Rede von
Manfred
Hampel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe heute in der Einbringungsrede von Herrn Bundesfinanzminister Waigel einige Sätze gehört, die meinen Zweifel, ob er Bach- und fachgerecht über die Verhältnisse in den neuen Bundesländern informiert ist, in erheblichem Maße gesteigert haben.
In einem Satz kann ich Ihnen zustimmen, Herr Waigel: Die Langzeitarbeitslosigkeit ist zu hoch. Es ist auch erfreulich, daß Sie sich zu der Verantwortung bekennen. Aber für die neuen Bundesländer die Langzeitarbeitslosigkeit dem wirtschaftlichen Wachstum zu überlassen ist eine Illusion, die man einfach nicht teilen kann.
Wenn z. B. die Maßnahmen nach § 249h AFG, die nicht unbedingt ein Instrument des zweiten Arbeitsmarktes sind, sondern der Unterstützung des ersten dienen, nicht ausgeschöpft werden, weil sie vielleicht nicht effektiv und effizient genug eingesetzt werden, dann machen Sie sich bitte sehr Gedanken, wie Sie dieses Instrument verbessern können, und kürzen Sie nicht einfach!
Im Haushaltsausschuß hatten wir 1994 den Beschluß gefaßt, daß nicht mehr als 7,5 Milliarden DM aus dem Bundeshaushalt für die Treuhandnachfolge ausgegeben werden dürfen. Diesen Beschluß haben wir mitgetragen. 1995 sind gerade noch knapp über 5 Milliarden DM eingestellt worden. 1996 sollen es nur noch knapp über 3 Milliarden DM. sein, also deutlich weniger als die 7,5 Milliarden DM. Wenn Sie nur einen Bruchteil dieser Mittel z. B. für Maßnahmen nach § 249h verwendet hätten, dann wäre der Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern in erheblichem Maße entlastet.
Ein zweiter Satz, Herr Waigel - ich empfehle Ihnen, diesen Satz in einer Bürgerversammlung in den neuen Bundesländern laut und deutlich zu wiederholen -:
Gebühren und Abgaben der Bürger gehen zurück. Tim Sie mir bitte den Gefallen und versuchen Sie, diesen Satz bei uns zu wiederholen! In jeder Bürgerversammlung wird man erschlagen mit Klagen über Abfallgebührenerhöhurgen,
hohe Anliegerbeiträge für den Straßenbau, steigende Abwassergebühren und ähnliche Dinge. Tun Sie mir also bitte den Gefallen und gehen Sie dort hin!
Sie sprechen das Ausbildungsprogramm an. 14 500 Ausbildungsplätze sollen vom Bund gefördert werden. Das ist zunächt einmal sehr positiv, aber es reicht nicht aus. Es fehlen immer noch 30 000 Ausbildungsplätze; sie stehen nicht zur Verfügung. Auch darüber sollten Sie sich Gedanken machen und sich nicht einfach stolz auf den 14 500 Ausbildungsplätzen ausruhen. Was ist denn mit den 30 000 Menschen, die keine Existenz aufbauen können, weil sie keinen Ausbildungsplatz finden? Das sind Dinge, die im Bundeshaushalt in einem viel stärkeren Maße berücksichtigt werden müßten, als es der Fall ist.
Sie sprechen vom Abbau des Solidaritätszuschlags - vor allem Ihr Koalitionspartner F.D.P. -, am liebsten 1997.
- Ja, aber Sie müssen dabei auch die wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigen. Nur aus der Wunschvorstellung heraus, daß dann die Bürger entlastet würden, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen ist doch keine realistische Einstellung.
Wenn die Bedingungen der wirtschaftlichen Entwicklung so sind, daß man den Zuschlag zurückfahren kann, dann werden wir die letzten sein, die ihn weiter aufrecht erhalten wollen. Aber, bitte sehr, die wirtschaftlichen Bedingungen sind doch nicht so, daß man davon ausgehen kann.