Rede von
Dr.
Karlheinz
Guttmacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freien Demokraten haben sich auf zwei wesentliche Vorgaben zum Haushalt festgelegt. Die erste Vorgabe: Die Konsolidierungspolitik, die auf Ausgabenbegrenzung und nicht auf Einnahmensteigerung fußt, wird uneingeschränkt fortgesetzt. Die zweite Vorgabe: Die wesentliche Stütze unseres Wohlstands, unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, unserer Wettbe-
Dr. Karlheinz Guttmacher
werbsfähigkeit, aber letztlich auch unseres Sozialstaates, sind Bildung und Ausbildung unserer Bürger, sind wissenschaftliche Höchstleistungen, sind Spitzenforschung und Spitzentechnologie. Diese Säule gilt es zu stützen.
Der vorgelegte Regierungsentwurf erfüllt diese beiden Kriterien weitestgehend. Wir begrüßen die Steigerung des Gesamtansatzes des Einzelplanes 30 um 2,3 %. Die Forschungspolitik wird geprägt von dem Erhalt des hohen Niveaus in der Grundlagenforschung sowie der Fortsetzung der unabdingbaren und ausschließlich in staatlicher Verantwortung liegenden Vorsorgeforschung.
Die Förderung von Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie in den neuen Bundesländern mit 3 Milliarden DM ist sicherlich ein ausgezeichneter Ansatz, um auch das weitere Wachstum in den neuen Bundesländern zu befördern.
Die Mittel für die allgemeine mittelstandsbezogene Innovationsförderung werden um fast ein Viertel aufgestockt. Dies unterstreicht die besondere Bedeutung der kleinen und mittelständischen Unternehmen für das Innovationsvermögen der Wirtschaft. Allein 600 Millionen DM werden darüber hinaus für den Technologietransfer zur Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen eingesetzt. Diese erkennbare Tendenz halten gerade wir Liberalen für außerordentlich wichtig, weil sie die unvermeidbare Bevorzugung der Großindustrie im Rahmen der direkten Projektförderung mindert.
Die direkte Projektförderung konzentriert sich mehr und mehr auf einige wesentliche Schlüsseltechnologien. Wir halten das für richtig. Im Bereich der optischen und optoelektronischen Datenverarbeitung, bei der Softwaretechnologie und Mikrosystemtechnik befinden wir uns noch weit entfernt vom Markt. Es ist nur recht und billig - auch ordnungspolitisch in Ordnung -, gerade auf diese Förderschwerpunkte zu setzen.
Ein zweiter wesentlicher Förderschwerpunkt ist der produktionsintegrierte Umweltschutz. In unseren Forschungsprojekten haben wir bis jetzt viel vom Umweltschutz gesprochen. Wir haben begonnen, das neue Element des produktionsintegrierten Umweltschutzes in der Breite zu finanzieren. Ich appelliere daran - das war eine alte Forderung des Kollegen Kuhlwein -, zu versuchen, den produktionsintegrierten Umweltschutz in die berufliche und allgemeinakademische Ausbildung aufzunehmen.
Die F.D.P. begrüßt die vorurteilsfreie Förderung aller Energieträger. Wissenschaft und technologische Entwicklung kennen hier kein Ende. Dies gilt sowohl für die Solarenergie als auch für die Kernenergie.
Für eine der wichtigsten Entscheidungen von Minister Rüttgers im Bereich der Forschungspolitik halten wir die gemeinsam mit seinem französischen Kollegen vorgenommene Deckelung der Beiträge zur europäischen Weltraumforschung. Die konsequente Umsetzung dieser Entscheidung im Haushalt ist auch deshalb bemerkenswert, weil gegenwärtig Belegschaften, Gewerkschaften und führende Vertreter der Luft- und Raumfahrtforschung Schulter an Schulter den Politikern auf den Pelz rücken, um tüchtig im Etat nachzufordern.
Insgesamt kann man sagen, daß die Forschungsförderung der Bundesregierung die in diesem Bereich wichtige Kontinuität in Volumen und Zielsetzung garantiert.
Meine Damen und Herren, auch in der Bildungspolitik hat sich in der letzten Zeit einiges getan. Aber die Probleme in diesem Bereich sind denen, die hier beteiligt sind, wohlbekannt. Im Hochschulbau haben wir nach wie vor große Probleme. Auch in dieser Debatte möchte ich um Prüfung bitten, ob wir nicht doch bereits ab 1996 für den Hochschulbau 2 Milliarden DM auflegen können.
Ebenso halte ich es für gut und richtig, Überlegungen anzustellen, ob aus dem Hochschulbaufinanzierungsprogramm einige Brocken, die diesen Fonds besonders belasten, herausgenommen werden. Ich denke z. B. an den Klinikbauanteil, aber auch Großgeräte. Wem wollen wir denn klarmachen, daß ein Kernresonanzspektrometer nicht privat betrieben werden kann?
Gut ist es, daß die Hochschulsonder- und Erneuerungsprogramme weitergeführt werden wie das Hochschulsonderprogramm II mit 283 Millionen DM in 1996. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Stärkung der Fachhochschulen sowie die Förderung von Frauen in Wissenschaft und Forschung muß in den Vordergrund gestellt werden. Dies tun diese Programme. Dies halten wir für völlig richtig. Die bewährten Graduiertenkollegs sind auszubauen, und die Internationalität des Hochschulstandortes Deutschland muß verbessert werden.
Den Weg in die Informations- und Kommunikationsgesellschaft müssen auch die Hochschulen gehen können. Neben der Anschubfinanzierung für das deutsche Forschungsnetz erachte ich die Umwandlung der Fernuniversität Hagen in eine deutsche Fernhochschule für die Nutzung multimedialer Techniken für extrem wichtig.
Unserem Ziel, einer Verbesserung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung nachzukommen, dient sicherlich die Einführung eines Meister-BAföGs, der beruflichen Aufstiegsfortbildung.
Wir haben uns - das wurde auch angesprochen - um eine neue Strukturierung, um ein neues BAföG-Modell zu bemühen. Hier wurden die Schwächen der vorliegenden Modelle der SPD und der Grünen -
Dr. Karlheinz Guttmacher
wenn sie auch noch nicht vollständig vorliegen, wie ich gehört habe - angesprochen. Aber wichtig ist doch - und dies, Herr Minister, muß ich Ihnen denn wohl sagen -: Es ist Bewegung in die Diskussion gekommen, und zwar hinsichtlich aller Möglichkeiten. Es ist auch kein Tabu, über BAföG-Finanzierungen zu sprechen.
Allerdings - dies sage ich für meine Fraktion -, 8,5 % Zinshöhe bei einem studentischen BAföG, wie es in der Presse zu lesen war, gehen mit uns nicht, sondern wir fordern, die Darlehen zum Einkaufspreis an die Studenten weiterzugeben. Das bedeutet gegenwärtig einen Zinssatz von 4 %. Ebenso bitten wir Sie, daß Sie vielleicht doch noch mit der Deutschen Ausgleichsbank verhandeln, die Verwaltungskosten von 1,3 %, wie sie angegeben werden, nach Möglichkeit noch herunterzusetzen.
Wir erwarten ein Anwachsen der Gefördertenquote von 24 % auf 30 %. Dies, so Minister Rüttgers, wird durch eine nochmalige Freibetragsanhebung von 6 % im Herbst 1996 erreicht. Diese durch die BAföG-Reform frei werdenden Mittel - darauf möchten wir auch achten - sollen unmittelbar in den Hochschul- und Bildungsbereich fließen.
Die geplante Anhebung der Freibeträge und Bedarfssätze, die vorgesehen und auch aus diesen Mitteln zu finanzieren sind, um 6 % im Herbst 1996 begrüßen wir sehr. Ebenso glauben wir auch, daß die Nachlaßmittel für die besten 30 % eines Jahrganges weiter bestehen sollen. Wir sind der Meinung, daß man vielleicht diesen Anteil auch erhöhen könnte. Ebenso sollte auch die Studienabschlußförderung beibehalten werden.
Diese BAföG-Reform bietet uns Möglichkeiten, Chancen, drängende Probleme in der Bildungsfinanzierung jetzt zu lösen. Für meine Fraktion sage ich auch hier: Dieses Modell ist ein Modell der Gegenwart, nicht aber ein Modell der Zukunft. Nach Auffassung der F.D.P. muß ein BAföG-Modell für die Zukunft auch der Tatsache Rechnung tragen, daß wir es bei den Studierenden nicht mehr mit Kindern, sondern mit mündigen, wahlberechtigten jungen Erwachsenen zu tun haben, denen Verantwortung auch für den eigenen Haushalt übertragen werden sollte.
Vor diesem Hintergrund bittet die F.D.P. die Bundesregierung, im Rahmen ihrer Expertenkommission zum Bürgergeld prüfen zu lassen, welche ausbildungsrelevanten Leistungen, die gegenwärtig den Eltern gewährt werden, zu einem Bildungsbürgergeld gebündelt werden könnten, das den Auszubildenden direkt ausgezahlt werden kann.
Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß es hier einige rechtliche Änderungen im Unterhaltsrecht wie auch im Jahressteuergesetz geben muß. Aber einen derartigen Finanzierungsansatz in diesem Lande wird die Jugend der Politik im ganzen danken.