Rede von
Joachim
Gres
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein, das spricht dagegen, daß ausgerechnet Sozialdemokraten hier den Saubermann in Sachen Transparenz in Unternehmensbeziehungen spielen. Wenn sie es faktisch können, verfahren Sozialdemokraten in ganz anderer Weise, als sie hier Anträge einbringen. Das Verfahren in Nordrhein-Westfalen mit Herrn Schleußer ist ein typisches Beispiel, wie Verquickung zwischen Politik, Banken und Industrieunternehmen funktioniert, wenn Sozialdemokraten selber die Macht haben. Darum geht es.
Meine Damen und Herren, das gegliederte Rankensystem in Deutschland ist überaus leistungsfähig. Die Beteiligung der Großbanken an börsennotierten Industrieunternehmen ist seit Jahren tendenziell rückläufig, und zwar sowohl vom Beteiligungsvolumen als auch von der Zahl der Beteiligungen her. Die zehn größten Privatbanken hielten 1994 nur noch an ca. 30 börsennotierten Unternehmen eine Beteiligung von mehr als 10 %; demgegenüber waren es im Jahre 1986 noch 46 Unternehmen.
Die Beteiligungen von Vertretern privater Großbanken in den Aufsichtsräten von Nichtbanken ist
ebenfalls rückläufig; Friedhelm Ost hat das schon gesagt. Auch hierzu nenne ich eine Zahl: In den Aufsichtsräten der 100 größten deutschen Unternehmen gibt es zur Zeit ca. 1 450 Aufsichtsratssitze. Von diesen Aufsichtsratssitzen besetzen Vertreter privater Banken zur Zeit 99 Sitze, während es 1986 noch 114 waren - das, obwohl die Zahl der Unternehmen mit Aufsichtsräten zugenommen hat. Daß Gewerkschafts- und Arbeitnehmervertreter in diesen Unternehmen ca. 750 der Aufsichtsratsposten bekleiden, will ich hier nur am Rande erwähnen.
Den Banken und insbesondere den Versicherungen generell zu untersagen, sich an Drittunternehmen zu beteiligen, ist angesichts des Kapitalbedarfs der deutschen Wirtschaft geradezu widersinnig. Wenn wir beispielsweise wollen, daß die Versicherungsunternehmen mit ihrem hohen Kapitalanlagebedarf ins Ausland getrieben werden, wenn wir wollen, daß die Banken für Sanierungen insolventer Unternehmen durch Übernahme von Teilen des Aktienkapitals nicht mehr zur Verfügung stehen, dann müssen wir diesem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen. Den Schaden hätten die gesamte deutsche Volkswirtschaft und damit wir alle.
Das alles ändert jedoch nichts daran, daß im Aktien-, im Gesellschafts- und auch im Steuerrecht das eine oder andere gemacht werden kann und auch gemacht werden sollte, was die Attraktivität des deutschen Aktienmarktes erhöht und für mehr Effizienz der Kontrolle in Großunternehmen, insbesondere in Publikumsgesellschaften, sorgt.
Sie wissen, daß die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und F.D.P. entsprechende Festlegungen enthält. Die Koalition wird in den nächsten Wochen die Eckpunkte eines Gesetzentwurfs mit vernünftigen Regelungen vorlegen, der die Grundkonzeption unserer erfolgreichen Wirtschafts-, Finanz- und Unternehmensordnung unangetastet läßt, aber dort, wo neue Regelungen geboten sind, diese auch vorsieht.
Ich will Ihnen das kurz an zwei Bereichen darstellen; für mehr reicht die Zeit nicht.
Erstens: beim Aufsichtsrat. Wichtig scheint mir zu sein, den Aufsichtsrat großer Publikumsgesellschaften, hier insbesondere den Aufsichtsratsvorsitz, zu professionalisieren. Hierzu ist vorgeschlagen worden, die Zahl der pro Person zulässigen Aufsichtsratsmandate zu verringern.
Mir persönlich wäre eine weitere gesetzliche Reduzierung der Zahl der pro Person zulässigen Aufsichtsratsmandate zu schematisch und zu pauschal. Es gibt Aufsichtsratsmitglieder, die schon mit zwei Mandaten überlastet sind, andere können ohne Probleme sieben oder acht Mandate übernehmen. Schließlich stellt die Aufgabe eines Aufsichtsrats ganz unterschiedliche Anforderungen, je nach Unternehmensbranche, Unternehmensgröße, Qualität der Unternehmensführung usw.
Eine pauschale Absenkung der zulässigen Höchstzahl auf fünf Aufsichtsratsmandate würde auch für sogenannte Berufsaufsichtsräte gelten, was im Sinne
Joachim Gres
der Professionalisierung, insbesondere des Aufsichtsratsvorsitzes, nicht gewünscht werden kann.
Schließlich wäre eine solche Regelung auch mittelstandsfeindlich, weil sich namhafte Persönlichkeiten des Wirtschaftslebens auf die Großmandate konzentrieren würden und den mittelgroßen Unternehmen nicht mehr zur Verfügung stünden.
Gänzlich unsinnig wäre es - das ist schon gesagt worden -, die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten innerhalb eines Konzerns weiter einzuschränken. Diese Tätigkeiten gehören zum typischen Tätigkeitsbereich eines Konzernvorstandes.
Andererseits ist der Zeitaufwand der Aufsichtsratsvorsitzenden erheblich höher als derjenige anderer Aufsichtsratsmitglieder. Ich könnte mir daher als Mittelweg bei der Frage der Zahl der zulässigen Mandate in Aufsichtsräten durchaus vorstellen, den Aufsichtsratsvorsitz und den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitz doppelt zu zählen. Dies trägt zu einer Professionalisierung des Aufsichtsratsvorsitzes bei; denn der Aufsichtsratsvorsitzende hat eine wichtige Scharnierfunktion zwischen Vorstand und Hauptversammlung des Unternehmens, die wir weiter stärken wollen.
Wir sind im übrigen durchaus offen für die Diskussion über eine Änderung des Aktienrechtes, um die Übernahme von Aufsichtsratsmandaten von einer Person in miteinander konkurrierenden Unternehmen zu unterbinden. Daß es nicht vorkommen kann und darf, daß eine Person im Aufsichtsrat zweier miteinander im Kernbereich konkurrierender Unternehmen sitzt, scheint mir klar zu sein. Ich kenne aber aus der Praxis in Deutschland keinen Fall, wo eine solche Konkurrenzlage gegeben wäre. Einmal war ein solcher Fall auf seiten eines wichtigen Vertreters einer Industriegewerkschaft gegeben. Dieser Fall ist mittlerweile bereinigt.
Möglicherweise aber gibt es in Einzelfällen die Situation, daß sich in zwei Konzernen oder Unternehmensgruppen kleinere Nebenbereiche der Geschäftstätigkeit wettbewerbsmäßig relevant überlappen. Um auch diese Fälle in den Griff zu bekommen und auch nur denkbare Interessenkonflikte zu vermeiden, wäre eine weitgehende Offenlegung aller wesentlichen Mandate und Beteiligungen einer Person, die für eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat vorgeschlagen wird, einschließlich der Zugehörigkeit zu einem Unternehmen oder Konzern mit allen Untergesellschaften und Tätigkeitsfeldern ratsam. Auf diese Art und Weise würde durch Offenlegung transparent, inwieweit ein Interessenkonflikt bestehen kann. Es liegt dann in der Autonomie der Aktionäre, über die vorgeschlagene Person in der Hauptversammlung zu entscheiden oder diese Frage gegebenenfalls auch durch das Gericht entscheiden zu lassen. Möglicherweise müßte der Zugang zu dem Gerichtsverfahren ein wenig erleichtert werden.
Ich plädiere ferner dafür, dem Aufsichtsrat die Beauftragung der von der Hauptversammlung gewählten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu übertragen. Dies gibt dem Aufsichtsrat, insbesondere dessen Vorsitzenden, die Möglichkeit, bei der Auftragserteilung
Prüfungsschwerpunkte so zu setzen, wie sie der Aufsichtsrat für richtig hält. Ich meine auch, daß die Teilnahme des Abschlußprüfers an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates oder des Bilanzausschusses zwingend werden sollte, um sicherzustellen, daß der Abschlußprüfer über die wesentlichen Ergebenisse seiner Prüfung dem Aufsichtsrat tatsächlich in toto berichtet.
Ich könnte mir auch andere Dinge vorstellen, beispielsweise eine Erhöhung der Frequenz der Aufsichtsratssitzungen. Ob wir als Gesetzgeber das allerdings vorschreiben sollten - denn das ist im Rahmen der Autonomie der Gesellschaft ja jetzt sowieso schon möglich -, halte ich für fraglich.
Lassen Sie mich zweitens noch ein Wort zum Bereich Wirtschaftsprüfer sagen. Ich sehe durchaus Probleme - Graf Lambsdorff hat das gerade angesprochen -, zwingend vorzuschreiben, daß die Wirtschaftsprüfer alle fünf Jahre wechseln müssen. Die Forderung nach einem Zwangswechsel der Wirtschaftsprüfer ist durch keine empirischen Untersuchungen auf ihre Sinnhaftigkeit unterlegt. Es gibt keinen einzigen wichtigen Industriestaat, der einen derart obligatorischen Prüferwechsel kennt. Weder die USA, noch England, noch Frankreich sehen dies vor.
Im Gegenteil sprechen gegen diese Idee wichtige Gesichtspunkte. Ein obligatorischer Wechsel erfordert von dem neuen Wirtschaftsprüfer eine erhebliche Einarbeitungszeit, ganz unabhängig von der Unternehmensgröße. Gerade bei Großunternehmen kann aber aus Zeit- und Kostengründen die Abschlußprüfung regelmäßig nur auf der Basis mittel-
bzw. langfristiger Prüfungspläne erfolgen, wobei die Schwerpunkte jährlich wechseln müssen. Sie wissen das alle. Sie wissen auch, daß gerade nach einem Prüferwechsel statistisch am häufigsten Unregelmäßigkeiten in einem Unternehmen stattfinden. Ich glaube, wir sollten dem keinen Vorschub leisten.
Ich will am Rande noch auf die Probleme des Prüferwechsels im Sparkassen- und Genossenschaftsbereich hinweisen.