Herr Kollege Kiper, da Sie diese Diskussion einfordern, möchte ich eine Frage zur Klärung der weiteren Debatte anschließen. Wollen Sie der Gentechnik in Deutschland eine wirtschaftliche Chance geben, oder ist die Ausgangsposition Ihres Debattenbeitrages weiterhin Ihr Bundesparteitagsbeschluß über den Ausstieg aus der Gentechnik?
Dr. Manuel Kiper [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Catenhusen, Sie kennen sich in der Gentechnik auch ein wenig aus.
Ihnen wird nicht entgangen sein, daß das, was hier als Zukunftschance Gentechnik und als Zukunftstechnologie Gentechnik beschworen wird, in den USA, dem Hochland der Gentechnik und dem Vorbild für Herrn Minister Rüttgers, ganz große Einbrüche erleidet. Sie kennen doch auch die Zahlen.
Sie wissen doch wie ich, daß in den letzten 16 Jahren in der grünen Gentechnik - das hat nichts mit unserer Fraktion zu tun, sondern das ist, wie Sie wissen, die landwirtschaftliche Gentechnik - 3,2 Milliarden Dollar rote Zahlen geschrieben worden sind, allein finanziert durch Risikokapital. Sie wissen, um auf die rote Gentechnik zu sprechen zu kommen - das hat mit Ihnen nichts zu tun, sondern bezieht sich auf die Pharmaprodukte -, daß allein im letzten Jahr 1,5 Milliarden Dollar Miese erwirtschaftet worden sind. Das können Sie doch nicht als Zukunftstechnologie bezeichnen. Das kann kein Vorbild sein. Von daher sagen wir Grüne: Herr Minister Rüttgers und Sie, Herr Catenhusen, setzen Sie nicht auf das falsche Pferd, sondern diskutieren Sie die Gentechnik rational. Rational heißt natürlich, daß man sich auch über die wirtschaftlichen Chancen einer Technologie klar wird.
Herr Catenhusen, ich möchte hier gar nicht verschweigen, daß wir als Fraktion in der Lage sind, nicht nur die wirtschaftlichen Gesichtspunkte zu diskutieren, sondern auch die vielfältigen ethischen Be-
Dr. Manuel Kiper
denken, die wir gegen die Gentechnik und ihre Anwendung haben, auf den Menschen zur Sprache zu bringen, zu thematisieren und insgesamt dazu zu benutzen, um eine abwehrende und ablehnende Haltung gegen das an den Tag zu bringen und in das Parlament einzubringen, was die Geningenieure heute betreiben, nämlich letztlich auch den Angriff auf die menschliche Fortpflanzung. Die schrecken doch vor nichts mehr zurück, auch nicht vor dem Eingriff in den Menschen und eine Höherzüchtung des Menschen. Das sind doch die Themen, die diskutiert werden müssen.
Nun, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die CDU - um noch einen Satz zur Gentechnik zu sagen - nimmt für sich in Anspruch, eine christliche Partei zu sein. Sie hat gerade jetzt wieder bewiesen, daß sie in der Kruzifix-Debatte mit den Zeichen des Christentums formal Politik machen möchte. Aber ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU: Haben Sie nicht auch ethische Bedenken gegen die Patentierung von Pflanze und Tier, gegen die Patentierung selbst der menschlichen Gene? Sehen Sie denn nicht die Notwendigkeit, der Gentechnik und dem Machbarkeitswahn der Geningenieure Grenzen zu setzen, die ja offensichtlich vor keinem Tabu mehr zurückschrecken? Ich glaube, Sie sollten sich hier auch tatsächlich einmal auf Ihre christlichen Wurzeln besinnen. Ich hoffe natürlich, daß Sie sich auch ein wenig von den wirtschaftlichen Zahlen beeindrucken lassen.
Die Gentechnik ist nicht die einzige Technologie in diesem Haushalt, die wir für eine Sackgassentechnologie halten. Herr Minister Rüttgers, wir haben nichts gegen die IuK-Technologien. Sie stellen über 1 Milliarde DM in diesem Haushalt für die Informations- und Kommunikationstechnologien zur Verfügung. Wir begrüßen das. Wir haben ebenfalls gefordert, daß das deutsche Forschungsnetz endlich verkabelt wird und leistungsfähige Netze für die Forschung aufgebaut werden. Wir hinken in dieser Beziehung weit hinter den USA hinterher. Es ist erfreulich, daß Sie jetzt immerhin 155-Megabit-Netze aufbauen. Das alleine reicht nicht. Auch hier muß - das wäre Ihre Aufgabe als Minister - eine grüne Informationstechnologie in dem Sinne geschaffen werden, daß diese Technologie und die Informationsgesellschaft unter ökologischen Gesichtspunkten durchgestylt werden. Ich erinnere hier an das Projekt „Care Vision 2000" und bedaure, daß in diesem Haushalt, den Sie vorlegen, kein eigenes Programm zur „ Vergrünung" der IuK-Technologien aufgelegt wird, sondern daß diese Programme in unserem Lande und europaweit dahindümpeln.
Ich bedaure ebenfalls, daß Sie es in keiner Weise fertiggebracht haben, im Verkehrsbereich neue Akzente zu setzen und für die Aufgaben im Verkehrsbereich, nämlich einen neuen Fahrzeugtyp zu entwickeln, ein Programm aufzulegen. Das Programm „Auto 2000" ist schon fast vergessen. Es ist längst beendet, und es kommen keine neuen Initiativen von Ihnen. Das heißt, die Ökologisierung der Forschungslandschaft wird von Ihnen, obwohl Sie meinen, Zukunftsminister zu sein, nicht betrieben. Sie machen die Hausaufgaben nicht, die die Bundesrepublik in Rio übernommen hat, nämlich die Voraussetzungen für ein zukunftsfähiges Deutschland zu schaffen.
Wir könnten das fortsetzen.
Ich komme zur Friedensforschung. Wir haben dieser Tage über Bosnien und über die Bereitstellung von Mitteln diskutiert. Man muß hier ja bedauerlicherweise konstatieren, daß im Rüstungshaushalt, im Einzelplan 14, die Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Erprobung eine 12,3%ige Steigerung aufweisen. Das ist weit jenseits der Steigerungsraten, Herr Rüttgers, die Sie im Kabinett für den zivilen Forschungshaushalt durchsetzen konnten. Wir müssen uns fragen: Warum dieses Ungleichgewicht? Warum wird nur von Frieden geredet? Es wird ja in diesem Land nur die Kriegsforschung finanziert, aber die Friedensforschung in Ihrem Haushalt, im Einzelplan 30, wird nahezu gegen Null gefahren.
Ich komme zum Schluß. Herr Minister, ich begrüße, daß Sie sich nicht zum Hausmeister der Großindustrie machen lassen und das Ansinnen von Mercedes-Benz, Daimler-Benz und dem ZVEI zurückweisen, daß aus den öffentlichen Mitteln des Forschungshaushalts verstärkt, also noch mehr als bisher, die Forschung der Großunternehmen subventioniert werden soll.