Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch im Namen der SPD-Fraktion jedes Wort unterstreichen, das der Kollege Ramsauer hier gesagt hat. Es trifft meine volle Zustimmung.
Ich glaube, es ist wichtig für das Selbstverständnis des Parlaments, daß es sich hier gemeinsam gegen den Versuch der Vereinigung der deutschen Elektrizitätswirtschaft wehrt, Staat im Staat zu spielen. Hier geht es um mehr als nur um ein Gesetz. Hier geht es um die Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie, die jeder einhalten muß, wenn wir die Zukunft friedlich gestalten wollen.
Die unverfrorenen Rechtsbrüche von Unternehmen, die ihre Monopolstellung nicht eigenen Leistungen, sondern dem Energiewirtschaftsrecht verdanken, erinnern uns daran, daß es in der Zukunft im wesentlichen darum gehen muß, genau diese Monopolstellungen zu andern, denn das ist der Kern des Übels und auch der Kern des falschen Selbstverständnisses, das hinter dem Vorgehen der VDEW steht, was das Verhalten in keiner Weise entschuldigt.
Die von dem Kollegen Ramsauer beschriebenen Vorgänge sind Teil einer drehbuchartig angelegten Kampagne, die sich schon länger hinzieht. All die Rechtsbrüche gegen das Stromeinspeisungsgesetz, gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sind hier aufgeworfen. Sie sind nur ein Element in einer schon lange wirkenden Kette, die z. B. mit der Weigerung der Stadtwerke Aachen begonnen hat, die mehrfachen Stadtratsbeschlüsse für eine kostengerechte Vergütung umzusetzen.
Dazu gehört auch die Ignorierung des BGH-Ur, teils durch die VDEW, wonach das sogenannte VDEW-Modell der Stromeinspeisungsvergütung für
erneuerbare Energien für rechtswidrig erklärt worden ist.
Das Argument, der Rechtsbruch sei Voraussetzung für eine von der VDEW gewünschte gerichtliche Auseinandersetzung, ist dabei gleichzeitig eine Entstellung und eine Beleidigung des demokratischen Rechtsstaats, denn in diesem kann man den Gerichtsweg auch ohne vorhergehenden Rechtsbruch gehen. Das ist das normale Vorgehen, nicht aber das der VDEW.
Der Versuch, dieses mit dem Satz zu umkleiden, es handele sich - wie der Kollege Ramsauer schon zitiert hat; man muß das jedoch noch einmal zitieren, damit das allen in Erinnerung bleibt - um den „sanftestmöglichen Rechtsbruch", ist im Grunde genommen gleichbedeutend damit, daß einer nach einem bewaffneten Bankeinbruch Straffreiheit verlangt,
weil er nachweisen kann, daß er eine Wasserpistole hatte statt einer echten Pistole.
Das sind Vorgänge, die wirklich alles auf den Kopf stellen, was eigentlich normal sein sollte.
Die Stromwirtschaft betreibt einen Feldzug gegen erneuerbare Energien. Sie lehnt faktisch alles ab, was zu deren breiter Markteinführung beitragen kann. Das Stromeinspeisungsgesetz will sie außer Kraft setzen, eine Energiesteuer will sie verhindern, die erneuerbaren Energien sollen sich auf dem Markt, wie es heißt, durchsetzen; aber gleichzeitig versperrt sie mit ihrer Monopolstellung den Zugang.
Die VDEW begeht nicht nur einen Rechtsbruch, sondern sie verbreitet auch unseriöse Behauptungen. Die angeblichen Mehrbelastungen durch das Stromeinspeisungsgesetz sind unbewiesen. Sie sind in jedem Fall weit übertrieben. Die Behauptung ist falsch, damit würden die erneuerbaren Energien in marktwirtschaftswidriger Weise subventioniert. Es ist keine Subvention, um die es hier geht. Die Wahrheit ist, daß erst das Stromeinspeisungsgesetz für erneuerbare Energien einen fairen Marktzugang sichergestellt hat, der von der Stromwirtschaft und ihrer Monopolstellung zuvor verhindert wurde und jetzt wieder verhindert werden soll.
Das Stromeinspeisungsgesetz für erneuerbare Energien führt zu mehr und nicht zu weniger Marktwirtschaft. Das ist es, was hier festgestellt werden muß.
Dr. Hermann Scheer
Das Ziel der VDEW ist, über jahrelange Auseinandersetzungen vor Gericht die Betreiber von Anlagen erneuerbarer Energien so zu verunsichern und zu zermürben, daß deren gerade begonnener zügiger Ausbau zum Erliegen kommt. Wenn die Bundesregierung und die zuständigen Länderregierungen hier nicht die Wiederherstellung des Rechts versuchten, wenn sie die Herstellung des Rechts allein den privaten Betreibern überließen, dann hätte sich die VDEW durchgesetzt; denn dann könnte ihre Zermürbungstaktik tatsächlich erfolgreich ausgehen.
Wenn die Stromwirtschaft zur Beachtung des Atomgesetzes den Einsatz von Staatsanwaltschaft und Polizei verlangt und Landesregierungen angewiesen werden, das Atomgesetz einzuhalten, dann muß auch die Beachtung des Stromeinspeisungsgesetzes durch Verfügungen, durch Einsatz notfalls von Staatsanwaltschaft und damit auch der Polizei erzwungen werden.
Auch Vorstandsmitglieder von EVU können in Beugehaft genommen werden. Sie sind nicht davon ausgenommen, nur weil sie zufällig eine Million DM im Jahr verdienen.
Wenn Minister als Vertreter öffentlicher Anteilseigner in Aufsichtsräten von rechtsbrechenden Energieversorgungsunternehmen sitzen, wie etwa der baden-württembergische Finanzminister MayerVorfelder als Aufsichtsratsvorsitzender der Badenwerk AG, dann gebietet es ihr Amtseid, den Rechtsbruch ihres Unternehmens zu unterbinden, die verantwortlichen Vorstandsmitglieder abzumahnen und im Falle fortgesetzter Weigerung zu entlassen.
Der Rechtsbruch gegen das Stromeinspeisungsgesetz ist eine Provokation gegen die demokratischen Verfassungsorgane. Die Exekutivorgane müssen den von der VDEW eingeleiteten Rückfall in ein Faustrecht und die Entstehung libanesischer Verhältnisse verhindern. Darauf muß der Bundestag bestehen.