Rede von
Dr.
Herta
Däubler-Gmelin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern, bevor ich auf den Justizhaushalt eingehe, noch zwei Punkte aufgreifen, die während der gerade abgelaufenen innenpolitischen Debatte eine Rolle gespielt haben.
Ich weiß nicht, ob Kollege Scholz noch da ist.
- Gut. Sonst hätte ich Sie einfach gebeten, es ihm weiterzusagen.
Herr Kollege Scholz, Sie haben darüber geredet, welche Ziele und welche Aufgaben die Kommission „Schlanker Staat" haben sollte. Meine Bitte ist, daß Sie Ihre Rede oder das Protokoll noch einmal sehr sorgfältig nachlesen. Dann wird Ihnen das auffallen, was mir auch aufgefallen ist.
Sie sprechen davon, daß der Staat seine Aufgaben einer Kritik unterziehen muß, und ich meine, das ist zweifellos richtig. Sie reden dann davon, daß der Staat zunächst und, wie Sie sagten, vornehmlich hoheitliche Aufgaben wahrnehmen muß, d. h. alle die Aufgaben, die hoheitlich sind.
Nicht in einem einzigen Satz haben Sie erwähnt, daß dieses Staatsmodell vom Grundgesetz mit seiner ganz klaren Aussage für den demokratischen und den sozialen Rechts- und Bundesstaat nicht aufgenommen wurde. Das Grundgesetz in seiner klaren Grundentscheidung hat sich für einen Interventionsstaat entschieden, dessen Aufgaben genauso wie die Herstellung von Rechtssicherheit darin bestehen, den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu sozialen Chancen, zu Bildung, zu Wohnungen und zu Arbeit zu ermöglichen.
Warum sage ich das? Ich sage das nicht deswegen, weil ich meinte, Sie würden es theoretisch nicht wissen. Ich will Sie vielmehr in diesem Zusammenhang auf zweierlei aufmerksam machen. Wir leben in einer Zeit, die ganz ohne Zweifel von Umbruch, von Schwierigkeiten, von Individualismus und von Zerfall von Werten einerseits und andererseits von Orientierungslosigkeit geprägt ist. Wir leben in einer Zeit, in der durch eine starke Privatisierungsdiskussion, manchmal auch falsch verstandene Privatisierungsdiskussion, Ökonomisierungsdiskussion, bis-
Dr. Herta Däubler-Gmelin
weilen auch falsch verstandene Ökonomisierungsdiskussion, eigentlich nur ein Grundwert, der in Wirklichkeit keiner ist, übrigzubleiben scheint. Das ist der kommerzielle Gedanke, daß sich etwas lohnt.