Rede von
Gerda
Hasselfeldt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich habe nie bestritten, Herr Kollege Büttner, daß schon das bisherige Arbeitszeitrecht durchaus Flexibilität eröffnet hat. Aber genauso unbestritten ist, daß das neue Gesetz, das erst vor kurzem von uns beschlossen wurde, zusätzliche neue Möglichkeiten eröffnet hat,
und gerade diese haben Sie abgelehnt.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als Sie uns beispielsweise die Sonntagsarbeit um die Ohren gehauen haben. Nun lobt der SPD-Minister in Nordrhein-Westfalen gerade dieses als eine gute Entwicklung.
Notwendig ist in gleicher Weise eine Senkung der Lohnnebenkosten; Minister Seehofer ist dabei im Bereich der Reform des Gesundheitswesens, wir sind dabei im Bereich der Reform des Arbeitsförderungsrechts.
Frau Kollegin Buntenbach, lassen Sie mich auf Grund Ihrer Rede noch folgendes erwähnen: Es macht, wenn wir über neue Arbeitsplätze beispielsweise im Haushalt reden, keinen Sinn, daß wir diese Debatte mit einer Neiddiskussion begleiten. Vielmehr sollten wir dies unter dem Aspekt der Schaffung zusätzlicher Arbeitsmöglichkeiten insbesondere für Frauen sehen.
Herr Kollege Schreiner hat moniert, daß wir nicht an einem Umbau des Sozialstaats arbeiten. Ich will nur ein Beispiel nennen, Herr Kollege Schreiner: Ein typisches Beispiel für den begonnenen Umbau des Sozialstaats ist die Pflegeversicherung. Es war eine historische Tat, eine historische Leistung, die große Herausforderung einer Absicherung der Pflege zu bestehen und dazu auch auf einen Feiertag zu verzichten. Wir haben weiß Gott hart darum gerungen. Es hätte auch andere Lösungen geben können. Aber gut, man muß das nehmen, was realisierbar ist. Das war und ist ein Beispiel für diesen Umbau. Wir sind dabei noch nicht am Ende.
Es gibt noch eine Reihe anderer Vorschläge, die ich hier auf Grund der begrenzten Redezeit nicht extra aufführen will. Ich will nur deutlich machen: Ich bin dafür, daß alle Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ohne jedes Tabu sachlich diskutiert, erörtert und geprüft werden.
Im übrigen aber bin ich der Meinung, daß das, was möglich und schon gesetzlich beschlossen ist, auch praktiziert werden sollte. So ist es beispielsweise schon heute möglich, sich ab dem ersten Tag der Erkrankung vom Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen zu lassen und zur weiteren Überprüfung den medizinischen Dienst einzuschalten. Ich bin dezidiert dafür, daß zunächst einmal das, was möglich ist, praktiziert wird. Erst danach sollten und können wir uns über andere Möglichkeiten unterhalten.
Ich will noch eines anfügen, was mir etwas Sorge bereitet: Wenn Sie heute durch Großbetriebe gehen, finden Sie kaum noch Beschäftigte im Alter von 58 Jahren und älter. Dies, meine Damen und Herren, ist nicht im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer. Es kann auch nicht im Interesse der Unternehmen sein, sich in einem solch großen Ausmaß von erfahrenen Mitarbeitern zu trennen. Schon gar nicht ist dies im Interesse der Beitragszahler, die dafür viel Geld aufbringen müssen. Mir wäre ein mehr gleitender Übergang, beispielsweise verbunden mit Teilzeit, wesentlich lieber.
Meine Damen und Herren, Arbeitsmarktpolitik kann nie von der wirtschaftlichen Situation losgelöst werden. Trotz Wiedervereinigung, trotz schwieriger weltwirtschaftlicher Bedingungen haben wir eine niedrigere Inflationsrate, haben wir so niedrige Zinsen wie schon seit Jahren nicht mehr. Dies sind günstige Ausgangspositionen auch für den Arbeitsmarkt. Weil dies so ist, können wir im Haushalt 1996 auf einen Bundeszuschuß für die Bundesanstalt für Arbeit verzichten.
Trotzdem fahren wir auf dem hohen Niveau der Arbeitsmarktpolitik fort. Im Bereich Fortbildung und Umschulung erwarten wir die gleiche Teilnehmerzahl wie in diesem Jahr. Im Bereich Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wird noch einmal etwas zugelegt.
Hier ist ganz besonders wichtig, daß künftig auch die Bezieher der Arbeitslosenhilfe in diese Maßnahmen stärker einbezogen werden; denn gerade für diese sind sie ja gedacht.
Sie sollten künftig entsprechend ihrem Anteil an der Zahl der Arbeitslosen an den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beteiligt werden.
Gerda Hasselfeldt
Es ist richtig, wenn künftig die Arbeitslosenhilfe, die ja schließlich unbefristet gezahlt wird, nicht mehr nach dem letzten Nettolohn, sondern nach dem aktuell zu erzielenden Lohn berechnet wird. Es ist niemandem zu vermitteln, daß wir derzeit trotz hoher Arbeitslosigkeit im Inland Hunderttausende von Arbeitserlaubnissen an ausländische Arbeitnehmer erteilen. Wir sind auch im Interesse der Beitragszahler gehalten, mit diesen Mitteln sparsam, effizient und gerecht umzugehen. Deshalb ist die Reform, die Bundesminister Blüm im Bereich der Arbeitslosenhilfe plant, der richtige Ansatz.
Meine Damen und Herren, eine riesige Aufgabe steht vor uns: die Reform des Arbeitsförderungsrechts. Wir haben damit die große Chance, dieses Gesetz übersichtlicher, transparenter und verständlicher zu gestalten. Wir haben damit auch die große Chance, mehr für die Arbeitslosen zu tun.
Ich lade Sie ein: Beteiligen Sie sich an diesem konstruktiven Projekt! Beteiligen Sie sich aber nicht, wie Sie das in Ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen haben, mit der Festschreibung von Quoten, mit starrem Dirigismus, sondern im Sinne von mehr Transparenz, mehr Flexibilität, mehr Dezentralisierung und damit mehr Treffsicherheit in der Arbeitsmarktpolitik! Dann sind Sie mit uns gemeinsam auf dem richtigen Weg.