Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eben ein Beispiel erlebt, wie dissonant der Chor der SPD ist. Hier ist etwa im Bereich der Kernenergie eine Extremposition vertreten worden; die selbst in der SPD nicht nur nicht mehrheitsfähig ist, sondern nur von einer kleinen Minderheit vertreten wird.
Man kann bei Ihnen nie ganz richtig sagen, ob man - gemeinsames Deutsch ist bei Ihnen offenbar nicht mehr drin - Niedersächsisch, Saarländisch oder Pfälzisch hört. Jedenfalls hört man nie, was gemeinsam von allen getragen worden ist.
Sie haben die Energiekonsensgespräche in einer Weise dargestellt, Herr Kuhlwein, in der Sie sie persönlich interpretieren wollten.
Sie haben zum Transrapid etwas gesagt und haben dabei verschwiegen, wie das Abstimmungsverhalten im Haushaltsausschuß gewesen ist. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, wie dort abgestimmt
worden ist und wieviel Kollegen Ihrer Partei dem Transrapid-Konzept zugestimmt haben.
Das muß hier einmal gesagt werden, weil so getan wird, als ob es eine geschlossene Politik gäbe, und ein Zukunftsprojekt, das viele auch Ihrer Kollegen für zukunftsträchtig halten, so dargestellt wird, als ob es dazu eine gemeinsame Meinung der SPD gäbe, was tatsächlich überhaupt nicht der Fall ist. Wenn Sie dazu einmal eine Mitgliederbefragung durchführen, dann werden wir sehen, was dabei herauskommt. Aber das trauen Sie sich nicht.
Meine Damen und Herren, ich möchte folgendes sagen. Herr Kuhlwein, auch atemberaubende Rechenkunststücke bringen Sie doch gar nicht davon weg, daß die Bundesrepublik Deutschland unter allen Industrienationen der Welt die einzige ist, die 3 % ihres gesamten Staatshaushalts für den Umweltschutz ausgibt. Sie tun hier doch so, als ob Umweltschutz nur im Umweltministerium gemacht würde. Wir können darüber sicher trefflich streiten.
- Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich spreche vom Gesamtstaat. Ich spreche davon, daß beim Umweltschutz die Ausführung eine Sache der Länder ist. Dies wird hier völlig verschwiegen. Es wird so getan, als ob das Regelungsministerium bereits das Durchführungsministerium wäre. Wir haben Gott sei Dank eine föderalistische Grundordnung. Wir haben Gott sei Dank nicht eine staatlich gelenkte Umweltschutzpolitik, bei der von einem Ministerium der Versuch unternommen würde, alles zu machen. Das gelingt sowieso nicht.
Ich will hier ein paar Zahlen nennen. Die Länder in der Welt, die am meisten für den Umweltschutz tun, sind ganz kleine Nationen. Dazu gehört Neuseeland. Neuseeland gibt 2,5 % des gesamten Staatshaushalts für den Umweltschutz aus. Es gibt ein einziges Land, das mehr tut. Das ist merkwürdigerweise die Schweiz. Sie gibt über 3 % aus. Wir sind an der zweiten Stelle, wenn man den Gesamtstaatshaushalt betrachtet.
Herr Kuhlwein, ich gebe Ihnen in einem recht: Wir können trefflich darüber streiten, was man rein- oder rausrechnet. Auf den PDS-Beitrag will ich in diesem Zusammenhang wirklich nicht eingehen. Die Dame hat sich selbst disqualifiziert, weil sie Schwierigkeiten beim Vorlesen hatte.
- Ach, sie geht gerade. Es ist auch richtig, daß sie geht.
Arnulf Kriedner
- Ich entschuldige mich, lieber Herr Kollege. Ich entschuldige mich dafür, daß ich ihr das Vorlesen unterstellt habe. Aber es war doch ein sehr schwacher Beitrag. Darüber sind wir uns im Hause doch alle einig.
- Herr Kollege Küster, nun regen Sie sich wieder ab. Ich habe mich entschuldigt, und damit dürfte der Fall doch wohl aus der Welt sein. Ihnen wird hier vorn am Rednerpult auch schon einmal ein Lapsus passiert sein.
Herr Fischer ist auch nicht mehr da.
- Er hat einen ganz interessanten Zwischenruf gemacht. Ihn möchte ich, falls er nicht stenographiert worden ist, ganz gern festhalten, damit die Bürger wissen, was die Grünen vorhaben. Kollege Klaus Lippold hat hier ausgeführt
- jetzt wird ja mitgeschrieben; das brauchen Sie nicht; das können Sie nachlesen -: Wir greifen dem Bürger nicht mit 50 % in die Tasche. Das ist nicht unsere Politik. - Daraufhin warf Herr Fischer ein: Aber unsere! Wir greifen dem Bürger, wenn es nottut, auch mit 150 % und mehr in die Tasche!
Ich will das hier ganz nüchtern festgehalten wissen, damit wir wissen, worüber wir reden.
Meine Damen und Herren, ich will etwas zu der Frage sagen, die hier debattiert worden ist. Ich meine, Kollege Rochlitz hat hier gesagt: Die gesamte Umweltpolitik, die im Bundesumweltministerium gemacht werde, sei nichts anderes als Aufbereitung der Vergangenheit. Wenn 2 Milliarden DM in den verschiedenen Ministerien eingesetzt werden, um in Ostthüringen und in Südsachsen aufzuräumen, was der Sozialismus hinterlassen hat, nämlich eine skandalöse, verstrahlte Landschaft, dann machen Sie uns das zum Vorwurf. Das ist doch wohl fast pervers in der Art und Weise, wie man das hier darstellt.
Lieber Herr Kollege Rochlitz, das ist Zukunftsfürsorge. Aber wollen Sie die Gegend entsiedeln, wie Sie hier empfohlen haben? Oder wie soll ich es mir vorstellen, wenn Sie sagen: „Man müßte notfalls die Leute da herausholen"? Haben Sie einmal mit den Leuten in Ronneburg gesprochen? Ich bin Thüringer Abgeordneter. Ich führe Gespräche vor Ort, vielleicht im Gegensatz zu Ihnen. Auch Sie sollten einmal mit den Leuten reden. Sie sind froh und dankbar, daß es jetzt eine Politik gibt, die sie von den Altlasten befreit.
Das ist auch Vorsorge für die Zukunft. Das ist in vielen Bereichen so.
Ich sage hier ganz bewußt: Ich stehe hinter der Politik dieser Bundesregierung, hinter dem, was im Zusammenhang mit der Atompolitik, die im Osten betrieben worden ist, gemacht wird. Jede Mark, die in der Ukraine, in Belorußland oder in Rußland eingesetzt wird, ist an der richtigen Stelle investiert. Über den Grundsatz „Kernenergie, ja oder nein?" haben wir noch gar nicht debattiert. Dazu mögen Sie Ihre Position haben, ich habe sicher eine andere.
Aber daß wir in diesen Regionen zu größerer Sicherheit kommen müssen und daß die Bundesrepublik bei den betreffenden Maßnahmen weltweit 30 aller Kosten trägt, auch das müssen Sie dem Bürger sagen. Das ist Vorsorgepolitik für die Bürger hier und dort. Denn wir alle wissen, wie die Auswirkungen eines Falles wie Tschernobyl auf die eigenen, aber insbesondere auf die Bürger dort gewesen sind. Ich kann nicht wie die Grünen auf der einen Seite weinselige Veranstaltungen - ich meine jetzt nicht den Wein, den man trinkt - mit Opfern von Tschernobyl machen und auf der anderen Seite die wirksame Hilfe verweigern, die die Bundesregierung leistet. Das ist doppelbödige Politik; diese machen wir nicht mit.
- Das machen Sie mit den Argumenten, die Sie hier vorbringen. Es ist doppelbödig, wenn er sagt, wir geben zuviel aus. Reaktorsicherheit und Vorsorge sind ein bißchen etwas anderes als die von Ihnen hier beschworene Atompolitik, die angeblich dort gemacht wird. Ich glaube auch, Herr Kollege Kuhlwein, Sie sind auf dem falschen Dampfer. Mich würden Ihre Rezepte interessieren, was Sie denn, Herr Kollege Kuhlwein, wenn Atommüll da wäre, mit diesem Atommüll anfangen wollen. Das frage ich mich in der Tat, Herr Kollege Kuhlwein, weil Sie bisher diese Antwort schuldig bleiben. Sie sagen nur alles, was Sie nicht wollen. Aber was Sie wollen, sagen Sie in diesem Zusammenhang nicht. Sie schießen den Atommüll wahrscheinlich in die Sonne oder irgend so etwas. Ein Konzept habe ich von Ihnen nicht gehört, aber Sie wollen sich ja dazu in Frageform an mich wenden.