Rede von
Dr.
Peter
Struck
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein ungewöhnliches Verfahren, daß wir plötzlich im Rahmen einer Haushaltsdebatte einen Tagesordnungspunkt, der nicht unmittelbar etwas mit dem Haushalt zu tun hat, debattieren wollen.
Aber ich glaube, es gibt keinen ungewöhnlicheren
Vorgang als den, über den wir diskutieren wollen,
nämlich den Atomtest Frankreichs, den wir hier mit aller Schärfe verurteilen wollen.
Ich glaube, Sie sollten über Ihren Schatten von Formalitäten springen.
Es ist sehr bedauerlich, daß sich die Koalition offenbar nicht in der Lage sieht, einen gemeinsamen Beschluß des Deutschen Bundestages herbeizuführen. Ich entnehme das den Reden des Bundeskanzlers ebenso wie der Rede des Kollegen Schäuble. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es reicht nicht festzustellen, das sei ein falsches politisches Signal, sondern ich finde - wenn ich auch die Außenpolitiker der Koalition ansprechen darf -, daß die Bevölkerungen Australiens, Neuseelands und anderer Länder einen Anspruch darauf haben, daß das Parlament insgesamt eine Entscheidung trifft und es nicht nur eine Äußerung des Bundeskanzlers dazu gibt. Wer sind wir denn, daß wir nicht selbst dazu eine Meinung äußern sollten!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen, daß der Bundestag heute über einen Antrag debattiert, den wir mit „Keine Atomwaffentests durch China und Frankreich" überschrieben haben. Wir wollen, daß wir ein deutliches Signal setzen, daß der erste Test Frankreichs auch der letzte gewesen sein soll.
Wir appellieren ebenso an die Volksrepublik China, von weiteren Tests abzusehen - genauso, wie wir an Frankreich appellieren.
Es gibt das vordergründige Argument - Kollege Schäuble hat es gestern vorgetragen -, man dürfe die deutsch-französische Freundschaft nicht gefährden. In der Tat wollen wir die deutsch-französische Freundschaft nicht gefährden. Ich denke, zu einem guten freundschaftlichen Verhältnis gehört auch, daß man sich untereinander die Wahrheit sagt und nicht nur in Hinterzimmern darüber redet, was man vielleicht anders machen sollte.
Ich habe Stellungnahmen von Greenpeace vorliegen. Ich habe eine Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte vorliegen, die die von uns unterstützte Beschwerde von Mitgliedern der polynesischen Protestbewegung Hititau als vordringlich weiterbehandeln will. Ich denke, es wäre eine gute Entscheidung des Deutschen Bundestages
Dr. Peter Struck
und würde unser Ansehen in der Welt vermehren, wenn wir uns zu einer gemeinsamen Entschließung durchringen könnten und nicht so kleinkariert davor zurückschreckten.
Ich bin sehr enttäuscht von dem Verhalten der F.D.P., die zunächst signalisiert hatte, sie sei zu einer gemeinsamen Beschlußfassung bereit, aber offenbar vor der großen Koalitionsfraktion dann doch nicht den Mut gehabt hat.
Wir reden untereinander viel über Kolleginnen und Kollegen. Gelegentlich wird über jemanden schlecht geredet, auch öffentlich. Darunter hat jeder zu leiden. Ich möchte etwas zu meinen Kollegen Heidi Wieczorek-Zeul und Reinhard Schultz sagen.
- Der einzige hämische Zwischenruf kam offenbar vom Staatsminister im Auswärtigen Amt. Das hätten Sie sich sparen können, Herr Kollege Schäfer.
Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung meiner beiden Fraktionsmitglieder, auf eigene Kosten im Zusammenwirken mit Parlamentariern aus anderen Nationen vor Ort die Solidarität mit den betroffenen Menschen zu bezeugen. Ich bedauere sehr die Umstände, unter denen diese Aktion gelitten hat, will aber an dieser Stelle deutlich versichern, daß die Entscheidung, vor Ort zu protestieren, eine richtige Entscheidung war. Ich wünsche allen auch von hier aus eine gute Rückkehr.