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    Plenarprotokoll 13/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Inhalt: Begrüßung des Erzbischofs von Kapstadt, Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu sowie des Abgeordneten Jan Nico Scholten (Niederlande) . . . . . . 4240 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Rudolf Scharping SPD . . . . . . . . . 4217 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 4226 C Peter Dreßen SPD 4231 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4235 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 4240 B Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . 4246 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 4249 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS . . . . 4260 A, 4340 B Günter Verheugen SPD . . . . . . . . 4260 C Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister (Berlin) 4266 A Thomas Krüger SPD 4268 A Dr. Christa Luft PDS 4269 B Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4271 A, 4278 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 4272 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 4278 C Andrea Lederer PDS 4279 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 4281 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . 4283 C, 4289 B Jürgen Koppelin F.D.P 4285 A Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 4286 C Freimut Duve SPD 4288 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 4289 C Norbert Gansel SPD 4291 B Walter Kolbow SPD 4292 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . 4295 D Dietrich Austermann CDU/CSU . 4296 A, 4299 B Walter Kolbow SPD 4297 A Paul Breuer CDU/CSU 4297 D Manfred Opel SPD 4298 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 4299 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 4300 D Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . 4301 D, 4304 A Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4303 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 4304 C Roland Kohn F.D.P. 4305 A Dr. Ingomar Hauchler SPD . . . 4305C, 4308 B Dr. Willibald Jacob PDS 4306 C Michael von Schmude CDU/CSU . . . 4307 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 4309 B Otto Schily SPD . . . . . . . . . . 4312 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4316A Ina Albowitz F.D.P. 4318 A Ulla Jelpke PDS 4320 C Horst Eylmann CDU/CSU 4322 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4322 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . . . 4323 B Fritz Rudolf Körper SPD . . . . . . 4326 A Heinz Dieter Eßmann CDU/CSU . 4327 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . 4329 D Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4331 C Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 4332 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 4335 C Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . 4336 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 4337 D Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 4339 A Manfred Kolbe CDU/CSU 4341 B Nächste Sitzung 4342 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4343* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 4217 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 6. 9. 95 Andres, Gerd SPD 6. 9. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 6. 9. 95 * Blunck, Lilo SPD 6. 9. 95 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 6. 9. 95 Frick, Gisela F.D.P. 6. 9. 95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 6. 9. 95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 6. 9. 95 Jelena Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 9. 95 Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Knake-Werner, PDS 6. 9. 95 Heidi Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 6. 9. 95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 6. 9. 95 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 6. 9. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lenzer, Christian CDU/CSU 6. 9. 95 Lotz, Erika SPD 6. 9. 95 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lüth, Heidemarie PDS 6. 9. 95 Neuhäuser, Rosel PDS 6. 9.95 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 9. 95 Hermann Schätzle, Ortrun CDU/CSU 6. 9. 95 Schenk, Christa PDS 6. 9. 95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 6.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 6. 9. 95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 6. 9. 95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 6. 9. 95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 6. 9. 95 Simm, Erika SPD 6. 9. 95 Dr. Solms, F.D.P. 6. 9. 95 Hermann Otto Thieser, Dietmar SPD 6. 9. 95 Thönnes, Franz SPD 6. 9. 95 Tippach, Steffen PDS 6. 9. 95 Tröscher, Adelheid SPD 6. 9. 95 Vosen, Josef SPD 6. 9. 95 Wieczorek-Zeul, SPD 6.9.95 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 6. 9. 95 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Kinkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wende mich zunächst an die SPD, insbesondere an Herrn Scharping. Sie müssen sich schon sagen lassen, Herr Scharping - er hört ja vielleicht wenigstens am Fernseh- oder Rundfunkgerät zu -, daß Sie - ich habe heute morgen sehr genau hingehört - als Vorsitzender der SPD und als Fraktionsvorsitzender praktisch nichts zur deutschen Außenpolitik gesagt haben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das wird, lieber Herr Scharping, im In- und Ausland Erstaunen erwecken, und ich sage Ihnen auch, daß es registriert wird. Wenn ich es richtig sehe, kann das im Grunde - das zeigt sich im Augenblick auch an der Besetzung der Oppositionsbank beim Thema Außenpolitik - nur heißen, daß Sie sich entweder von der Außenpolitik abgemeldet haben oder daß Sie außenpolitisch offensichtlich nichts zu sagen haben.

    (Zuruf von der F.D.P.: Beides! Dr. Wolfgang Weng [Gerungen] [F.D.P.]: Bei Verheugen waren noch weniger da! Ulrich Irmer [F.D.P.]: Die Vernünftigen sitzen ja da, wenn man von Verheugen absieht!)

    Ich wende mich auch an Sie, Herr Verheugen. Sie haben kürzlich in Ihrem Artikel im „Vorwärts" angekündigt, die Außenpolitik streitig zu stellen. Auch diesen Artikel habe ich sehr genau durchgelesen und sage dazu: Die Opposition hat das Recht und die Pflicht zur Kritik. Aber bitte nicht immer diese alten Ladenhüter und Pappkameraden! Ich habe wirklich das Gefühl, Sie sollten endlich einmal eine neue Platte auflegen. Sie sagen immer wieder dasselbe: Die Bundesregierung reduziere ihre Außenpolitik auf Bundeswehreinsätze. Oder: Sie gebe ihre Kultur der Zurückhaltung auf. Nehmen Sie wirklich einmal eine neue Platte.
    Wenn ich mir ansehe, was Sie heute zur Außenpolitik gesagt haben, dann habe ich wahrhaftig nicht den Eindruck, daß Sie die Außenpolitik streitig stellen; denn Sie haben praktisch nichts zu dem beigetragen, was man eigentlich von einer Opposition erwarten kann, wenn es in der Haushaltsdebatte um Außenpolitik geht.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wer soll sich eigentlich dieser schlimmen Barbarei in Europa entgegenstellen, wenn nicht die Mitglieder des Bündnisses und der Europäischen Union? War eigentlich dieses schreckliche Blutbad auf dem Marktplatz von Sarajevo - ich war vor kurzem selber dort an dem Ort, an dem schon einmal ein so schrecklicher Überfall geschehen ist - immer noch nicht genug, um Sie davon zu überzeugen, daß man Menschenrechte eben nicht nur im Munde führen kann, sondern auch handeln muß?

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    Wir haben 14 Tornados mit einem klar begrenzten Auftrag entsandt. Sie waren dagegen, und Sie mäkeln heute immer noch kleinkariert in bezug auf die Einsätze daran herum. Schauen Sie sich doch einmal die Beiträge an, die kleinere Partner wie die Niederlande, Belgien und Dänemark seit Jahren im früheren Jugoslawien leisten. Für solche Äußerungen zu Ihren außenpolitischen Vorstellungen, wie Sie sie in den letzten Tagen getan haben und immer noch und immer wieder tun, können Sie im NATO-Kreis nur Kopfschütteln erwarten.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) Zu Europa haben Sie auch nicht viel gesagt.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Nichts!)

    Ich erinnere mich daran, wie wichtig dieses Europa für Sie war, daß wir immer aufgefordert worden sind, uns mehr zu bewegen, mehr zu tun, mehr Initiativen zu ergreifen. Ich habe auf Ausführungen von Ihnen dazu gewartet. Dabei liegt Deutschlands Zukunft doch in der Europäischen Union, in der sich unsere Bürger mit ihren Hoffnungen und Sorgen aufgehoben fühlen und zu der Prag oder Warschau genauso selbstverständlich dazugehören wie Den Haag oder Berlin. Das ist unsere Europapolitik, und wir haben sie erfolgreich vorangetrieben und werden das auch bei der weiteren Integration tun.
    In unseren Regierungsverhandlungen mit der Tschechischen Republik - etwas, woran Sie zu Recht genauso wie das Hohe Haus sehr interessiert sind - sind wir auf einem guten Weg. Ich bitte um Verständnis, wenn ich das nur so sage. Wir befinden uns in diesen Verhandlungen, und ich habe allen Grund, das zu sagen, was ich eben sagte.
    Ich möchte heute in meiner Rede einen Punkt etwas mehr herausstreichen, der sonst üblicherweise hier im Deutschen Bundestag relativ wenig Aufmerksamkeit findet. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir Konsens hinsichtlich der Bedeutung der auswärtigen Kulturpolitik für unser Land hätten.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU Ulrich Irmer [F.D.P.]: Sehr wahr!)

    Mir liegt gerade in der gegenwärtigen Haushaltslage besonders daran, das Bewußtsein der Öffentlichkeit für den Stellenwert dieser Aufgabe als der großen und wichtigen dritten Säule in unserer Außenpolitik etwas zu schärfen. Für eine Sympathiewerbung als moderne, weltoffene Bürgergesellschaft ist diese auswärtige Kulturpolitik notwendig, ebenso für die Förderung der deutschen Sprache und - das wird leicht vergessen - für die Sicherung des Standortes Deutschland.
    Der Wegfall der Ost-West-Auseinandersetzung, der Fall von Mauer und Stacheldraht hat uns in Mittel- und Osteuropa ebenso wie in den früheren GUS-Staaten, eine ganz gewaltige Chance, eine Jahrhundertchance gegeben, insbesondere was unsere Sprache anbelangt. Wir müssen sie nutzen.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    In Polen, liebe Kolleginnen und Kollegen, fehlen uns 4 000 Deutschlehrer, in Ungarn 2 000. Unsere Reaktion war die Aufstellung eines Sonderprogramms zur Förderung der deutschen Sprache. In dieser von mir genannten Region lernen über 13,5 Millionen Menschen im Augenblick Deutsch. In Rußland nimmt die deutsche Sprache den zweiten Platz hinter Englisch ein. Deutsch ist derzeit die führende Fremdsprache an den Grundschulen in Ungarn, in der Tschechischen Republik, in der Slowakei und Kasachstan.
    Etwa 25 % des Kulturhaushaltes stehen für den Hochschul- und Wissenschaftsaustausch zur Verfügung, und jährlich erhalten - das wird leicht vergessen und leider Gottes zuwenig betont - rund 30 000 potentielle deutsche Führungskräfte die Chance, sich im Ausland weiterzubilden.
    Umgekehrt werden etwa 20 000 Stipendien an Ausländer für eine Ausbildung in Deutschland vergeben. Die Hochbegabtenförderung der Alexandervon-Humboldt-Stiftung finanziert jedes Jahr etwa 500 ausländische Forscher. Aus deren Reihen sind bisher - auch das wird selten gesagt und betont - immerhin 20 Nobelpreisträger hervorgegangen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die Bindungen dieser Führungseliten an Deutschland wirken oft jahrzehntelang nach. Wer sich in diesem Bereich bewegt, weiß, welche Bedeutung das hat.
    Leider nimmt die Attraktivität unserer Hochschulen ab, gerade im bildungsbewußten Asien.

    (Zuruf von der SPD: Warum denn?)

    - Dafür gibt es sehr viele Gründe, die ich gerne,
    wenn ich Zeit hätte, länger mit Ihnen erörtern würde.
    Dagegen müssen wir angehen. Unser Ausbildungssystem an den Hochschulen darf den internationalen Trend nicht verpassen. Das ist sehr weitgehend auch eine Aufgabe der Länder, aber ich will das nicht wegdrücken. Es gibt viele Gründe, über die zu reden, zu diskutieren wert wäre.
    Meine Damen und Herren, die Entscheidung der Bundesregierung zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes in Bosnien ist immerhin von einer nicht unwesentlichen Zahl Abgeordneter der Opposition mit unterstützt worden. Seither wächst nicht nur in der SPD - darüber freue ich mich -, sondern auch beim BÜNDNIS 90/DIE. GRÜNEN die Einsicht, daß mit moralischer Betroffenheit allein keinem der geschundenen Menschen im ehemaligen Jugoslawien gedient ist oder geholfen werden kann.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich freue mich natürlich insbesondere, daß der Kollege Fischer eine Wendung vorgenommen hat.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Joseph Fischer!)

    Auch er hat es nicht nötig, heute in der außenpolitischen Debatte hierzusein. Er dreht immer seine Pirouetten, wenn das Fernsehen angeschaltet ist

    (Zuruf von der F.D.P.: So ist das!)


    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    oder andere Dinge sich öffentlichkeitswirksam abspielen.

    (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Insofern ist er wirklich ein Liberaler! Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.]: Flexible Arbeitszeit!)

    - Ja, das darf man doch sagen.


Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Klaus Kinkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nein, bitte nicht. Ich spreche mit Herrn Fischer, wenn er kommt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Ich nehme ihm persönlich ab, daß er sich mit seiner Entscheidung schwertut, und ich nehme ihm auch ab, daß er wirklich prüft und nachdenkt, was die richtige Haltung ist. Aber das, was er in der entscheidenden Debatte das letzte Mal gesagt hat, hat mit dem, was er jetzt in seinem Papier veröffentlicht hat, und mit den Pirouetten, die er dreht, insofern nichts zu tun, als ich sagen muß: Reden ist gar nichts; er muß seine Haltung ändern, und er muß mit uns handeln. Das ist das Entscheidende.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wir sollten uns gegenseitig nicht absprechen, daß wir in einer so schwierigen Frage, wo wir verschiedener Meinung sind, auch das Recht haben, verschiedener Meinung zu sein. Aber wir sollten nach außen nicht etwas sagen, was uns in unserer Bündnisfähigkeit belastet - ich habe Grund, das zu sagen - oder was unsere Soldaten verunsichert und dazu führen könnte, daß sie denken, es könnte sich um einen vom Deutschen Bundestag und der Bundesregierung eventuell nicht abgesicherten Einsatz handeln. Ich sage das ganz vorsichtig, mache auch keine Vorwürfe, aber wir sollten uns sehr genau überlegen, in welcher Richtung wir uns äußern.
    Bevor es losging, war ich in Lechfeld bei den Piloten. Ich habe sie jetzt mit dem italienischen Außenminister in Piacenza besucht. Alle Achtung vor diesen Soldaten, auch vor denen, die in Split sind! Kollege Rühe war auch an beiden Orten. Ich danke unseren Soldaten in Split und Piacenza von ganzem Herzen für ihren Einsatz und das, was sie für die Völkergemeinschaft tun, nicht nur für Deutschland.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß UNO und NATO auf das Blutbad auf dem Marktplatz von Sarajevo richtig reagiert haben. Die Reaktion war notwendig, sie war angemessen. Wir haben uns das alle nicht leicht gemacht und lange gemeinsam darüber nachgedacht. Diese Festigkeit hat im übrigen den Chancen für einen Verhandlungsfrieden genützt.
    Ich sage ganz vorsichtig, weil ich in den letzten Jahren auch persönlich zu oft enttäuscht worden bin: Ich sehe ein gewisses Licht am Ende des Tunnels.
    Das hat das Kontaktgruppentreffen auf dem Petersberg am vergangenen Samstag gezeigt. Die veränderte militärische Lage hat hoffentlich auch für eine politische Lösung ein neues Momentum geschaffen. Washingtons Initiative hat davon profitiert. Wir unterstützen sie.
    Aber wir dürfen uns alle gemeinsam nicht täuschen: Wir stehen erst am Anfang eines sehr, sehr mühevollen Weges. Ich warne vor Euphorie. Dieser Weg beginnt am Freitag in Genf mit dem ersten direkten Treffen der Außenminister Kroatiens, Bosniens und Serbien-Montenegros. Daß Belgrad in den Verhandlungen bei einer 3 :3-Beteiligung von Pale plus Belgrad sozusagen das Letztentscheidungsrecht hat, ist ein ganz wichtiger Punkt, weil der Schlüssel zu einer politischen Lösung eher bei Milosevic liegt.
    Die Bundesregierung begrüßt die neue US-Initiative. Sie entspricht in ihrem Kern dem Plan der Kontaktgruppe, der maßgeblich - das dürfen wir noch mal sagen, weil das manchmal untergeht - auf der Juppé/Kinkel-Initiative beruht. Wichtig ist, daß Kroatien einbezogen ist und daß es zu der 3 + 5-Formel kommt.
    Unsere Haltung zu dem, was in der Substanz herauskommen muß, ist klar:
    Erstens. Es darf nicht an der territorialen Integritat Bosnien-Herzegowinas gerüttelt werden.

    (Brigitte Schulte [Hameln] [SPD]: Das wollen wir mal sehen!)

    Zweitens. Es mag kleinere Korrekturen am Kontaktgruppenplan geben, der mit dem Aufteilungsverhältnis von 51:49 Basis der Verhandlungen sein wird. Aber diese Abweichungen dürfen nur dann beschlossen und in die Wirklichkeit umgesetzt werden, wenn alle drei Konfliktparteien zugestimmt haben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Drittens. Ich sage mit besonderem Nachdruck: Es darf und wird keine Lösung ohne die Zustimmung der mit weitem Abstand schwächsten Konfliktpartei, der Bosniaken, der Moslems, geben. Was kommt, darf nicht auf dem Rücken dieses Volkes, das in den letzten Jahren am meisten gelitten hat, ausgetragen werden. Das muß unsere ganz klare und unverrückbare Haltung sein.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wenn die Waffen schweigen - wir wünschen uns, daß das bald der Fall ist -, wird es um die Frage gehen - Silajdzic hat es letzte Woche hier angesprochen -, wie es mit dem Wiederaufbau geht. Wir werden helfen. Wir werden insbesondere Bosnien-Herzegowina, das leider im Augenblick nur noch eine Bevölkerung von etwas über 2 Millionen Menschen hat, mit einer Art Marshallplan helfen müssen.
    Ich füge hinzu: Wer heute den Weg der Gewalt einem Kompromiß für den Frieden vorzieht, sollte nicht darauf hoffen, später dafür prämiert zu werden. Das muß klar sein.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


    Bundesminister Dr. Klaus Kinkel
    Aber ich füge auch hinzu - und ich weiß, daß das draußen gehört, erwartet und auch verstanden wird - Deutschland war in diesem Konflikt immer nur Partei gegen Aggression und Gewalt, nie Partei gegen das serbische Volk.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der PDS)

    Das ist ganz wichtig.
    Deshalb sage ich den Verantwortlichen in Pale und Belgrad: Sie müssen wissen, was Sie selber Ihrem eigenen Volk bisher angetan haben und noch antun können, wenn Sie sich jetzt nicht ohne Bedingungen dem Kontaktgruppenplan und dem Frieden am Verhandlungstisch und nicht auf dem militärischen Feld anschließen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Noch etwas, was leider Gottes in sehr starkem Maße vergessen worden ist: Ganz wichtig ist, daß es gegenüber den islamischen Völkern keine Entfremdung gibt, auch im Kontext des Bosnien-Jugoslawien-Konflikts.
    Letzte Woche hat auf meine Anregung hin ein Treffen der internationalen Bosnien-Kontaktgruppe erstmals mit der Kontaktgruppe der OIC, der Internationalen Islamischen Weltkonferenz, stattgefunden. Ich werde morgen an einem Treffen auf Ministerebene in Paris teilnehmen, das mit den acht islamischen OIC-Ländern, die in diesem Zusammenhang federführend sind, erstmals abgehalten wird. Auf meinen Vorschlag hin wird während der UNO-Woche ein weiteres Treffen dieser Art stattfinden.
    Ich habe für Mitte November die Außenminister von Ägypten, Saudi-Arabien, Indonesien, Iran, Tunesien und der Türkei zu einem Islam-Kolloquium, zu einem Forum hierher nach Bonn eingeladen,

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    um der islamischen Welt, die immerhin 26 % der Weltbevölkerung gleich 1,6 Milliarden Menschen umfaßt, das Gefühl zu geben, daß jedenfalls wir in Deutschland nicht dazu beitragen wollen, die islamische Religion prinzipiell mit Terrorismus und Fundamentalismus gleichzusetzen, und daß wir jedenfalls nicht dazu beitragen werden, daß hier neue, absolut falsche Feindbilder aufgebaut werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Zum früheren Jugoslawien und zu dem Gesamtkonflikt gehört auch Makedonien. Ich habe mich im stillen - ich bin ein bißchen stolz darauf - in zahlreichen Gesprächen mit Präsident Gligorow und auch mit der griechischen Seite darum bemüht, bei dieser - milde ausgedrückt - unglückseligen Verkrampfung mit einem Sechspunkteplan voranzukommen, die sich zwischen Griechenland und Makedonien aufgetan hat. Gligorow hat mich gestern morgen angerufen und mir erklärt: Sie sind durch.
    Ich habe zu dieser Lösung einen nicht unwesentlichen Teil beigetragen. Ich bin froh darüber, weil die Makedonien-Frage immer wieder vergessen wird, wenn über das frühere Jugoslawien gesprochen wird.
    Wir müssen wissen, daß dieses Land aus zweifachen Gründen ganz besonders belastet ist: einmal wegen des griechischen Embargos im Wirtschaftsbereich und zum anderen wegen der Embargomaßnahmen gegen Belgrad. Makedonien hatte doppelt zu leiden.
    Die Makedonier haben es nun verdient, daß wir ihnen als Europäer und bilateral helfen, wenn diese Entkrampfung stattgefunden hat. Ich bin nach dem, was ich gehört habe, sicher: Sie wird nach den Gesprächen, die jetzt unter der Federführung von Herrn Vance in New York stattfinden, kommen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ein Punkt, der uns alle bedrücken muß - ich weiß, daß wir uns da einig sind -, sind die Flüchtlingsströme. Im Zusammenhang mit den Geschehnissen in der Krajina habe ich bis eine Stunde vor der Entscheidung der Regierung in Zagreb versucht zu warnen, bisher ohne Erfolg.
    Was anschließend mit rund 120 000 Flüchtlingen geschehen ist, ist schlimm. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, daß dort über 200 000 Kroaten auf grausame Art und Weise vertrieben worden sind.
    Das ändert aber nichts daran: Die betroffenen Menschen können nichts dafür. Wir müssen uns um die Flüchtlingsströme kümmern. Wir tun das, und zwar ohne Ansehen der Konfliktpartei. Es ist absolut selbstverständlich, daß wir uns genauso für die serbischen Flüchtlinge einsetzen. Ich sage noch einmal: Die betroffenen Menschen können nichts dafür.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)