Nein, Herr Kiper, genausowenig wie ich davon ausgehe, daß Sie
Arne Börnsen
festgestellt haben, indem Sie unsere Papiere gelesen haben, daß genau diese Forderung, Universaldienst ISDN-Standard, bei uns in den Papieren steht. Wenn Sie heute abend sagen, Sie würden die anderen auffordern, diesen Qualitätsstandard erst einmal für sich in Anspruch zu nehmen, dann ist da eine gewisse Kluft zwischen Behauptung und Wirklichkeit.
Ich muß Sie auch darauf hinweisen, Herr Kiper, daß in diesem Bereich den Begriff der Großen Koalition zu benutzen nicht angemessen ist. Ich sage das ganz zurückhaltend, weil ich mich schon genügend aufgeregt habe. Er ist nicht angemessen, weil Sie genau wissen, daß es bestimmte Mehrheiten hier im Bundestag und bestimmte Mehrheiten im Bundesrat gibt. Wie anders als durch einen rechtzeitigen Kompromiß zwischen denjenigen, die dort und hier die Mehrheit haben, wollen Sie eigentlich erreichen, daß ein solches Gesetz durch Bundestag und Bundesrat geht?
Sie wissen genau - es ist heute abend einige Male gesagt worden -: Es kommt darauf an, daß wir Planungssicherheit für diejenigen erreichen, die sich an diesem Markt beteiligen wollen. Das kann man nur, indem diejenigen, die an den Entscheidungen qualifiziert beteiligt sind, möglichst frühzeitig ein gemeinsames Modell vereinbaren. Wie anders als so soll man es denn tun?
Herr Kiper, ich will aber nicht den falschen Eindruck erwecken - das wäre vollkommen ungerechtfertigt -, als wären wir es, die sich hier auseinandersetzen. Die Auseinandersetzung findet zwischen Opposition und Bundesregierung statt.
Herr Kiper, ich meine, daß wir uns auch in den Vorgesprächen so weitgehend auf gemeinsame Positionen haben einigen können, daß eine solche Art der Auseinandersetzung nicht gerechtfertigt ist. Lassen Sie mich das in dieser Deutlichkeit sagen.
Wir sind - auch das habe ich eben schon angeführt - bei der Frage des Universaldienstes Ihnen doch viel näher als der Bundesregierung. Denn wir meinen, daß durch die Definition eines Universaldienstes möglichst frühzeitig ein zukunftsorientierter Dienst festgelegt werden muß, damit die möglicherweise erforderlichen Investitionen der privaten Anbieter auch durchgeführt werden. Wenn ein Universaldienst auf ISDN-Standard voraussetzt, daß höhere Kapazitäten im Leitungsnetz realisiert werden, daß dafür die notwendigen Investitionen durchgeführt werden, dann ist das die Zielsetzung, die wir mit einer solchen Definition verbinden wollen. In allen unseren Papieren ist die Ausrichtung auf eine dynamische Interpretation dieses Begriffes enthalten.
- Warum lesen Sie dann die Papiere nicht rechtzeitig? Dann würden wir uns darüber nicht streiten müssen.
Nun kommt aber eines hinzu, Herr Kiper - ich würde graue Haare kriegen, wenn ich sie nicht schon hätte -: Würden wir bei diesem Zukunftsmarkt der Telekommunikation - das geht genauso an Sie, Herr Bötsch - einen wie auch immer gearteten Zustand der Subventionierung durch einen Infrastrukturfonds einführen, der zwar von anderen Firmen bezahlt wird, aber letztendlich darauf hinausläuft, daß für bestimmte Empfänger eine Subventionsmentalität aufkommt, dann verstünde ich die Welt nicht mehr. In diesem Bereich sind am wenigsten Subventionen erforderlich; denn diejenigen, die sich an diesem Markt beteiligen, rechnen auf Gewinne
und gehen diesen Weg nur deswegen, weil sie davon überzeugt sind, sich ein Stück von dem Kuchen dieses enorm wachsenden Marktes abschneiden zu können. Dann braucht man ein solches Modell nicht. Man sollte es dann so organisieren, daß die Eigenfinanzierung eines solchen Universaldienstes ohne Fonds möglich ist.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einige ergänzende Worte sagen - Herr Stadler, wenn Sie gestatten, möchte ich noch einige Takte zu dem Thema sagen, das Sie eröffnet haben - zu der Frage, ob wir bei diesem - bis jetzt noch - Referentenentwurf des Post- und Telekommunikationsministeriums eigentlich das Thema hinreichend erfaßt haben. Sie haben die Frage der Medienpolitik angesprochen. Man kann nach meiner festen Überzeugung Telekommunikation und multimediale Kommunikation nicht voneinander trennen.
Der Gesetzentwurf geht - ich sage das nicht vorwurfsvoll, sondern nur als Feststellung - bisher davon aus, daß nur die rein technische Seite der Telekommunikation behandelt und reguliert werden soll. Telekommunikation ist aber nur der Träger für die Anwendung künftiger neuer Dienste, die allgemein als Multimediadienste zusammengefaßt werden. Daher frage ich mich, ob nicht unser möglicherweise gemeinsamer Gesetzentwurf unzulänglich wäre, wenn nicht versucht würde, insbesondere im Rahmen der Regulierung das Thema multimediale Kommunikation mit aufzugreifen.
Herr Bundesminister, ich weiß, daß ich damit ein Tabu berühre, weil die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern hier in Frage steht. Es ist bestimmt so, daß Sie von der F.D.P. es sich ein bißchen leichter machen können, weil Sie in den Ländern nicht so viel Verantwortung tragen. Das ist bei uns glücklicherweise anders und soll auch so bleiben. Es darf bloß nicht dazu führen, daß man aus Scheu vor dem Anpacken dieser Probleme die beiden Bereiche auseinanderlaufen läßt. Nachher hat man zwar einen technisch optimalen Gesetzentwurf in Richtung Telekommunikation, aber das, was Anwendung und im Bereich Multimedia auch Beschäftigung verspricht, ist nicht erfaßt worden und bleibt deswegen zurück. Das können wir uns nicht leisten.
Arne Börnsen
Wir müssen die althergebrachten Zuständigkeiten in Frage stellen. Wir müssen fragen: Wie können künftige Anwendungen der multimedialen Kommunikation optimal unterstützt werden? In welcher Form und in welchem Rahmen können wünschenswerte und notwendige Eingriffe optimal ermöglicht werden? Denn aus den Erfahrungen mit der Medienpolitik und den Landesmedienanstalten festzustellen, daß diese Papiertiger sind, wenn es um die Konzentrationskontrolle der großen TV-Anbieter geht, ist, glaube ich, keine große Überraschung. Sie haben nicht die Möglichkeiten, und sie schaffen es nicht.
Nur wird es in Zukunft nicht mehr alleine um Programmanbieter, sondern um eine Kombination von Programmanbietern und technischen Standards gehen. Wie jüngst auf der Berliner Messe feststellbar, können hier durch ein Monopolangebot bestimmter Geräte andere Anbieter aus dem Markt herausgehalten werden. Bei einer solchen Entwicklung fragt keiner mehr nach Ländergrenzen. Da ist die Marktmacht dieses in Rede Stehenden so, daß die Landesmedienanstalten geradezu eine Witzfigur sind.