Rede von
Egon
Susset
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Sielaff hat bemängelt, daß Bundesminister Borchert nicht zu allem etwas gesagt hat, und ist sogar so weit gegangen, hier mitzuteilen, daß die Opposition für konkrete Agrarpolitik zuständig sei.
Noch nicht einmal versprochen haben Sie konkrete Agrarpolitik, sonst hätte ich doch irgend etwas Konkretes zur Kenntnis nehmen können. Das war einfach nicht der Fall.
Zu dem, was zum Thema ländlicher Raum gesagt wurde, ist darauf hinzuweisen, daß wir alle Gelegenheit haben, zu sehen, wie unterschiedlich dies in den Bundesländern tatsächlich angegangen wird. Wir wissen, daß die Gemeinschaftsaufgabe, zu der diese Themen gehören, den Ländern großen Spielraum lassen.
Aus Zeitgründen kann ich nicht auf alles eingehen, aber es war doch bedauerlich, Herr Kollege Sielaff, daß von Ihnen kein Satz dazu gesagt wurde, daß es - wir haben jetzt 40 Jahre das Landwirtschaftsgesetz - eine Zumutung für die Landwirtschaft ist, daß sie jetzt auf Dauer mit hohen nationalen Kosten und niedrigen europäischen Preisen wirtschaften muß. Das ist das Problem, mit dem wir uns befassen müssen. Dies ist die Normalität, und zwar in der Europäischen Gemeinschaft seit 30 Jahren und jetzt in der Europäischen Union.
Wir wissen, daß die volle Integration nicht für die gesamte Wirtschaft gilt. Kürzlich wurde im Kabinett ein zu Recht gefordertes Entsendegesetz zum Schutz gegen billige Auslandskonkurrenz - bei Schweigen mancher Teile der Wirtschaft - verabschiedet; ein Gesetz, das wir unterstützen. Aber wo ist seitens der Opposition einmal ein Wort in Richtung Landwirtschaft gefallen, daß sie ihrerseits bereit ist, mit uns gemeinsam dafür zu kämpfen, daß wir auch in der Landwirtschaft Bleichgelagerte Wettbewerbsbedingungen bekommen?
Ich war heute früh bei der Debatte zum Einzelplan des Wirtschaftsministers hier. Dabei wurde das Thema Kohlesubventionen angesprochen. Sowohl vom Kollegen Fischer von den Grünen als auch aus
Egon Susset
den Reihen der SPD hieß es immer wieder: Die Landwirtschaft mit ihren 12 Milliarden DM Subventionen! Warum wurde dazu nichts gesagt? Daran wird deutlich, daß man nicht nur, wie Sie es jetzt, Herr Kollege Sielaff, getan haben, Bereitschaft bekunden darf, mehr zu tun, sondern daß es erforderlich ist, dies tatsächlich auch in der Fraktion entsprechend durchzusetzen.
Wenn immer der Vergleich zwischen Landwirtschaft und Kohle gebracht wird - besonders aus Ihren Reihen -, dann möchte ich doch einmal daran erinnern: 1955 betrug der Verbraucherpreis für Steinkohle pro Doppelzentner 11,86 DM. 1995 betrug er 68,80 DM, also sechsmal mehr. Bei Getreide waren wir 1955 bei rund 40 DM und sind jetzt bei 23,30 DM, also rund 40 % weniger. Und dann stellt man sich aus Ihrer Fraktion immer hin und vergleicht die Subventionen für die Landwirtschaft mit den Subventionen für den Bergbau. Das ist einfach unredlich. Die vielen tätigen Frauen, Männer und die jungen Leute, die in den landwirtschaftlichen Betrieben arbeiten, haben es nicht nötig, ständig als Subventionsempfänger dargestellt zu werden, obwohl wir genau wissen, warum es notwendig ist, die Landwirtschaft entsprechend zu unterstützen.
Ich möchte jetzt nicht auf den neuen Subventionsbericht der Bundesregierung eingehen, aber zwei Zahlen sind vielleicht doch interessant. Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei: 8 775 DM je Erwerbstätigen, Steinkohlebergbau 30 778 DM. Das nur, um klarzumachen, das es unredlich ist, die Landwirtschaft als Subventionsempfänger darzustellen.