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    Plenarprotokoll 13/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1995 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Leni Fischer (Unna) und des Bundesministers Dr. Norbert Blüm 4095 A Abwicklung der Tagesordnung 4095 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 4095 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 4106B Hans-Peter Repnik CDU/CSU 4114 C Ingrid Matthäus-Maier SPD , . 4116C, 4159A, 4180C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4120B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 4124B Dr. Christa Luft PDS 4129D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 4131 D Manfred Hampel SPD . . . . . . . . 4136A Walter Hirche F.D.P 4136D Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 4138A Dr. Barbara Hendricks SPD 4141 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 4143D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 4146D Dr. Liesel Hartenstein SPD 4150 C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 4152D Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4154D Birgit Homburger F D P. 4157 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4159B Rolf Köhne PDS 4159 C Eva Bulling-Schröter PDS 4160D Eckart Kuhlwein SPD 4162B Arnulf Kriedner CDU/CSU 4164 B Eckart Kuhlwein SPD 4165D, 4181D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 4166 C Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 4168D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4170B, 4180A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4171 A Hans Georg Wagner SPD 4172 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 4174 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4176A Horst Friedrich F.D.P. . . . . . . . . 4178B Elke Ferner SPD 4181 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4181B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . 4181 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS . . . . . 4182 C Heide Mattischeck SPD 4183 D Matthias Wissmann CDU/CSU . . . 4184 C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 4186 C Achim Großmann SPD 4189B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 4190D, 4191B Gert Willner CDU/CSU 4192 B Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4193D Dr. Klaus Röhl F.D.P 4195 B Klaus-Jürgen Warnick PDS 4196C Dieter Maaß (Herne) SPD 4197 D Herbert Frankenhauser CDU/CSU . . 4199C Achim Großmann SPD 4200A Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 4201 A Hans Martin Bury SPD 4203 B Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 4205 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4207C Dr. Max Stadler F D P. 4208D Gerhard Jüttemann PDS 4210A Arne Börnsen (Ritterhude) SPD 4210B Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4211C Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU 4213B Tagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 13/2245) b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes (Drucksache 13/2246) 4144 D Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksache 13/1444) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes (Drucksache 13/1446) c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland durch Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren (Drucksache 13/1445) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 1994 (Drucksache 13/1667) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau (Drucksache 13/1887) f) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß 56 a der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Technikfolgenabschätzung hier: Neue Werkstoffe (Drucksache 13/ 1696) 4145 A Tagesordnungspunkt 4: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußfassung über die Weitergeltung der - Geschäftsordnung des Gemeinsamen Ausschusses - Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115 d des Grundgesetzes (Drucksache 13/ 2239) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Mai 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand fiber die Überstellung von Straftätern und über die Zusammenarbeit bei der Vollstrekkung von Strafurteilen (Drucksachen 13/666, 13/1760) c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 19. Dezember 1988 betr. die Auslegung des Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie zur Übertragung bestimmter Zuständigkeiten für die Auslegung dieses Übereinkommens auf den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Drucksachen 13/669, 13/1761) d) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Zielen und Instrumenten einer Währungspolitik (Drucksachen 12/7805, 13/725 Nr. 59, 13/1584) 4145D Nächste Sitzung 4213 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4215* A Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Renate Rennebach (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entschließungsantrag auf Drucksache 13/1835 zum Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen auf Drucksachen 13/1802 und 13/1855 in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 . . . . 4215* D 50. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1995 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 5. 9. 95 Andres, Gerd SPD 5. 9. 95 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 5. 9. 95 Formanski, Norbert SPD 5. 9. 95 Frick, Gisela F.D.P. 5. 9. 95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 5. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 5. 9. 95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 5. 9. 95 Jelena Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 5. 9. 95 Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 5. 9. 95 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 5. 9. 95 Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 5. 9. 95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 5. 9. 95 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 5. 9. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 5. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 5. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lotz, Erika SPD 5. 9. 95 Lüth, Heidemarie PDS 5. 9. 95 Neuhäuser, Rosel PDS 5. 9. 95 Dr. Protzner, Bernd R. CDU/CSU 5. 9. 95 Dr. Rappe (Hildesheim) SPD 5. 9. 95 Hermann Schätzle, Ortrun CDU/CSU 5. 9. 95 Dr. Scheer, Hermann SPD 5. 9. 95 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schenk, Christa PDS 5. 9. 95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 5.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 5. 9. 95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 5. 9. 95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 5. 9. 95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 5. 9. 95 Simm, Erika SPD 5. 9. 95 Thieser, Dietmar SPD 5. 9. 95 Tippach, Steffen PDS 5. 9. 95 Tröscher, Adelheid SPD 5. 9. 95 Vosen, Josef SPD 5. 9. 95 Wieczorek-Zeul, SPD 5.9.95 Heidemarie Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Renate Rennebach (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entschließungsantrag auf Drucksache 13/1835 zum Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen auf Drucksachen 13/1802 und 13/1855 in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 (Seiten 4020 A bis 4022 C) In der Abstimmungsliste ist mein Name bei den Enthaltungen aufgeführt. Ich erkläre, daß ich nach meiner festen Überzeugung mit Ja gestimmt habe.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Peter Repnik


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein. Die erste Frage bestätige ich.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Aha!)

    Moment! Es geht jetzt um die Konsequenzen. Wenn Sie hier beklagen, daß der Verteidigungshaushalt zu stark anwächst, dann haben Sie damit logischerweise zum Ausdruck gebracht, daß Sie der Meinung sind, ihn kürzen zu müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Deshalb habe ich hier nichts anderes als die Wahrheit gesagt.

    (Zuruf der Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD])

    - Moment, ich komme gleich zum nächsten Punkt. Ich bleibe auch bei dem nächsten Punkt bei der Wahrheit. Sie sollten prüfen, ob sich Ihre Aussage an der Wahrheit messen lassen kann.
    Sie haben uns im Zusammenhang mit dem Vermittlungsverfahren und dem Jahressteuergesetz vorgeworfen, Sie hätten entsprechende Vorschläge eingebracht und wir seien Ihnen gefolgt. Ich möchte hier mit Deutlichkeit zur Kenntnis bringen: Der Gesetzentwurf ist von der Koalition und nicht von der SPD eingebracht worden.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Darin standen die 200 DM!)

    - Natürlich, mit unserem Optionsmodell, mit der Gegenverrechnung steht das natürlich darin. Deswegen stimmt Ihre Aussage nicht.
    Ich möchte festhalten, obgleich Sie bereits zum dritten Mal im Deutschen Bundestag etwas anderes behauptet haben: Dieses Modell, dieses Steuerpaket 1996 und das Familienentlastungs- und Familienleistungsmodell ist sowohl steuersystematisch als auch familienpolitisch unser Vorschlag, unser Modell und

    Hans-Peter Repnik
    unser Erfolg. Sie können sich hiervon nichts auf das Butterbrot schmieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Die Leute werden sich daran erinnern. Ich hoffe, sie werden nicht nur Ihren Desinformationen aufsitzen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: 250 DM Kindergeld im Wahlkampf!)

    - Nein. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, es war die SPD, die ein einheitliches Kindergeld von 200 DM gefordert hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU Zuruf der Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD])

    - 250 DM. Nachher waren es weniger; Sie haben sich mit weniger beschieden. Wir haben gesagt: Aus verfassungsrechtlichen und aus familienpolitischen Gründen - wenn man an die Situation der Familien mit zwei, drei, vier oder mehr Kindern denkt - ist dies ungerecht. Deshalb haben wir nicht 220 DM, sondern 200 DM für das erste und das zweite Kind, 300 DM für das dritte Kind und 350 DM für jedes weitere Kind vorgeschlagen und durchgesetzt. Dazu bedurfte es keiner Hilfestellung durch die SPD.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Da lacht sogar der Bundeskanzler! Der Kanzler lacht!)

    Nachdem Sie so engagiert reagieren, erscheint es vielleicht doch wichtig, darauf hinzuweisen, daß die Vorstellungen, die Sie im Zusammenhang mit dem Familienleistungsausgleich eingebracht haben, mit der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts nicht übereinstimmen. Auf Deutsch: Sie waren nicht verfassungskonform. Wir haben eine Lösung, die familienpolitisch Sinn macht und verfassungskonform ist. Diese Lösung nützt den Menschen im Lande.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deshalb hilft das weitere Polemisieren über die Spitzenverdiener, die Sie angesichts sich möglicherweise in Funktion befindlicher Fernsehkameras wieder angesprochen haben, auch nicht. Ihr Modell wäre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerade dieser Verdienstgruppe nicht gerecht geworden. Dann erheben Sie also nicht den Anspruch, daß es durchsetzbar gewesen wäre. Es war verfassungwidrig.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Das ist nicht wahr!)

    - Es ist doch hochinteressant. Es ist für die Öffentlichkeit wichtig, klarzumachen, wer die Verantwortung wofür trägt und wem die Verdienste gehören. Sie gehören eben nicht der SPD.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deswegen möchte ich auf einen zweiten Punkt hinweisen. Sie und Herr Poß haben es eingestanden -
    das war eine wundersame Wendung Ihrer bisherigen
    Haltung -, daß Sie bis zum Schluß behauptet haben, daß das Existenzminimum bei 12 000 DM oder in dieser Größenordnung ab 1996 nicht verfassungsgemäß, sondern verfassungswidrig sei. Sie haben dem Finanzminister heute auf Fragen zugestanden, daß das so zutreffe.
    Das zeigt, wir haben im Gegensatz zu Ihnen eine langfristige, eine seriöse, an der Verfassung ausgerichtete Planung.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sie können viel reklamieren, aber nicht das Kindergeld!)

    Ich komme nun zum nächsten Punkt, den der Finanzminister angesprochen hat, nämlich zur Unternehmensbesteuerung. Frau Kollegin MatthäusMaier, ich bin froh, daß es innerhalb der SPD eine Trendwende in der Meinung gegeben hat, und zwar nicht nur bei dem einen oder anderen Ministerpräsidenten, sondern auch in der eigenen Fraktion.
    Die Unternehmensteuerreform und die Vermögensteuerreform, die der Finanzminister angesprochen hat, sind Themen, die sich nicht zum Klassenkampf eignen. Wir haben beide Themen unter dem Stichwort Standort Deutschland ausdrücklich angesprochen. Wir alle sind nach wie vor über die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt besorgt. Wir wissen, daß wir alle, Regierungskoalition wie Opposition, in der Pflicht stehen.
    Nur, jedesmal, wenn wir versuchen, irgendwo etwas im Hinblick auf die Verbesserung der Standortqualitäten, z. B. bei der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer, bei der mittelstandsfreundlichen Gestaltung der Gewerbeertragsteuer oder bei einer möglichen Abschaffung der Vermögensteuer, zu ändern, dann werfen Sie uns Sand ins Getriebe und gefährden das Bemühen, Menschen zusätzliche Arbeitsplätze in der Bundesrepublik Deutschland zu geben und die Standortqualitäten zu verbessern.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang eine wichtige Anmerkung machen, die ebenfalls im Zusammenhang mit dem Vermittlungsverfahren eine Rolle gespielt hat. Die Frage ist: Wie behandeln wir die Kommunen im Rahmen der Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden? Jeder weiß, daß die Kommunen große Schwierigkeiten haben.
    Deshalb hat der Finanzminister die Kommunen im Rahmen des Verfahrens direkt an der Umsatzsteuer teilhaben lassen wollen. Leider ist das mit dem Votum der SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat nicht möglich gewesen. Aber wir werden sorgfältig darauf achten, daß die Zustimmung, die uns der Bundesrat gegeben hat, die Kommunen entsprechend am Steuerausfall bzw. an den Mehreinnahmen durch die 5,5 zusätzlichen Umsatzsteuerpunkte, die die Länder bekommen, auch eingehalten wird.
    Ich habe eine zweite Bitte an die Bundesländer. Theo Waigel hat davon gesprochen, wie sehr uns die 8 Milliarden DM Ausfall durch den Wegfall des Kohlepfennigs belasten. Wir müssen sie aus dem Haus-

    Hans-Peter Repnik
    halt finanzieren. Wir haben ebenfalls darauf zu achten - hier sind in erster Linie die Länder in der Pflicht -, daß das Einsparvolumen von 8 Milliarden DM nicht in den Gewinnen oder den Rücklagen der EVUs hängenbleibt, sondern an die Bürger weitergegeben wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Im Zusammenhang mit der umweltorientierten Neustrukturierung des Steuersystems will ich sagen: Sie muß ökologisch wirksam und wirtschaftsverträglich sein. Wir dürfen den Wirtschaftsstandort Deutschland dadurch nicht vernachlässigen.
    Der Solidaritätszuschlag hat noch einmal eine Rolle gespielt. Ich möchte auf folgendes hinweisen. Wir haben beschlossen, den Solidaritätszuschlag einer jährlichen Überprüfung zu unterziehen, und dies tun wir. Ich rate uns allen: Wir tun gut daran, diese Überprüfung sorgfältig vorzunehmen und sich weder in der einen noch in der anderen Form festzulegen.
    Ich möchte mit aller Deutlichkeit sagen: Ich bin exakt nicht der Vorstellung, die Ministerpräsident Schröder in den - über den Vermittlungsausschuß darf man nicht berichten - Vorverhandlungen zum Vermittlungsverfahren vorgetragen hat, nämlich daß es mit den Transfers in den Osten jetzt endgültig genug sei, wir hätten schließlich genügend Probleme hier. Wir stehen hier auch in der Verantwortung den neuen Ländern gegenüber, und dieser Verantwortung werden wir gerecht werden. Dafür brauchen wir auch in der Zukunft Geld.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Auch beim Solidaritätszuschlag gilt das Wort von Theo Waigel von einer symmetrischen Finanzpolitik, d. h., ich kann Steuern erst dann nachlassen, wenn ich den Haushalt auf der anderen Seite konsolidiert habe. Beides muß gleichmäßig laufen, wenn wir unsere internationale Bonität nicht in Verruf bringen wollen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muß noch einmal auf Sie zu sprechen kommen. Frau Matthäus-Maier hat die niedrigen Zinsen angesprochen und gefragt, was passiert, wenn sie möglicherweise steigen. Auch das ist schon wieder so ein Horrorszenario, Frau Matthäus-Maier. Andersherum wird ein Schuh daraus. Erst die von dieser Koalition und diesem Finanzminister durchgesetzte Politik hat den Spielraum dafür geschaffen, daß die Zinsen gesenkt werden konnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Gehen Sie davon aus, daß dies auch in der Zukunft unsere Meßlatte sein wird! Wir werden die Kriterien von Maastricht einhalten und erfüllen und auch hier mit gutem Beispiel vorangehen.
    Ich möchte eine Anmerkung zum Thema Vermögensteuer machen. Sie haben, wie ich finde, nicht nur sachfremd diskutiert, sondern auch gegen jede
    ökonomische Grundregel verstoßen. Ich frage mich: Wie sehr muß Sie Ihre F.D.P.-Vergangenheit belasten, daß Sie permanent versuchen, sich gerade in diesem Punkt zu exkulpieren?
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Theo Waigel, nicht nur die Ereignisse der letzten Woche haben zwei der drei Troikaner die Bundesratsbank und dieses Plenum meiden lassen. Während unser Haushalt solide ist, während unser Haushalt verläßlich ist, herrscht bei der SPD und überall dort, wo sie in der Verantwortung steht, das reine Chaos. Wenn ich Kollegin Matthäus-Maier richtig zugehört habe, dann stelle ich fest, daß es auch hier herrschen würde, wenn Sie hier in der Verantwortung stünden. Darum müssen wir das verhindern.

    (Beifall beider CDU/CSU und der F.D.P.)

    Saarland und Bremen nehmen jährlich Bundeshilfen in großem Umfang in Anspruch, das eine von 1,8 Milliarden DM, das andere von 1,6 Milliarden DM. Allein im nächsten Haushaltsplan macht dies 3,4 Milliarden DM aus. Was könnten wir mit 3,4 Milliarden DM, wenn wir sie nicht den beiden bankrotten, von der SPD regierten Ländern überweisen müßten, an familienpolitischen oder sonstigen politischen Maßnahmen alles leisten?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir leben in der Regel nicht von der Hand in den Mund, sondern planen auch mittelfristig. Allein für die vier Jahre, die wir in der mittelfristigen Finanzplanung vor uns haben, macht das, was Saarland und Bremen vom Bund überwiesen bekommen, 17 Milliarden DM aus. Das ist eine gigantische Größenordnung. Dies ist das Ergebnis sozialdemokratischer Politik.
    Niedersachsen, mit dem anderen ausrangierten Troikaner an seiner Spitze, hat sich völlig vergaloppiert. Kein Geld mehr für Investitionen, keine Vorsorge für Ausfälle durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Es ist doch hochspannend: Während der Verhandlungen zum Familienleistungsausgleich war es nicht zuletzt Niedersachsen - aber auch das Saarland -, das immer wieder gesagt hat: Wir können bei den großen Entlastungen, die ihr - Bund, Bundesregierung, Koalition - vorhabt, nicht mitmachen. Ja, warum? Weil wir das Geld nicht haben.
    Alle CDU- oder CSU-geführten Bundesländer hatten in ihrer Haushaltsplanung für die Erfüllung der Kriterien, die uns das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat, selbstverständlich Vorsorge getroffen. Das Saarland aber nicht, auch Niedersachsen nicht. Pleite!
    Ich kann nur sagen: Wenn ich unter diesen Umständen solche Haushalte hätte, würde ich mich als Saarländer und als Niedersachse bei dieser Haushaltsdebatte auch nicht sehen lassen. Das ist wohl wahr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Hans-Peter Repnik
    Daher rührt - man könnte fast Mitleid bekommen - die Blockadepolitik, von der schieren Not bestimmt. Ich unterstelle gar keine bösartige Absicht. Diese Blockadepolitik ist von der schieren Not bestimmt. Das ist das Ergebnis, wenn man die SPD an die Kasse läßt.
    Weil das so ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, mußten wir darauf verzichten, die Nettoentlastung von 23 Milliarden DM, die im Jahressteuergesetz ursprünglich vorgesehen war, zu kürzen. Wir erinnern uns: Frau Matthäus-Maier und andere sprachen von 10 Milliarden DM, von maximal 12 Milliarden DM und dann von vielleicht 14 Milliarden DM. Wir wollten dem Bürger ab dem 1. Januar 1996 ohne Kompensation, ohne Wenn und Aber jährlich 23 Milliarden DM zurückgeben. Wir sind bei 19 Milliarden DM gelandet. Das ist noch ein gutes Ergebnis. Aber wir hätten 23 Milliarden DM erreicht, wenn nicht die SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat unsere Politik blockiert hätten. Dies ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Frau Matthäus-Maier, ich weiß nicht, ob es noch vergnüglich ist, ob man darüber lachen oder lächeln darf. Wenn Sie hier den Eindruck erwecken, daß Sie uns in diesem Zusammenhang etwas abpressen mußten, dann ist das wiederum an der Wahrheit vorbeigeredet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir wollten 23 Milliarden DM weniger Belastungen, Sie wollten 10 bzw. 12 Milliarden DM, bei 19 Milliarden DM sind wir gelandet. Wir mußten uns leider rund 4 Milliarden DM abpressen lassen.

    (Ingrid Matthäus-Maier gegen den Subventionsabbau!)

    - In diesem Zusammenhang war der Subventionsabbau nicht vorgesehen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Aha! Gegen Subventionsabbau!)

    - Moment. Das Jahressteuergesetz wollte entlasten und nicht belasten.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das machen Sie in zehn Jahren!)

    Die gut 4 Milliarden DM, die wir jetzt gegenfinanzieren, kompensieren müssen, gehen ausschließlich und damit einseitig zu Lasten der SPD. Sie haben sie uns abgetrotzt.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist doch lächerlich! Sie reden hier wider besseres Wissen! Wir sind in den Gesprächen zusammen gewesen!)

    - Ich kann ja authentisch berichten, weil ich dabei war. Das ist der Vorteil.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Peter Struck [SPD]: Ganz vorsichtig! Joachim Poß [SPD]: Es gibt doch B-Länder!)

    - Moment, Moment! Ich kann das so nicht stehenlassen, Kollege Struck.
    Ab einem bestimmten Zeitpunkt des Verfahrens mußten wir - das ist wohl wahr—, wenn wir den Gesamterfolg des Jahressteuergesetzes, die Entlastung im Hinblick auf die steuerliche Freistellung des Existenzminimums und den Familienleistungsausgleich, für die Bürger von insgesamt 19 Milliarden DM nicht gefährden oder scheitern lassen wollten, mit Ihnen natürlich ins Boot, im Sinne des Verhandelns. Das ist doch völlig klar. Wenn es nach uns gegangen wäre, wäre es bei 23 Milliarden DM geblieben. Wir hätten keine Kompensation gehabt, und der Bürger hätte sich noch mehr gefreut, als er sich jetzt ohnedies freuen darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Peter Struck [SPD]: Was für ein Kindergeld hätten Sie ohne uns gezahlt!)

    Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, sowenig es Herrn Scharping gelungen ist - das ist die einzige Freude an diesem gesamten Verfahren gewesen -, seine Position im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß durchzusetzen - -

    (Horst Kubatschka [SPD]: Er kennt sich in seiner eigenen Rede nicht aus!)

    - Moment! Ich spreche jetzt von Herrn Scharping. Ganz am Rande hat auch die SPD-Bundestagsfraktion zumindest versucht, Einfluß zu nehmen. Aber dazu sage ich anschließend etwas.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wir haben wieder etwas Böses gemacht!)

    - Nein.
    Ich möchte doch gerne in diesem Zusammenhang den Herrn Scharping zitieren, der während des Verfahrens am 3. Mai 1995 sagte:
    Jetzt haben wir [die SPD] eine so starke Position, daß wir es mit unseren Möglichkeiten durchsetzen wollen und auch durchsetzen werden. Tatsache ist, wir haben uns steuersystematisch und familienpolitisch durchgesetzt.
    Das ist in diesem ganzen Zusammenhang eigentlich der einzige Lichtblick gewesen.

    (Joachim Poß [SPD]: Warum sind Sie so nervös? Weil Sie von der CSU angegriffen werden?)

    - Ich bin überhaupt nicht nervös.
    Aber sowenig es Scharping gelungen ist, den Bundesrat aus parteipolitischen Gründen zu instrumentalisieren, so sehr sollte uns doch zu denken geben, daß uns das föderale Instrument Bundesrat zu einem, ich möchte fast sagen: Systembruch im Zusammenhang mit der Änderung des Grundgesetzes zwingt, was heute auch auf der Tagesordnung steht. Hier wurde ein Präzedenzfall geschaffen, der nicht Schule machen sollte.
    Kollege Struck, Sie wissen so gut wie ich, weil wir beide dabei waren: Theo Waigel hat ausschließlich zugestimmt, weil er den Familien in Deutschland

    Hans-Peter Repnik
    nicht die bessere Förderung vorenthalten wollte und weil er dem Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Existenzminimum im Gegensatz zu anderen Vorstellungen zeitgerecht nachkommen wollte. Dies ist der saure Apfel, den wir dabei zu schlucken hatten. Diese Politik sollte nicht Schule machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Verehrte Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich habe mir vorhin überlegt, weshalb Sie sich gerade in diesem Zusammenhang, als es um das Jahressteuergesetz, um den Familienleistungsausgleich und um das Existenzminimum ging, so außerordentlich echauffiert haben. Ich möchte hier etwas sagen, und ich bitte Sie, mir das so abzunehmen. Ich kann das eigentlich nur dadurch erklären, daß Sie nach wie vor von dem Frust gepackt sind, den die Fraktion und Sie persönlich in diesem Verfahren mit dieser Zaungastrolle hatten. Sie wurden von Ihren Ministerpräsidenten in die Ecke gedrängt. Deshalb lebt jetzt all dies in der heutigen Debatte auf. Anders könnte ich diese Verdrehungen nicht begründen.

    (Beifall bei der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So einen Frust kennen Sie doch auch!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Miesmacherei, Beckmesserei, Kassandra, - alles, was wir jetzt gehört haben, ist kein Programm. Die CDU/ CSU-Fraktion unterstützt die konsequente, zukunftsbezogene und solide Politik der Regierung Helmut Kohl und des Finanzministers Theo Waigel. Wir werden ihr in parlamentarischen Verfahren einmal mehr zum Erfolg verhelfen. Darum bitte ich die Koalition um die Stimmen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege Oswald - Metzger, Sie haben das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oswald Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frustriert sind in dem Gremium mehrere, nicht nur in dem Fall die SPD-Bundestagsfraktion, sondern, glaube ich, auch Sie, Kollege Repnik. Nachdem Sie mit Theo Waigel fraktionsintern Überlegungen über die Ökosteuer angestellt haben, haben Sie als Vertreter Ihrer Arbeitsgruppe auch so manchen Strauß ausgefochten und mußten manches anhören, was Ihnen nicht gepaßt hat.
    Fakt ist auf jeden Fall in dieser Haushaltsdebatte zur Einbringung des 96er Haushaltes, daß hier wirklich auf allen Seiten mit Wasser gekocht wird. Da hält man sich gegenseitig Dinge vor, die jeder von uns, wenn er in der Regierungsverantwortung auf Landesebene ist, mit dem Zungenschlag der Opposition durchaus anders sieht und andersherum mit dem Regierungszungenschlag. Das weiß man. Faktum ist auf jeden Fall, daß sich im nächsten Jahr der Verschuldungszug des Bundeshaushalts beschleunigt, obwohl erklärte Absicht dieser Bundesregierung war, die Steuerentlastung 1996 ohne Pump zu finanzieren.
    Jetzt sind wir in der Situation, die ich im März bei der abschließenden Lesung des Bundeshaushaltes 1995 angesprochen habe: Der Regierungskoalition und auch der Haushaltsgruppe der Regierungskoalition wird das Drücken der Neuverschuldung 1995 im Plan auf unter 50 Milliarden DM noch wie ein Bumerang um die Ohren fliegen, weil der Anstieg wie das Amen in der Kirche kommt.
    Wenn Sie, Herr Kollege Roth, den Herrn Finanzminister mit einem neuen Fingerzeig darauf hingewiesen haben, daß in Deutschland die Kapitalmärkte durch Zinszahlungen des Bundes in größerem Umfang bedient werden, als sie durch die Kreditnachfrage des Bundes in Anspruch genommen werden, dann darf man daraus doch nicht den Trugschluß ziehen, der Staat solle möglichst viel Schulden haben, um möglichst hohe Zinszahlungen an den Kapitalmarkt zurückgeben zu können. Dann ist das praktisch eine Alimentierung.

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Wer tut das denn?)

    Das ist doch faktisch so.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Im nächsten Jahr zahlt der Bund 96 Milliarden DM Zinsen; 60 Milliarden DM Kredite nimmt er neu auf.
    Dieser Bundeshaushalt hat in keinster Weise eine Knautschzone. Jede konjunkturelle Delle, jede Veränderung auf dem Arbeitsmarkt, jedes unvorhergesehene Ereignis - beispielsweise ist beim Sonderwohngeld Ost jetzt schon absehbar, daß der Etatansatz im Haushalt 1995 nicht ausreichen wird; und dieser Ansatz ist auch noch in den Haushalt 1996 übernommen worden - bringt das Schiff aus der Bahn.
    Seien wir doch einmal ehrlich: Die Steuerschätzung vom Mai dieses Jahres hat für 1995 Steuereingänge für den Bund prognostiziert, die, wie man bereits jetzt am Ist nach acht Monaten sehen kann, überhaupt nicht eintreten werden. Von daher wird der Haushalt 1995 nach menschlichem Ermessen deutlich schlechter aussehen, auch wenn viele Ministerien auf Grund der späten Verabschiedung relativ viel von ihren Mitteln für Investitionen tatsächlich überhaupt nicht mehr abrufen können. Dann kann sich der Finanzminister vielleicht am Jahresende hinstellen und über Ausgabenansätze, die er auf den Haushalt 1996 überträgt, noch einmal durchmogeln, aber zu Lasten der einzelnen Ressorts. Unseriös ist diese Argumentation allemal.
    Wenn ich schon von Theo Waigel den Lieblingsspruch der letzten Wochen höre, er stehe hier für eine systemimmanente Finanzpolitik,

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Symmetrische Finanzpolitik!)


    Oswald Metzger
    dann muß man doch eindeutig sagen - selbst die „FAZ" erkennt das ganz deutlich -, daß davon nicht die Rede sein kann, wenn man auf der einen Seite die Steuerlastquote nicht absenkt und auf der anderen Seite die Neuverschuldung erhöht.

    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU)

    - Symmetrische, genau. Vielen Dank, Herr Kollege Hauser. - Eine symmetrische Finanzpolitik kann man da nicht erkennen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was immer das sein mag!)

    Vor diesem Hintergrund möchte ich den Finanzminister ganz deutlich fragen, ob er nach dem Motto „Watschen austeilen" auch Kabinettsmitglieder behandeln will. Heute bot sich das bei den Redebeiträgen zu Lasten der sozialdemokratischen Opposition natürlich an. Eine Troika, die nicht mehr existiert, fordert natürlich zu entsprechenden Kommentaren heraus. Das weiß die Opposition; darauf kann sich die SPD sicher einstellen.
    Im letzten Jahr hat der Kanzler - er ist nicht mehr im Haus - seinen Lieblingsprotegé Transrapid in die Finanzplanung des Verkehrsressorts hineingedrückt. In Konfirmandenmanier hat Wissmann diese Geschichte aufgenommen und dem Kanzler applaudiert, was natürlich Waigels Finanzplanung für das Verkehrsressort total aus dem Ruder laufen ließ. Jetzt kassiert Waigel plötzlich bei Wissmann diese Investitionsmittel zu Lasten der Deutschen Bahn wieder ein. Daß das eine ökologische Verkehrspolitik sein soll, während selbst die trockensten Finanzpolitiker der Regierungskoalition mittlerweile ökologische Komponenten in der Steuerpolitik anmahnen, verstehe ich nicht. Das ist doch eine Bankrotterklärung und nur ein Austeilen von Watschen an den Verkehrsminister.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Gestern fand im Kanzleramt eine Besprechung zwischen Töpfer, Waigel und Bohl in Sachen Schürmann-Bau statt. Wenn es schon darum geht, Hausaufgaben zu machen,

    (Zuruf von der F.D.P.: Lachhaft!) muß ich sagen:


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Ein wahres Trauerspiel!)

    Wer vom „Langen Eugen" in diese Baugrube guckt, der sieht doch, daß hier, seit beim Weihnachtshochwasser 1993 die schmutzige Rheinbrühe reinlief, ein Trauerspiel ohne Ende über die Bühne geht. Ich verstehe nicht, daß man nicht endlich auch im Interesse der Stadt Bonn, der gegenüber dieser Bundestag eine Verpflichtung hat, eine schnelle Entscheidung trifft.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Eine schnelle Entscheidung hieße, dort beispielsweise die Deutsche Welle anzusiedeln und wenigstens Arbeitsplätze in diesem Bereich zu wahren und nicht jeden Monat eine Viertelmillion DM allein für Bauunterhaltungskosten aufzuwenden. Wenn Sie die Kapitalkosten für die 350 Millionen DM einrechnen, dann wird Ihnen ganz schlecht: Dann sind es monatlich mindestens 2 bis 3 Millionen DM, die diese Ruine kostet. Oder soll es ein in Beton gegossenes Denkmal für die Effizienz der öffentlichen Verwaltung mit dem Bundesfinanzminister an der Spitze sein?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der PDS Eduard Oswald Kollegin Matthäus-Maier hat das 16seitige Papier des Bundesarbeitsministers in Sachen Finanzierung der deutschen Einheit über die Sozialversicherungskassen angesprochen. Wenn sich der Finanzminister heute hinstellt, umgeben vom Glorienschein der OECD und der internationalen Finanzpolitik, weil er die Konvergenzkriterien von Maastricht erfüllt hat, und sagt: Wir in Deutschland haben die Herkulesleistung deutsche Einigung mit haushaltspolitischem Anstand geschultert, dann doch nur deshalb, weil annähernd 100 Milliarden DM von den Beitragszahlern dieser Republik über Rentenund Arbeitslosenversicherung finanziert worden sind. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: So ist es!)


    (CDU/CSU): Der Scherz ist danebengegangen!)


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Wo ist er überhaupt?)

    Wo wären Sie denn mit der Neuverschuldung in der mittelfristigen Finanzplanung, wenn diese versicherungsfremden Leistungen über den Haushalt finanziert worden wären, wie es der Arbeitsminister zu Recht anmahnt? Sie stünden am Ende des Finanzplanungszeitraumes 1999 auf jeden Fall bei einer Nettoneuverschuldung von 50 bis 60 Milliarden DM und nicht bei den 29 Milliarden DM, die Sie jetzt vorgaukeln.
    Wenn der Finanzminister heute zum Thema Solidaritätszuschlag sagt, er lege sich nicht fest, man wolle ihn aber abbauen - von Abschaffen kann so schnell keine Rede sein -, und das Jahr 1998 ausklammert, dann muß man sehen: 1998 sind nach aller Voraussicht die nächsten Bundestagswahlen. Hier kann man eine kleine Wohltat unter das Wählervolk streuen. Ein Finanzminister müßte aber auch sagen, daß in der Finanzplanung keine müde Mark für die Abschaffung oder die Rückführung des Solidaritätszuschlags vorgesehen ist. Immerhin geht es hier um die Kleinigkeit von 30 Milliarden DM im Haushaltsansatz für 1996.
    All diese Fakten werden nicht angesprochen, wenn man sich nur Fensterreden um die Ohren schlägt.

    Oswald Metzger
    Rezepte sind angemahnt, auch von der Oppositon. Wir mahnen eine solche Rezeptur z. B. im Bauministerium an. Töpfer ist ja Beauftragter für den Umzug nach Berlin. Wenn gestern die Haushaltspolitiker der Regierungskoalition, Weng und Roth, verlautbart haben, sie wollten den Berlin-Umzug zu einer Organisationsreform der Ministerien nutzen

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Wissen Sie etwas Besseres?)

    und das Verschlankungspotential im Hinblick auf die Investitionstätigkeit realisieren, dann ist das ein vernünftiger Ansatz. Aber wie paßt zu diesem richtigen Ansatz der Kollegen Haushälter, daß Innenminister Kanther den Obleuten der Haushaltsgruppen dieses Bundestages vor einer Woche einen Brief schreibt, er sehe sich leider nicht in der Lage - und bitte um Verständnis -, uns erste Ergebnisse der Effizienzsteigerungsmodelle im Bundeshaushalt vorzulegen, wie es der Haushaltsausschuß im März beschlossen hat, und sich gleichzeitig nach außen als der große Motor des schlanken Staates, der effizienteren Verwaltung und des weniger Ausgebens im konsumtiven Bereich hinstellt?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Diese Haltung paßt nicht zusammen. Denn man weiß ganz genau, daß der Investitionsanteil im Bundeshaushalt in den nächsten Jahren nach unten geht, und zwar schon ohne Berücksichtigung der Rückführung des Solidaritätszuschlags. Das muß man sich ganz deutlich vor Augen führen.
    Eine Finanzpolitik, die den Anspruch auf Seriosität erhebt, muß auf jeden Fall darauf abzielen, die Neuverschuldung zu senken und Sparpotentiale in der öffentlichen Verwaltung und kreative Lösungsansätze in den Ministerien herauszukitzeln. Auch wenn es nicht allen Leuten paßt - auch nicht in unserer Fraktion -, finde ich es zumindest vom Ansatz her nicht schlecht, wenn ein Bundesminister, der für Bildung zuständig ist, ein etwas anderes Lösungskonzept andenkt und nicht in den alten, traditionellen Haushaltsmustern verharrt, wenn er beispielsweise versucht, die Ausbildungsförderung zu organisieren.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wohlgemerkt, damit ich nicht irgendwann von Ihnen gefragt werde, ob ich inhaltlich einverstanden bin: Mir geht es um die Kreativität, die man braucht, um die finanzpolitischen Herausforderungen zu bewältigen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sind Sie für die 8,5 % Zinsen auf BAföG, Herr Kollege?)

    Frau Kollegin Matthäus-Maier, ich will jetzt keine Bildungsdebatte führen. Da kenne ich mich nicht aus; ich gestehe das ganz offen. Unsere Fachpolitiker werden in dieser Woche dazu etwas sagen. Mir geht es damm, deutlich zu machen, daß mit sozialdemokratischen Besitzstandsverteidigungsansprüchen auf Dauer auch kein Staat zu machen ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Beweglichkeit ist gefragt.

    (Joachim Poß [SPD]: Das setzt aber voraus, daß die Leute Besitzstände haben!)

    - Ich denke durchaus, daß die Leute Besitzstände haben.
    Aber gerade zum Thema Besitzstände - wenn Sie schon dieses Stichwort liefern, Kollege Poß - noch eine Replik auf die Äußerungen zu den versicherungsfremden Leistungen in der Sozialversicherung: Ich habe selten jemanden einmal thematisieren gehört, welch eine gigantische Umverteilung es eigentlich darstellt, daß durch die Beitragsbemessungsgrenzen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung nur ein bestimmter Teil der Bevölkerung die Lasten beispielsweise der Deutschen Einheit mitträgt, während Gutverdiener, die sich privat versichern können, diese Lasten überhaupt nicht mit schultern müssen. Diese soziale Asymmetrie begreift niemand.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)

    Die private Versicherung ist auf jeden Fall in vielen Bereichen der sozialen Vorsorge wirtschaftlich günstiger als die Vorsorge über gesetzliche Sicherungssysteme. Das muß man, was jedenfalls die Rentenversicherung anbetrifft, ganz deutlich ansprechen; denn die Rentenversicherung zahlt über ihren Beitrag sehr viele versicherungsfremde Leistungen mit. Wenn nur Versicherungsleistungen gezahlt würden, dann läge der Rentenversicherungsbeitrag im Bereich von 12 bis 13 %, nicht aber bei 19,1 % im nächsten Jahr.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Welche Steuer wollen Sie dafür anheben?)

    Vor diesem Hintergrund und weil die Debatte um die ökologische Steuerreform in allen Fraktionen ansteht und wohl bald auch mit Gesetzentwürfen der Regierung zu rechnen ist: Wir als Grüne fordern eine ökologische Steuerreform, die unter dem Öko-Label den Leuten nicht nur in die Tasche langt und von ihnen eine Mineralölsteuererhöhung oder sonstige Erhöhungen, bei denen man beispielsweise nach Schadstoffausstoß besteuert, holt, wobei man als Finanzminister billigend in Kauf nimmt, daß dann mehr Geld in der Bundeskasse ist. Wir wollen vielmehr eine politische Lenkung mit der ökologischen Steuerreform. Wir wollen Ressourcenverschwendung besteuern und bestrafen, wir wollen umweltgerechtes Verhalten über eine Energiesteuer belohnen, die den Schadstoffausstoß minimiert. Aber wir wollen auf der anderen Seite damit nicht einer gesamtgesellschaftlichen Steuererhöhung das Wort reden, was viele Leute, die das Öko-Label im Mund führen, durchaus billigend in Kauf nehmen.

    (Widerspruch von der F.D.P.)

    - Diese Bundesregierung hat in der Vergangenheit
    mit der ökologischen Argumentation wiederholt die
    Mineralölsteuer erhöht und damit nur Haushaltslö-

    Oswald Metzger
    cher gestopft und zu wenig im Bereich der ökologischen Infrastruktur gemacht.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das ist polemisch! Sagen Sie mal etwas Konkretes! Gegenruf des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erste Runde war Golfkrieg, zweite Runde waren die Altschulden der Bundesbahn!)

    - Ich glaube, ich weiß besser, was sich bei Ihnen abspielt, als Sie sich denken. Ich bin nämlich im Gegensatz zu vielen von Ihnen ein aufmerksamer Zuhörer und differenziere in der Regel.
    Zum Thema Differenzierung liefere ich Ihnen jetzt noch ein Stichwort. Die Gewerbekapitalsteuer war heute ein Thema. Die Beweglichkeit der SPD in der Sommerpause wurde von Vertretern der Regierungsfraktionen hier angesprochen. Im Juni stand ich an diesem Pult, und der Vorsitzende des Finanzausschusses stellte mir seinerzeit die Zwischenfrage, ob er mich richtig verstanden habe. Ich habe damals gesagt: Unsere Fraktion ist der Auffassung daß hier eine Entlastung der Wirtschaft her muß, weil die Gewerbekapitalsteuer eine Substanzsteuer darstellt, die Betriebe auch zahlen müssen, wenn es ihnen schlecht geht, und das finden wir nicht richtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber!)

    Auf der anderen Seite wollten wir dann auch eine Absicherung der kommunalen Schiene, weil wir, ähnlich wie der Finanzminister - da haben Sie sich dankenswerterweise ja wirklich bewegt -, den Landesfinanzministern nicht über den Weg trauen. CDU-Oberbürgermeister Seiler aus Karlsruhe, der neue Städtetagspräsident, hat von den „klebrigen Fingern" der Landesfinanzminister gesprochen, an denen die „Kohle" hängenbleibt. Da hat er Recht.

    (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das ist zutreffend! Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Meist SPD Finanzminister!)

    - Die bleibt an CDU-Finanzministern und an sozialdemokratischen Finanzministern hängen.
    Unserer Fraktion ist natürlich die Kompensation für die Kommunen und deren Absicherung so wichtig. Wir denken, daß der 1. Januar 1997 realistischerweise der richtige Zeitpunkt ist, diese Reform zum Abschluß zu bringen. Bis dahin, so hoffe ich, werden im Gesetzgebungsverfahren auch die Ängste der Kommunen ausgeräumt werden können. Dann werden wir auf diesem Gebiet etwas hinkriegen, von dem Wirtschaft und Kommunen etwas haben. Die Kommunen verfügen immerhin über die größten Investitionshaushalte in dieser Republik; der Bundestag vergißt immer bei den Debatten über den Bundeshaushalt,

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Überhaupt nicht!)

    daß die Kommunen wesentlich mehr Mittel im investiven Bereich als wir bewegen. Aber wenn man natürlich den Kommunen in die Taschen greift und die Kompensation - -

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber wer?)

    - Jetzt meine ich die Finanzminister der Länder wie des Bundes. Der Bund greift bei der Arbeitslosenhilfe in die Taschen der Kommunen, und die Kommunen refinanzieren sich natürlich dort, wo sie es können, Deshalb wird auf kommunaler Ebene auch von CDU-Oberbürgermeistern die Grundsteuererhöhung natürlich als Mittel genutzt, um die eigenen Haushalte zu sanieren, wenn von oben, sowohl vom Bund als auch vom Land, kein Geld kommt. Das ist ein Faktum.
    Gucken Sie sich die Statistiken an! Noch bevor das Bundesverfassungsgericht gesprochen hat, vor dem Theo Waigel immer wieder sein Kreuz schlägt - vielleicht hat er deshalb das Kruzifix-Urteil so unqualifiziert kritisiert - -

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Haben Sie überhaupt gelesen, was ich dazu im „Bayernkurier" geschrieben habe?)

    - Nein, den „Bayernkurier" habe ich nicht gelesen, aber die Kurzfassung.

    (Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Dann schicke ich es Ihnen zu!)

    - Danke.
    Die Kommunen nutzen auf jeden Fall die Grundsteuer als Ventil, um sich bei den Bürgerinnen und Bürgern schadlos zu halten.
    Das ist meine Botschaft in jeder Rede, die ich bisher gehalten habe: Jeder, der Bund und die Länder, betrachtet seinen Haushalt praktisch als Einzelhaushalt. Der Verschiebebahnhof nach unten, die Gesamtbelastung der Bevölkerung bleibt aber unter dem Strich gleich. Was bleibt denn von dieser Nettoentlastung des Jahressteuergesetzes im nächsten Jahr wirklich dem Durchschnitt der Bevölkerung? Ich meine jetzt nicht die Familien mit vielen Kindern, für die der Familienleistungsausgleich Gott sei Dank wirklich eine Nettoentlastung herbeiführt. Unter dem Strich bleibt fast ein Nullsummenspiel: 0,7 % Pflegeversicherung zur Jahresmitte, Rentenversicherungsbeitragserhöhung, kommunale Gebühren und Steuern; denn die Grundsteuer wird im nächsten Jahr in den Kommunen angehoben. Da wird unter dem Strich peu à peu die gesamte Kohle wieder eingesammelt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist das im Bergbau!)

    Das ist Redlichkeit in der Politik? Das sehe ich nicht. Jeder guckt auf sich selber, niemand geht auf den anderen zu. Kompromisse in diesem Plenum sind außerordentlich selten. Sie werden wenn überhaupt, im Vermittlungsausschuß geschlossen, der nicht demokratisch kontrollierbar ist, in dem eine große Oppositionsfraktion - dieser Vorwurf wird mei-

    Oswald Metzger
    nes Erachtens zu Recht erhoben - sehr wohl unter dem Diktat der Länderfürsten steht und als Bundestagsfraktion ein Stück weit in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt wird. Das ist leider so.

    (Joachim Poß [SPD]: Das ist aber kein Vorwurf! Das ist objektiv sol Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist die Verfassungslage!)

    - Das ist die Verfassungslage. Aber die Verfassungslage zwingt natürlich dazu, daß die unterste Gebietskörperschaft, nämlich die kommunale Seite, immer am Katzentisch sitzt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist nicht wahr!)

    - Doch, am Katzentisch sitzt und auf jeden Fall den Fuß nicht drin hat.
    Wenn man den Bundesrat auf Grund der politischen Konstellation so aufwertet, dann bitte auch eine Kommunalkammer, damit der kommunalen Seite wenigstens bei finanzwirksamen Entscheidungen ein Vetorecht und nicht nur ein Anhörungsrecht im Gesetzgebungsverfahren eingeräumt wird.
    Ich hoffe, daß es der Haushaltsausschuß im weiteren Verfahren schafft, wenigstens die Mehrbelastungen von 1,6 Milliarden DM, die auf Grund des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz im Entwurf des Bundesfinanzministers noch nicht finanziert sind, einzusparen, und daß die Beratungen im Detail anders laufen als bei diesem eher politisch gefärbten Schlagabtausch, bei dem stärker der Zustand der größten Oppositionsfraktion für die Regierungskoalition das inhaltliche Thema war als die tatsächliche politische Perspektive der Finanzpolitik dieser Regierung.
    Auf jeden Fall wird unsere Fraktion in den Einzelplanberatungen und global versuchen, einen Moratoriumsanspruch durchzusetzen, indem wir Gegenfinanzierungen bringen, die seriös sind, und nicht nur den Verteidigungshaushalt als Steinbruch nutzen, was Ihnen von der Regierungskoalition als Vorwurf an die Opposition immer leicht von den Lippen geht.
    Vielen Dank und weiterhin eine gute Beratung.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)