für Sozialhilfeempfänger aus?
    Wir müssen das Signal wahrnehmen, daß es so viele Menschen gibt, die Sozialhilfe beziehen. Da stimmt etwas nicht. Wir geben nicht zu viel für den Einzelnen aus, sondern zu viele Menschen sind inzwischen auf dieses System verwiesen. Das ist nicht der Fehler dieser Menschen, sondern der Fehler einer Politik, die versäumt hat, rechtzeitig den Sozialstaat zu renovieren.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der PDS)

    Auf den ersten Blick denkt die unbefangene Leserin dieses Gesetzentwurfes, es handele sich um eine Petitesse. In § 10 wird einfach von „die freien Wohlfahrtsverbände und die andern Träger" gesprochen. Damit werden die Wohlfahrtsverbände und die anderen Träger gleichgestellt. In Wahrheit handelt es sich bei diesen drei Wörtern, die in den § 10 eingefügt werden, urn einen der tiefsten Einschnitte, die man in unserem Sozialsystem machen kann. Ich hätte mir als Grüne nicht träumen lassen, daß ich einmal die Wohlfahrtsverbände gegen eine konservative Regierung verteidigen muß.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Wieso denn?)

    Aber das, was bei Ihnen so schick-modern klingt - man stellt sich vor: alle haben gleiche Marktchancen auf diesem Wohlfahrtsmarkt -, das ist tatsächlich der Abschied vom Subsidiaritätsprinzip. Der Vorrang der Träger der freien Wohlfahrtspflege ist ein ganz bedeutsamer Bestandteil eines Sozialsystems, das zur Grundlage hat, daß der Staat nicht für alles zuständig sei.