Rede von
Gerda
Hasselfeldt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach diesem lautstark vorgetragenen Horrorszenario scheint es mir doch angebracht, darauf hinzuweisen, daß unsere sozialen Sicherungssysteme, flankiert von den staatlichen Sozialleistungen, zu den vorbildlichsten auf der ganzen Welt gehören.
Sie sind nicht nur leistungsstark und sozial gerecht, sondern auch anpassungsfähig. Diese Leistungs- und Anpassungsfähigkeit wird nicht zuletzt deutlich, wenn wir uns gerade die soziale Situation in den neuen Ländern vor Augen halten.
Meine Damen und Herren, die Krankenversorgung, die Versorgung der älteren Menschen, die Versorgung der Behinderten in den neuen Ländern sind in den letzten fünf Jahren nicht nur ein bißchen besser geworden, sondern sie haben sich gewaltig geändert.
Auch und gerade dies war eine Leistung dieses Sozialstaates, eine Leistung der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, eine Leistung der Politik in diesem Land.
Das wird gerade bei den Renten deutlich. Wir hatten am 30. Juni 1990 ein Niveau der Ostrenten von 29 bis 37 % im Vergleich zum Westniveau, und wir hatten am 1. Juli 1995 ein Niveau von 79 % im Vergleich zum Westniveau. Bei den durchschnittlichen Zahlbeträgen sind wir mittlerweile sogar schon bei 99 %.
Wenn dies keine Verbesserung ist, wenn dies keine große soziale Leistung ist, dann weiß ich nicht, was wir sonst noch beurteilen sollen.
Nun weiß ich sehr wohl, daß die Zahl der Arbeitslosen noch viel zu hoch ist. Deshalb ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit letztlich die zentrale wirtschafts-, sozial- und innenpolitische Aufgabe.
Es ist ganz legitim, daß wir in diesem Haus über die richtigen Wege und Mittel kontrovers diskutieren und streiten. Aber über eines, meine Damen und Herren, brauchen wir uns nicht zu streiten, nämlich über die Tatsache, daß die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nur bei einer gewaltigen Anstrengung aller Beteiligten erfolgreich sein kann. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Politik.
Die Entscheidung, ob Arbeitnehmer eingestellt oder entlassen werden, ob neue Betriebe mit neuen Arbeitsplätzen entstehen, hängt ganz wesentlich davon ab, ob sich dies für den Betrieb rechnet. Die Arbeitskosten sind zu einem ganz wesentlichen Faktor geworden.
Es ist ja nicht so, als sei keine Arbeit vorhanden. Unser Problem ist vielmehr, daß die Arbeit in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern zu teuer ist. Deshalb muß der Staat das Seine tun und müssen auch die Tarifpartner das Ihre tun. Sie sind nicht nur für diejenigen verantwortlich, die Arbeit haben, sondern genauso für diejenigen, die von Arbeitslosigkeit bedroht oder gar betroffen sind.
Meines Erachtens ist der Weg über eine pauschale Arbeitszeitverkürzung nicht der richtige. Es muß angesetzt werden bei maßvollen Lohnkosten, bei der Durchforstung der Lohnnebenkosten, vor allem auch bei mehr Flexibilität in der Lohngestaltung und natürlich auch bei mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung.
Ich habe heute morgen mit Interesse gehört, daß in der Wirtschaftsdebatte ein SPD-Kollege sagte: Auch wir sind für Flexibilität in der Arbeitszeit. Meine Damen und Herren, warum haben Sie denn dann gegen das Arbeitszeitgesetz gestimmt?
Gerda Hasselfeldt
Es ist schon interessant, daß der SPD-Sozialminister von Nordrhein-Westfalen jetzt durch die Lande zieht und dieses Gesetz, gegen das die Bundestagsfraktion der SPD gestimmt hat, nun feiert und sagt, durch dieses Gesetz seien eine ganze Reihe von zusätzlichen Arbeitsplätzen entstanden.