Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute den dritten Tag der ersten Lesung des Haushalts 1996. Ich freue mich, daß sich zumindest einige Kolleginnen und Kollegen von der SPD mit diesem Thema befaßt haben, auch wenn sie mitunter eine Horrorvision an die Wand malten. Aber immerhin haben sie sich mit dem Haushalt befaßt, trotz der Schwierigkeiten - ich sehe es ein -, daß sie sich zeitlich anders belasten müssen, nämlich mit Ihnen, Herr Scharping, und Herrn Schröder.
Aber von Ihnen, Frau Fuchs, habe ich zum Haushalt überhaupt nichts gehört. Sie haben - da hat der Kollege Hinsken natürlich recht - auch wirtschaftspolitisch nur sehr Diffuses von sich gegeben. Ich bedaure das. Ich bedaure vor allem auch, Frau Fuchs, daß Sie, nachdem Sie im ersten Teil - ich sage das, obwohl Sie nicht meine Meinung vertreten haben - doch sachlich argumentiert haben, im zweiten Teil wieder sehr stark in Polemik verfallen sind. Außer Steuererhöhungen fällt Ihnen nichts ein, wobei wir heute aus Ihrem Mund vernommen haben, daß Sie für eine Steuererhöhung schon zwei Ausgabeposten haben. Das ist sozialistische Politik, wie wir sie kennen und nie wieder haben wollen.
- Mir reicht es schon, wenn Sie eine Mark zweimal ausgeben wollen; das ist ja Ihre Vision.
- Fünfmal ist bei der SPD mitunter auch denkbar, Herr Kollege Hinsken. - Ich bedaure das um so mehr, als natürlich die Haushalts- und die Finanzpolitik
Kurt J. Rossmanith
eine Schlüsselrolle für die künftige Entwicklung unseres Landes einnimmt.
Die schwierige Übergangsphase nach der Herstellung der deutschen Einheit ist inzwischen abgeschlossen. Dank der stabilitätsorientierten Politik von Bundesregierung und Koalition sind bereits wichtige Konsolidierungserfolge zu verzeichnen. Ich will nur darauf hinweisen, daß Deutschland trotz der finanziellen Belastungen durch die Wiedervereinigung schon seit dem vergangenen Jahr, seit 1994, alle Kriterien des Vertrages von Maastricht erfüllt und damit auch die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion seitens Deutschlands gegeben wäre.
Dies ist natürlich nur dank einer konsequenten Konsolidierungspolitik möglich, um die uns manches Mitgliedsland der Europäischen Union beneidet. Selbstverständlich muß diese Konsolidierungspolitik, dieser Konsolidierungskurs auch in den kommenden Jahren fortgesetzt werden. Die Finanz- und Haushaltspolitik muß ihren Beitrag für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung durch eine weitere Rückführung der Staatsverschuldung, der daraus resultierenden Zinsbelastungen sowie der hohen Abgabenquote leisten. - Das ist das Thema, mit dem wir uns auch zukünftig zu beschäftigen haben. -
Eine verläßliche Entlastungsperspektive ist wesentliche Voraussetzung für eine kontinuierliche und positive Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Wir zeigen mit dem Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 1996 und der mittelfristigen Finanzplanung bis 1999, daß wir entschlossen sind, die Begrenzung und Rückführung der Ausgaben des Bundes auch in den nächsten Jahren fortzusetzen. Danach sinken die Ausgaben des Bundes gegenüber dem Vorjahr, selbst unter Berücksichtigung - ich bitte darum, das hier nicht unter den Tisch fallenzulassen - der Umstellung des Auszahlungsverfahrens beim Kindergeld, noch um 1,3 %. Das ist eine beachtliche Leistung, für die unser Bundesfinanzminister, Dr. Theo Waigel, uneingeschränkte Anerkennung verdient.
Lassen Sie mich auch anmerken: Das letzte Mal, daß ein Bundesfinanzminister einen Haushalt mit sinkenden Ausgaben vorlegen konnte, liegt immerhin 43 Jahre zurück. Der damalige Finanzminister hieß Fritz Schäffer; auch er wurde von der CSU gestellt. Wir dürfen stolz darauf sein, daß sein Nachfolger an diese Tradition, die die CSU immer geprägt hat, anknüpft und sie fortsetzt.
- Dagegen ist nichts einzuwenden, Kollege Weng. Ich bin auch mit der derzeitigen Koalition zufrieden, was ihre Leistung anbelangt. Ihre Partei ist Ihr ureigenes Thema, mit dem Sie zurechtkommen müssen. Die Koalition macht gute Arbeit. Deshalb stehen wir selbstverständlich uneingeschränkt zu ihr.
Vielleicht kommt in der teilweise unsachlichen und überzogenen Kritik der Sozialdemokraten am Haushalt 1996 nur die Enttäuschung zum Ausdruck, daß Ihnen das, was uns, dem Bundesfinanzminister und der Bundesregierung, mit dem Haushalt 1996 gelingt, während Ihrer Regierungszeit, die ja 13 Jahre gedauert hat, nie gelungen ist.
Die Staatsausgabenquote soll nach der von der Bundesregierung vorgelegten Planung von jetzt 50,5 % - das ist natürlich viel zu hoch - bis zum Jahr 2000 auf 46 % zurückgeführt werden. Damit läge sie auf dem gleichen Niveau wie vor der Wiedervereinigung. Außerdem soll die Nettokreditaufnahme - auch das ist ein ganz wichtiger Punkt - bis 1999 stufenweise auf 29 Milliarden DM reduziert werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese ehrgeizigen Ziele lassen sich natürlich nur mit einer strikten Ausgabendisziplin realisieren. Hierzu hat die Bundesregierung die volle Unterstützung unserer CDU/CSU-Fraktion.
Wenn man kurz einen Blick auf den Haushalt des Bundesministers für Wirtschaft wirft, könnte man zunächst meinen, daß dieser Haushalt mit einer Steigerungsquote von fast 50 % vom allgemeinen Sparkurs ausgenommen ist. Dieser Eindruck ist natürlich nicht richtig, wie man bei näherem Hinsehen feststellen kann; denn der hohe Anstieg der Gesamtausgaben ist darauf zurückzuführen, daß nach dem Wegfall des Kohlepfennigs die Hilfen für die Verstromung deutscher Steinkohle ab dem Jahr 1996 aus dem Haushalt gezahlt werden müssen. Hierbei handelt es sich immerhin - man kann das nicht verschweigen - um den enormen Betrag von insgesamt 8 Milliarden DM, der sich einerseits aus dem im Artikelgesetz vorgesehenen Finanzplafond für die Bergbauunternehmen in Höhe von 7,5 Milliarden DM zusammensetzt und andererseits aus den für die Verzinsung des Defizits der bisherigen Verstromungsfonds erforderlichen Mitteln von 500 Millionen DM.
Ich finde es beachtlich, daß es gelungen ist, diese 8 Milliarden DM unter Verzicht auf eine Ersatzfinanzierung und ohne Erhöhung der im bisherigen Finanzplan vorgesehenen Nettokreditaufnahme im Haushalt 1996 zu veranschlagen.
Natürlich konnte dieses Ergebnis nicht ohne Einsparungen an anderer Stelle erzielt werden. Das zeigt einmal mehr, mit welcher Konsequenz die Bundesregierung ihren Kurs der Begrenzung der Staatsausgaben verfolgt.
Kurt J. Rossmanith
Das Artikelgesetz sieht für die Bergbauunternehmen jährliche Finanzplafonds von 7,5 Milliarden DM für 1996 und jeweils 7 Milliarden DM für die Jahre 1997 bis 2000 vor. Hier ist schon eine gewisse Degressionslinie vorgezeichnet. Ich weiß, daß es innerhalb der Bundesregierung Überlegungen gibt, zumindest für die Jahre 1999 und 2000 die Depressionslinie noch stärker abzuflachen.
Ich würde es begrüßen, wenn ein solches Signal gesetzt werden könnte, schon um den Bergbau im Rahmen seiner Möglichkeiten zu einem stärkeren unternehmerischen Handeln zu veranlassen.
Im übrigen will ich nur daran erinnern, daß auch die Revierländer ihrer besonderen Verantwortung für den Bergbau gerecht werden müssen. Wie schwer sie sich damit tun, haben die Verhandlungen über die Kokskohlenbeihilfe im Frühjahr dieses Jahres gezeigt. Ich bin aber froh, daß es uns gelungen ist, den Anteil des Bundes an der Kokskohlenbeihilfe von bisher zwei Dritteln auf 60 % zu reduzieren.
Ich erwarte, daß für den nächsten Plafondzeitraum, der 1998 beginnen wird, weitere Schritte in diese Richtung folgen werden.
Ohne diesen Sonderfaktor - 8 Milliarden DM für die Verstromungshilfen - geht das Ausgabevolumen im Entwurf des Einzelplans des Bundesministers für Wirtschaft gegenüber dem Vorjahr um rund 1,8 Milliarden DM, d. h. um mehr als 14 %, zurück. Das zeigt, daß auch das Bundesministerium für Wirtschaft einen spürbaren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten wird.
Diese Reduzierung des Ausgabevolumens beruht zum Teil auf einer maßvollen und vertretbaren Rückführung einzelner Förderprogramme für die neuen Länder. Inzwischen wird allseits, auch von den Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern, anerkannt, daß der Wiederaufbauprozeß in den neuen Ländern gut vorangekommen ist. Die Investitionsquoten liegen dort so hoch wie niemals zuvor in der alten Bundesrepublik. Auch die sonstigen aktuellen Wirtschaftsdaten lassen insgesamt eine Fortsetzung des beachtlichen Wirtschaftswachstums erkennen. Das sind gute Voraussetzungen für den weiteren Aufholprozeß; denn natürlich bleibt die volle Angleichung an das wirtschaftliche Niveau in den alten Ländern unser gemeinsames Ziel.
Die schrittweise Rückführung der Fördermaßnahmen liegt auch auf der Linie der Bundesbank, die in einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung den Anpassungsprozeß in den neuen Ländern analysiert hat. Die Bundesbank äußert darin ihre Sorge, daß sich in den neuen Ländern eine Subventionsmentalität ausbreiten könnte, die sich nachteilig auf die Schaffung wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstrukturen auswirken wird. Die degressive Gestaltung der Förderprogramme liegt deshalb auch im wohlverstandenen Interesse der Wirtschaft in den neuen Bundesländern.
Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, der mir sehr große Sorgen bereitet. Das ist die Ausbildungsstellensituation in den neuen Bundesländern. Ich begrüße deshalb die Ankündigung der Bundesregierung, ein Programm zur Schaffung von 15 000 zusätzlichen Lehrstellen zu realisieren.
Daß das nur im außerbetrieblichen Rahmen möglich ist, macht mich allerdings alles andere als glücklich; denn das duale Ausbildungssystem, d. h. Betrieb, Schule und überbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen, muß weiterhin die Basis unserer beruflichen Bildung bleiben.
Ich appelliere deshalb noch einmal mit allem Nachdruck an die Unternehmen, damit sie ihrerseits alles tun, um jungen Leuten eine zukunftsorientierte Ausbildung zu ermöglichen. Eine Lehre im Betrieb ist in der Regel nicht nur qualitativ besser, sie stellt auch sicher, daß Lehrlinge, d. h. zukünftige Berufstätige, nicht am Arbeitsmarkt vorbei ausgebildet und nach ihrer Lehre nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden.
Ein letzter Punkt, den ich anführen möchte, ist, daß ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland mit hohen Arbeitskosten nur dann am Weltmarkt bestehen kann, wenn es sich als Hochtechnologiestandort weiterhin behauptet.
Zu den technologieintensivsten Industriezweigen gehört sicherlich die Luftfahrtindustrie. Hier ist natürlich das Airbus-Programm zu nennen. Allerdings steht die Luftfahrtindustrie auf Grund der veränderten Wechselkurse und des harten internationalen Wettbewerbs vor erheblichen Anpassungsschwierigkeiten, die in den nächsten Jahren überwunden werden müssen. Der Staat kann hier nur flankierend eingreifen. In erster Linie ist es Sache der Unternehmen und auch der Arbeitnehmervertretungen, ihren Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu leisten. Der Bund hat in der Vergangenheit Milliardensummen aufgewandt, um die Luft- und Raumfahrtindustrie zu entwickeln. Er stellt demnächst auch noch ein 600-Millionen-DM-Förderprogramm für Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Diese staatliche Flankierung halte ich für den richtigen Weg. Mehr kann und sollte und darf meines Erachtens der Staat aber auch nicht leisten, denn es wäre überzogen, von ihm auch noch Arbeitsplatzgarantien zu verlangen, wie dies in jüngster Zeit wieder geschehen ist. Die Erfolge des Airbus-Programms sind nicht zu leugnen und geben auch künftig Anlaß
Kurt J. Rossmanith
zur Zuversicht. Erst kürzlich ist das neue Modell, die A 319, vorgestellt worden, das ohne staatliche Förderung entwickelt und zur Marktreife gebracht worden ist.
Ich möchte ein Projekt aus dem mittelständischen Bereich vorstellen. Ein mittelständisches Unternehmen hat mit dem neuen Höhenforschungsflugzeug Strato 2 C mit 18,5 km Höhenleistung eine neue Weltrekordleistung für propellerbetriebene Luftfahrzeuge erreicht. Wir sollten auf diesem Weg, der für Ökologie und für Höhen- und Klimaforschung notwendig ist, weiter voranschreiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß zusammenfassen: Die Konsolidierungspolitik dieser Bundesregierung und dieser Koalition schafft die Voraussetzungen für künftiges Wachstum und damit für mehr Beschäftigung.
Der Bundeshaushalt 1996 ist ein wichtiges Kriterium. Ich wünsche mir deshalb auch von der Opposition, daß sie eine konstruktive Diskussion bei den noch ausstehenden Ausschußberatungen mit uns führen wird.