Nein, ich würde jetzt gern in meinem Gedankengang hier vorankommen.
Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, besteht nicht darin, Showveranstaltungen zu vollziehen - hier im Bundestag nicht, Herr Schwanhold, und auch nicht draußen. Ich treffe da im übrigen nicht nur SPD-Politiker, die sich von einem sogenannten Autogipfel eine Menge versprochen haben. Ich halte nichts von einer derart verfehlten Standortpolitik; ich bin für den Dialog mit Wirtschaft und Gewerkschaften.
Ich warne vor der Fixierung von Staatszielen für die Industrie, die so oft nicht erreicht wurden und die zu einem Grab für Steuermillionen geworden sind. Denken Sie an die Reaktorlinien, die wir gefördert haben, denken Sie an die Mikrochips und an die Raumtransporter.
Die Wirtschaft selbst ist allemal besser in der Lage, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Dazu brauchen wir den Austausch mit Gewerkschaften und Politik. Deshalb spricht die Bundesregierung in ihren Standortdialogen mit allen Beteiligten in den betroffenen Branchen.
Mit der Automobilindustrie haben wir bereits am 15. März dieses Jahres ein ausführliches Gespräch gehabt; im übrigen war die IG Metall dabei. Auch damals war das Dreiliterauto ein zentraler Punkt. Wir haben uns in die Investitionspläne und -entscheidungen der Industrie nicht eingemischt. Wir haben auch keine steuerlichen Subventionen für bestimmte Motoren zugesagt, wie das in Niedersachsen der Fall gewesen ist.
Ein zweifelhafter Erfolg war auch die Einmischung von Herrn Schröder in die Diskussion um die Schließung des Standortes Lemwerder. Seine unbedingte Arbeitsplatzgarantie für dieses Werk gefährdet Arbeitsplätze für die Lufthansawerft in Hamburg. Dieser Standortegoismus darf sich nicht in die aktuelle Diskussion um die Luft- und Raumfahrtstandorte einmischen. Das darf dort keine Wiederholung finden.
Hier sind die Unternehmen gefordert, alle betrieblichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um in Deutschland weiter wettbewerbsfähig produzieren zu können.
Auch Gipfeltreffen auf hoher Ebene, wo immer sie stattfinden, ändern nichts an den ökonomischen Zwängen, unsere Wettbewerbsfähigkeit an den Weltmarkt anzupassen.
Jetzt muß der DASA-Vorstand - das muß deutlich gesagt werden - Vorschläge machen. Dem politischen Druck - oder wie auch immer das gemeint sei, was dort in Vorlagen, die nicht abgestimmt sind und die Horrorszenarien beschreiben, erklärt wird - der Konzernführung wird sich die Bundesregierung jedenfalls nicht unterwerfen.
Erst muß das Unternehmen seine Aufgaben machen.
Ich füge aber auch hinzu, und das mit Blick auf Sie, meine Damen und Herren von der Opposition: Wer militärische Flugzeugbeschaffung ablehnt, kann sich nicht glaubhaft für die Erhaltung der Standorte der Luftfahrtindustrie einsetzen. Das ist ein falscher Standortegoismus.
Zweifelsohne ist die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie in einer schwierigen Situation, und schnelles Handeln ist geboten. Ich warne aber vor Panikmache, ich warne vor blindem Aktionismus und übereilten Schuldzuweisungen.
Für Mitte Oktober habe ich die Industrie und die Ministerpräsidenten der betroffenen Länder erneut eingeladen, um mit ihnen gemeinsam die Handlungsmöglichkeiten und Handlungsnotwendigkeiten in den jeweiligen Verantwortungsbereichen zu erörtern.
Während die SPD noch darüber streitet, wie sie ihre Wirtschaftspolitik titulieren soll,
hat die Bundesregierung längst ihren wirtschaftspolitischen Fahrplan in Richtung Fitmachen des Standorts Deutschland festgelegt. Wir setzen u. a. auf Flexibilisierung, auf weniger Bürokratie, auf Reduktion der Kosten und Senkung der steuerlichen Belastungen.
Das heißt, im Herbst muß endgültig die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer beschlossen werden. Wir müssen endlich an die mittelstandsfreundliche Senkung der Gewerbeertragsteuer herangehen.
Aber solche Verbesserungen für die Unternehmen dürfen dann nicht durch eine, ich betone: falsch angelegte Ökosteuer wieder zunichte gemacht werden. Erst Steuern eintreiben und anschließend damit staatlich lenkend eingreifen, wie das im SPD-Konzept der Fall ist, das ist kein wirtschaftspolitisch vernünftiger Ansatz.
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
Ich bin ebenfalls für eine CO2-/Energiesteuer - das habe ich auch in diesem Parlament gesagt -, um unseren umweltpolitischen Zielen, die der Bundeskanzler auf dem Weltklimagipfel in Berlin unterstrichen hat, Rechnung zu tragen.
Das von uns entwickelte Konzept ist wettbewerbs-
und beschäftigungspolitisch verträglich. Um unsere Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden, schließt mein Konzept für den Fall des nationalen Alleingangs die Selbstverpflichtung der Industrie ein und weiterhin, daß die enormen Investitionen, die damit verbunden sind, angerechnet werden.
Unabdingbare Voraussetzung ist aber, daß mindestens eine gleichgewichtige und auch zeitgleiche Entlastung bei den Steuern stattfindet. Wir sollten möglichst eine Vorleistung erbringen, etwas an die Bürger und die Unternehmen zurückgeben, um dann eine CO2-/Energiesteuer vereinbaren zu können, die einen Lenkungseffekt hat.
Bevor wir über weitere ökologische Steuerpläne nachdenken, muß aus gesamtwirtschaftlichen Gründen glasklar festgelegt werden: Der Solidaritätszuschlag muß abgebaut werden, und zwar so schnell wie möglich. Die F.D.P. hat dazu einen festen Fahrplan vorgelegt. Dieser darf nicht an den Finanzegoismen der Bundesländer scheitern.
- Jeder hat dabei seine Vorstellung. Alle in der Koalition sind der Auffassung, daß das eine Steuer ist, die vorübergehender Art ist, und daß sie abgebaut werden muß. Wir als F.D.P. dringen mit großem Nachdruck darauf, daß der Solidarzuschlag so schnell wie möglich verschwindet.
Meine Damen und Herren, heute vormittag, während wir debattieren, hat die Bundesanstalt für Arbeit die Arbeitsmarktzahlen für August bekanntgegeben. Diese Zahlen sind nicht gut, sie sind sogar schlechter als erwartet. Die Arbeitslosigkeit hat sich nur leicht verringert; saisonbereinigt hat sie sich sogar erhöht.
Dies zeigt, daß sich uns auf dem Sektor Arbeitsmarktpolitik noch riesige Herausforderungen stellen. Wir alle wissen, daß die Arbeitslosigkeit strukturell bedingt ist, daß keiner einen Königsweg kennt - auch Sie nicht, niemand kennt ihn. Wir müssen dicke Bretter bohren. Dazu gehört das, was ich gerade gesagt habe: Flexibilisierung der Arbeitswelt, Deregulierung, Abbau von Steuern und Abgaben sowie der Umbau der Sozialsysteme.
Der Zusammenhang zwischen Löhnen, Arbeitszeit und Arbeitsplätzen ist evident. Die Tarifparteien haben hier große Aufgaben vor sich. Wir müssen als Staat, wenn dies notwendig ist, auch andere Rahmenbedingungen setzen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß beim Stichwort Flexibilität noch eines sagen: Es freut mich, daß nun endlich auch in Ihren Reihen beim Thema Ladenschluß etwas Bewegung festzustellen ist. Wir müssen uns von dem Märchen abwenden, daß verlängerte, flexiblere Ladenöffnungszeiten keinen zusätzlichen Umsatz für den Handel bringen. Das ist eben nicht der Fall. Das Ifo-Institut spricht von 20 Milliarden DM.
Zudem können 50 000 zusätzliche Arbeitsplätze im Handel geschaffen werden. Das ist schlüssig. Unser geltendes Ladenschlußgesetz ist nicht länger zeitgemäß; es paßt nicht zum Standort Deutschland - nicht für die 90er Jahre und schon gar nicht für das nächste Jahrhundert.
Ich bin ja froh, daß bei Ihnen, wenn auch retardierend, endlich Bewegung festzustellen ist.
Meine Damen und Herren, ich lade Sie ein, im wohlverstandenen Interesse des Standorts Deutschland mit der Bundesregierung gemeinsam moderne Wirtschaftspolitik zu machen. Dabei wünschte ich mir gerne Männer wie Hermann Rappe als Kontrahenten und Partner auf der Seite der Gewerkschaften.
Ich zitiere aus seiner Rede bei der Eröffnung des Gewerkschaftstages der IG Chemie in Hannover am Montag. Er hat gesagt:
Wir müssen unter Beachtung unserer Grundwerte unsere Positionen, aber auch unsere Verantwortung für die Gestaltung unserer Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung deutlich machen, und wir müssen uns gleichzeitig den Veränderungen in der Welt und in Europa stellen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, lassen Sie uns in diesem Sinne die Zukunft bejahen und positiv denken. Ziehen Sie Ihre Mundwinkel hoch,
und freuen Sie sich über ein erfolgreiches und geeintes Deutschland.
Ich danke Ihnen.