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    Plenarprotokoll 13/51 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Inhalt: Begrüßung des Erzbischofs von Kapstadt, Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu sowie des Abgeordneten Jan Nico Scholten (Niederlande) . . . . . . 4240 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Rudolf Scharping SPD . . . . . . . . . 4217 B Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 4226 C Peter Dreßen SPD 4231 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4235 B Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 4240 B Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . 4246 B Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 4249 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS . . . . 4260 A, 4340 B Günter Verheugen SPD . . . . . . . . 4260 C Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister (Berlin) 4266 A Thomas Krüger SPD 4268 A Dr. Christa Luft PDS 4269 B Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4271 A, 4278 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . . 4272 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 4278 C Andrea Lederer PDS 4279 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 4281 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . 4283 C, 4289 B Jürgen Koppelin F.D.P 4285 A Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 4286 C Freimut Duve SPD 4288 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 4289 C Norbert Gansel SPD 4291 B Walter Kolbow SPD 4292 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . 4295 D Dietrich Austermann CDU/CSU . 4296 A, 4299 B Walter Kolbow SPD 4297 A Paul Breuer CDU/CSU 4297 D Manfred Opel SPD 4298 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 4299 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 4300 D Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . 4301 D, 4304 A Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4303 B Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 4304 C Roland Kohn F.D.P. 4305 A Dr. Ingomar Hauchler SPD . . . 4305C, 4308 B Dr. Willibald Jacob PDS 4306 C Michael von Schmude CDU/CSU . . . 4307 D Manfred Kanther, Bundesminister BMI 4309 B Otto Schily SPD . . . . . . . . . . 4312 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4316A Ina Albowitz F.D.P. 4318 A Ulla Jelpke PDS 4320 C Horst Eylmann CDU/CSU 4322 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4322 D Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . . . . 4323 B Fritz Rudolf Körper SPD . . . . . . 4326 A Heinz Dieter Eßmann CDU/CSU . 4327 D Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . 4329 D Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 4331 C Dr. Rupert Scholz CDU/CSU 4332 C Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 4335 C Norbert Geis CDU/CSU . . . . . . . 4336 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . 4337 D Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 4339 A Manfred Kolbe CDU/CSU 4341 B Nächste Sitzung 4342 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4343* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 51. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 4217 51. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 6. 9. 95 Andres, Gerd SPD 6. 9. 95 Behrendt, Wolfgang SPD 6. 9. 95 * Blunck, Lilo SPD 6. 9. 95 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 6. 9. 95 Frick, Gisela F.D.P. 6. 9. 95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 6. 9. 95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 6. 9. 95 Jelena Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 6. 9. 95 Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Knake-Werner, PDS 6. 9. 95 Heidi Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 6. 9. 95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 6. 9. 95 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 6. 9. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 6. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lenzer, Christian CDU/CSU 6. 9. 95 Lotz, Erika SPD 6. 9. 95 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lüth, Heidemarie PDS 6. 9. 95 Neuhäuser, Rosel PDS 6. 9.95 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 6. 9. 95 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 6. 9. 95 Hermann Schätzle, Ortrun CDU/CSU 6. 9. 95 Schenk, Christa PDS 6. 9. 95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 6.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 6. 9. 95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 6. 9. 95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 6. 9. 95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 6. 9. 95 Simm, Erika SPD 6. 9. 95 Dr. Solms, F.D.P. 6. 9. 95 Hermann Otto Thieser, Dietmar SPD 6. 9. 95 Thönnes, Franz SPD 6. 9. 95 Tippach, Steffen PDS 6. 9. 95 Tröscher, Adelheid SPD 6. 9. 95 Vosen, Josef SPD 6. 9. 95 Wieczorek-Zeul, SPD 6.9.95 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 6. 9. 95 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Blick auf die soeben gemachten außenpolitischen Bemerkungen möchte ich bei dieser Standortbestimmung der Politik der Bundesrepublik Deutschland folgendes sagen:
    Wenn wir von den aktuellen Fragen, zu denen hier Stellung genommen worden ist - Atomtests, die Situation im ehemaligen Jugoslawien, die Schwierigkeit, daß wir es am Anfang und am Ende dieses Jahrhunderts mit dem Phänomen Balkan und Sarajevo zu tun hatten bzw. haben; ich möchte dazu jetzt weiter nichts sagen -, einmal absehen, dann ist meiner Meinung nach das Entscheidende an der außenpolitischen Situation mit zwei Ereignissen zu beschreiben, auf die ich hinweisen möchte. Sie klangen in der Rede des Bundeskanzlers an.
    Das erste Ereignis war das Ende der Besatzungszeit in der ehemaligen DDR im vergangenen Jahr. Viele werden sich an die - jedenfalls mich sehr bewegenden - Bilder in Treptow erinnern an den Abzug, an das Lied der russischen Truppen. Das zweite Ereignis ist gar nicht so lange her. Es war im Mai, als die ehemaligen Kriegsalliierten in Berlin den Weg der Bundesrepublik in eine gemeinsame Zukunft beschrieben haben. Vor allem der französische Staatspräsident hielt dazu eine bemerkenswerte Rede.
    Diese beiden Ereignisse beschrieben für mich viel mehr als viele der außenpolitischen Diskussionen und Einzelthemen, welche Entwicklung und welche Erfolge der Außenpolitik, der Bündnispolitik und der internationalen Politik der Bundesrepublik Deutschland hinter uns liegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mir geht es bei dieser Debatte natürlich um einen anderen Punkt: Wie ist eigentlich die innere Befindlichkeit der Deutschen? Wie sehen die Entwicklungen im Einigungsprozeß in Deutschland aus? Ich habe den Eindruck - selbst wenn ich von der berechtigten und sozusagen systemimmanenten Kritik einer Opposition ausgehe -, daß hier sehr viele ausgesprochen verzerrte Bilder beschrieben worden sind.
    Meine Damen und Herren, ich will alle dazu auffordern - nicht nur die Mitglieder dieses Hauses -, einfach einmal bewußt umherzugehen. Der, der heute offenen Auges durch die neuen Länder fährt, zu den zahlreichen Baukränen hinaufschaut oder in die tiefen Baugruben hinabblickt, der mit den Menschen in den wiederhergestellten Straßen redet und aufgebaute Infrastruktur sieht, der mit Schülern und Lehrern in den Schulen oder mit Kranken und Alten in den sozialen Einrichtungen spricht, weiß, welche Fortschritte es gegeben hat.
    Ich finde, es ist in der Debatte auch notwendig, sich über die Frage zu unterhalten: Wie lange ist das eigentlich her, seit wir diese Chance haben?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nach meiner Meinung ist schon die Begrifflichkeit - „Es ist schon fünf Jahre her" - falsch. Herrgott noch mal, es ist erst fünf Jahre her; erst seit fünf Jahren haben wir die Möglichkeit, dieses Land mit einer neuen Verwaltung, mit einem neuen Bildungssystem, mit einer neuen Demokratie - ein wiedervereinigtes demokratisches Deutschland - neu aufzubauen.
    Die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West ist aus meiner Erfahrung in den letzten fünf Jahren weit fortgeschritten. Inzwischen haben wir dabei auch einige gutachterliche Unterstützung in der Beweisführung erhalten. Ich denke z. B. an das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, das bemerkenswerte Zahlen zusammengestellt hat. Ich will Sie jetzt nicht mit den einzelnen Zahlen langweilen, aber beispielsweise doch die Verdoppelung des Arbeitseinkommens und die für uns alle so wichtige Frage der Überschuldung der privaten Haushalte nennen, um die wir uns alle Sorgen gemacht haben, die aber in dieser Breite, obwohl es dort viel Not gibt, nicht eingetreten ist. Vielleicht ist auch der Hinweis erlaubt, daß dieses Institut im Auftrag des „Spiegel" tätig gewesen ist, und der hat sicherlich nicht den Ruf, besonders regierungsfreundlich zu sein und von „blühenden Landschaften" reden zu wollen, nur um den Bundeskanzler in irgendeiner Weise zu unterstützen.
    Auch auf einen anderen Punkt kommt es mir an; vielleicht lesen einige von denen, die jetzt hier nicht dabei sind, das im einzelnen einmal nach. Es geht beim Zusammenwachsen von Ost und West nicht nur um finanzielle, nicht nur um wirtschaftliche Fragen, es geht vielmehr auch um emotionale Fragen. Es geht um Fragen der Anerkennung von Lebensläufen, es geht darum, daß man aufeinander zugeht und miteinander redet, und es geht darum, daß man beispielsweise folgendes begreift: Der Lebensentwurf eines ehemaligen Diplomaten - ich gehe in meinem Beispiel so weit, daß ich jemanden nenne, der mit dem alten System völlig verbunden war -, der heute einen guten Job hat, Autos verkauft, ist natürlich für diesen selbst psychologisch zutiefst in Frage gestellt. Das sind die Themen, das ist die notwendige Aufarbeitung, die man ebenfalls machen muß.
    Hinzu kommt noch ein anderer Punkt: Es gibt eine ganze Reihe von Themen, bei denen wir, wenn wir heute neu entscheiden würden, im Einigungsvertrag einiges ändern würden - selbstverständlich. Aber auch diese These will ich einfach aufstellen: Angesichts der Fülle von Themen und Projekten finde ich es bemerkenswert, wie wenig Fehler gemacht worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es mag den einen oder anderen überraschen, aber ich bin leidenschaftlich der Auffassung, daß man in einigen Punkten noch einen Nachholbedarf zu befriedigen hat, daß man Veränderungen durchsetzen muß, beispielsweise in Fragen des Rentenüberleitungsrechts. Da bin ich ganz strikt - auch wenn es

    Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (Berlin)

    dem einen oder anderen nicht gefällt, formuliere ich es so - der Auffassung: Rentenrecht eignet sich nicht dazu, im Hinblick auf einzelne Gruppen Vergangenheit pauschal aufzuarbeiten.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    In diesem Zusammenhang ist auch die Frage der Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen zu nennen. Es gibt also eine ganze Reihe von Punkten.
    Ich möchte auf einen weiteren, psychologischen Punkt hinweisen: Im System der ehemaligen DDR gab es einen ganz anderen Eigentumsbegriff. Die Frage der Entschädigung und Rückerstattung bei der Vermögensregelung mußte sozusagen auch vom Rechtsbewußtsein zunächst aufgearbeitet werden. Auch das ist eine Sache, die nicht von heute auf morgen geschehen kann.
    Mir kommt es darauf an, daß wir uns alle darüber im klaren sind: Es gibt nicht nur die finanziellen Fragen, sondern es gibt auch Themen, die etwas mit inneren Befindlichkeiten, mit Lebenserwartungen zu tun haben; übrigens mit Lebenserwartungen, die in diesem System zu realisieren bewußt unmöglich gemacht wurde und bei denen es einen großen Nachholbedarf gibt. Die Menschen erwarten, daß wir ihnen heute Chancen bieten, die ihnen vorher verbaut waren. Es geht um Lebensentwürfe auch derjenigen, die sich in diesem System - übrigens verfolgt und überwacht bis in die Nischen - um Entwicklung bemüht haben.
    Meine Damen und Herren, die Kritiker des Bundeskanzlers im Hinblick auf die schon sprichwörtlichen „blühenden Landschaften" lassen bei ihrer - aus meiner Sicht fast hämischen - Freude über das Ausbleiben eines utopischen Entwicklungssprungs Lebenserfahrung und auch Bodenhaftung vermissen. Übrigens verstehen sie von dem Bild „blühend" - das hat etwas mit Botanik zu tun - überhaupt nichts. Erst kommt das Säen, dann das Jäten und Ackern, dann kommt die Blüte, und die Früchte lassen sich erst danach ernten. Wenn wir uns das vor Augen halten und beschreiben, wie die aktuelle Situation ist, sind wir schon einen erheblichen Schritt weiter.
    Fünf Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung müssen wir dennoch feststellen, daß wir trotz aller Erfolge, die wir nicht kleinreden dürfen, noch keineswegs am Ziel, sondern mitten im Strom sind und Kurskorrekturen natürlich jederzeit möglich, in einigen Punkten auch notwendig sind. Aber ich will klar sagen: Pferde mitten im Strom wechseln dürfen wir dabei nicht; sonst machen wir zuviel kaputt.
    Mir fällt eines auf - wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, hat Kollege Schäuble dazu schon einige Anmerkungen gemacht -: Es gibt Kritiker aus den Oppositionsparteien - Herr Kollege Thierse ist leider nicht da, ich würde ihn gern selber ansprechen -, die den Einigungsvertrag wegen der durchaus vorhandenen Notwendigkeit, neue, zusätzliche Entscheidungen zu treffen, einfach als „Dokument ideologischen Denkens" und als „Resultat erfolgreicher westlicher Lobbyarbeit" kritisieren und deswegen als „kaum wiedergutzumachenden Fehler" bezeichnen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das ist wirklich unglaublich!)

    Meine Damen und Herren, wer die damals ohne Vorbild und unter Zeitdruck entstandene Grundlage der deutschen Einigung derart abqualifiziert, setzt sich doch einem bestimmten Verdacht aus. Ich möchte den Kollegen Thierse - weil ich ihn viel zu sehr schätze - davor bewahren und ihn auffordern: Seien Sie in Ihren Formulierungen etwas vorsichtiger! Sie kommen sonst in die Nähe von Leuten, die vorhin geredet haben. Was Herr Gysi vorgetragen hat, war doch eine Brüskierung der Menschen. Ich empfand es in einigen Punkten als unverschämt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Er ist jetzt leider nicht hier. Ich sage ihm sehr deutlich: Mir als Berliner muß man nicht beschreiben, welchen Charakter ein System mit soviel Mauertoten hatte. Dies hier schönzureden finde ich schlicht eine Unverschämtheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Sich überall hinzustellen und den Eindruck zu erwekken, man habe die Lösung für alle aktuellen Probleme, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern - - Ich komme an dieser Stelle immer in die Gefahr, unparlamentarische Formulierungen zu gebrauchen, Frau Präsidentin. Deswegen lasse ich das im Augenblick sein.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Aber zutreffende!)

    Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, was die machen, ist ein Stück Bauernfängerei. Sie haben erst die Kane in den Dreck gefahren, jetzt analysieren sie einen Teil, vergessen dabei aber ihre eigenen Analysen der Situation des Jahres 1989. Ich könnte sie Ihnen alle im einzelnen vortragen, von wissenschaftlichen Instituten verfaßt, von deren Mitarbeitern einige gegenwärtig im Parlament sitzen. Jetzt wollen sie glauben machen, daß alle Probleme von heute auf morgen beseitigt werden können. Ich kann den Bürgerinnen und Bürgern in allen neuen Ländern nur sagen: Wenn Sie auf die setzen, dann setzen Sie falsch, denn wegen der überhaupt nicht vorhandenen Glaubwürdigkeit der Repräsentanten der Nachfolgepartei der SED nimmt ihnen niemand die Ernsthaftigkeit der Analyse ab, und das gerät zum Nachteil der Menschen.
    Ich war bei den Formulierungen des Kollegen Thierse.

    (Zuruf von der SPD: Herr Kollege Thierse gehört nicht zu der Partei)

    - Ich habe ihn ausdrücklich in Schutz genommen. Ich habe gesagt: Er muß darauf achten, daß er durch diese Art von Formulierung nicht in die Nähe derer gerät, zu denen er sicher nicht gehört.
    Aber ich komme noch zu einem anderen Punkt. Es gibt, Herr Kollege, auch hier Parlamentarier und Politiker in Berlin, die der Auffassung sind, daß man mit der PDS durchaus ganz eng zusammenarbeiten

    Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (Berlin)

    könne. Das ist meiner Ansicht nach allerdings ebenfalls ein Skandal. Es ist vor allen Dingen gegen sozialdemokratische Traditionen. Langfristig werden sich die Sozialdemokraten umsehen, wenn sie einen solchen Weg gehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU - Günter Verheugen [SPD]: Machen Sie hier Wahlkampf?)

    Es ist ja leider so, daß manchmal im Unterbewußtsein - das will ich hier ausdrücklich zugestehen - nicht nur von Vertretern der PDS die Entwicklung des Jahres 1989 als gesellschaftspolitische Niederlage angesehen wird. Aber, meine Damen und Herren: „Das ist ein weites Feld." Damit will ich versuchen, Fontane richtig zu zitieren.
    Für viele Diktaturnostalgiker im Kielwasser der alten SED ist der Sozialismus offensichtlich unbesiegt im Felde.


Rede von Dr. Antje Vollmer
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Herr Bürgermeister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Krüger?

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    Ja, bitte sehr.