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    Plenarprotokoll 13/39 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 39. Sitzung Bonn, Freitag, den 19. Mai 1995 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 3071 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414, 13/528, 13/966, 13/529, 13/1030, 13/1255, 13/1400) Dr. Heribert Blens CDU/CSU 3071 B Joachim Hörster CDU/CSU 3072A Dr. Peter Struck SPD 3072 D Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3074 A Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . . 3075A Dr. Christa Luft PDS 3076A Namentliche Abstimmung 3077B Ergebnis 3083 C Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans Martin Bury, Dr. Uwe Jens, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Transparenz und Beschränkung von Machtkonzentration in der deutschen Wirtschaft (Transparenz- und Wettbewerbsgesetz) (Drucksache 13/367) Hans Martin Bury SPD 3077 C Friedhelm Ost CDU/CSU 3085D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 3088 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 3091, 3105 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 3095 B Joachim Gres CDU/CSU 3097 A Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 3089 B Dr. Uwe Jens SPD 3100A Ernst Hinsken CDU/CSU 3101 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 3102B Ernst Hinsken CDU/CSU 3102D Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . 3106A Tagesordnungspunkt 12: a) Antrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ursula Schönberger, Werner Schulz (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Durchsetzung der Einhaltung des Stromeinspeisungsgesetzes (Drucksache 13/1303) b) Antrag der Abgeordneten Rolf Köhne, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Bürgschaftsverpflichtung der Bundesregierung zur Umsetzung des Stromeinspeisungsgesetzes (Drucksache 13/1309) c) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Einhaltung des Stromeinspeisungsgesetzes (Drucksache 13/ 1397) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktion der SPD: Respektierung des Stromeinspeisungsgesetzes - Far erneuerbare Energien (Drucksache 13/1384) Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU 3108A Dr. Hermann Scheer SPD . . . . 3111B, 3117D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3112B Paul K. Friedhoff F.D.P 3114 A Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3115A Dr. Hermann Scheer SPD 3115A, 3118B, 3120B Rolf Köhne PDS 3115 D Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD 3116B Hartmut Schauerte CDU/CSU 3117 C Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 3118A Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD 3119D Marion Caspers-Merk SPD 3120A Marion Caspers-Merk SPD 3121 B Ulrich Klinkert, Parl. Staatssekretär BMU 3122C Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . 3123 D Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Abgeordneten Gerd Poppe, Dr. Helmut Lippelt, Angelika Beer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einladung nach Europa (Drucksache 13/806) b) Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Angelika Beer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherstellung der Humanitären Hilfe für BosnienHerzegowina (Drucksache 13/1015) c) Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Dr. Helmut Lippelt, Gerd Poppe und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stärkeres politisches Engagement der Bundesrepublik Deutschland in Bosnien-Herzegowina (Drucksache 13/1252) Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3125B Heinrich Lummer CDU/CSU 3126 D Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3128A, 3129C Freimut Duve SPD 3128D, 3132C Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P 3130B Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA 3131A Nächste Sitzung 3133 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 3135* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 3135* B 39. Sitzung Bonn, Freitag, den 19. Mai 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Babel, Gisela F.D.P. 19. 05. 95 Beck (Bremen), BÜNDNIS 19. 05. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 19. 05.95 Hartmut Dr. Fell, Karl. H. CDU/CSU 19. 05.95 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 19. 05. 95 Joseph 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 19. 05.95 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 19. 05. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 19. 05. 95 Marx, Dorle SPD 19. 05. 95 Metzger, Oswald BÜNDNIS 19. 05. 95 90/DIE GRÜNEN Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 19. 05. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 19. 05.95 Hermann Stiegler, Ludwig SPD 19. 05. 95 Tippach, Steffen PDS 19. 05. 95 Volmer, Ludger BÜNDNIS 19. 05. 95 90/DIE GRÜNEN Wettig-Danielmeier, SPD 19.05.95 Inge Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 19. 05. 95 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 683. Sitzung am 28. April 1995 der vom Deutschen Bundestag am 26. April 1995 mit Änderungen beschlossenen Weitergeltung der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zugestimmt. Der Bundesrat hat in seiner 684. Sitzung am 12. Mai 1995 unter Berufung auf Artikel 76 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes beschlossen, zu nachfolgenden Gesetzentwürfen eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme zu verlangen: - Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 - Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG -) Der Bundesrat hat in seiner 684. Sitzung am 12. Mai 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - ... Strafrechtsänderungsgesetz - §§ 44, 69b StGB - (StrAndG) - Gesetz zur Rechtsvereinheitlichung der Sicherungsverwahrung (SichVG) - Gesetz zu dem Beschluß des Rates vom 31. Oktober 1994 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften Anlagen zum Stenographischen Bericht Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: 1. Der Bundesrat nimmt Bezug auf seine Stellungnahme vom 20. Januar 1995 - Drucksache 1102/94 (Beschluß) -. Er ist der Auffassung, daß die Finanzbeziehungen zwischen der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung für eine erfolgreiche Integrationspolitik auf Dauer von einem fairen Interessenausgleich geprägt sein müssen. Er sieht angesichts der im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten überproportionalen Belastung Deutschlands eine grundsätzliche Neuordnung der Gemeinschaftsfinanzen für die Zeit nach 1999 als unbedingt notwendig an. Wichtig wird dabei sein, die Lasten starker als bisher an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu orientieren und als Maßstäbe das Pro-Kopf-Einkommen sowie das Bruttosozialprodukt in Kaufkraftstandards in Betracht zu ziehen. Der Bundesrat fordert, daß schon auf der Regierungskonferenz 1996 das künftige Finanzsystem der Gemeinschaft mit dem Ziel der Beseitigung des Ungleichgewichts zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland thematisiert wird. Darüber hinaus fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, während des gesamten durch den neuen Eigenmittelbeschluß geregelten Zeitraums - nachhaltig für strikte EU-Haushaltsdisziplin einzutreten, - auf eine Umgehung der Ausgabendisziplin gerichtete Anleihewünsche der Kommission abzuwehren und - sich für einen verstärkten Mittelrückfluß nach Deutschland einzusetzen. 2. a) Der Bundesrat betont nochmals, daß die Erfüllung der Finanzverpflichtungen Deutschlands gegenüber der Europäischen Union Bundesaufgabe ist und nicht den Ländern obliegt. Er weist darauf hin, daß diese haushaltsbelastung des Bundes bei der Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern berücksichtigt wird und die Lander damit bereits jetzt indirekt am Finanzierungsbeitrag der Bundesrepublik Deutschland an die Europäische Union angemessen beteiligt sind. Eine darüber hinausgehende Beteiligung der Länder wird abgelehnt. b) Auch der Hinweis der Bundesregierung auf die Stärkung der Mitwirkungsrechte der Länder an der Willensbildung des Bundes in Angelegenheiten der Europäischen Union nach Artikel 23 des Grundgesetzes kann eine zusätzliche finanzielle Inanspruchnahme der Länder nicht begründen, da nach der Ordnung des Grundgesetzes Mitwirkungsrechte des Bundesorgans Bundesrat nicht zu speziellen Finanzierungsverpflichtungen der Länder führen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 12/8090 Drucksache 13/26 Drucksache 13/370 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 13/218 Nr. 19 Drucksache 13/269 Nr. 2.2 Drucksache 13/343 Nr. 2.19 Drucksache 13/343 Nr. 2.20 Innenausschuß Drucksache 12/2582 Drucksache 13/269 Nr. 1.2 Drucksache 13/218 Nr. 5 Drucksache 13/218 Nr. 2 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/218 Nr. 89 Drucksache 13/218 Nr. 90 Drucksache 13/218 Nr. 92 Drucksache 13/478 Nr. 2.1 Drucksache 13/725 Nr. 152 Drucksache 13/725 Nr. 157
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    Rede von Ernst Hinsken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen, Herr Kollege Professor Jens, gratulieren, daß Sie wieder voll und ganz genesen sind. Das haben Sie gerade mit Ihrer engagierten Rede zum Ausdruck gebracht.

    (Beifall)

    Wir freuen uns, daß wir in Zukunft Ihren großen Sachverstand im Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestages verzeichnen können. Ich bitte gerade auf dem Gebiet um gute Zusammenarbeit, die wir dringend brauchen, um die Probleme, die zum Teil tatsächlich vorhanden sind, bewältigen zu können.
    Meine Damen und Herren, fast jeden Morgen mache ich im Ausschuß oder auch im Bundestag - je

    Ernst Hinsken
    nachdem, wo ich mich befinde - eine interessante Feststellung, daß nämlich viele Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion die „Börsen-Zeitung" lesen bzw. die Börsenseiten verschiedener Zeitungen besonders unter die Lupe nehmen. Wenn ich dann den einen oder anderen frage, was ihn besonders interessiert, stelle ich fest, daß es meistens Bankenwerte sind. Darum interessiert es mich natürlich sehr wohl, was Sie gerade heute dazu zu sagen hatten und wie Sie sich in Zukunft einlassen. Dabei verhehle ich nicht, daß es sich mit meinen Kollegen genauso verhält. Aber wenn Sie hier eine Debatte über die Begrenzung der Macht der Banken fordern und sich so ins Zeug legen, dann ist das in gewisser Hinsicht ein Widerspruch zu Ihrem gerade geschilderten Verhalten, den ich nicht ganz nachvollziehen kann. Das wollte ich zunächst sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, eine Meldung von heute hat uns alle sehr gefreut - sie wurde bereits mehrmals genannt, aber auf Grund der Aktualität möchte auch ich sie noch einmal erwähnen -: Schneider ist gefaßt.

    (Friedhelm Ost [CDU/CSU]: Da sind wir auch hinterher!)

    Aber damit ist nicht sichergestellt, daß alle diejenigen, die in Mitleidenschaft gezogen wurden, auch zu ihrem Recht und ihrem Geld kommen.

    (Dr. Hermann Scheer [SPD): Aber was heißt

    das?)
    Deshalb hoffe und wünsche ich, daß gerade für diejenigen Mitbürger, die in Mitleidenschaft gezogen wurden, das notwendige Verständnis aufgebracht wird.
    Herr Kollege Bury, Sie haben als Eingangsredner der SPD hier ein Horrorszenario geschildert, das schlimmer nicht hätte ausfallen können. Sie haben bei mir den Eindruck erweckt, als seien Sie größer als der Papst. Der nämlich ist nur in Glaubensfragen unfehlbar, Sie sind es scheinbar überall, auch auf dem Gebiet. Ich bin der Meinung, dieses Thema ist gerade nicht geeignet, Horrorgebilde aufzuzeigen. Das Thema fordert von uns allen, sach- und fachgerecht an diese Sache heranzugehen.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Dann fangen Sie doch einmal an!)

    Lassen Sie mich einige Schlagzeilen über Banken in Erinnerung bringen, die gerade in den letzten Wochen und Monaten, aber auch in den letzten zwei Jahren die Szenerie beherrscht haben: „Banken-macht lähmt Wettbewerb", „Zu hohe Gewinne, zu viel Macht" oder „Schwachstelle Aktionärsdemokratie" oder „Dem Machtmißbrauch vorbeugen" oder „Allmacht der Banken - Ohnmacht der Mittelständler" oder „Die Last der zehn Aufsichtsratsposten", aber auch „Banken ein positiver Standortfaktor". Ich meine, das sind wichtige Schlagzeilen, die in einigen Zeitungen, die sich dieses Themas besonders angenommen haben, zum Teil in ganzen Serien zu lesen waren.
    Aber, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, lieber eine Debatte unter solchen Schlagzeilen als eine über einen Bankenzusammenbruch in Deutschland, mit vielen davon betroffenen Mitbürgern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der letzte Bankenzusammenbruch liegt Gott sei Dank mehr als 20 Jahre zurück; er war im Jahre 1974. Aus den Schlagzeilen werden Forderungen nach Reduzierung des Beteiligungsbesitzes der Banken, der Beschränkung der Aufsichtsratsmandate und der Reform des Auftragsstimmrechts abgeleitet, die auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf ihren Niederschlag gefunden haben. Übrigens, eine Befragung des Instituts Allensbach bei Führungskräften, darunter 135 Vorstandsmitglieder von Unternehmen mit mehr als 1 000 Beschäftigten, ergab, daß die Befragten wünschen, die Macht der Banken zu beschneiden.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Tun Sie doch mal was!)

    - Wir machen schon etwas.
    Allerdings bin ich mir auch dessen bewußt, daß wir hier und heute über ein Thema debattieren müssen, das u. a. wegen der spektakulären Firmenzusammenbrüche wie im Falle Schneider oder Balsam/Procedo bzw. wegen der Vorgänge um die Metallgesellschaft von äußerster Brisanz ist. Natürlich wissen auch wir, daß die genannten Fälle in der Bevölkerung und in den Medien einigen Staub aufwirbeln. Und selbstverständlich kenne ich als Wirtschaftspolitiker die vielfältigen Klagen des Mittelstandes über die Kreditvergabepraxis gegenüber kleinen und mittelständischen Unternehmen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Aha!)

    Der Bundesvorsitzende der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU, Bregger, sagte kürzlich:

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Der sagt viel!)

    Viele Banken legen eine Vollkaskomentalität an den Tag und strafen dabei vor allem den Mittelstand, der dringend Kapital benötigt, um Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen.
    - Wo er recht hat, hat er recht, Kollege Weng. -

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Aber sehr oft hat er nicht recht!)

    Ich kann Ihnen versichern, daß wir diese Sorgen und Klagen ernst nehmen. Auch die Koalition sieht hier durchaus Handlungsbedarf. Sie alle kennen die Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und F.D.P., die hierzu Aussagen trifft. Schließlich hat sich in der letzten Woche eine Arbeitsgruppe konstituiert,

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Was?)

    unter Leiturig des Bundeswirtschaftsministers und der Bundesjustizministerin,

    (Hans Martin Bury [SPD]: Das kann ja nichts werden!)


    Ernst Hinsken
    um Vorschläge zur Verbesserung der Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich zu erarbeiten und eine Begrenzung des Beteiligungsbesitzes der Kreditinstitute zu prüfen.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Donnerwetter!)

    Jede Medaille hat aber zwei Seiten, Frau Kollegin Fuchs. So ist doch zu fragen: Wären Fälle wie Schneider, Balsam/Procedo oder Metallgesellschaft zu verhindern gewesen, wenn Instrumentarien, wie sie in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehen sind, vorhanden gewesen wären.? - Ich meine, nein. Gegen kriminelle Machenschaften kann es nämlich keinen umfassenden Schutz geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist richtig, da stimme ich Ihnen zu!)

    Ich habe Verständnis für die Klagen mittelständischer Unternehmer, die sich darüber beschweren, daß sie sich bei Beantragung eines Kredits bis auf das Hemd ausziehen und ihre finanziellen Verhältnisse bis auf die x-te Stelle hinter dem Komma darlegen müssen, während Kredite an große Unternehmen sehr viel lockerer bewilligt werden.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Sehr wahr!)

    Ich weiß auch, daß - nach einer jüngst erfolgten Befragung - mehr Mittelständler schlechte Erfahrungen als gute Erfahrungen mit Kreditinstituten gemacht haben und daß sie sich eher schlecht als gut beraten fühlen. Daß man von kleinen und mittleren Betrieben bei Überziehung des vereinbarten Kontokorrentkredits „Strafzinsen" zwischen 10 und 18 % verlangt, ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Auch dies ist sicherlich ein Grund dafür, daß das Image der Banken derzeit als angekratzt angesehen werden muß. Andererseits muß man aber auch sehen, daß die Banken oder Sparkassen ihre Forderungen absichern müssen. Dazu sind sie schon gegenüber den Eigentümern, Anlegern und Sparern verpflichtet. Außerdem ist die Gestaltung der Kreditbedingungen in der Regel Ausdruck der individuellen Bonität des Unternehmens bzw. des Kunden.
    Meine Damen und Herren, in der letzten Zeit wurde der Beteiligungsbesitz oftmals geradezu dämonisiert. Auch heute ist dies wieder geschehen. Was ist die Wirklichkeit? Hierzu sollte man zunächst einmal auf die Fakten sehen. Nach Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Banken hielten Ende 1994 die zehn größten privaten Banken an allen Kapitalgesellschaften in Deutschland einen Anteil von nur noch 0,4 % gegenüber 1,3 % im Jahre 1976.
    Und noch eines: Sind es oft nicht gerade wir, die Politiker, die die Banken geradezu auffordern, sich an Unternehmen zu beteiligen, die in Schwierigkeiten geraten, damit die Betriebe und damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben können? Ich denke, es ist ein Gebot der Fairneß, dies hier zu betonen. Ich sehe sehr wohl, daß auch Sie von der SPD diese Sanierungsbeteiligung der Banken in gewissem Umfang zulassen wollen, allerdings mit der Einschränkung, daß Banken - und nur diese - ihre Beteiligung nach fünf Jahren wieder abstoßen müssen.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Haben Sie Lambsdorff gehört?)

    Ich frage mich: Warum sollen eigentlich nur die Banken die Verluste tragen müssen, ohne später von den Gewinnen profitieren zu können? Anderen muten Sie dies auch nicht zu. Da muß doch die Frage erlaubt sein, welches Verständnis von dem unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zugrunde liegenden Recht auf die Freiheit wirtschaftlicher Betätigung Sie eigentlich haben.
    Meine Damen und Herren, ich finde es nicht richtig, wenn öffentlich-rechtliche Banken wie die Westdeutsche Landesbank Anteile an der Köln-Düsseldorfer Deutschen Rheinschiffahrt oder an der TUI halten bzw. bei Maschinenbauunternehmen einsteigen und damit Einfluß auf die Industriepolitik nehmen. Das gehört einmal überprüft, da sollten wir den Finger auf die offene Wunde legen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eines sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, weil es immer wieder in die Debatte eingeführt wird. Von den 1 561 Mandaten gegenüber 1 466 im Jahr 1986 in den Aufsichtsräten der 100 größten deutschen Unternehmen wurden Ende 1993 nur noch 99 - im Jahr 1986 waren es noch 114 - von Angehörigen privater Banken gehalten. Besonders interessant ist - meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, passen Sie gut auf! -, daß demgegenüber die Arbeitnehmerseite 760 Mandate wahrnahm, davon entfielen allein 211 auf externe Gewerkschafter.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Na und?)

    - Frau Kollegin Fuchs, für Sie besonders interessant.
    Wie bereits vorher gesagt, geht es mir darum, darzustellen, daß jede Medaille zwei Seiten hat. Ich leugne nicht, daß es Probleme gibt und daß wir sorgfältig prüfen müssen, wo Handlungsbedarf besteht. Ich stelle aber auch gern fest, daß die Koalition bereit ist, bei einer Vielzahl der auch in dem vorliegenden Gesetzentwurf aufgegriffenen Themenkomplexe in eine sorgfältige - vor allem vorurteils- und ideologiefreie - Prüfung einzutreten. Allerdings darf nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden. Damit ist niemandem gedient.
    Ohne Frage können die Kreditinstitute einiges auch selbst tun, um ihr angekratztes Image wieder aufzupolieren. Eine hervorragende Möglichkeit bietet sich hierzu, wenn z. B. Rationalisierungsgewinne durch den Einsatz modernster Technik bei den Dienstleistungen in Form niedriger Gebühren an die Kunden weitergegeben würden. Mich besorgt immer wieder, wenn ich feststelle, daß den Bankkunden allein an Gebühren für Dienstleistungen ca. 12 Milliarden DM abverlangt werden. Hier ist ein Ansatz gegeben, in verstärkten Wettbewerb zu treten und die Rationalisierungsgewinne an die Kunden weiterzugeben.

    Ernst Hinsken
    Meine Damen und Herren, um Wiederholungen der Ausführungen meiner Vorredner zu vermeiden, die bereits einiges zu Fragen des Depotstimmrechts, der Einführung eines Verbots für die Mitgliedschaft in Organen miteinander konkurrierender Unternehmen oder zur Frage der Begrenzung der Zahl der Aufsichtsratsmandate gesagt haben, möchte ich noch kurz auf einen Aspekt des Gesetzentwurfs eingehen, der sicherlich auch nähere Betrachtung verdient.
    Mit Art. 4 Ihres Gesetzentwurfes beabsichtigen Sie weitreichende Änderungen des Vereinsrechtes. In der Begründung beklagen Sie die fehlende Kontrolle der Vereinsorgane. Als Beispiel hierfür führen Sie das „von seinen vielen Millionen Vereinsmitgliedern faktisch nicht kontrollierte ADAC-Management" an.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Richtig!)

    Das verstehe ich nicht. Ich bitte Sie, hierüber nochmals nachzudenken, sich einmal mit den Betroffenen in Verbindung zu setzen und sich bei ihnen zu informieren, wie dort vorgegangen wird und wie sie die Interessen ihrer Vereinsmitglieder vertreten. Auch hätte Ihnen ein Blick in die Satzung darüber Klarheit verschafft, daß der Club Einfluß auf die Verkehrspolitik nehmen will. Damit er dies auch im Einklang mit seinen Mitgliedern tut,

    (Hans Martin Bury [SPD]: Aber die werden nicht gefragt!)

    betreibt der ADAC ständig Motiv- und Imageanalysen.
    Meine Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit nutzen, Banken und Unternehmen aufzufordern, aufeinander zuzugehen, um das angespannte Verhältnis zu entkrampfen. Das Liquiditätsproblem ist für viele Betriebe, insbesondere in den neuen Bundesländern, ein Kernproblem geworden.

    (Friedhelm Ost [CDU/CSU]: Richtig!) An vielen Insolvenzen sind auch Banken schuld.

    Zwar stehen in den alten Bundesländern zwei Drittel der Unternehmen den Banken positiv gegenüber, in den neuen Bundesländern ist das Verhältnis hingegen angespannt und nicht zufriedenstellend. Vielleicht mangelt es auch an wechselseitigem Verständnis.


Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege, Ihre Redezeit ist leider abgelaufen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ernst Hinsken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich komme gleich zum Ende, Frau Präsidentin.
    Es nutzt dem Bankkunden aber nichts, über die Kreditvergabe zu jammern; er sollte vielmehr versuchen, die Position im Kreditgespräch zu verbessern. Deshalb möchte ich den Banken empfehlen, eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und die Unternehmen in Form von Veranstaltungen aufzuklären, anstatt millionenschwere Anzeigen und Werbespots zu schalten.
    Ich meine, wir sind auf dem richtigen Weg, wenn wir dieses Thema aufgreifen. Wir werden unseren
    Beitrag so leisten, daß, unter dem Strich gesehen, etwas Vernünftiges herauskommt, und versuchen, zu verhindern, daß das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird.
    Für die Aufmerksamkeit bedanke ich mich herzlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)