Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal feststellen: Auch wir Sozialdemokraten freuen uns natürlich, daß Herr Schneider in Florida festgenommen worden ist. Aber ich glaube, es gibt noch eine lange und ausführliche Debatte darüber, wer was zu verantworten hat.
Das wird noch relativ spannend werden, vermute ich einmal.
Ich freue mich im übrigen auch, daß der Graf Lambsdorff manches hinzugelernt hat, was auf unserer Linie liegt. Das habe ich der heutigen Debatte entnommen. Das ist positiv zu bewerten. Ich freue mich, daß auch die Vertreter der Koalitionsparteien im großen und ganzen der Ansicht sind, daß der Beteiligungsbesitz der Banken an Nichtbanken ein Problem ist und reduziert werden muß.
Ich freue mich auch darüber, daß die große Zahl der Aufsichtsratsmandate von allen als Problem angesprochen wurde, wenn auch bei der CDU/CSU nur Nuancen beim Handlungsbedarf gesehen werden. Aber alles in allem besteht für alle in der Tat Handlungsbedarf.
Das haben wir im Bundestag einvernehmlich festgestellt. Das muß man unterstreichen dürfen.
Ich glaube, auch beim Vollmachtstimmrecht der Banken - früher nannte man das Depotstimmrecht - muß etwas passieren. Ich füge gerne hinzu: meinetwegen auch bei § 102 GWB. Darüber können wir durchaus noch einmal diskutieren. Das ist aber kein Dollpunkt. Aber es besteht zwischen den relevanten Rednern der Koalitionsfraktionen und den Sozialdemokraten auf Grund des Gesetzentwurfes, den wir heute hier wieder einmal vorgelegt haben, ganz zweifellos ein breiter Konsens.
Ich habe leider das Gefühl, Graf Lambsdorff, Sie müssen in die Reihen der Koalition noch ein bißchen Ordnung hineinbringen. Was soeben der Rechtsanwalt aus Frankfurt und was vorher unser werter Kollege Ost - ehemals Mitarbeiter des Bankenverbandes, wenn ich das richtig in Erinnerung habe -
zum besten gegeben haben, das weicht doch ein bißchen von dem ab, was Sie in der Koalitionsvereinbarung festgelegt haben.
Bitte passen Sie darauf auf, daß zumindest das, was in der Koalitionsvereinbarung steht - das ist ja verflucht dürftig -, in dieser Legislaturperiode ins Gesetzblatt kommt.
Wir unterstützen Sie zumindest.
Bei den Regierungsfraktionen sagt jeder ein bißchen etwas anderes. Das ist bedauerlich; da muß Ordnung hineinkommen. Ich erwarte, daß Sie in Kürze einen Entwurf vorlegen und nicht etwa eine Arbeitsgruppe bilden, die dafür sorgt, daß das auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. Ich erwarte, daß Sie einen Entwurf vorlegen, daß wir uns dann zusammensetzen und unter Fachleuten ohne Zorn und Eifer über diese Sache diskutieren und daß in einem Jahr das Gesetz im Gesetzblatt steht.
Ich möchte aus gesamtwirtschaftlicher Sicht festhalten - wen soll man eigentlich noch überzeugen? -: Ich habe hier eine Grafik aus der „Süddeutschen Zeitung", die einmal mehr deutlich macht, wie schlimm die Verflechtung in unserer Wirtschaft zwischen Banken und Nichtbanken, also einerseits zwischen Banken und Versicherungen und andererseits zwischen Banken und Industrieunternehmen, ist. Das ist ein Skandal. Da müssen wir ran, meine Damen und Herren.
Wenn es richtig ist, was Sie in der Öffentlichkeit dauernd predigen, daß nämlich die Bürokratisierung mit dazu beiträgt, daß die Innovationskraft in der deutschen Wirtschaft abgenommen hat, dann ist auch richtig, daß die Verflechtungen, die Verkrustungen in der Wirtschaft selber mit dazu beitragen, daß die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft fast auf den Nullpunkt gesunken ist.
Das ist das eigentliche Problem; darüber haben wir nachzudenken: Wie sind wir in der Lage, die Innovationstätigkeit in der deutschen Wirtschaft erneut zu stärken?
Es ist zuwenig, wenn wir nur an die Banken denken. Wir müssen auch die Verflechtungen der Versicherungen mit der Industrie sehen. Auch hier muß etwas passieren. Davon bin ich zutiefst überzeugt.
Dr. Uwe Jens
Graf Lambsdorff, Sie sind immer ein bißchen in Gefahr, als ein Versicherungsvertreter angesehen zu werden. Bitte passen Sie auf, daß das am Ende nicht Wirklichkeit wird! Sie, Herr Ost, sind in Gefahr, als Bankenvertreter angesehen zu werden! Passen Sie auf, daß Sie sich im Deutschen Bundestag nicht als Lobbyist gerieren, sondern beachten Sie die gesamtwirtschaftlich notwendigen Verpflichtungen, die wir als Abgeordnete haben!
Es ist völlig falsch, was im „Economist" stand, daß nämlich die Bedeutung der Banken bei der Finanzierung der Unternehmen geringer werden soll. Das ist falsch; sie soll eine andere werden. Die direkten Beteiligungen müssen abgebaut werden. Ich habe sehr wohl gesehen, daß einige Banken ihre Beteiligungen bereits ein wenig reduziert haben. Das ist gut so, aber das hat auch mit unserem Gesetzentwurf zu tun.
Die Finanzierungen müssen andere werden. Wir brauchen mehr Kapital für kleine und mittlere Unternehmen. Wir brauchen mehr für wirkliche Newcomer. Wir brauchen mehr für wirkliche Erneuerungen und Innovationen. Darum geht es vor allem.
Ich glaube, daß Professor Perlitz und Frank Seger von der Universität Mannheim ihre Untersuchung sehr sorgfältig gemacht haben. Daran können wir nicht vorbeigehen. Sie stellen darin fest - auch mein Kollege Martin Bury hat das gesagt -, daß die Unternehmen mit Bankeneinfluß signifikant schlechtere Renditeergebnisse auszuweisen haben als die Unternehmen, die nicht so stark unter dem Einfluß der Banken stehen. Deshalb besteht dringender Handlungsbedarf. Deshalb müssen diese Verflechtungen, die ich hier eben angedeutet habe, vor allem zerrissen werden.
Es geht nicht darum, meine Damen und Herren, daß wir das Universalbankensystem generell abschaffen wollen. Das will überhaupt keiner, aber eine Reduzierung auf 5 %, wie sie die Monopolkommission vorgeschlagen hat, wäre eine sinnvolle und richtige Maßnahme. Es geht auch überhaupt nicht darum, daß wir verlangen, daß diese Reduzierung von heute auf morgen passieren soll. Das kann man nicht erwarten; dann würden die Kurse total in den Keller gehen. Vielmehr muß es in Form eines Stufenplans erfolgen.
Es geht auch nicht generell darum, daß man ihnen das verbietet. In Fällen der Sanierung und in den Fällen, wo Plazierungen notwendig sind, müssen die Banken aber die Möglichkeit haben, unter Umständen auch einmal wieder 100 % zu übernehmen. Das ist keine Frage.
Ich füge gerne hinzu: Auch ich bin bereit, darüber nachzudenken, ob wir nicht eine steuerrechtliche Lösung brauchen - Herr Graf Lambsdorff, Sie hatten früher einmal davon gesprochen. Ich möchte nicht, daß Herr Kopper das wahrmacht, was er angekündigt hat, nämlich daß er bei einem Gesetzentwurf, der die Beteiligung deutlich auf 5 % reduziert, sofort zum Verfassungsgericht nach Karlsruhe läuft und möglicherweise die Chance hat, dort auch noch recht zu bekommen. Das darf nicht sein. In diesem Punkt müssen wir aufpassen.
Ich finde es nett - davon hat noch gar keiner gesprochen -, daß in unserem Gesetzentwurf steht, daß die Vorstände der Banken nicht mehr ohne weiteres großzügig Spenden an die politischen Parteien verteilen dürfen.
1993 haben vor allem die CDU, die CSU und die F.D.P. Spenden in der Höhe von einigen 100 000 DM bekommen, aber die SPD hat von der Deutschen Bank überhaupt nichts bekommen.
Ich gehe einmal davon aus, daß das jetzt anders wird. Wenn Sie sich jetzt endlich auf unserem Trip befinden und mit uns jetzt endlich etwas tun, dann werden bei Ihnen die Spenden demnächst möglicherweise auch ein bißchen geringer und bei uns vielleicht ein bißchen höher.
Wir müßten also dafür sorgen, daß in unserem Gesetzentwurf steht, daß die Spenden, die gezahlt werden, von der Hauptversammlung genehmigt werden und daß alle Parteien - wenn man zahlen will, dann soll man zahlen - gleichmäßig berücksichtigt werden.