Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich bei Ihnen allen für eine sehr erfolgreiche und auch schöne Haushaltswoche bedanken. Mein erster Dank gilt der Koalition, allen Rednern, allen, die anwesend waren. Aber mein herzlicher Dank gilt auch Ihnen von der Opposition, denn Sie haben uns doch zu einer, wie ich meine, erfolgreichen und guten Woche verholfen,
die jedem im Land klargemacht hat, wo finanzpolitische Kompetenz ist und wo regierungspolitische Unfähigkeit herrscht, von der sich die Opposition auch ein Dreivierteljahr nach der, verlorenen Wahl nicht erholt hat.
Schade, daß der Kollege Struck jetzt nicht da ist. Ich hätte sonst noch einmal über das Jagen gesprochen. Wie schnell man vom gewollten Jäger zum Gejagten werden kann, kann ich als Nichtjäger nicht beurteilen. Aber es ist schon ganz schön beschämend.
Herr Kollege Diller, Sie hätten auch noch die Tabellendarstellung von einem Troikaner aus dem Saarland holen können. Dieser stand auch einmal so ähnlich wie Sie dort und hat genausowenig wirksam mit Lichtbildern und ähnlichem etwas vorgeführt.
Sie regen sich über das Existenzminimum auf. Von Ihnen ist nicht ein einziger Vorschlag gekommen. Von Ihnen ist nicht eine einzige Alternative gekommen.
Sie haben zur Gegenfinanzierung aus der Giftliste nichts vorgeschlagen.
Was nun die BAföG-Reform und Ihre Krokodilstränen anbelangt: Wie ist das eigentlich mit einer sozialdemokratischen Politik vereinbar, die im Interesse des Arbeitnehmers liegen soll, der auch selbständig werden und die Chance haben möchte, durch einen Leistungsausgleich auch zwischen den Akademikern und den Nichtakademikern seinen Weg zu gehen? Das ist die eigentliche Chancengleichheit, wie Sie sie einmal gefordert haben und wir sie jetzt verwirklichen, auch im Bildungsbereich.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Der Schluß Ihrer Rede geriet zu einem großen Melodrama, das Sie hier vorgeführt haben. Bei mir kam Angst auf, daß Sie mich am Schluß noch zum Rücktritt auffordern;
dann hätte ich mich auf dem CSU-Parteitag heute nachmittag nicht mehr sehen lassen können. Ich bin Ihnen unendlich dankbar, daß ich jetzt also doch relativ gelassen meine Zelte abbrechen und in München noch etwas schärfer über Sie herfallen kann, als mir das die Präsidentin des Deutschen Bundestages erlaubt.
Zuvor müssen aber noch einige Dinge richtiggestellt werden. Es ist falsch, die Übertragung des Schienenpersonennahverkehrs auf die Länder den Bundesausgaben hinzuzurechnen, wie Sie das eben vorgeführt haben. Sie haben berechnet, daß die Bundesausgaben dadurch um 0,4 % steigen würden. Richtig ist: Beim Bund entfallen die Aufwendungen für den Schienenpersonennahverkehr in Höhe von 7,7 Milliarden DM ab 1996. Wir übernehmen ab 1996 zusätzlich aber einen weiteren Zuschuß zum Bundeseisenbahnvermögen mit über 8 Milliarden DM und beenden gleichzeitig Ende 1995 die eigene Kreditaufnahme des Bundeseisenbahnvermögens. Wir haben die Eckwerte des Haushalts 1996 also selbstverständlich korrekt dargestellt.
Herr Kollege Metzger, wie man hinsichtlich der Konjunktur von einer Abwärtsbewegung sprechen kann, bleibt mir ziemlich unerfindlich. Ob die Konjunktur um 3 %, 2,9 % oder 2,8 % zunimmt: Es ist immer noch ein Konjunkturaufschwung und kein -abschwung.
In den Überschriften der Zeitungen und bei den Beobachtern ist sehr wohl deutlich geworden, daß die Konjunktur in ruhigerem Fahrwasser verläuft, aber auf gar keinen Fall von einem Abschwung geredet werden kann.
Wenn Sie die Erhöhung der Nettokreditaufnahme um 10 Milliarden DM beklagen, dann hätten Sie zunächst sagen müssen, daß wir in den letzten beiden Jahren 40 Milliarden DM weniger Schulden gemacht haben, als im Finanzplan vorgesehen. Sie machen da eine Milchmädchenrechnung auf.
Wären wir bei den alten Zahlen des Finanzplans geblieben, dann hätten wir eine Reduktion. Sie wissen sehr wohl, womit das zusammenhängt, nämlich mit 35 Milliarden DM Zusatzbelastung, vor allen Dingen mit Steuer- und Abgabenentlastungen, die für den Bund zwischen 20 Milliarden und 30 Milliarden DM ausmachen.
Meine Damen und Herren, die Debatte zeigt: An der richtigen und erfolgreichen Finanzpolitik der Bundesregierung können Sie allenfalls kleinkarierte oder polemische Kritik üben. Aus den Troikanern sind längst Trojaner geworden, die in alle Winde zerstreut worden sind.
Sie können uns nicht immer wieder zumuten, jedes Jahr erneut eine Bank zu füllen und die Leute dann wieder abzuschieben. Irgendwann hätten wir ganz gern ein Stück Verläßlichkeit. Wenn wir uns in den nächsten vier Jahren voll auf Sie verlassen können, daß Sie in der Bank bleiben, wäre uns das sehr recht. Es wäre uns sehr recht, wenn Sie nicht immer nur aus den Ländern partielle Hilfe holten; wir fürchten uns aber auch vor denen nicht.
- Ich weiß, Ihnen, Frau Kollegin Matthäus-Maier, ist es lieber, daß die Kameraden verschwunden sind.
Darauf wollen wir im einzelnen jetzt nicht eingehen.
Nach dieser Einleitung und bevor ich auf die Finanzpolitik zu sprechen komme, sei mir ein Wort als frei gewähltem Abgeordnetem und als CSU-Vorsitzendem erlaubt. Ich bitte um Verständnis dafür. Ich bin in der Debatte von Herrn Fischer und auch von Ihnen, von der SPD - von Ihnen allerdings sachlich, von Herrn Fischer nicht - mehrfach auf das KruzifixUrteil angesprochen worden. Ich nehme mir die Freiheit, dazu jetzt kurz Stellung zu nehmen. Es ist infam, was Redner der Grünen in dieser Debatte zur öffentlichen Diskussion über das Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum besten gegeben haben.
Den Gipfel der Heuchelei und politischen Gemeinheit habe ich durch Herrn Fischer erlebt. Von ihm habe ich aber auch nichts anderes erwartet.
Ich habe bisher jedes Bundesverfassungsgerichtsurteil respektiert, auch wenn ich manchmal anderer Meinung war. Das Bundesverfassungsgericht hat durch seine verantwortungsvolle Arbeit wesentlich zur Stabilität und Fortentwicklung des Rechtsstaats beigetragen. Aber der Beschluß zum Kruzifix wird den christlichen und kulturellen Traditionen und den ethischen Grundlagen unserer Demokratie nicht gerecht.
Er dient nicht der Toleranz, es problematisiert den Rechtsfrieden. Freiheit und kulturelle Traditionen können keine Gegensätze sein. Auch der freiheitliche Staat hat eine kulturelle und ethische Basis. Das ist unsere 2 000jährige Verankerung in christlicher Kultur und in christlichen Grundwerten. Das Grundgesetz und die bayerische Verfassung bekennen sich zur Verantwortung vor Gott.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Das Kreuz ist das Zeichen des Friedens, der Toleranz, der Versöhnung und der Hoffnung. Das Kreuz ist nicht Ausdruck aggressiver Missionierung, sondern unser Bekenntnis zur christlich-abendländischen Kultur,
auf der die Wertordnung unserer Verfassung und unseres Staates beruht. Diese Wurzeln unserer Tradition werden wir auch in Zukunft verteidigen.
Ich bin Ihnen auf allen Seiten dankbar, daß Sie mir die Möglichkeit zu dieser auch persönlichen Erklärung gegeben haben. Ich hätte sie nicht abgegeben, wenn ich nicht am Dienstag in dieser Form auf das Thema angesprochen worden wäre.
Ich komme jetzt auf die Finanzpolitik zurück.
Jetzt sagen Sie: Nun können Sie wieder polemisieren. Es kam das Uraltargument von der Schulden- und Zinsfalle zur Sprache. Meine Damen und Herren, auch ständige Wiederholungen machen dieses Argument nicht richtig.
Es ist doch so: Die hohen Zinslasten beruhen - das wissen Sie doch alle ganz genau - auf den Erblasten der ehemaligen DDR und den früher übernommenen Schulden. Es ist schon ein starkes Stück, wenn Sie behaupten, Sie hätten das anders finanziert. Sie hätten doch nie die Kraft gehabt, zwei Drittel der Kosten, die dadurch entstanden sind, durch Umschichtungen und Einsparungen zu finanzieren. Das haben wir erreicht.
Eines ist übrigens auch richtig: Je mehr wir sparen, desto größer wird zwangsläufig der Anteil der Zinsen am Budget, bei denen wir wie auch bei anderen Rechtsverpflichtungen nicht sparen können.
Ein Teil dessen, was Sie heute mit Ihrer Kritik beklagen, hat vor gar nicht so langer Zeit noch Ihre ausdrückliche Zustimmung gefunden. Mit Ihrem vollen Einverständnis zahlt der Bund die Zinsen für den Fonds Deutsche Einheit in Höhe von 7 Milliarden DM und für den Erblastentilgungsfond in Höhe von 25 Milliarden DM.
Ein Wort zur Nettokreditaufnahme: Ich habe klar erläutert, warum sie 1996 etwas steigt, auch wenn sie noch voll im gegenwärtig gültigen Finanzplan liegt. Woran liegt es, wenn Deutschland heute die niedrigsten Zinsen in Europa hat? Es liegt doch auch daran, daß wir in den letzten Jahren die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes rasch und deutlich zurückgeführt haben. Es liegt auch an der niedrigeren Nettokreditaufnahme und der Übernahme der Sondervermögen in den Bundeshaushalt.
Nur am Rande: Die Kapitalmarktbelastung ist 1996 um ein Drittel niedriger als 1994. Das sind Zahlen und Signale für die Finanzmärkte im In- und Ausland, über die Sie reden sollten.
Wenn die D-Mark so stark ist, dann ist das doch auch Ausdruck des Vertrauens und der Verläßlichkeit, die nicht nur unsere Haushaltspolitik 1995 und 1996, sondern auch den Kurs darüber hinaus prägen. Dafür sprechen auch die niedrigen Zinsen und die Leitzinsentscheidung der Bundesbank.
Ich habe gemeinsam mit meinen Kollegen auch die Risiken genannt. Wir sehen natürlich die Risiken. Dennoch werden wir die Obergrenze einhalten, und wenn Risiken hinzutreten, muß an anderer Stelle gespart werden, so hart das auch ist.
Ich möchte noch ein Wort zu den Investitionen sagen. Die SPD weiß genau: Der 1995 besonders hohe Betrag für Investitionen von über 72 Milliarden DM ergibt sich aus zwei Regelungen im Föderalen Konsolidierungsprogramm, denen die SPD zugestimmt hat: den erstmals aus dem Bundeshaushalt den neuen Ländern zu gewährenden zweckgebundenen Finanzhilfen für investive Ausgaben in Höhe von 6,6 Milliarden DM jährlich nach dem Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost und den ebenfalls erstmals unmittelbar aus dem Bundeshaushalt zu finanzierenden Ausgaben für die Nachfolgeorganisation der Treuhandanstalt, die 1996 mit rund 3,8 Milliarden DM zu Buche schlagen.
Im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 1994 betrugen die Investitionen des Bundes rund 63,5 Milliarden DM jährlich. 1996 werden die Investitionen des Bundes mit 66,7 Milliarden DM um über 5 Milliarden DM über dem Ergebnis des Jahres 1994 und um über 3 Milliarden DM über dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 1994 liegen.
1989 betrugen die Investitionen des Bundes 39,2 Milliarden DM. Wenn ich für die neuen Länder, deren Bevölkerungsanteil bei etwa einem Fünftel liegt, ein Drittel dieses Betrages drauflege, komme ich auf rund 52 Milliarden DM. Wenn der Bund 1999, also neun Jahre nach der Wiedervereinigung, 61 Milliarden DM für Investitionen ausgibt, dann bedeutet das: Für Investitionsausgaben stehen jährlich 9 Milliarden DM zusätzlich zur Verfügung.
Eine Milchmädchenrechnung ist das, was Sie zum Umweltetat gesagt haben. Richtig ist, der Ansatz des Umweltetats fällt 1996 40 Millionen DM niedriger aus als 1995. Aber Sie wissen doch, daß es da Durchlaufposten gibt und Sonderfaktoren im Volumen von 53 Millionen DM die Rechnung beeinflussen. Wenn Sie das mit einbeziehen, stehen für die regelmäßigen Umweltausgaben des Bundes 13 Millionen DM bzw. 1 % mehr zur Verfügung. Das ist nicht viel, aber immerhin. Wenn insgesamt gekürzt wird, wenn neun Etats mit weniger auskommen müssen, dann zeigt dies, daß dieser Etat jedenfalls besser als normal behandelt wurde.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Ein Wort noch zu den Verteidigungsausgaben. Sie beliefen sich für das alte Bundesgebiet 1989 auf rund 52,5 Milliarden DM. Das waren seinerzeit 18,1 % der Gesamtausgaben. 1996 werden wir 48,4 Milliarden DM für die militärische Verteidigung aufwenden. Das sind nur noch 10,7 % der Gesamtausgaben und mehr als 4 Milliarden DM weniger als 1989. Wenn man dann noch berücksichtigt, daß seitdem auch die Militärausgaben der ehemaligen DDR vollständig entfallen sind, dann dürfte es kaum ein Land in West- und Mitteleuropa geben, dessen Aufwendungen für militärische Verteidigung einen so deutlichen Rückgang verzeichnen. Dann ist es ein Popanz, wenn Sie jetzt einen gewissen Aufwuchs polemisch gegen uns verwenden wollen.
Meine Damen und Herren, ein Wort noch zu den Einsparungen bei der Arbeitslosenhilfe. Ich habe bereits am Dienstag ausgeführt, Mehrbelastungen für Länder und Kommunen sind insgesamt nicht zu erwarten. Im gleichen Artikelgesetz wird es zu einer Entlastung der Länder und Kommunen um rund 1,3 Milliarden DM im Rahmen der Novelle zum Asylbewerberleistungsgesetz kommen.
Ein Wort noch zur Steuerpolitik. Sie beklagen mangelnde Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Existenzminimum. Sie haben den Kinderfreibetrag abgeschafft. Wir haben ihn erst wieder eingeführt und auf diese Höhe gebracht, so daß Leistungen für Kinder von Steuern freigestellt werden.
Meine Damen und Herren, wenn seit 1982 die Ausgaben für Familienpolitik insgesamt von rund 27,5 Milliarden DM auf knapp 60 Milliarden DM gesteigert worden sind, dann ist das nicht die normale Steigerung von 3, 4 oder 5 % pro Jahr, sondern dann ist dies eine erhebliche Steigerung, die Sie nie zuwege gebracht haben. Wenn wir jetzt 7 Milliarden DM mehr ausgeben als ein Jahr zuvor, dann ist dies mehr, als wir im Wahlkampf versprochen haben.
Sie haben damit wenig zu tun, denn Sie haben das nicht durch die Finanzpolitik erarbeitet, sondern nur über Versprechungen, die Sie nie hätten einhalten können.
Meine Damen und Herren, die den deutschen Arbeitgebern sicherlich nicht nahestehende OECD schreibt in ihrem Deutschland-Bericht ganz eindeutig, die Besteuerung des Vermögens stellt eine hemmende Doppelbesteuerung dar. Im gleichen Atemzug wird übrigens die Gewerbekapitalsteuer genannt. Ich bleibe dabei: Die Vermögensteuer gehört eigentlich abgeschafft.
Nach einer jetzt veröffentlichten, vom Schweizer Weltwirtschaftsforum durchgeführten Untersuchung liegt Deutschland zwar noch an sechster Stelle der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit, aber wir haben uns nicht mehr verbessert. Die USA und die Länder
Südostasiens liegen vor uns. Darum besteht dringender Handlungsbedarf. Darum sollten Sie, Herr Poß, nicht mehr hinter das, was jedenfalls Kollegen von Ihnen schon andeuten, zurückfallen.
Meine Damen und Herren, wir betreiben eine Politik der Wachstumsvorsorge. Wir stärken den Mittelstand und die gewerbliche Wirtschaft. Wir handeln für die Sicherheit und für neue Arbeitsplätze. Natürlich hat die Leitlinie der Bundesregierung „niedrige Steuersätze bei breiterer Bemessungsgrundlage" nach wie vor Gültigkeit. Uns trifft der Vorwurf, wir hätten uns gegen Subventionsabbau im Steuerbereich gewandt, nicht. Seit 1990 sind 41,5 Milliarden DM an Steuersubventionen abgebaut worden, um damit eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage zu schaffen und anderes im Steuerbereich finanzieren zu können.
Es wundert mich schon, Frau Kollegin MatthäusMaier, daß Sie bei Ihrem Sachverstand wieder mit dem Dauerbrenner „Kappung des Ehegattensplittings" kommen. Sie wissen ganz genau: Das Ehegattensplitting ist keine beliebig veränderbare Steuervergünstigung, sondern eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare orientierte sachgerechte Besteuerung.
Wenn Sie die beiden Beschlüsse zur Vermögensteuer und zur Erbschaftsteuer lesen und genau nachlesen, was dort zu dem Thema „Ehe und Familie" und dessen Berücksichtigung im Steuerrecht gesagt wird, dann müssen Sie zu dem Ergebnis kommen, daß der von Ihnen im Vermittlungsausschuß und zuvor nur halbherzig gemachte Vorschlag, den auch Teile der SPD - jedenfalls in den Ländern - nicht mittragen, nämlich das Ehegattensplitting zu kappen, schlichtweg verfassungswidrig wäre und keine Chance hätte, verwirklicht zu werden.
Zum Thema Ökosteuern und Lohnnebenkosten. Wir wollen die Gewährleistung des Lenkungseffektes. Es ist für uns entscheidend, etwas Effizientes für die Umwelt zu tun. Wir wissen ganz genau - Kollege Repnik und Kollege Schäuble haben das gesagt -: Damit darf keine Gefährdung des Standorts Deutschland verbunden sein. Niemand würde es begreifen, wenn wenige Kilometer jenseits der bayerischen oder der baden-württembergischen Grenze in anderen Ländern Arbeitsplätze entstünden, weil Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig wäre.
Zu unseren Prinzipien gehört: keine Steigerung der Steuer- und Staatsquote. Auch muß die Finanzierungsfunktion des Steuersystems erhalten bleiben. Sozial gerechte Auswirkungen müssen bedacht werden. Darum werden wir vernünftig und pragmatisch an eine zielgerichtete Fortentwicklung dieser Dinge herangehen.
Man muß sich über eines im klaren sein: Wenn man nämlich mit Ökosteuern Soziallasten, Sozialversicherungssysteme oder was auch immer bezahlen
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
will, dann muß man dann, wenn die Ökosteuern zurückgehen, entweder immer stärker an der Steuerschraube drehen oder die Sozialleistungen kürzen. Das wäre die ganz logische Konsequenz.
Ich bitte Sie, darüber noch einmal sehr entschieden nachzudenken.
Meine Damen und Herren, übrigens trägt der Bund auch bei dem Thema „versicherungsfremde Leistungen" ganz erheblich zur Finanzierung der Sozialversicherung bei. Die Bundesausgaben stiegen hier von 49 Milliarden DM in 1989 auf 93 Milliarden DM in 1995. Der Bundeszuschuß zur Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten beträgt 20 % der gesamten Rentenausgaben. Wer die Lohnnebenkosten senken will, muß auch in Zukunft bei den Leistungen, den Kosten und der Effizienz der Sozialversicherungen ansetzen.
Anfang Oktober beginnt in Washington die Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Auch die Finanzpolitik wird wieder im Mittelpunkt stehen. Wir stehen vor dem globalen Problem der Kapitalknappheit. Dazu wird eine Studie der G-10-Gruppe vorgelegt und diskutiert werden. Wir müssen alles daran setzen, daß genügend Kapital für Investitionen zu akzeptablen Preisen bereitsteht. Darum ist Sparen unverzichtbar. Darum ist auch die zusätzliche Förderung des Sparens bei uns sehr wichtig. Damit kann ein Beispiel für andere gegeben werden, die Ersparnisbildung zu erhöhen.
Deutschland wird hier, ohne daß wir damit angeben, Vorbild sein. Unser Rat ist gefragt. Viele andere Industrieländer haben noch einen langen und steinigen Weg vor sich, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und das private Sparen anzuregen. Wir werden unseren Weg weitergehen: heute die Probleme angehen, die richtige Richtung einschlagen, langfristig denken und zukunftsorientierte Lösungen umsetzen. So können wir Deutschland für die Probleme des nächsten Jahrhunderts rüsten.
Ich danke Ihnen.