Rede von
Ulrich
Klinkert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Peräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus Zeitgründen muß ich meinen Vortrag etwas straffen. Das kann ich aber auch, denn in dieser im wesentlichen einvernehmlichen Debatte - das ist in Fragen der Wirtschaft und der Ökologie in diesem Hause nicht immer der Fall - ist ja bereits zum Ausdruck gebracht worden, daß wir einen an sich ungeheuerlichen Vorgang behandeln müssen: Ein Gesetz, das einvernehmlich von allen Fraktionen des Deutschen Bundestages verabschiedet wurde, wird von einigen Menschen, von einigen Unternehmen dieses Landes einfach nicht beachtet.
Einzelne Energieversorgungsunternehmen verstoßen offen und, wie ich meine, provozierend gegen Geist und Buchstaben eines geltenden Gesetzes.
Meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor, dieses Beispiel würde Schule machen. Man könnte mit der Berufung auf eine vielleicht mögliche Verfassungswidrigkeit als Steuerzahler seine Steuerschuld mindern; ein Autofahrer könnte das Ampelrot als Eingriff in seine persönliche Freiheit betrachten,
und unsere Kinder und Jugendlichen könnten die
Schulpflicht als Bevormundung ansehen. So kurios
dies klingen mag, ich halte das für durchaus ver-
Parl. Staatssekretär Ulrich Klinkert
gleichbar. Besonders delikat ist es, da es sich bei den Energieversorgungsunternehmen um Unternehmen handelt, an denen die öffentliche Hand erheblich beteiligt ist.
Die gesetzlich festgelegte Mindestvergütung für Windstrom nicht zu zahlen ist ein klarer Verstoß gegen die Buchstaben des Gesetzes. Es ist, wie die Energieversorgungsunternehmen selbst formulieren, die „sanfteste Form" des Rechtsbruchs. Für mich gibt es dabei keine sanften Formen.
Damit nicht genug: Einige - wirklich nur einige - Energieversorgungsunternehmen unterlaufen das Gesetz, indem sie mögliche Kreditgeber verunsichern. Dies empfinde ich persönlich als sittenwidrig, weil es gegen den Geist des Gesetzes gerichtet ist,
genauso wie ich den ausstiegsorientierten Vollzug des Atomgesetzes als sittenwidrig empfinde.
Wer für sich Unterstützung für den gesetzestreuen Vollzug des Atomgesetzes verlangt, sollte selber bei anderen Gesetzen ebenfalls keinen ausstiegsorientierten Vollzug praktizieren.
Ich möchte und kann dem Bundesverfassungsgericht nicht in der Bewertung vorgreifen. Aber ich sage: Die Bundesregierung ist von der Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes überzeugt. Möglicherweise wird der neu eingefügte § 20 a des Grundgesetzes, der den Schutz der Umwelt beinhaltet, diese Beurteilung auch noch erleichtern.
Im übrigen, glaube ich, sollten die Enrgieversorgungsunternehmen diesen Bogen nicht überspannen und auch in ihrem eigenen Interesse ihre Position nicht mißbrauchen; denn der Bundestag ist ja nicht nur gesetz-, sondern auch verfassunggebendes Organ.
In Deutschland führt kein Weg an der Nutzung regenerativer und alternativer Energien vorbei. Die bisherigen Prozentzahlen sind uns allen noch zu wenig. Darin sind wir uns sicherlich einig. Wir wissen, daß hier in den nächsten Jahren keine Wunder zu erwarten sein werden und daß wir noch lange Zeit, über Jahre und Jahrzehnte, Strom aus Wärmekraftwerken und aus Kernkraftwerken werden beziehen müssen. Daß uns aber das Stromeinspeisungsgesetz auf einen richtigen Weg führt, zeigt die Tatsache, daß bis Ende vergangenen Jahres mehr als 2 600 Anlagen mit einer Gesamtkapazität von weit über 600 MW errichtet waren, und das bei insgesamt sinkenden Investitionskosten von um oder mehr als 50 %.
Die Bundesregierung hat sich aus Sorge um den Klimaschutz und aus Verantwortung für künftige Generationen zu einer 25 %igen CO2-Reduktion bis zum Jahre 2005 bekannt. Dankenswerterweise hat die deutsche Wirtschaft dies durch eine freiwillige Selbstverpflichtung unterstützt. Aber am Verhalten zum Stromeinspeisungsgesetz wird man ablesen können, wie ernst es die deutsche Wirtschaft damit meint.
Die Bundesregierung ist in bezug auf die Ausgestaltung des Stromeinspeisungsgesetzes gesprächsbereit, in jeder Richtung. Sie akzeptiert, daß es Härteregelungen gibt, die man ausbauen kann, vielleicht auch ausbauen muß. Aber die Bundesregierung wird sich nicht erpressen lassen.
Vielen Dank.