Rede von
Dr.
Max
Stadler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Weg vom Verständnis der Post als eines Teiles der staatlichen Hoheitsverwaltung hin zu modernen privatisierten Dienstleistungsunternehmen und von der Postversorgung - der Begriff war bezeichnend - durch eine staatliche Monopolanstalt hin zum echten Wettbewerb in einem geöffneten und deregulierten Post- und Telekommunikationsmarkt war und ist lang und mühsam.
Die Koalition hat diesen Prozeß vorangetrieben und in die richtige Richtung gelenkt. Wenn Kollege Bury angemahnt hat, daß das Tempo noch größer sein müßte, so ist zuzugeben, daß aus Sicht der F.D.P. die Postreform II nicht weitgehend genug war. Es hat nicht an uns gelegen, daß wir damit nur eine Organisationsprivatisierung und eine Ablösung des staatlichen Monopols durch ein privates Monopol bekommen haben.
Dr. Max Stadler
Gleichwohl waren auch diese Reformschritte erfolgreich, auch wenn mein verehrter Vorredner das anders sieht. So konnte nach der Telekom AG nun auch die Deutsche Post AG schwarze Zahlen vermelden. Die „gelbe Post" erwartet für 1995 erstmals einen Gewinn in einer Größenordnung von 350 Millionen DM. Das ist für den Steuerzahler eine erfreuliche Nachricht.
Mit der Postreform III steht der entscheidende Reformschritt erst noch bevor. An dieser Stelle habe ich mir im Manuskript notiert, daß die Bedeutung des Telekommunikationsmarktes bald größer sein wird als die der Automobilindustrie. Da das aber schon alle Vorredner gesagt haben, will ich gleich dazu kommen, die zentralen Aspekte der bevorstehenden Reform aus der Sicht der F.D.P. anzusprechen.
Erstens. Die nachhaltige Öffnung der Telekommunikationsmärkte für mehr Wettbewerb muß rasch und möglichst weitgehend vor 1998 erfolgen, damit Deutschland im internationalen Vergleich aufholt. Das betrifft eine aktuelle Thematik, Herr Minister, das betrifft insbesondere die Freigabe alternativer Netze. Unabhängig von der heute von Ihnen zitierten Erklärung meinen wir, daß ein Termin zur Öffnung am 1. Januar 1998 zu spät wäre.
Zweitens. Der Wettbewerb setzt klare ordnungspolitische Rahmenbedingungen voraus, wenn Konkurrenz die Macht einzelner Großunternehmen beschränken und sich Innovation lohnen soll. Dabei hält die F.D.P. im Gegensatz zu den Sozialdemokraten eine sogenannte asymmetrische Regulierung der Telekom in der Anfangsphase für unerläßlich.
Drittens. Der Grundsatz muß lauten: So viel Markt wie möglich, so viel Regulierung wie nötig. Daraus ergeben sich Konsequenzen auch für die Ausgestaltung der Regulierungsbehörden, auf die ich gleich noch zu sprechen komme.
Viertens. Dem Mittelstand oder Kooperationen von mittelständischen Unternehmen müssen faire Chancen eingeräumt werden.
Die Vergabe regionaler Lizenzen muß möglich sein. Dies sollte unserer Meinung nach im Telekommunikationsgesetz ausdrücklich klargestellt werden.
Der Entwurf des Bundespostministers für das Telekommunikationsgesetz ist unter den genannten Prämissen grundsätzlich zu begrüßen. Aber es wäre die Aufgabe der Fraktionen falsch angesehen, Herr Kollege Bury, wenn wir uns mit allem schon jetzt einverstanden erklären müßten. Daher nenne ich als wichtige verbesserungsfähige Punkte:
Erstens. Die Definition des Universaldienstes muß im Gesetz selber festgelegt werden, um die Mitsprache des Bundestages in diesem zentralen Bereich sicherzustellen.
Zweitens. Die Konzeption und die Aufgaben der Regulierungsbehörde im Postbereich wie auch im Telekommunikationsbereich müssen noch einmal überdacht werden. Die Wettbewerbsaufsicht und die Fachaufsicht sollten strikt getrennt sein. Es spricht alles dafür, die Wettbewerbsaufsicht dem Bundeskartellamt zuzuordnen. Dies gewährleistet politische Unabhängigkeit, wie das Kartellamt seit Jahren beweist, und verhindert, daß sich die Wettbewerbsaufsicht durch Bundeskartellamt und Fachbehörde auseinanderentwickeln.
Analoges gilt für die Eckpunkte des Postministers zur Liberalisierung im Postbereich. Diese Eckpunkte sind im Grundsatz zu begrüßen. Jedoch wäre eine besondere Übergangsfrist von fünf Jahren für die Deutsche Post AG im zentralen Bereich des Postdienstes, der Lizenzklasse A für gewöhnliche Briefsendungen, wäre eine Verzögerung der Marktöffnung. Dagegen haben wir schwere Bedenken.
Entscheidend ist, daß es bei der Öffnung der Märkte keine weitere Verzögerung gibt. Daher muß jede Chance, Wettbewerb schon vor 1998 zuzulassen, genutzt werden.
Unverständlich war für uns daher die Haltung des Freistaates Bayern, der mit seiner Stimme am 26. Juni 1995 im Regulierungsrat gegen das Votum des Bundespostministers den Ausschlag dafür gegeben hat, den Mobilfunkbetreibern zu verbieten, schon jetzt Übertragungswege, die sie bisher von der Telekom anmieten müssen, selbst zu errichten. Hier zeigte es sich, daß entgegen landläufiger Meinung Wort und Tat beim bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber manchmal in bemerkenswerter Weise auseinanderklaffen.
Meine Damen und Herren, während wir mit dem Telekommunikationsgesetz insgesamt auf dem richtigen Weg sind, wird in der Öffentlichkeit zu Recht zunehmend die Untätigkeit der Medienpolitik kritisiert. Dies betrifft auch Fragen im Schnittpunkt von Rundfunkrecht, Telekommunikation und neuen Medien. Es erscheint sehr fraglich, ob neue Dienste, die individuell nachgefragt werden, etwa „Video on demand", dem Rundfunkrecht unterliegen. Wir brauchen die baldige Definition, welche neuen Techniken als „Rundfunk" im herkömmlichen Sinn anzusehen sind und welche nicht. Sonst droht durch Untätigkeit der Politik in diesem Bereich der Verlust von Wachstumschancen und damit von Arbeitsplätzen, wie wir ihn auf der anderen Seite durch die Wettbewerbsöffnung im Telekommunikationsbereich gerade noch rechtzeitig verhindern wollen.
Vielen Dank.