Rede von
Horst
Eylmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da Herr Schily einen Vorschlag von mir angesprochen hat, darf ich dazu einige Bemerkungen machen.
Im Gesetz ist jetzt schon vorgesehen, daß das Bundesverfassungsgericht bei bestimmten Entscheidungen mit einem Quorum von 6 : 2 entscheiden muß, z. B. beim Verbot einer Partei oder bei der Amtsenthebung eines Richters. Ich bleibe dabei, daß ernsthaft zu überlegen ist, dieses Quorum auch dann einzuführen, wenn das Bundesverfassungsgericht eine Norm für verfassungswidrig und damit für nichtig erklären will. Dagegen werden zwei Einwendungen erhoben.
Der eine Einwand beinhaltet kein Sachargument. Da wird gesagt: Das fordern immer diejenigen, die verloren haben, und beim nächsten Mal freuen sie sich über eine 5 : 3-Entscheidung. Dieser Vorwurf trifft mich nicht. Ich habe diesen Vorschlag schon vor dem letzten Urteil gemacht. Ich habe mich auch noch nie über eine 5 : 3-Entscheidung gefreut, weil ich nämlich meine, daß alle diese Entscheidungen ihre Schwächen hatten und nicht zum Rechtsfrieden beigetragen haben.
Der zweite Einwand ist der von Herrn Schily. Man sagt: Dann werden dem Bundesverfassungsgericht die Zähne gezogen; es wird entmachtet.
Ein Blick auf die Rechtswirklichkeit ist nützlich. Meine Mitarbeiter haben einmal an Hand der amtlichen Entscheidungssammlung die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts der letzten zehn Jahre gezählt. Es waren, wenn sie richtig gezählt haben, 494, davon drei 5 : 3-Entscheidungen. Also werden 99 % der Entscheidungen mit 6 : 2, mit 7 :1 oder mit 8 : 0 gefällt. Und es kann überhaupt keine Rede davon sein, daß die 3 : 5-Entscheidungen eine große Zahl darstellen.
- Ja, es geht ja jetzt gerade um diese wenigen Entscheidungen, die ihre Schwächen haben.
Im übrigen ist ein anderes Thema - das will ich gerne einräumen - noch wichtiger. Wir müssen hier und mit dem Bundesverfassungsgericht darüber reden, daß es seine Kontrollfunktion nicht verläßt und sich nicht zu einer oligarchisch konstruierten dritten
Kammer für besonders heikle Gesetzgebungsvorhaben entwickelt.
- Daß wir daran zum Teil selbst schuld sind, ist durchaus richtig. Ich will darauf verweisen, was Herr Böckenförde in seinem Minderheitenvotum zum Einheitswert-Urteil gesagt hat.
Im übrigen, als Schluß: Natürlich gehört zur Wahrung des Ansehens des Bundesverfassungsgerichts, an dem uns allen gelegen sein muß, auch, daß wir nicht zum Boykott einer Entscheidung aufrufen. Diejenigen, die sich jetzt sehr vollmundig dazu geäußert haben, wären allerdings überzeugender gewesen, wenn sie es nach dem Urteil zu § 218 das mit derselben Verve getan hätten;
denn auch damals hat es Äußerungen gegeben, die die Grenze der Geschmacklosigkeit weit überschritten.
Vielen Dank.