Rede von
Prof. Dr.
Klaus
Töpfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die nüchternen Zahlen des Etats des Ministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zeigen einen Rückgang um 1,7 % gegenüber dem Vorjahr - ein Beleg dafür, daß auch der Haushalt des Bauministers einen Beitrag zu der dringend notwendigen Konsolidierung leistet.
Gerade ein Ministerium, das im Baubereich allein im Wohnungsbau 250 Milliarden DM mit zu verantworten hat, ist wie kaum ein anderes an soliden Staatsfinanzen interessiert. Wenn das nicht gelingt und wir inflationäre Prozesse oder Zinssteigerungen haben, sind alle Förderungen im Haushalt nichts wert. Wir sind an soliden Staatsfinanzen in ganz besonderer Weise interessiert. Dies muß immer wieder gesagt werden.
Ein halbes Prozent Zinssteigerung bringt den Bauherrn um mehr Geld, als eine Förderung ausmachen könnte, die wir vielleicht mit einigen Millionen DM mehr hätten.
Nun gehe ich auf meine Vorrednerin ein. Leider ist es bei uns allen so, daß wir dann, wenn unser Etat besprochen ist, weggehen; das ist heute abend ganz besonders wichtig zu erwähnen. Meine Vorrednerin von der SPD hat eben gesagt: Mit vollen Kassen kann jeder Politik machen. Aber wenn es knapp wird, dann muß man nachdenken, und dann muß man bereit sein, auch das noch einmal zu überprüfen, was sich über viele Jahre als selbstverständlich eingebürgert hat, dann muß man auch bereit sein, offen zu diskutieren und womöglich Zielgenauigkeit und Kreativität zu steigern. Das ist die Zeit, in der wir jetzt sind.
Das läßt sich nur machen, wenn man ein klares eigenes Konzept hat. Sonst wird man nur punktuell dort und hier etwas streichen. Man hat dann möglicherweise einen Beitrag zur Konsolidierung, aber keinen Beitrag zur Verläßlichkeit von Politik geleistet.
Diese Verläßlichkeit brauchen wir ganz dringlich, gerade im Baubereich.
Machen wir uns nichts vor: Es ist nicht ohne Besorgnis zu sehen, wie sich die Baukonjunktur entwickeln könnte. In den ersten fünf Monaten hatten wir in den westlichen Bundesländern einen deutlichen Rückgang der Bauanfragen. Wir bekommen eher eine leichte Abschwächung auf sehr hohem Ni-
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
veau. Wir haben im letzten Jahr fast 600 000 Wohnungen fertiggestellt, und es wird auch in diesem Jahr eine sehr hohe Zahl sein. Aber wir müssen das sehr genau verfolgen, weil andere Baubereiche, der Wirtschaftsbau und der öffentliche Bau, solche Bereiche möglicherweise nicht ausgleichen. Das heißt, Verläßlichkeit und Konzept sind dringend notwendig.
Wenn ich auf das zurückgreife, meine Damen und Herren, was ich in meiner ersten Rede als Bauminister hier sagen konnte, dann glaube ich feststellen zu können: Wir sind ein Stück vorangekommen. Wir haben gesagt: Baupolitik, Wohnungsbaupolitik ist Vermögenspolitik. Wir wollen in breiten Bevölkerungsbereichen die Möglichkeit von Eigentums- und Vermögensbildung über den Immobilienbesitz fördern.
Das wollen wir nachhaltig vorantreiben. Wir haben Anfang August im Bundeskabinett ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Ich glaube, diese Reform des selbstgenutzten Wohneigentums ist ein sehr guter Beitrag, um dem Ziel einer angewandten Vermögenspolitik wirklich näher zu kommen.
Das ist wiederum ein Beleg für angewandte Familienpolitik. Wenn es uns wirklich gelingt - ich hoffe hier auf die Unterstützung des ganzen Hauses -, das Baukindergeld als Zulage auf 1 500 DM zu erhöhen, also um 50 % zu steigern, und vielleicht die Familienkomponente noch weiterzuentwickeln, dann haben wir das in den letzten neun Monaten, seit wir hier das erstemal über Baupolitik als angewandte Familienpolitik sprachen, einen wesentlichen Schritt vorangebracht.
- Ein genaues Nachlesen des Gesetzes, Frau Kollegin, wird Ihnen zeigen, daß das nicht der Fall ist; aber dafür haben wir ja im Ausschuß Zeit. Ich bin jedenfalls nicht der Meinung, daß diese Kürzung, die Sie angesprochen haben, so stattfindet.
Wir haben durch die Reform des selbstgenutzten Wohneigentums, wie ich meine, mit einen guten Beitrag geleistet, um gerade in den Schwellenhaushalten, auch in den sozial schwächeren Bereichen, den Zugang zum Wohneigentum zu schaffen. Ich sage noch einmal: Das ist ein Stück angewandte Sozialpolitik, wie sie besser nicht sein kann. Die beste Mietenpolitik wird immer nur durch eine überzeugende, auch sozial treffsichere Wohneigentumsförderung flankiert werden können. Beides gehört untrennbar zusammen.
Wir wissen, daß wir in der vor uns liegenden wohnungspolitischen Diskussion intensiv weitere Überlegungen einbringen müssen. Vieles ist sicher wünschenswert, aber als Schranke existiert die Konsolidierung. Ich kann natürlich unter dem Gesichtspunkt der ökologischen Interessen noch viele zusätzliche
Forderungen anbringen, Frau Kollegin EichstädtBohlig.
- Ich habe mit Interesse Ihre Vorschläge gelesen. Aber es muß immer wieder gesagt werden: Wir tun allen Bürgern den schlechtesten Gefallen, wenn wir mit den Steuergeldern so umgehen, daß die Signale auf Unseriosität stehen und damit eine Zinspolitik kommen wird, die allen, die bauen, in besonderer Weise nachteilige Folgen bringt.
Herr Kollege Reschke, Sie haben wirklich Anspruch darauf, den Schürmann-Bau anzusprechen. Das muß ich Ihnen zugestehen. Mir hätte sonst auch etwas gefehlt. Deswegen wollte ich Ihnen gegönnt haben, daß Sie ihn angesprochen haben. Es ärgert mich selbst genug. Ich hoffe, daß wir auch diese Frage endgültig beantworten können.
Wir haben unsere Hausaufgaben zum ersten Teilbereich gemacht. Das Gesetz liegt vor. Ich hoffe auf eine konstruktive Zusammenarbeit.
Damit ist in ganz besonderer Weise natürlich auch das Bausparen verbunden. Wir haben von Anfang an den Schwerpunkt auf das Vorsparen gelegt, damit auch jüngere Menschen zum Bauen kommen. Wir bauen in Deutschland im Schnitt zu spät - mit 38 Jahren. Deswegen muß das Vorsparen wirklich gezielt ausgebaut werden. Ich freue mich, daß wir das mit der Vorlage erreicht haben. Ich sehe auch aus allen Teilbereichen breite Zustimmung. Frau Matthäus-Maier, die leider bei dem bedeutsamen Bereich des Bauwesens nicht mehr da ist
- sie ist da; wie konnte ich so etwas auch nur unterstellen, Frau Kollegin! -, hat heute morgen gesagt, wenn ich es richtig gehört habe, wir hätten da eine ganz prima Sache gemacht. Das habe sich die SPD auch schon so gedacht.
- Schon vorgeschlagen und gefördert.
Wissen Sie: Wenn wir immer nur danach fragen, wer das Erstgeburtsrecht für sich beanspruchen kann, kommen wir gar nicht mehr zum Handeln. Entscheidend ist, daß wir es jetzt machen. Da hoffe ich auf die Unterstützung des gesamten Hauses. Das ist für mich der wichtigere Punkt.
Meine Damen und Herren, dies ist auch ein Beispiel für den Ausgleich innerhalb Deutschlands. Das sage ich mit großem Nachdruck; denn daß gerade diese Wohneigentumsförderung für die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern unumgänglich notwendig ist, ist für mich ganz unstrittig. Vom jetzigen § 10e haben die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern bisher nichts gehabt.
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
Wenn wir dort Eigentum fördern wollen, müssen wir auf die Zulage setzen. Deswegen ist es gerade für diesen Teilbereich der deutschen Einheit ein so wichtiger Auftrag, dies jetzt so umzusetzen.
Zur Bürgschaftsabsicherung kann ich mich dem anschließen, was bereits gesagt wurde: Es ist eine gute, zusätzliche Förderung, weil gerade die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern noch nicht gleich die Kreditfähigkeit haben, so daß eine entsprechende Bürgschaftsabsicherung notwendig und richtig ist.
Der zweite Beitrag ist der soziale Wohnungsbau. Es ist wahr: Die Haushaltszahlen zeigen, daß es hier einen deutlichen Rückgang gibt. Wer das vorzulegen hat, muß sich fragen, wie dies in die von mir vorhin geforderte Konzeption insgesamt einzubinden ist. Das ist für meine Begriffe nur erklärbar und vertretbar, wenn wir uns darüber klarwerden, daß das für den sozialen Wohnungsbau verfügbare Geld effizienter, gezielter gerade für die eingesetzt werden muß, die auf Grund ihrer sozialen Situation diese Unterstützung des Staates brauchen.
Bund und Länder können sich Ineffizienzen in der Förderung nicht mehr erlauben. Wir können nicht mehr oder weniger Lottotreffer verteilen, nach denen der eine etwas bekommt und der andere nicht. Machen wir eine einkommensorientierte Förderung in den Neubauinvestitionen und in den Beständen; dann werden wir nicht weniger, sondern mehr Geld auch für den sozialen Wohnungsbau haben, obwohl wir die Haushaltsansätze bei Bund und Ländern gesenkt haben.
- Ich habe zwölf Minuten Zeit. Ich will gerne die Rechnung mit Ihnen machen, Herr Kollege Großmann.
Wir müssen doch feststellen, daß die Fehlbelegungsabgabe die Differenz zwischen einer Einkommensorientierung und der Bewilligungsmiete am Anfang nicht voll ausgleicht. Das ist auch ganz klar. Die Länder machen es unterschiedlich. Schleswig-Holstein rechnet eigentlich schon so, wie ich mir das vorstellen könnte. Das ist auch nicht irgendein, wie viele Länder das schon wieder glauben, Finanzverteilungsprozeß. Ich will den Ländern nicht die Fehlbelegungsabgabemittel wegnehmen, sondern ich will dazu beitragen, daß wir sozial gezielt fördern und dort, wo es nicht mehr notwendig ist, die Einkommensorientierung entsprechend mit einbinden. Das ist doch eine vernünftige und nachvollziehbare Regelung.
Wenn ich das mit der Wohnungswirtschaft bespreche, bekomme ich doch keine Kopfnüsse. Vielmehr sagen die: Leute, darüber müssen wir reden. Sie sagen als Fußnote dabei: Aber das Geld, das dann kommt, möchten wir gerne bei uns in den Unternehmen behalten. - Das ist eine nachvollziehbare Überlegung.
Aber daß wir in einer solchen Situation sozial gezielter vorangehen müssen, halte ich für gänzlich unumgänglich.
Zum Beitrag Wohngeld: Entgegen anderer Meinung bleibt es bei der Aussage, daß wir das Wohngeld so novellieren, daß es im Jahre 1996 wirksam werden kann. Ich füge aber auch hinzu: Es ist nicht mehr möglich, daß wir zu den bisherigen neun Novellen des Wohngelds schlicht und einfach eine zehnte hinzufügen, indem wir nur die Tabellen fortschreiben. Es muß einmal an die Struktur herangegangen werden.
Es kann doch nicht richtig sein, daß der Bund gegenwärtig knapp 3 Milliarden DM Wohngeld bezahlt, davon knapp zwei Drittel als pauschaliertes Wohngeld - also im Bereich der Sozialhilfe -, wo es voll und ganz dynamisiert ist, wodurch wir eher einen mietentreibenden als einen mietendämpfenden Effekt haben. Das sind strukturelle Fragen. Die Antworten darauf kann man nicht aus dem Ärmel schütteln. Wenn wir nur fortschreiben, dann verlängern wir diese Probleme in die Zukunft. Ich glaube, deren Lösung sollte unser aller Anliegen sein.
Sprechen Sie einmal mit Ihren Kommunalpolitikern darüber. Auch die werden Ihnen sagen: Geht einmal an diese Strukturen heran und überprüft, wie ihr eine solche Verkantung innerhalb des Wohngeldes ändern könnt.
Deswegen noch einmal: Ich bin der festen Überzeugung, daß wir auch von unseren Finanzpolitikern in den Fraktionen aufgefordert werden, an dieses Wohngeldgesetz heranzugehen, um - ich sage es noch einmal - diese Verkantung wegzubekommen.
Nächster Punkt: Wenn wir die Bildung von Wohneigentum gerade auch für Schwellenhaushalte besser fördern wollen, dann setzt das unumgänglich voraus, daß wir uns mit den Baukosten beschäftigen. Es macht keinen Sinn, daß wir besser fördern, diese bessere Förderung aber durch steigende Kosten bei Bauland und Bauobjekt kompensiert wird. Das kann nicht richtig sein; dafür sollten wir uns die Mühe nicht machen.
Deswegen, meine Damen und Herren, gehen wir an diese Frage sehr nachhaltig heran. Sie wissen, daß dafür ein ganzer Strauß von Maßnahmen eingesetzt werden muß. Ich jedenfalls gehe davon aus, daß dies eine breite Unterstützung von der Bauwirtschaft bis zu den planenden Berufen der Architekten und Ingenieure findet.
Damit verbunden ist die ökologische Komponente. Ich möchte mit allem Nachdruck widersprechen, wenn es heißt: Ökologischer bauen heißt teurer bauen. Dies ist nicht richtig. Ökologischer bauen
Bundesminister Dr. Klaus Töpfer
heißt allerdings etwas intelligenter bauen, heißt nachzudenken, wie man Grundrisse macht, wie man Gebäude plaziert, wie man mittelfristig Betriebskosten einspart und diese kapitalisieren kann.
- „Ein bißchen bescheidener" sagt der Kollege Kansy. Das sagt er gerade mir, nachdem er aus dem Urlaub gekommen ist.
Meine Redezeit ist zu Ende. Aber lassen Sie mich mit einem Satz noch auf einen Punkt aufmerksam machen. Wir müssen dahin kommen und weiter daran arbeiten - das ist nicht in erster Linie ein Haushaltsproblem -, daß wir mehr in eine nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung investieren können. Wir müssen auch an gesetzlichen Vorgaben arbeiten.
- Sehen Sie, Frau Kollegin Matthäus-Maier, jetzt habe ich wieder jemanden, der das Eigentum nennt. Es ist schon schwierig in diesem Hohen Hause: Wenn du irgend etwas sagst, hat es irgend jemand vorher schon einmal gesagt. In diesem Falle hat auch Frau Eichstädt-Bohlig schon einmal von der nachhaltigen Stadt- und Raumentwicklung gesprochen. Ich möchte das in besonderer Weise unterstreichen.
Ich halte es für extrem wichtig, daß wir solche Dinge wie die Entleerung der Innenstädte nicht einfach passiv hinnehmen. Vielmehr müssen wir alles daran setzen, diese Entwicklung zurückzudrehen. Wir brauchen lebendige, vitale Innenstädte, mit Wohnungen, mit Handel, mit Handwerk. Nur dann können wir einen Amerikanisierungsprozeß unserer Städte und der Raumordnung verhindern. Deswegen ist das nicht ein Anhängsel, sondern eine zentrale Frage für die vor uns liegenden zwölf Monate, in denen auch dieser Haushalt seine Wirkung haben wird.
Ich danke Ihnen sehr herzlich.