Rede von
Manfred
Hampel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das mag als Rechengröße für eine Volkswirtschaft stimmen; da gebe ich Ihnen völlig recht.
Manfred Hampel
Aber die Verhältnisse in den neuen Bundesländern sind eben noch nicht unter marktwirtschaftlichen Bedingungen vergleichbar.
Sie können sagen: Okay, wir installieren die Marktwirtschaft und lassen es erst einmal crashen, dann sollen sich die Strukturen wie Phönix aus der Asche wieder aufbauen. Es ist ja auch ein gewisser Crashkurs in den letzten Jahren gefahren worden.
Aber, bitte sehr, das hat man doch nicht wollen können.
- Die Volkswirtschaft, die einfach nicht wettbewerbsfähig war. Da gebe ich Ihnen doch recht.
Sie sprechen davon, daß die Investitionsförderung in den neuen Bundesländern gezielt und gestrafft fortgeführt werden müsse. 1996 wird es noch nicht gar so dramatisch sein. Aber wenn ich mir ansehe, daß die Gemeinschaftsaufgabe für die neuen Bundesländer bis 1999 auf lächerliche 855 Millionen DM heruntergefahren wird, dann weiß ich nicht, ob das ausreichend sein wird. Wenn man Stimmen hört, die besagen, daß in den neuen Bundesländern selbst bei einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von durchschnittlich 10 % pro Jahr um die Jahrtausendwende gerade einmal 60 % des westdeutschen Niveaus erreicht sein werden, dann ist das meines Erachtens kein Indikator dafür, jetzt diese Fördermaßnahmen zurückfahren zu können.
Ähnliches gilt für die Innovationsförderung, ähnliches gilt auch für andere Bereiche der Förderung in den neuen Bundesländern.
Einen Punkt möchte ich auch noch anschneiden, den Sie gar nicht erwähnt haben, den aber meine Kollegin Matthäus-Maier schon ziemlich weit ausgeführt hat. Allerdings macht es die Bedeutung dieses Punktes notwendig, wiederholt auf ihn hinzuweisen.
Ich meine die Altschulden der Kommunen auf Gesellschaftsbauten. Bisher sind, ausgehend von 5 Milliarden DM bei der Währungsumstellung, ungefähr 2,4 Milliarden DM an Zinsen angefallen, so daß derzeit rund 7,4 Milliarden DM zu Buche stehen. Der Bund stellt sich auf den Standpunkt, das seien Altschulden, die er mit der Währungsumstellung buchmäßig übernommen habe und jetzt eintreiben wolle.
Dabei ist allerdings folgendes zu beachten. Erstens gibt es eine krasse Ungerechtigkeit zwischen den einzelnen Kommunen. Seitens des Bundes wird immer wieder argumentiert, davon seien nur 14 % der
Kommunen betroffen. Ich weiß aber nicht, wieviel Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind; denn 14 % der Kommunen, das könnten auch alle Großstädte sein, alle Millionenstädte, z. B. Berlin. Wenn man die dann alle mit - wie man in Bayern sagen würde - Hintertupfingen in einen Topf wirft, dann wird eine Gemeinde mit 500 oder 1 000 Einwohnern genauso behandelt wie Leipzig, denn das sind zwei Kommunen. Das ist doch keine solide Rechnung.
- Ich habe nicht gesagt, daß es Bundesschulden sind. Aber es sind Schulden, die sicher Bund, Länder und Kommunen gemeinsam abdecken müssen.
Denn es nur auf die Kommunen abschieben zu wollen, das würde deren Handlungsunfähigkeit hervorrufen.
- Ich habe die Länder mit erwähnt; ich habe sie nicht außen vor gelassen. Aber so wie Sie sich im Moment verhalten, wollen Sie die Gelder einzig und allein von den Kommunen eintreiben. Das wird schlicht und ergreifend nicht gehen, weil diese Kommunen dann handlungsunfähig werden.
Hierbei will ich noch einen Punkt anführen: Es gibt eine Reihe von Großkommunen, die dann sehr stark verschuldet wären. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Kommunen, die mit null Schulden aus diesem Spiel herausgehen, einfach weil sie zur damaligen DDR-Zeit zufällig keine Schulden zu Buche stehen hatten.
Das ist doch eine Situation, bei der man fragen muß: Wie schafft man Gerechtigkeit zwischen allen? Das sind Gedanken, die Sie sich machen müssen.
Sie können nicht einfach sagen: Bei den Kommunen, bei denen es zu Buche steht, treibe ich es ein; dort versuche ich auch, es mit Rechtsmitteln durchzusetzen. Das ist wohl nicht praktikabel.
Zum letzten Satz, den Sie gesagt haben, Herr Waigel - da lachen nicht nur die Ostdeutschen -, das Steuersystem sei einfach und überschaubar. Fragen Sie einmal diejenigen in den neuen Bundesländern, die in den vergangenen Jahren Einkommen- und Lohnsteuererklärungen abgeben mußten. Das ist ein
Manfred Hampel
Satz, der auch hier, in den alten Bundesländern, erhebliche Heiterkeit hervorrufen wird.
Schönen Dank.