Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Töpfer! Ich bewundere immer den begnadeten Schönredner Töpfer - gerade bei diesem Etat.
Herr Willner hat sich Mühe gegeben, ihm nahezukommen.
Ich bin es eigentlich leid, hier immer als die Mekkertante aufzutreten,
und das immer wieder mit denselben Punkten. Aber wenn ich mir den Etat 1996 ansehe und wenn ich bedenke, wie die Etats des Jahres 1997 und der folgenden Jahre aussehen werden, stelle ich fest, daß die dramatisch schlecht sein werden. Ich finde, alle Fraktionen sollten das ernst nehmen und hier nicht darüber hinwegreden;
denn de facto sind wir an einem Punkt, an dem der
Haushalt fast nur noch aus bisherigen Verpflichtungen besteht und quasi keinen neuen Gestaltungs-
Franziska Eichstädt-Bohlig
raum bietet. Wir arbeiten nur noch ab und haben keinen neuen Handlungsspielraum. Ich meine, das ist ein Tatbestand, den wir wirklich nicht herunterreden sollten.
Erstens möchte ich zur Wohnungslosigkeit sprechen. Wir haben intensiv über Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit geredet. Was erscheint im Haushalt dazu? - Nichts. Das finde ich skandalös.
Zweitens möchte ich etwas zum Wohngeld sagen. Im Zusammenhang mit dem Mietenüberleitungsrecht haben wir intensiv über das Wohngeld gesprochen. Herr Töpfer redet ständig davon, eine Strukturreform einleiten zu wollen. Ich habe deutlich verstanden: Es geht um eine Strukturreform, die eine Wohngeldabbaureform und keine Wohngeldsicherungsund -erhöhungsreform ist.
Zum ersten Mal ist sehr deutlich geworden, Herr Töpfer, was Sie unter Strukturreform verstehen. Sie sollten das auch den Mietern so deutlich sagen, und zwar sowohl denen, die pauschaliertes Wohngeld bekommen, als auch denen, die normales Wohngeld bekommen.
Drittens gehe ich auf den sozialen Wohnungsbau ein. Schon oft wurde gesagt, der soziale Wohnungsbau sei offenbar der Steinbruch für Transrapid, für das Wärmedämmprogramm usw. Wir haben praktisch keinen sozialen Wohnungsbau mehr.
Herr Braun, ich empfinde es mittlerweile als Witz, daß Sie den sozialen Wohnungsbau grundsätzlich nur noch als dritten Förderweg verstehen. Ich verstehe darunter einen Wohnungsbau, der für die bedürftigen Gruppen gedacht ist, der preiswerte Wohnungen bereitstellt und nicht den Besserverdienenden zur Verfügung steht.
Mehr brauche ich dazu, glaube ich, nicht zu sagen. Herr Großmann hat das mit Zahlen belegt und im Detail ausgeführt.
Herr Töpfer, ich finde es langsam ein bißchen peinlich, daß Sie im Sommer von großen Reformen des sozialen Wohnungsbaus reden, obwohl wir auf der einen Seite gar keinen Etat mehr haben, der diese Reformen ermöglichen könnte, und obwohl wir auf der anderen Seite Sozialwohnungen im Bestand haben, deren Sozialbindungen schneller auslaufen, als Sie Ihre Reform überhaupt auf den Tisch bringen können. Ich weiß gar nicht, wofür diese Reform gut sein soll.
Ich habe schon mehrfach gesagt: Wir sind mit Ihnen in einigen Punkten d'accord; aber wir möchten diese Diskussion für die Bestandswohnungen im städtischen Bereich, die landeseigenen Wohnungen und die sonstigen öffentlichen Wohnungen führen. Sie haben die Diskussion letztlich nur für die bisherigen noch - bald nicht mehr - existenten Sozialwohnungen geführt.
Wir können uns darüber einigen, wenn Sie bereit sind, mit uns über eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit für die öffentlichen Bestände zu reden; denn die müssen wir zuallererst sichern. Gemeinsam können wir dabei sehr viel Geld sparen. Ich weiß, daß das eine heiße Kartoffel ist, daß die Wohnungsbaugesellschaften nicht gern damit befaßt werden wollen, da es viel bequemer ist, im jetzigen Rechtssystem zu arbeiten, als sich Sozialbindungen zu unterwerfen. Ich denke aber, wir müssen an das Thema herangehen.
Zur Fehlbelegung spare ich mir jedes weitere Wort. Herr Großmann hat dazu sehr schön Stellung genommen. Ich finde es wirklich ein bißchen komisch, daß Sie den Investoren dieses Geld, das dringend gebraucht wird, jetzt praktisch locker über den Tisch reichen wollen.
Zur Stadterneuerung habe ich von Ihnen überhaupt nichts gehört. Ich muß meine Brille schon dreimal putzen, um dazu etwas im Etat zu finden. Die Stadterneuerung West gibt es fast überhaupt nicht mehr: 1996 noch einen kleinen Tropfen, 1997 brauchen wir gar nicht mehr zu erwähnen.
Die Stadterneuerung Ost ist auch nur noch ein Tröpfchen auf den heißen Stein, und das, obwohl wir alle wissen und uns fraktionsübergreifend einig sind, daß Stadterneuerung Mittelstandsförderung, Konjunkturmotor, Stadtkultur, Baukultur, soziale Stabilisierung und ein Damm gegen die Zersiedelung ist. All das wissen wir, und trotzdem passiert in diesem Etat überhaupt nichts. Das heißt, die wirklich vorbildliche bundesrepublikanische Kultur der Stadterneuerung wird schlichtweg demontiert.
Im Osten kommt hinzu, daß das KfW-Programm Ende 1996 ausläuft. Ihr Ministerium stellt lapidar fest: „Volumen Anfang 1997 erschöpft". Wir fragen Sie: Was kommt danach? Wir haben dazu Vorschläge gemacht, Sie haben sie nicht hören wollen.
Unsere zentrale Forderung insbesondere für Ostdeutschland ist: Wir brauchen für die Erneuerung der Bestände, von der Innenstadterneuerung über die Großsiedlungen bis hin zu den 50er-Jahre-Siedlungen, dringend ein wohnungswirtschaftliches Gesamtkonzept. Wir können die Städte und die Baugesellschaften damit nicht alleinlassen. Das reicht von vorn bis hinten nicht aus, und Stadterneuerung West ist eine eigene Diskussion.
Sie sehen, ich fordere Geld. Ich will auch sagen, woher ich es nehmen will. Wir haben ein Alternativkonzept für die Wohnungseigentumsförderung vorgelegt, weil wir der Meinung sind, daß Ihr Konzept -
Franziska Eichstädt-Bohlig
trotz einiger Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Stand - ökologisch nichts anderes ist als die Aufforderung zum Flächenfraß und zur Zersiedelung, daß es den soeben von Ihnen genannten Raumordnungszielen massiv widerspricht. Dieses Programm ist nur in Gebieten mit niedrigen Bodenpreisen interessant, d. h. in Zersiedelungsgebieten; denn sonst greift es überhaupt nicht. In den Großstädten nützt es nichts. Von daher ist es ökologisch sogar kontraproduktiv,
obwohl Sie selbst die ökologische Raumordnung gefordert haben.
Ich bitte die Fraktionen, insbesondere die SPD- Fraktion, und die A-Länder dringend, sich unser Ökobonuspunktesystem und - das ist auch wichtig - unsere Vorschläge für einen schnelleren Abbau der Subvention für Haushalte mit besserem Einkommen, für die Streichung des Vorkostenabzugs und für andere Elemente anzusehen.
Wir können hier Geld sparen. Wir haben uns im Sommer die Mühe gemacht, intensiv zu rechnen. Unser Programm wird 3,6 Milliarden DM billiger als Ihres. Dieses Geld möchte ich zur Umverteilung in Richtung Wohngeld, sozialen Wohnungsbau und Stadterneuerung einsetzen. Hier brauchen wir das Geld. Es geht nicht an, daß eine einseitige Förderung der Eigentumspolitik zu Lasten der anderen Politikbereiche betrieben wird. Denn da finden sich die Haushalte mit niedrigem Einkommen.
Zum Schluß möchte ich noch einen Punkt ansprechen, auch wenn meine Zeit schon überschritten ist. Ich möchte noch ein Wort zum Umzug nach Berlin und zu unseren eigenen Maßnahmen im Bereich Bundestag sagen. Ein Punkt ist - deshalb sehe ich Sie an, Herr Kansy - die Baukommission.