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    Plenarprotokoll 13/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. September 1995 Inhalt: Zur Geschäftsordnung Dr. Peter Struck SPD 4394B, 4399A Joachim Hörster CDU/CSU 4395 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4396 C Jörg van Essen F.D.P. 4397 C Eva Bulling-Schröter PDS 4397 D Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 4345 B Ernst Schwanhold SPD . . . . 4346D, 4360 B Anke Fuchs (Köln) SPD 4349 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 4352A Birgit Homburger F D P. 4352 C Ernst Hinsken CDU/CSU 4352B, 4370D, 4377 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 4354 C Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4357 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 4359A Rolf Kutzmutz PDS 4361 A Stefan Heym PDS 4362 C Otto Schily SPD 4363 A Rainer Haungs CDU/CSU 4363 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 4364B, 4369A Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . 4365B, 4393 A Uwe Hiksch SPD 4365 D Dr. Uwe Jens SPD 4367 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . 4368B Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . 4369 D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 4371 D Rudolf Dreßler SPD 4375 B Dr. Gisela Babel F.D.P 4378 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4379 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 4380 C Rudolf Dreßler SPD 4382A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4384 A Dr. Gisela Babel F.D.P 4386B Manfred Müller (Berlin) PDS 4388B Ulrich Heinrich F D P. 4388 D Ottmar Schreiner SPD 4390 A Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 4390 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU 43928 Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 4399B Doris Odendahl SPD 4401 D Günter Rixe SPD 4401 D Dr. Peter Glotz SPD 4403 C Steffen Kampeter CDU/CSU 4406 C Dr. Peter Glotz SPD 4407 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . 4408B, 4467A Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4409D Steffen Kampeter CDU/CSU 4410A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4410B Wolf-Michael Catenhusen SPD . • . 4411C Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . 4412D Maritta Böttcher PDS 4414C, 4432 B Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 4416A Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4416B Edelgard Bulmahn SPD 4418B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU . . . 4420 D Gertrud Dempwolf, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ 4422 A Edelgard Bulmahn SPD 4422 B Hanna Wolf (München) SPD 4424 C Johannes Singhammer CDU/CSU . 4426 B Peter Jacoby CDU/CSU 4427 A Wolfgang Dehnel CDU/CSU 4428 C Ingrid Holzhüter SPD 4428D, 4431 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4429 B Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 4430 D Walter Link (Diepholz) CDU/CSU . . . 4433 A Hanna Wolf (München) SPD 4433 B Klaus Hagemann SPD 4434 B Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 4436 C Klaus Kirschner SPD 4439 A Angelika Pfeiffer CDU/CSU 4441 C Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4443 C Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 4445.A Horst Seehofer CDU/CSU 4445 C Klaus Kirschner SPD 4445C, 4448D Peter DreBen SPD 4446 A Dr. Ruth Fuchs PDS 4447 B Ulf Fink CDU/CSU 4448 B Gudrun Schaich-Walch SPD 4450p Jochen Borchert, Bundesminister BML 4452 A Dr. Peter Struck SPD 4453B, 4463 D Horst Sielaff SPD 4454 C Norbert Schindler CDU/CSU 4456 A Egon Susset CDU/CSU 4457 C Horst Sielaff SPD 4458 B Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 4458C, 4463 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4458D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4460A Jürgen Koppelin F.D.P 4461 C Jochen Borchert CDU/CSU . . 4463A, 4464 A Dr. Günther Maleuda PDS 4464 C Max Straubinger CDU/CSU 4465 C Ilse Janz SPD 4466 C Nächste Sitzung 4468 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4469* A 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. September 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 7.9.95 Behrendt, Wolfgang SPD 7.9.95 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 7.9.95 Frick, Gisela F.D.P. 7.9.95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 7.9.95 90/DIE GRÜNEN Heym, Stefan PDS 7.9.95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 7.9.95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 7.9.95 Jelena Horn, Erwin SPD 7.9.95 Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 7.9.95 Dr. Klaußner, Bernd CDU/CSU 7.9.95 Dr. Knake-Werner, PDS 7.9.95 Heidi Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 7.9.95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Leidinger, Robert SPD 7.9.95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 7.9.95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 7.9.95 90/DIE GRÜNEN Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lotz, Erika SPD 7.9.95 Lüth, Heidemarie PDS 7.9.95 Neuhäuser, Rosel PDS 7.9.95 Neumann (Berlin), Kurt SPD 7.9.95 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 7.9.95 Schätzle, Ortrun CDU/CSU 7.9.95 Schenk, Christa PDS 7.9.95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 7.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 7.9.95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 7.9.95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 7.9.95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 7.9.95 Simm, Erika SPD 7.9.95 Stübgen, Michael CDU/CSU 7.9.95 Thieser, Dietmar SPD 7.9.95 Tröscher, Adelheid SPD 7.9.95 Wieczorek-Zeul, SPD 7.9.95 Heidemarie • für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rainer Haungs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Diese Frage ist ein bißchen kompliziert und verwunderlich.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Ja!)

    Fangen wir einmal bei dem letzten an. Vorhin wurde doch gerade gesagt, wir versuchten - auch ich tue das -, in der Lohnpolitik die Tarifpartner darüber entscheiden zu lassen, welche Daten sie in bezug auf Beschäftigungschancen setzen. Dies gilt in der Bundesrepublik Deutschland genau so wie für die Tarifpartner in anderen Ländern.
    Die andere Frage war natürlich sehr polemisch gestellt. Deshalb kann ich sie nur verneinen. Ich würde den Sozialdemokraten sehr viel eher empfehlen, sich um die Bedingungen in den anderen Ländern etwas intensiver zu kümmern. Ich kann Ihnen nur raten, möglichst viele Reisen in unsere Konkurrenzländer zu machen und dort zu schauen, unter welchen Bedingungen und zu welchen Bedingungen Produkte erstellt werden, die mit unseren im Wettbewerb stehen. Da würde ich auch jegliche Kritik des Bundes der Steuerzahler ertragen. Wenn es Ihnen gelänge, hier nicht nur irgendwelche soziologischen Studien zu treiben, sondern hier die ökonomischen Verhältnisse zu studieren und die richtige Konsequenz für die Arbeitswelt in Deutschland zu ziehen, dann würde ich Ihnen dies sehr empfehlen. Die Beschäftigung mit der Konkurrenz ist schon immer die Grundlage des Erfolges. Was für eine Firma gilt, gilt insgesamt auch für eine Volkswirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU Detlev von Larcher [SPD]: Welche Konsequenz? Zuruf des Abg. Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.])

    Ich darf jetzt in meinen Ausführungen fortfahren, sage aber noch einmal ausdrücklich, daß ich für jede Zwischenfrage dankbar war. Die Senkung der Lohnzusatzkosten - jetzt sind wir wieder bei diesem etwas trockenen Thema, von dem man ab und zu Ausflüge in die Weltpolitik machen kann - wird von der Wirtschaft als eine viel wichtigere Frage angesehen als von Ihnen. Das erinnert mich an ein Zitat des früheren Hamburger Bürgermeisters von Dohnanyi, der gesagt hat: Die SPD liebt die Soziologen, achtet die
    Volkswirte - das spricht für den Kollegen Jens -, haßt aber die Betriebswirte. Das ist wahrscheinlich eines ihrer Grundprobleme, daß Sie es nach wie vor nicht verstehen, hier die Konkurrenzverhältnisse und die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse in den deutschen Unternehmen so zu beurteilen, daß Sie die Konsequenzen aus den Reden ziehen und an den Änderungen der Rahmenbedingungen so mitarbeiten, daß bei uns wieder mehr Arbeitsverhältnisse entstehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sich den Realitäten zu stellen bedeutet Unabhängigkeit von Parteitagsbeschlüssen, die Modernisierung der Arbeitsorganisation, die Reform des Sozialstaates und eine konkurrenzfähige Unternehmensbesteuerung. Es ist erfreulich, zu sehen, daß sich die SPD uns in einigen Punkten angenähert hat. Aber ich sage Ihnen noch einmal: So viel Zeit wie sich die SPD beispielsweise beim Abbau der Gewerbesteuer oder beim Energiekonsens, zu dem ich noch zwei Sätze sage, nimmt, hat die deutsche Wirtschaft nicht.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es geht nicht darum, unverbindlich über alles zu diskutieren und anschließend wieder das Haus zu verlassen. Frau Fuchs, Sie haben zur Energiepolitik und auch zu der Notwendigkeit, was man hier alles machen könnte, richtige Worte gesagt. Man hätte sehr viel machen können: die Nutzung der heimischen Energiereserven, den Umbau für regenerative Energien, die Weiterentwicklung sicherer Reaktorlinien. All dies hätte man tun können. Ich gehe davon aus, Sie hätten es getan, und einige Ihrer Kollegen hätten es auch getan. Der Kollege Hinsken war bei diesen Gesprächen dabei. Wir haben eine weitgehende Übereinstimmung in sachlichen Themen gefunden, wie die Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland in der Zukunft aussieht.
    Ich meine, eine Partei, die sich dann aus ideologischen und nicht zuletzt aus persönlichen Gründen innerhalb der SPD, gegen diesen richtigen Kompromiß, gegen diesen richtigen Konsens wehrt und hier auftritt und über Modernisierung der Wirtschaft spricht, ist nicht akzeptabel. Sitzen wir doch zusammen, und reden wir. Suchen wir doch gemeinsam eine vernünftige Lösung. Bevor wir wieder eine solche Runde ansetzen, um eine vernünftige Lösung zu suchen, wo man dann aus eigensinnigen SPD-Parteigründen nicht zum Zuge kommt, muß man überlegen, ob dies in Zukunft eine Chance haben kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Obwohl die Wirtschaftsbosse hier sehr vernünftig waren!)

    Ich mache abschließend ein paar Bemerkungen zu ebenso wichtigen Themen. Wir müssen die Chancen auf den Wachstumsmärkten dieser Welt eröffnen. Die Südamerika-Offensive und die Ostasien-Offensive zeigen, daß der Wirtschaftsminister, daß wir, die Wirtschaftspolitiker der Koalition, in diesem Bereich das Richtige tun. Man sucht ja immer nach Konzepten. Es dürfte in einer arbeitsteiligen Weltwirtschaft wohl das richtige Konzept sein, einerseits bei uns die Produktionsbedingungen zu modernisieren, anderer-

    Rainer Haungs
    seits den Unternehmen da Hilfestellung zu geben, wo es notwendig ist. Wenn ich mir die Auseinandersetzung zwischen dem Wirtschaftsminister und dem Außenminister über die Frage anschaue - wobei ich von vornherein den Wirtschaftsminister unterstütze -, wer für die AuBenwirtschaftspolitik die größere Verantwortung tragen soll, dann sage ich: Mir ist es lieber, daß auf einmal ein edler Wettstreit zwischen zwei Ministerien ausbricht und beide dafür zuständig sein wollen, deutschen Unternehmen im Ausland zu helfen und Anlaufstellen für sie zu finden, als daß sich das Außenministerium wie in früheren Jahren vornehmer Zurückhaltung befleißigt. Aber als Ergebnis dieses edlen Wettstreits sollte herauskommen, daß der Wirtschaftsminister die Federführung hat und behält, weil es ein eminent wichtiges Gebiet unserer Wirtschaftspolitik ist, Chancen für die Außenwirtschaft zu eröffnen.

    (Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

    Auch die vorhin vorgetragenen Vorwürfe, wir würden in den neuen Bundesländern zuwenig machen, gehen völlig an den Tatsachen vorbei. Wir bestärken den Wirtschaftsminister darin - wir haben den Haushalt auch so angelegt -, sich auf die wichtigen Hilfen vor allem im industriellen Bereich zu konzentrieren. Wir wollen aber nicht in unseren Anstrengungen nachlassen, die Differenzen zwischen Produktivitäts-
    und Einkommensniveau möglichst bald zu beseitigen.
    Ich komme zum Schluß. Wer so einseitig wie Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, eine Umverteilungspolitik alten Stils einfordert, an der sozialen Klagemauer steht, wie Ihr Herr Scharping gestern - erinnern Sie sich doch an diese schwache Rede-, wer die notwendige Modernisierung verweigert und die Kostenprobleme negiert oder bagatellisiert, der ist im Schröderschen Sinne wirklich „unmodern".

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Wie kann man nur so viel Unsinn reden!)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Als nächster spricht der Kollege Prof. Dr. Uwe Jens.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Jens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe zehn Minuten Redezeit und möchte deutlich machen: Sozialdemokratische Wirtschaftspolitik ist moderne Wirtschaftspolitik.

    (Beifall bei der SPD Zuruf von der F.D.P.: Vorsicht!)

    Wir haben zwei Probleme - das gebe ich zu -, nicht nur bei uns, sondern in fast allen Industrienationen: eine viel zu hohe Verschuldung, die es mittelfristig zu reduzieren gilt, und eine viel zu hohe Arbeitslosigkeit. Vor allem gegen die Arbeitslosigkeit tut diese Regierung einfach zuwenig. Das Rezept von Herrn Rexrodt lautet: Wir brauchen Wachstum. Er lobt schon ein Wachstum von 2,5 %. Dieses Wachstum trägt überhaupt nicht dazu bei, daß die Arbeitslosigkeit geringer wird, vielmehr wird sie bei diesem Wachstum eher noch steigen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Leider wahr!)

    Folgendes kommt hinzu: Er meint, Deregulierung, Flexibilisierung und Entbürokratisierung seien offenbar schon Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Das ist völlig falsch.

    (Beifall bei der SPD Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Aber Voraussetzungen!)

    Zunächst werden mit der Deregulierung, der Privatisierung und der Entbürokratisierung Arbeitsplätze abgebaut.

    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Aber langfristig gesichert!)

    Aber ich gebe gern zu - weil ich mich immer um Objektivität bemühe -: Dies führt schon dazu, daß die Wachstumsbedingungen vielleicht besser werden, so daß wir dann möglicherweise ein Wachstum haben und Arbeitsplätze schaffen können.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!) Aber das ist ein sehr, sehr langfristiger Prozeß.


    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Wir haben ja gesagt: Voraussetzungen!)

    Nein, wir müssen, um das Problem der Arbeitslosigkeit ein bißchen besser in den Griff zu bekommen, die Weichen ganz zweifellos endlich neu stellen. Wir brauchen einen höheren Zuwachs des Bruttosozialprodukts, und wir müssen ganz zweifellos etwas für mehr Flexibilisierung tun. Dafür will ich mich ausdrücklich aussprechen,

    (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sehr vernünftig!)

    insbesondere wenn wir wollen, daß die Lohneinkommen in der Bundesrepublik Deutschland auf der jetzigen Höhe gehalten werden oder möglicherweise gar noch verbessert werden. Wir brauchen mehr Flexibilisierung; wir brauchen ebenfalls eine Flexibilisierung der Arbeitszeit

    (Beifall bei der CDU/CSU) - das ist gar keine Frage -.

    Wir brauchen ebenfalls eine Flexibilisierung der Arbeit, wenn wir zu Jahres- oder Lebensarbeitszeitkonten kommen wollen.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch)

    Wenn wir dorthin gelangen wollen, brauchen wir allerdings auch Maßnahmen, die Sie, Herr Rexrodt, vielleicht ergreifen müssen, um die Mobilität nicht einzuschränken und um zu verhindern, daß ein Arbeitnehmer am Ende seines Lebens möglicherweise durch Konkurs seines Unternehmens seine angesparte Arbeitszeit verloren hat. Das darf nicht sein; darüber muß man nachdenken, glaube ich.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich begrüße ausdrücklich den Tarifabschluß bei Opel, der gestern zustande gekommen ist und der ganz deutlich dazu beigetragen hat, mehr Flexibilisierung auch im Automobilbereich zu schaffen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Dr. Uwe Jens
    Ich gebe gerne zu: Auch ich bin der Ansicht, die Gewerbekapitalsteuer sollte abgeschafft werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Wir brauchen allerdings einen großzügigen Ausgleich für die Gemeinden

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    und müssen die Einnahmen der Gemeinden endlich festschreiben; meines Erachtens in der Verfassung, so daß sie genau wissen, womit sie zu rechnen haben, und nicht immer von den Ländern abhängig sind.

    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das macht doch der Waigel!)

    Wir brauchen auch aus meiner Sicht mehr Flexibilisierung bei den Ladenschlußzeiten.

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Auch richtig!)

    Aber das wird dazu führen, daß mehr Teilzeitarbeit geschaffen wird. Wir müssen dafür sorgen, daß diese eine ordentliche Teilzeitarbeit wird, daß die Menschen auch abgesichert sind. Es darf nicht sein, daß dies Arbeitsverhältnisse sind, bei denen keine Beiträge zur Sozial- und Rentenversicherung gezahlt werden.

    (Beifall bei der SPD Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Warum denn nicht, wenn die Leute es nicht wollen?)

    Wir wollen mehr Flexibilisierung, aber vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen und nicht etwa für die Supermärkte auf der grünen Wiese. Wer allerdings glaubt, Flexibilisierung sei ein entscheidender Lösungsansatz zur Verringerung der Arbeitslosigkeit, der irrt sich aus meiner Sicht ganz zweifellos.
    Wir brauchen eine rationalere Wirtschaftspolitik. Ich sehe mit großer Freude, daß die CDU/CSU, zum Teil aber vielleicht auch die F.D.P. schon viele Vorschläge der Sozialdemokraten übernommen haben, die wir in die Diskussion gebracht haben.